Lübeck in der Neuzeit

Der Bürgerrezess von 1669, die erste geschriebene Verfassung der Hansestadt (Stadtarchiv Archiv Hansestadt Lübeck)

Die Neuzeit ging nicht spurlos an Lübeck vorbei. Um die Kriegsgefahr für die Zukunft zu bannen, errichtete man 1613 eine Befestigungsanlage nach neuester Bauweise. Sie hielt den 30jährigen Krieg (1618-1648) von der Stadt fern, wenn auch das Umland von dem Konflikt getroffen wurde. Die hohen Kosten für die Befestigungsanlagen und die unübersichtliche Finanzverwaltung der Stadt führten in der Mitte des 17. Jahrhunderts dazu, dass die Bürger die Errichtung einer allgemeinen Kasse forderten, die durch ihre Vertreter kontrolliert werden sollte. Nach langen Streitigkeiten und unter Beteiligung einer kaiserlichen Kommission wurde am 9. Januar 1669 der Bürgerrezess geschlossen, der die Ratszusammensetzung für die Zukunft regelte und der Bürgerschaft in vielen politischen Punkten ein nun schriftlich festgehaltenes Mitspracherecht einräumte. Das 18. Jahrhundert war im Großen und Ganzen eine friedliche Zeit für Lübeck. Nach dem Ende des Nordischen Krieges (1674–1679) sollte es für den Rest des Jahrhunderts keinen Krieg geben, der Lübeck direkt betraf. Zudem versuchte man sich aus Konflikten herauszuhalten. Sicherung des Handels war das oberste Gebot, Neutralität war das Stichwort.

Die Stadt hatte 1728 das Stapelrecht abgeschafft und war nun ein reiner Transithafen geworden (und ist es bis heute geblieben). Hamburger Güter gingen, um den langen Seeweg und den Sundzoll zu vermeiden, über Lübeck. Der Eigenhandel der Stadt konzentrierte sich auf die Ostsee - unter den deutschen Ostseehäfen war Lübeck der wichtigste Handelspartner Russlands. Aber auch mit Westeuropa wurde gehandelt, wobei die Lübecker sich besonders auf den Zwischenhandel von Wein konzentrierten.

Der Friede im 18. Jahrhundert führte zu einer trügerischen Sicherheit. Napoleon Bonapartes (1769-1821) Feldzüge sollten auch Lübeck erreichen.

Nachdem am 6. August 1806 das Reich aufgehört hatte zu existieren, erlangte Lübeck die volle Souveränität. Die Stadt war niemandem mehr untertan – genoss nun aber auch nicht mehr den Schutz des Reiches.

Blücher vor der Schlacht von Lübeck (Stadtarchiv Lübeck Bestand Handwerkskammer 156)

Napoleon überzog Europa mit Krieg, doch obwohl sich Lübeck neutral verhielt, wurde es in die Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und Preußen hineingezogen. Nach der Schlacht von Jena und Auerstedt flüchteten sich Teile der preußischen Armee unter Blücher in die alte Hansestadt. Obgleich dies eine Verletzung ihrer Neutralität darstellte, mussten die Lübecker diese Besetzung erdulden. Am 6. November 1806 kam es vor den Toren der Stadt bei dem Dorf Ratekau zur Schlacht mit den Franzosen, schließlich auch zur Eroberung Lübecks nach schweren Straßenkämpfen. Die französischen Truppen plünderten mehrere Tage lang. Die damals geschehenen Gräuel wurden vom in Lübeck lebenden französischen Emigranten Charles de Villers (1765-1815) geschildert und sorgten europaweit für Aufsehen. Die folgenden Einquartierungen, Zwangsabgaben und Ablieferungen sowie die durch die Franzosen betriebene Isolationspolitik (Kontinentalsperre), die den Handel zum Erliegen brachte, schadeten der Stadt schwer.

1811 wurde Lübeck per Dekret dem französischen Kaiserreich einverleibt. Erst 1813 wurde die Stadt von den Russen unter Tettenborn befreit. Die endgültige Befreiung kam Anfang Dezember 1813 mit dem Einzug von Marschall Bernadotte - dem gleichen Marschall, der 1806 die Stadt eingenommen hatte und nun als designierter Kronprinz auf der Seite Schwedens kämpfte.

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