Das Mühlentor im Süden

Gestaffelte Tore in verschiedenen Jahrhunderten

Das einstige Mühlentor sicherte den Eingang zur Stadt von Süden her - Übereste sind nicht erhalten. Die Mühlentor-Anlage bestand aus insgesamt vier hintereinander gestaffelten Toren. Diese Tore wurden in verschiedenen Jahrhunderten errichtet, wobei die jüngeren den älteren vorgelagert wurden. Zu keinem Zeitpunkt existierten jedoch alle vier Torbauten zugleich. 

Die Anfänge der Mühlentor-Anlage führen zurück auf die Errichtung der Stadtmauer im 13. Jahrhundert. Zur jener Zeit entstand hier der früheste Torbau, das spätere innere Mühlentor. Dieser Torturm schützte den Zugang zur Mühlenstraße.

Im 14. Jahrhundert schließlich wurde diese erste einfache Toranlage durch das spätere gotische mittlere Mühlentor ergänzt. Es bestand aus zwei Türmen mit sechseckigem Grundriss und einem dazwischen liegenden Torhaus. Erstmals wurde dieses Tor im Jahre 1399 erwähnt.

Im Rahmen des Ausbaus der Stadtbefestigung wurde im 16. Jahrhundert ein weiterer vorgelagerter Torbau errichtet, das äußere Mühlentor. Diese dem Holstentor nachempfundene mächtige Doppelturm- Anlage in Renaissanceformen diente überwiegend der Repräsentation.

Im 17. Jahrhundert wurden die erbauten Rondellanlagen bei der Modernisierung der Stadtbefestigung durch Wälle nach den neuen Festungsmanieren (Bastionärsystem) ersetzt 1662/63 wurde das äußere Mühlentor wieder abgerissen. Es wurde schließlich 1683 durch ein viertes Mühlentor, das in die neuen Festungswälle sogenannte integrierte Mühlentor- Kurtinentor, ersetzt.

Bei der Beseitigung der Wälle 1798 wurde das Mühlentor- Kurtinentor abgetragen, das mittlere Mühlentor 1809, und das innere Mühlentor als letztes verbliebenes Tor der Mühentor-Anlage im Jahre 1861 abgerissen.

Die vier Mühlentore

Alle vier Mühlentore waren Teile der Mühlentoranlage der Lübecker Stadtbefestigung. Diese Anlage bestand aus insgesamt vier hintereinander gestaffelten Toren, aus dem inneren, mittleren, äußeren Mühlentor und der Mühlentor- Kurtinentor.

 

Inneres Mühlentor

Es entstand als Befestigung des Durchlasses durch die Stadtmauer. Durch es führte die Straße in Richtung Lauenburg, auch Salzstraße genannt.

Erstmalig wurde das innere Mühlentor im Jahre 1242 urkundlich erwähnt. Bei dem Bauwerk handelte es sich um einen in Ziegelbauweise errichteten Torturm von annähernd quadratischem Grundriss. Jedoch gibt es über die ursprüngliche äußere Gestalt keine gesicherten Erkenntnisse. Die Älteste bildliche Darstellung auf der Lübecker Stadtansicht des Elias Diebel stammt von 1552 und zeigt das Tor als zweistöckigen Bau mit Satteldach.

Über dem Torbogen zieren an Feld- und Stadtseite angebrachte Wappentafeln das Tor. Jeder bestand aus einem Doppeladler, getragen von zwei Löwen als Schildhalter und versehen mit der Jahresangabe Anno domini 1553. Worauf die Jahreszahl Bezug nahm ist nicht bekannt. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts kamen die Wappentafeln abhanden.

Im Jahre 1776 wurde das innere Mühlentor umfassend renoviert. Das Satteldach wurde dabei durch ein Mansarddach ersetzt.

Eine letzte Bauaufnahme von 1855 hielt fest, dass das Tor eine Seitenlänge von neun mal neun Metern hatte; Außen- und Innenmauer waren 1,30 Meter stark, die Seitenmauern je 1,70 Meter. Die Höhe des Turms bis zum Dachansatz betrug 10,70 Meter. Die Tordurchfahrt, war mit einem Kreuzrippengewölbe, das vermutlich nicht aus der Erbauungszeit im 13. Jahrhundert stammte, eingewölbt.1861 wurde das innere Mühlentor als letztes der vier Tore der Mühlentoranlage abgebrochen. Es sind keinerlei Reste vorhanden.

 

 

Mittleres Mühlentor

Das Entstehungsjahr des mittleren Mühlentors ist nicht bekannt. Jedoch stammt die älteste urkundliche Erwähnung aus dem Wette- Rentenbuch im Jahre 1399. Es wird vermutet, dass das Tor bis zur Aufschüttung des östlich flankierenden Mühlentorrondells und des sich westlich anschließenden Festungswalls 1550 ein Wassertor war. Archäologisch nachweisen ließ sich diese Annahme bislang jedoch nicht.

Bis zum Bau des äußeren Mühlentors in den Jahren 1549 bis 1553 stellte das mittlere Mühlentor das am weitesten vorgelagerte Tor der Gesamtanlage dar und war somit in jener Zeit das eigentliche äußere Mühlentor. Es bestand aus zwei bis zum Dachansatz jeweils neun Meter hohen Türmen mit sechseckigem Grundriss. Die untere Hälfte war durch einen Mittelbau mit Treppengiebel verbunden, durch den die Tordurchfahrt führte.

Oberhalb des Torbogens war feldseitig ein doppelköpfiger Reichsadler angebracht. Die Obergeschosse der Türme waren durch einen brückenartigen hölzernen Wehrgang verbunden. Ferner befanden sich spitze gotische Pyramidendächer auf den Türmen.

Das mittlere Tor wies jedoch, abgesehen von dem Wappenadler keine nennenswerten Schmuckelemente auf. Die baufälligen Pyramidendächer wurden im Jahre 1678 abgetragen und durch niedrige geschwungene welsche Hauben ganz nach dem Geschmack der Zeit ersetzt. Schließlich dann 1808/09 wurde das mittlere Mühlentor vollständig abgebrochen.

Das mittlere Mühlentor wurde 1895 in Originalgröße wiedererrichtet und diente als Eingangsportal der Deutsch- Nordischen- Handels- und Industrie- Ausstellung.

Bei seiner Konstruktion war dem Architekten ein Fehler unterlaufen, der bis heute auf Fotografien erkennbar ist: Statt der sechseckigen Türme des Originals hatte man den Nachbau mit achteckigen Türmen errichtet.
Der Nachbau war nicht als dauerhaftes Gebäude konzipiert und dementsprechend nur aus Holz und Pappe errichtet. Er wurde nach Abschluss der Ausstellung wieder beseitigt.

 

 

Äußeres Mühlentor

Im Rahmen der Modernisierung der Lübecker Stadtbefestigung wurde durch die Aufschüttung von Rondellen in den Jahren 1549 bis 1553 das äußere Mühlentor 1550 in Ziegelbauweise errichtet. Das äußere Mühlentor war dem nunmehrigen mittleren Mühlentor vorgelagert.

Das äußere Mühlentor wurde erstmals im Erbauungsjahr erwähnt, als Reimar Kock in seiner Chronik von dem Bau berichtet: "In diessen Samer nam sich ein Rath von Lübeck vore, ein herlick Gebuwede vor dem Mohlendore zu bawen. Dat meste Volck, dat tho Lübeck ut dem dudeschen Lande kumpt, dat moth in dat sülvige Mohlendore kamen".

Das eigentliche Torhaus wurde beidseitig mit Treppengiebeln im Stil der Weserrenaissance versehen. Zu beiden Seiten war es von mächtigen Rundtürmen von je etwa 15 Metern Durchmesser flankiert. Diese Rundtürme waren von geschweiften Dachhauben gekrönt.
Später wurden die aufwendigen Dachkonstruktionen jedoch durch Kegeldächer ersetzt.
Die beiden Türme des äußeren Mühlentors waren mit jeweils zwei umlaufenden Terrakotta- Friesen aus der Werkstatt des Terrakotta - Bildhauers "Statius von Düren" verziert. Sie zeigten unter anderem das Lübecker Wappen mit Doppeladler.

Das äußere Mühlentor folgte dem architektonischen Vorbild des Holstentores, war jedoch im Unterschied zum älteren gotischen Bauwerk in der Formensprache der Renaissance errichtet.
Dabei war besonderes Augenmerk auf eine repräsentative Gestaltung gelegt worden, da das äußere Mühlentor als Prunktor konzipiert war, das dem Ankommenden den Reichtum der Stadt vor Augen führen sollte.

Schließlich wurde das äußere Mühlentor in den Jahren 1662 / 63 vollständig abgebrochen. Es stellte ein Hindernis bei der erneuten Modernisierung der Befestigungen dar.

Unweit des Standortes des äußeren Mühlentors wurde 1936 ein Hochbunker als Nachbildung eines der Rundtürme errichtet. Es diente als Vorbild für einen Hochbunker, so waren die Flächen für die Anbringung der Terrakotta- Friese bereits vorbereitet. Der zweite Weltkrieg verhinderte jedoch die Vollendung des vorgesehenen Schmuckes in Form von Terrakotta- Friesen. Der Mühlentor- Bunker existiert bis heute, ist jedoch ohne Fassadenschmuck geblieben.

 

 

Mühlentor-Kurtinentor

Als letztes und äußerstes Tor der Mühlentor-Anlage entstand das Kurtinentor, im Zuge der Modernisierung der Stadtbefestigung im 17. Jahrhundert. Es war dem Standort des 1662/63 abgetragenen äußeren Mühlentors vorgelagert.

Das im Jahr 1683 erbaute neue Stadttor war in den Wall eingelassen. Das Kurtinentor überragte kaum die Wallkrone und wies stadtseitig einen kleinen Turmaufbau auf.

Das vorgelagerte Wallschild der Bastion, auch Ravelin genannt, war ein eigenständiges Werk mit meist dreieckigem Grundriss. Es erhielt 1705 gleichfalls einen Tordurchlass. Im Jahre 1798 wurde dann schließlich die baufällig gewordene Gesamtanlage des Kurtinentors beseitigt. Das Stadttor wurde durch ein einfaches Gittertor mit Wachhaus ersetzt.

 

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