Vorlage - VO/2023/11891-01  

Betreff: AT Fraktion Freie Wähler & GAL: Wasserstoff für Lübeck
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsstelle der FREIE WÄHLER & GAL Fraktion Bearbeiter/-in: Mentz, Katja
Beratungsfolge:
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck
23.02.2023 
38. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zurückgestellt   
30.03.2023 
39. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck unverändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Wasserstoff für Lübeck

Der Bürgermeister wird beauftragt, über die städtischen Aufsichtsratsmitglieder der Stadtwerke einen Bericht der Stadtwerke anzufordern. Der Bericht soll die Wasserstoffstrategie und den Zeitplan der Stadtwerke darlegen. Auf der Grundlage dieses Berichts und der Pläne der Klimaleitstelle möge der Bürgermeister spätestens im September 2023 der Bürgerschaft berichten, ob und wann eine Umstellung des über 1200 km langen Lübecker Gasnetzes von Erdgas auf Wasserstoff erfolgen wird. Weiterhin möge der Bürgermeister über Fördermöglichkeiten des Bundes und Landes zu Umstellung des Netzes auf Wasserstoff berichten.


Begründung

Erdgas wird in Deutschland aus Klimaschutzgründen noch vor 2050 durch Wasserstoff ersetzt werden. Die neuen LNG-Terminals und Leitungen werden so ausgelegt, dass sie auch Wasserstoff fähig sind. Verträge über die Lieferung von grünem Wasserstoff wurden mit Kanada, Norwegen, . . . geschlossen. Die Erdgasspeicher, deren Füllstände seit Monaten in Rundfunk, Radio und Presse angegeben werden, können auch Wasserstoff speichern. Im Gegensatz zu Strom ist Wasserstoff in großen Mengen schon heute speicherbar.

In Berliner brannten 1826 die ersten Gaslaternen in Deutschland. Seit der Zeit floss Wasserstoff als Bestandteil des Leuchtgases, späterer Name: Stadtgas, bis zur Umstellung auf Erdgas um 1970 durch deutsche Gasleitungen. Stadtgas enthielt, je nach Gasanstalt, 40-67% Wasserstoff. Das deutsche Erdgasnetz ist 500000 km lang. In Forschungsvorhaben wird zur Zeit im Emsland geprüft, ob die vorhandenen Gasnetze mit Wasserstoff weiter genutzt werden können. Die Forscher halten das für möglich. Das Lübecker Gasnetz erreicht mit seinen über 1200 km nahezu jedes Haus in der Stadt. Seine Anfänge reichen ins 19. Jahrhundert zurück. Wie wird die Energiewende in Lübeck beim Heizen aussehen?

Die Häuser in den Lübecker Vorstädten wurden im 1. und 2. Weltkrieg kaum beschädigt. Die Erbpachthäuser beispielsweise in der Gärtnergasse, in Karlshof oder Moisling sind 100 Jahre alt. Die Häuser in der Adlerstraße oder an der Falkenwiese sind noch älter. Der überwiegende Teil dieser Häuser wird mit Gas geheizt. Die Verunsicherung bei Haus- und Wohnungsbesitzern ist groß. Bei unserer Veranstaltung zur Energiewende fragte ein Zuhörer: "Ich habe eine alte Gasheizung im Keller meines Hauses. Was kann ich machen, wenn sie morgen ausfällt?" Er erhielt vom Podium keine Antwort.  Beim Austausch einer alten Gasheizung muss heutzutage nachgewiesen werden, dass der Energiebedarf des Hauses oder der Eigentumswohnung zu mindestens 15% durch erneuerbare Energie gedeckt wird. Manche Stadtwerke, wie die Vereinigten Stadtwerke Ratzeburg und TraveGasPrivat15, lösen das Problem durch 15% Biogas im Erdgas. Doch der geforderte Anteil an erneuerbarer Energie wird steigen.

Eine Wärmepumpenheizung ist für die erwähnten Häuser schwierig. Die niedrigen Vorlauftemperaturen dieser Heizung erfordern riesige Heizkörper oder -flächen. Die Kosten der Umstellung und die Kosten für eine gute Dämmung sind hoch. Bei einer Eigentumswohnung kann man sich nicht einfach die Wärmepumpe auf den Balkon stellen.

Der Anschluss an ein mit erneuerbarer Energie betriebenes Fernwärmenetz wird für die erwähnten Häuser nicht so schnell kommen. Die Stadtwerke beabsichtigen, 50 km neue Leitungen bis 2030 zu legen. Womit werden die Heizzentralen betrieben? Bohrungen, um Geothermie in Lübeck einzusetzen, gibt es noch nicht.

Die Energiewende wird gelingen, wenn wir Bürgerinnen und Bürger sie aktiv mitgestalten und mitarbeiten, Energie sparen und unsere Häuser und Wohnungen nutzen, um Energie zu erzeugen. Egal, ob es Photovoltaik auf dem Dach oder die Wärmekraftkopplung im Keller ist. In Lübeck, mit einem gut ausgebauten Strom- und Gasnetz  - wenn es denn Wasserstoff tauglich ist - könnte die Kopplung sinnvoll sein. Photovoltaik auf dem Dach, die im Sommer das Haus versorgt, überschüssigen Strom ins Netz einspeist und im Winter im Notfall eine Gasheizung versorgt. Eine Wasserstoff-Brennstoffzellen-Heizung "im Keller", die im Sommer ruht und im Winter das Haus mit Strom und Wärme versorgt sowie überschüssigen Strom ins Netz einspeist.

Beim Sparen liefern die Bürgerinnen und Bürger schon. Im Januar 2023 verbrauchten sie in Schleswig-Holstein 24,6% weniger Gas als als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Das von der Klimaleitstelle angestrebte Sparziel für die Klimaneutralität liegt zur Zeit bei 30%. 

"Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen" ließ Antoine de Saint-Exupery vor 80 Jahren seinen kleinen Prinzen sagen.
 


Anlagen