Vorlage - VO/2023/12347  

Betreff: Versorgung der städtischen Kindertageseinrichtungen mit heilpädagogischen Fachkräften und Assistent:innen für heilpädagogische Maßnahmen - Umstellung auf städtisches Personal
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Monika Frank
Federführend:4.511 - Städtische Kindertageseinrichtungen Bearbeiter/-in: Steinkamp, Uta
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Jugendhilfeausschuss zur Kenntnisnahme
07.09.2023 
1. Sitzung des Jugendhilfeausschusses (konstituierende Sitzung Wahlperiode 2023 - 2028) zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
12.09.2023 
2. Sitzung des Hauptausschusses (Wahlperiode 2023-2028) - Haushaltsberatung zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
28.09.2023 
3. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck (Haushaltssitzung) in der Wahlperiode 2023 - 2028 zurückgestellt   
30.11.2023 
4. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck in der Wahlperiode 2023 - 2028 zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

 

Zunehmende Personalengpässe bei externen Trägern, die das Personal für heilpädagogische Maßnahmen stellen um Kinder mit Behinderung in den städtischen Einrichtungen zu fördern und begleiten, führen zu mangelnder Versorgung und Leistungseinschränkungen. Der städtische Träger möchte durch Schaffung von Stellen für heilpädagogische Fach- und Assistenzkräfte diese Versorgungslücke schließen, die Leistungen steigern, durch das eigene Personal die Qualität der heilpädagogischen Maßnahmen verbessern und langfristig eine inklusive Haltung festigen.

 

 


Begründung

 

Alle Kinder haben das Recht einen Kindergarten zu besuchen. Die Eltern können den Kindergarten wählen. Falls das Kind eine Behinderung hat, darf gemäß Kindertagesstättengesetz (KiTaG) grundsätzlich aus Gründen einer Behinderung oder drohenden Behinderung die Aufnahme eines Kindes in eine Gruppe nicht abgelehnt und ein Betreuungsverhältnis nicht beendet werden. Es müssen jedoch die Voraussetzungen für eine bedarfsgerechte Förderung des Kindes in der Gruppe gegeben sein bzw. mit vertretbarem Aufwand geschaffen werden (vgl. § 18 Absatz 3 KiTaG). Somit soll gewährleistet sein, dass im Regelfall auch Kinder mit Behinderungen Aufnahme in der Wunsch-Kita finden. Weiterhin muss bei Förderung von Kindern mit Behinderung oder von Behinderung bedrohten Kindern die notwendige zusätzliche Förderung dieser Kinder durch heilpädagogische Kräfte oder vergleichbar qualifizierte Kräfte gewährleistet werden (vgl. § 28 Absatz 4 KiTaG).

 

Ein Teil der Kinder mit Behinderung werden in Integrationsgruppen oder heilpädagogischen Kleingruppen betreut und gefördert. In diesen Gruppen arbeiten neben den Erzieher:innen auch heilpädagogische Fachkräfte, die bei der HL angestellt sind. In vier städtischen Kindertageseinrichtungen gibt es diese Gruppen.

In den übrigen 24 Kindertageseinrichtungen sind keine Gruppen mit heilpädagogischen Fachkräften für Kinder mit Behinderung vorhanden. Wird hier ein Kind mit Behinderung aufgenommen, kann über die Eingliederungshilfe eine heilpädagogische Fachkraft stundenweise nur für dieses Kind beantragt werden und das Kind begleiten, eine sog. Einzelintegrationsmaßnahme. Je nach Art und Schwere der Behinderung wird mehr oder weniger Unterstützung benötigt. Die Einzelintegration wird in der Regel 6 Stunden/Woche finanziert. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit ab dem Pflegegrad 3 einen Zuschlag zu beantragen, um damit eine:n zusätzliche:n Assistent:in für die Begleitung im Alltag zu haben.

Ziel aller Maßnahmen ist es, dass alle Kinder egal ob mit oder ohne Behinderung - am Kita-Alltag teilhaben können. Die heilpädagogischen Fachkräfte müssen gut ausgebildet sein und sichern die Teilhabe und die Förderung für die Kinder mit Behinderung. Die Assistent:innen sind sozial erfahrene und geeignete Unterstützungskräfte die die Kinder begleiten und unterstützen.

Die heilpädagogischen Fachkräfte unterstützen die pädagogischen Fachkräfte in der Kindertageseinrichtung dabei die besonderen Bedürfnisse von Kindern mit Behinderung einzuordnen und entsprechende Angebote zu entwickeln. Sie analysieren schwierige Situationen gemeinsam mit den Fachkräften in der Gruppe und finden individuelle Lösungen für das Kind. Die heilpädagogischen Fachkräfte sind wichtige Multiplikator:innen für den städtischen Träger in Bezug auf eine inklusive Haltung und den Umgang mit Kindern mit Behinderung. Einige Träger / heilpädagogischen Fachkräfte haben sich spezialisiert z.B. auf Autismus, Bewegungsstörungen oder unterstützte Kommunikation.

Die Assistent:innen unterstützen zusätzlich, wenn Kinder mit Behinderung z.B. sich selbst oder andere gefährden oder bei Verrichtungen im Alltag Hilfe brauchen. Sie unterstützen dadurch auch die pädagogischen Fachkräfte in der Kindertageseinrichtung, denn die heilpädagogische Fachkraft ist nur stundenweise anwesend. Die Assistenten unterstützen z.B. beim Toilettengang / Wickeln, bei der Nahrungsaufnahme oder beim An- oder Umziehen, sichern so die Teilhabe eines Kindes mit Behinderung und federn dadurch die Mehrbelastung und die Herausforderungen im Kita-Alltag ab. Alle genannten Maßnahmen müssen einzelfallbezogen beantragt werden und basieren auf dem SGB IX.

 

In den städtischen Kitas werden viel mehr Kinder mit Behinderung betreut als es Plätze in den vier integrativen Kindertageseinrichtungen gibt. Der Bedarf an heilpädagogischen Fachkräften und Assistent:innen, die Kinder mit Behinderung bei der sogenannten Einzelintegration betreuen und fördern, wird bisher durch externe Träger gedeckt.

Externe Träger können zunehmend den Bedarf an heilpädagogischen Fachkften und Assistent:innen nicht mehr decken. Für den städtischen Träger hat dies zur Folge, dass Maßnahmen instabil werden, ausfallen oder vorzeitig beendet werden müssen, weil die heilpädagogischen Fachkräfte fehlen oder öfter wechseln. Für die Kinder mit Behinderung bedeutet es, dass nur verkürzte Betreuungszeiten angeboten werden können oder es zu kompletten Ausfällen in der Versorgung kommt.

Externe heilpädagogische Fachkräfte und Assistent:innen arbeiten in unseren Einrichtungen, aber die Kita-Leitungen sind ihnen gegenüber nicht Vorgesetzte und sie nehmen nicht regelmäßig an Teambesprechungen teil. Der städtische Träger hat keinen Einfluss auf Ausbildung und Qualität der heilpädagogischen Fachkräfte und Assistent:innen. Trotz guter Zusammenarbeit besteht eine viel höhere Notwendigkeit sich auszutauschen und jederzeit Rücksprache halten zu können. Der Bedarf sich heilpädagogisches Wissen anzueignen und in den allgemeinen Kita-Tagesablauf zu integrieren, kann durch externe heilpädagogische Fachkräfte allein nicht gelingen. Der städtische Träger hat ein großes Interesse die Haltung gegenüber Kindern mit Behinderung insgesamt zu bearbeiten, weiterzuentwickeln und heilpädagogisches Wissen in alle Kita-Teams zu implementieren. Hierzu ist er gemäß SGB VIII (sogenannte „große Lösung“) schrittweise auch verpflichtet.

Durch ausschließlich externes heilpädagogisches Personal gelingt dies nur unzureichend und überfordert die pädagogischen Fachkräfte in den städtischen Kitas. Überlastungssituationen, die sich negativ auf die Haltung zur Betreuung von Kindern mit Behinderung auswirken, können die Folge sein. Die Qualität der Betreuung und Förderung aller Kinder sinkt, wenn die pädagogischen Fachkräfte sich der Aufgabe nicht gewachsen sehen. Für die ohnehin besonders belasteten Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen bringt dies Probleme bei der Realisierung des Rechtsanspruchs sowie Betreuungsausfälle mit sich.

Aufgrund dieser ungünstigen Situation und um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, plant der städtische Träger, zukünftig zusätzlich zu den externen heilpädagogischen Fachkräften, eigene heilpädagogische Fachkräfte und Assistent:innen für die Betreuung und Förderung von Kindern mit Behinderung in den städtischen Kitas einzusetzen. Dieser Lösungsansatz zur Sicherstellung des Rechtsanspruchs auf Kindertagesförderung für Kinder mit (drohenden) Behinderungen wird auch in anderen Kommunen und von freien Trägern in Lübeck verfolgt. Es sollen 4 Stellen für heilpädagogische Fachkräfte und 5 Stellen r Assistent:innen geschaffen werden, um die Inklusion in der Fläche einen Schritt voranzubringen.

Zum einen würden fehlende heilpädagogische Fachkräfte ersetzt und Maßnahmen könnten weitergeführt werden, zum anderen könnten Kinder in den städtischen Einrichtungen mit einem Anspruch auf heilpädagogische Förderung versorgt werden. Insgesamt würde die Durchführung der Maßnahmen stabiler und nachhaltiger.

Ein großer Vorteil in Bezug auf die qualitative Weiterentwicklung, die Festigung der inklusiven Haltung und die Implementierung von heilpädagogischem Wissen in die Kita-Teams ist die Zugehörigkeit der heilpädagogischen Fachkräfte und Assistent:innen zu einer Kita. Für die pädagogischen Fachkräfte wären sie jederzeit ansprechbar und könnten in Teamgesprächen heilpädagogische Inhalte vermitteln oder Fallbesprechungen, bezogen auf den Kita-Alltag und das Kind mit Behinderung, durchführen. Die heilpädagogischen Fachkräfte und Assistent:innen wären an unser Leitbild und die pädagogischen Standards der städtischen Kitas gebunden und würden im Sinne des städtischen Trägers fort- und weitergebildet. Sie wären den Kita-Leitungen unterstellt.

Die Integrationsgruppen, heilpädagogische Kleingruppen, Einzelintegrationsmaßnahmen sowie die Zuschläge für zusätzliche Assistent:innen werden aus Mitteln der Eingliederungshilfe finanziert und müssen beantragt werden. Die Durchführung der heilpädagogischen Maßnahmen und Assistenzen mit eigenem Personal der HL würde kostengünstiger. Die untenstehende Tabelle verdeutlich dies: Die Gegenüberstellung der monatlichen Kosten für ein Kind mit Behinderung zeigt eine deutliche Differenz. Dargestellt sind Kosten für heilpädagogische Fachkräfte (6 Stunden wöchentliche Förderung eines Kindes mit Behinderung in der Kita) und Assistent:innen (20 Stundenchentliche Begleitung eines Kindes mit Behinderung im Kita-Alltag) bei externen Trägern und bei eigenem Personal der HL für die beispielhafte Betreuung und Förderung eines Kindes. Die angekündigte Kostensteigerung bei den externen Trägern für 2024 ist für den städtischen Träger nicht mehr kostendeckend refinanzierbar.

 

 

 

Externe Träger*

 Personal HL**

Kosten heilpädagogische Fachkraft, 2023

1.600

1.062

Kosten heilpädagogische Fachkraft, 2024

1.760

1.200

Kosten Assistenzkraft, 2023

2.300 €

1.800

Kosten Assistenzkraft, 2024

2.700

1.870

 

*Bei den Kosten der externen Träger wurden monatliche Rechnungen für eine Einzelintegrationsmaßnahme für 6 Std./Wo und für eine Assistenz für 20 Std./Wo zugrunde gelegt und die angekündigte Erhöhung r 2024 in die Tabelle aufgenommen.

 

**Bei der Kostenkalkulation für Personal der HL wurden gleiche Stundenanteile für heilpädagogische Fachkräfte/Einzelintegrationsmaßnahmen und Assistenzkräfte zugrunde gelegt, auf Basis der Personaldurchschnittskosten 2023/24 des gültigen Tarifs und der üblichen Eingruppierung.

 

Die vorgeschlagenen Maßnahmen und Vorgehensweisen sichern daher nicht nur pädagogisch wichtige Kontinuität für Kinder mit (drohender) Behinderung. Sie stärken zugleich die Teams in der Weiterentwicklung der inklusiven Haltung und der inklusiven Ausrichtung aller Einrichtungen, die bis 2028 im SGB VIII gefordert wird. Die Tabelle verdeutlich, dass diese Lösung zudem auch Ausgaben der HL reduzieren rde. Die finanziellen Auswirkungen und die Auswirkungen auf den Stellenplan sind bereits im Haushaltsplan 2024 berücksichtigt.

 

 

 


Anlagen

keine