Vorlage - VO/2020/08745  

Betreff: Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Lübeck
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Bürgermeister Jan Lindenau
Federführend:1.201 - Haushalt und Steuerung Bearbeiter/-in: Krawetzke, Annabell
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Hauptausschuss zur Vorberatung
26.03.2020 
Achtung NEUER TAGUNGSORT ! 30. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
26.03.2020 
15. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck unverändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
2020-03-03 Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer
Synopse

Beschlussvorschlag

Die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Lübeck wird in der Fassung der Anlage 1 beschlossen.

 


Verfahren

 

Bereiche/Projektgruppen

Ergebnis

1.300 – Bereich Recht

Keine rechtlichen Bedenken

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

 

Ja

gem. § 47 f GO ist erfolgt:

x

Nein- Begründung:

Kinder und Jugendliche unterliegen keiner Steuerpflicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Maßnahme ist:

 

neu

 

x

freiwillig

 

 

vorgeschrieben durch

 

 

 

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

Ja (Anlage 1)

 

x

Nein

 

Auswirkung auf den Klimaschutz:

x

Nein

 

 

Ja – Begründung:

 

 

 

 

 

 

Begründung der Nichtöffentlichkeit

gem. § 35 GO:

 

 

 

 

 


Begründung

  1. Ausgangslage

 

Der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (OVG S-H) hat am 30.01.2019 entschieden, dass der auf eine indexierte Jahresrohmiete begründete Steuermaßstab für die Zweitwohnungssteuer gegen das aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) resultierende Gebot der steuerlichen Belastungsgleichheit (allgemeiner Gleichheitsgrundsatz) verstößt.

 

Wie viele andere Gemeinden des Landes Schleswig-Holstein hat auch die Hansestadt Lübeck in ihrer Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer bestimmt, dass sich die Steuer nach der sog. „Jahresrohmiete“ bemisst. Diese ist wiederum laut Bewertungsgesetz anhand eines Mietspiegels aus dem Jahr 1967 auf den Zeitpunkt 1. Januar 1964 festzustellen und anhand von Preisindizes für die Lebenshaltung hochzurechnen. Dieser Maßstab ist in der Vergangenheit insbesondere vor dem Hintergrund der Verwaltungsvereinfachung grundsätzlich von den Gerichten als zulässig erachtet worden.

 

Das OVG ist nunmehr jedoch zu der Auffassung gelangt, dass dieser Steuermaßstab zu einer ungerechtfertigten Gleichbehandlung führe, weil Zweitwohnungen trotz erheblicher Unterschiede im aktuellen Mietwert gleich hoch besteuert würden.

 

Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) äußerte sich in seinem Urteil zur Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer (Urteil vom 10.04.2018, 1 BvL 11/14 – Juris) ähnlich:

„Weil der Hauptfeststellungszeitraum nach wie vor seit 1964 läuft, bleiben die Mieter des Mietspiegels zum 01. Januar 1964 weiterhin, auch bei zwischenzeitlich veränderten Wertverhältnissen, maßgeblich. Damit bietet der Mietspiegel 1964 mittlerweile keine hinreichend objektivierbare Schätzungsgrundlage mehr. Je weiter der Hauptfeststellungszeitpunkt zurückliegt und je mehr deshalb neue Gebäude in anderer Bauweise und Ausstattung als 1964 errichtet werden, desto mehr führt die Anwendung des Mietspiegels 1964 nicht nur zu veralteten, sondern auch zu nicht relationsgerechten Mietansätzen“.

 

In Anlehnung an das o.g. Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Grundsteuer gelte auch für die Bemessung der Zweitwohnungssteuer, dass ein zum 1. Januar 1964 einheitlich festgestellter Mietwert die seitdem in über 50 Jahren erfolgte differenzierte Entwicklung wertbildender Merkmale von Immobilien (wie z.B. Ausstattung und Lage) nicht ausreichend berücksichtige und damit innerhalb desselben Satzungsgebietes zu einer „fortschreitenden Erweiterung und Vertiefung der Wertverzerrungen“ führe. Dieser Umstand wäre nicht per se verwerflich, wenn sich dies bei allen Grundstücken gleichmäßig darstellen würde. Tatsächlich jedoch ist bei einigen Grundstücken der Mietwert und somit der Aufwand stärker gestiegen als bei anderen Objekten.

 

Gegen das Urteil des OVG S-H wurde Revision eingelegt, welche am 27.11.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verhandelt wurde. Das BVerwG hat das Urteil des OVG S-H auch im Hinblick auf die bereits o.g. Entscheidung des BVerfG bestätigt. Zwischenzeitlich erfolgte während des laufenden Revisionsverfahrens am 18.07.2019 eine Entscheidung des BVerfG, welches die Berücksichtigung der Jahresrohmiete für Zwecke der Erhebung der Zweitwohnungssteuer für verfassungswidrig erklärte.

 

Nach all diesen gerichtlichen Entscheidungen war ein neuer Bemessungsmaßstab für die Berechnung der Zweitwohnungssteuer zu finden.

 

 

 

  1. Entwicklung neuer Steuermaßstab

 

Die nach Art. 3 Absatz 1 GG erforderliche, gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage für die Erhebung einer Steuer muss so gewählt und ihre Erfassung so ausgestaltet sein, „dass sie den mit der Steuer verfolgten Belastungsgrund in der Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abbildet.“ (OVG S-H vom 30.01.2019).

 

Da sich der individuell tatsächlich anfallende Aufwand für das Innehaben einer Zweitwohnung kaum zuverlässig erfassen lässt, steht insoweit kein praktikabler Wirklichkeitsmaßstab zur Verfügung und es muss auf einen Ersatzmaßstab zur Bemessung der Zweitwohnungssteuer zurückgegriffen werden.

 

Weiter hat das OVG S-H im Urteil vom 30.01.2019 ausgeführt, dass die Bemessungsgrundlage prinzipiell geeignet sein muss, den Belastungsgrund der Steuer zu erfassen und zumindest einen lockeren Bezug zu dem zu erfassenden Aufwand aufweisen sowie die Erfassung des Aufwandes wenigstens wahrscheinlich machen muss. Belastungsgrund einer Zweitwohnungssteuer ist der finanzielle Aufwand des Zweitwohnungsinhabers für das Innehaben einer Zweitwohnung, mit der die in der Einkommens- und Vermögensverwendung zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfasst werden soll.

 

Das OVG hat in seinem Urteil Aussagen getroffen, welche Maßstäbe angewandt werden könnten. Demnach kommen in Betracht, die bisher maßgebliche Jahresrohmiete, die durch Berücksichtigung von Baujahr, Ausstattungsgruppen und Lage der Immobilien modifiziert wird oder eine Schätzung aufgrund von aktuellen Vergleichsmieten im jeweiligen Satzungsgebiet bzw. den tatsächlich zu zahlenden Mietzins als Bemessungsgrundlage zu wählen. Auch ein Flächenmaßstab differenziert nach Gebäudeart, Baujahr und Lage wäre denkbar, aber auch die Anknüpfung an den Verkehrs- bzw. Gemeinen Wert.

 

a)      Modifizierte Jahresrohmiete

 

Die Möglichkeit, den bisherigen Steuermaßstab weiterhin anzuwenden und lediglich um die Faktoren Baujahr, Ausstattungsgruppe sowie einen Lagefaktor zu ergänzen, erscheint bei erster Betrachtungsweise zunächst praktikabel. Jedoch birgt dieser Maßstab in der Ausführung einen sehr hohen Verwaltungsaufwand. Insbesondere das Merkmal „Ausstattung“ ist ohne die vorherige Beteiligung der Steuerpflichtigen nicht zu ermitteln und bedarf im Sinne der Steuergerechtigkeit und somit der Rechtmäßigkeit der Erhebung der Steuer einer regelmäßigen Überprüfung z.B. durch Ortsbesichtigungen zur Vermeidung eines Vollzugsdefizits.

Weiterhin ist zu beachten, dass im Zusammenhang mit der Grundsteuerreform das wertgebende Merkmal Jahresrohmiete ab dem Jahr 2025 in diesem Sinne nicht mehr existieren wird und die Ermittlung beispielsweise für Neubauten selbst vorzunehmen wäre.

 

b)      Anknüpfung an den tatsächlichen Mietzins

 

Die Zweitwohnungssteuer trifft bei Erfüllung aller Voraussetzungen sowohl Mieter als auch Eigentümer einer Zweitwohnung. Der Steuermaßstab würde für gemietete Zweitwohnungen den tatsächlichen Mietzins (Netto-Kaltmiete) und für Eigentümer von Zweitwohnungen den geschätzten ortsüblichen Mietzins für Räume gleicher Art, Lage und Ausstattung als Bemessungsgrundlage vorsehen.

Im Hinblick auf die in der Hansestadt Lübeck vorherrschenden Umstände ist dieser Maßstab aus nachfolgenden Gründen nicht praktikabel:

Lediglich 15 % der besteuerten Zweitwohnsitze sind gemietet, so dass für 85 % der Steuerobjekte eine ortsübliche Miete nach dem in Lübeck vorhandenen Mietspiegel zu ermitteln ist. Hauptanwendungsbereich für den Mietspiegel ist die Ermittlung von ortsüblichen Mieten für den dauernden Wohngebrauch. In der Hansestadt Lübeck werden die bestehenden Zweitwohnungen jedoch überwiegend als Ferienwohnungen genutzt. Aus diesem Grund ist der weitüberwiegende Teil der Zweitwohnungen auch im Bereich Travemünde vorzufinden. Bei ausgewählten Vergleichsberechnungen hat sich gezeigt, dass gerade in den touristisch geprägten Bereichen die Anwendung des Mietspiegels zu noch stärker verzerrten Ergebnissen führt als die Anwendung des jetzigen Steuermaßstabes.

Nach all diesen Umständen war für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer im Stadtgebiet Lübeck der Steuermaßstab „Mietzins“ als nicht praktikabel zu verwerfen.

 

c)       Gemeiner Wert bzw. Verkehrswert

 

Der bisher in der Berechnung der Zweitwohnungssteuer gängige Hilfsmaßstab „Verkehrswert bzw. gemeiner Wert“ scheidet als zukünftiger genereller Maßstab aus.

Der gemeine Wert ist ein bestimmter Rechtsbegriff, für den es in § 9 Bewertungsgesetz (BewG) eine Legaldefinition gibt. Danach wird er durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Der Verkehrswert ist der Wert, den ein Grundstück im Geschäftsverkehr unter Berücksichtigung aller Umstände hat.

Vor dem Hintergrund der obigen Definition erfordert die Anwendung dieser Werte als Berechnungsgrundlage für die Zweitwohnungssteuer eine regelmäßige Beobachtung und Bewertung des Immobilienmarktes im Erhebungsgebiet. In Einzelfällen bzw. im Rahmen von Rechtsbehelfen könnte es erforderlich sein, dass kostenintensive Wertgutachten zu erstellen wären. Die Erhebung der Zweitwohnungssteuer wäre unter diesen Umständen nicht mehr wirtschaftlich.

 

d)      Flächenmaßstab

 

Das Urteil des OVG S-H führt weiterhin aus, dass grundsätzlich ein Flächenmaßstab in Betracht kommt, soweit hinsichtlich des Wohnwertes entsprechend differenziert wird. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass einheitliche Wohnwertverhältnisse im Erhebungsgebiet in der Regel nicht vorliegen dürften. Für das Erhebungsgebiet Lübeck kann dieser Umstand nur bestätigt werden. Auch der Lübecker Mietspiegel verwendet bereits 3 Wohnlagen. Diese Einstufung berücksichtigt jedoch überwiegend den Wohnwert für dauerhaftes Wohnen. Unter Berücksichtigung der bereits unter Pkt. 2b) gemachten Ausführungen (überwiegender Teil der Zweitwohnungssteuerobjekte sind Ferienwohnungen) ist die Einstufung des Wohnwertes aus dem Mietspiegel zur Wohnwertdifferenzierung für die Zweitwohnungssteuer nicht anwendbar. Hier merkt das Gericht in seinem Urteil an, dass die Differenzierung im Wesentlichen anhand der Gebäudeart, des Baujahres und der Lage vorgenommen werden kann. Ein die Lage abbildender Wertfaktor könne aus dem Verhältnis der Bodenrichtwerte in den bestehenden Bodenrichtwertzonen im Satzungsgebiet abgeleitet werden. Auch bei der zukünftigen Berechnung der Grundsteuer ab 2025 wird der Bodenrichtwert als maßgeblicher Faktor berücksichtigt.

Auf eine weitere Differenzierung nach der Ausstattung des Objektes könne lt. Gericht aufgrund des erheblichen Ermittlungsaufwandes (siehe Pkt. 2a) verzichtet werden.

Die weiteren Faktoren Gebäudeart und Baujahr können einmalig ermittelt werden.

 

 

Unter Abwägung der vorgenannten Ausführungen und vor dem Hintergrund eines praktikablen Verfahrens erscheint die Berücksichtigung des Flächenmaßstabes als praktikabelster Bemessungsmaßstab und die Zweitwohnungssteuersatzung wurde entsprechend neugefasst.

 

  1. Wesentliche Inhalte der Neufassung der Zweitwohnungssteuersatzung

 

Die maßgeblichen Änderungen zur Neubemessung der Zweitwohnungssteuer finden sich in § 4 Abs. 1-5 der Satzung.

 

Gem. § 4 Abs. 1 der Satzung errechnet sich die Bemessungsgrundlage für die Zweitwohnungssteuer zukünftig wie folgt:

 

Lagewert x Wohnfläche x Baujahresfaktor

 

a)      Lagewert (§ 4 Abs. 2)

 

Auf Grundlage der Kaufpreissammlungen werden flächendeckend durchschnittliche Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands ermittelt (Bodenrichtwerte). Die ermittelten Bodenrichtwerte beziehen sich auf Bodenrichtwertzonen, in denen einheitliche Wertverhältnisse herrschen. Bodenrichtwertzonen können bestimmte Straßen, Straßenzüge oder ganze Stadtteile und Ortschaften umfassen. Die Ermittlung der Bodenrichtwerte erfolgt gemäß § 193 Baugesetzbuch (BauGB) durch die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte. Die Veröffentlichung der Bodenrichtwerte erfolgt alle 2 Jahre mittels Bodenrichtwertkarten. Die Bodenrichtwertkarten sind spezielle Karten, in denen unter Angabe der konkreten Lagebezeichnung die jeweils gültigen Bodenrichtwerte je Quadratmeter Grundstücksfläche entnommen werden können. Für Schleswig-Holstein können die Bodenrichtwerte dem Digitalen Atlas Nord unter dem Link

https://danord.gdi-sh.de/viewer/resources/apps/VBORIS/index.html?lang=de

entnommen werden.

 

Der Lagewert wird anhand des konkret ermittelten Bodenrichtwertes errechnet, der für die Zone gilt, in der das Steuerobjekt liegt.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass gerade im Stadtgebiet Lübeck in der überwiegenden Zahl der Zonen Bodenrichtwerte für die unterschiedlichen Gebäudearten (Reihenhaus, Einfamilienhaus, Wohnung) ausgewiesen werden. Hier ist jeweils der für den konkreten Steuergegenstand maßgebliche Bodenrichtwert zu verwenden. Vor diesem Hintergrund wurde in der Berechnung der Bemessungsgrundlage auf einen weiteren Faktor für die Gebäudeart verzichtet. Die durch das Gericht geforderte Differenzierung wird durch die Anwendung des individuellen Bodenrichtwertes als ausreichend erachtet.

 

Zu beachten ist bei der Anwendung der Bodenrichtwerte, dass diese zu unterschiedlichen Bezugsgrößen (Individualbau: 250 m², 600 m², 1000 m² bzw. Geschossflächenbau div. Geschossflächenzahlen) dargestellt werden. Um diese Bodenrichtwerte auf Basis unterschiedlicher Bezugsgrößen vergleichen zu können, ist es erforderlich, eine Vergleichsbasis zu ermitteln.

 

Bodenrichtwerte, die Bezug auf eine Fläche nehmen, werden auf ein fiktives Grundstück mit einer Größe von 600 m² umgerechnet. Dieser Maßstab wurde gewählt, da dies die in der Hansestadt Lübeck vorherrschende Bezugsgröße ist. Für die Umrechnung der Bodenrichtwerte wird die vom Gutachterausschuss in den Erläuterungen zu den Bodenrichtwerten zur Verfügung gestellte Umrechnungstabelle verwendet.

 

Für Bodenrichtwerte, die auf eine Geschossfläche Bezug nehmen, ist ebenfalls eine weitere Vergleichsbasis zu ermitteln. Hierfür wurden die in Lübeck vorhandenen Geschossflächenzahlen anhand des Digitalen Atlas Nord ermittelt, die als Bezug für den Bodenrichtwert dienen und ins Verhältnis zueinander gesetzt.

 

 

Geschossflächenzahl

Anzahl der Zonen

Durchschnittsberechnung

0,5

1

0,5

0,6

3

1,8

0,7

8

5,6

0,8

7

5,6

0,9

11

9,9

1

1

1

1,2

4

4,8

1,4

2

2,8

1,5

9

13,5

1,6

1

1,6

2

3

6

Summe

50

54,9

 

 

1,098 = 1,1

 

Die Durchschnittswerterrechnung hat eine durchschnittliche Geschossfläche von 1,1 ergeben. Somit wird für alle Steuerobjekte, für die ein geschossflächenabhängiger Bodenrichtwert zu verwenden ist, angenommen, dass das Grundstück eine Geschossflächenzahl von 1,1 hat und der Bodenrichtwert wird anhand der vom Gutachterausschuss zur Verfügung gestellten Tabelle umgerechnet.

 

Mittels des Lagewerts wird demnach berücksichtigt, dass der finanzielle Aufwand eines Zweitwohnungsinhabers abhängig von der konkreten Umgebung der Zweitwohnung variiert. Kraft dieses Faktors lässt sich beispielsweise abbilden, dass die Unterhaltung, die Anmietung oder der Erwerb einer Zweitwohnung mit Ostseeblick, einen höheren finanziellen Aufwand erfordert, als im Falle einer baugleichen Wohnung in unmittelbarer Nähe zu einem Gewerbegebiet.

 

 

b)      Wohnfläche (§ 4 Abs. 4)

 

Die Wohnfläche einer Wohnung umfasst gemäß der Wohnflächenverordnung die Grundfläche der Räume, die ausschließlich zu dieser Wohnung gehören. Zur Wohnfläche gehören auch die Grundflächen von Wintergärten, Schwimmbädern und ähnlichen nach allen Seiten geschlossenen Räumen sowie Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen, wenn sie ausschließlich zu der Wohnung gehören. Kellerräume gehören gemäß Wohnflächenverordnung nicht zur Wohnfläche. Eine Ausnahme stellt der Ausbau von Kellerräumen zu Wohnzwecken dar. Die für die Berechnung erforderlichen Angaben werden durch eine Abfrage bei den betreffenden Steuerpflichtigen ermittelt und zukünftig stichprobenartig durch Ortsbesichtigungen bzw. durch Abfrage bei der Bauverwaltung oder dem Finanzamt geprüft.

Die Größe des eigentlichen Grundstückes wird hierbei bewusst außer Acht gelassen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich tatsächlich bei einer Vielzahl von Steuerobjekten um Wohnungen handelt. Zum anderen soll lediglich der Aufwand für das Innehaben einer Zweitwohnung und nicht der Wert des die Wohnung umgebenden Grundstücks besteuert werden.

 

 

c)       Baujahresfaktor (§ 4 Abs. 5)

 

Ein weiterer Faktor zur Differenzierung der Höhe der Zweitwohnungssteuer ist das Baujahr des Objektes. Aufgrund dessen sind für neuere Objekte geringfügig höhere Steuern festzusetzen als für ältere Objekte. Diese Entwicklung ist angelehnt an die Mietpreisentwicklungen. Auch den Mietspiegeln ist regelmäßig eine Preissteigerung in Richtung der neueren Wohnungen zu entnehmen, so dass zu vermuten ist, dass neuere Wohnungen einen höheren Aufwand als ältere Objekten verursachen.

Grundsätzlich ist das Jahr der Fertigstellung des Gebäudes Grundlage für die Ermittlung des Baujahresfaktors. Sofern eine Kernsanierung des Objektes erfolgte, ist das Jahr der Fertigstellung der Kernsanierung maßgeblich.

Bei einer Kernsanierung handelt es sich um sämtliche bauliche Sanierungsmaßnahmen, um die Bausubstanz eines bestehenden Gebäudes in einen nahezu neuwertigen Zustand zu versetzen. Hierfür wird das Gebäude bis auf die tragenden Strukturen, wie etwa Fundamente, tragende Wände und Decken zurückgebaut. Zu den Bestandteilen einer Kernsanierung können das Erneuern der Dachkonstruktionen samt Dacheindeckung sowie die Fassade mit Fenstern und Türen gehören. Des Weiteren wird im Inneren die Haustechnik, also Elektro-, Wasser- und Heizungsinstallation, erneuert.

 

 

Bei der oben beschriebenen Berechnung der Bemessungsgrundlage ist der sich aus dem Bodenrichtwert ermittelte Lagewert der maßgebliche Faktor für die Höhe der Steuer. Dies entspricht dem Grundgedanken, dass für den Wohnwert und somit auch für den Aufwand einer Zweitwohnung die Lage wichtiger ist als die Größe und das Baujahr.

 

4.   Vorgehen zur Umsetzung der neuen Satzung / Sicherstellung des Günstigkeitsprinzips

 

Die Satzung wird rückwirkend für den Zeitraum der Festsetzungsverjährung (7Jahre) in Kraft treten müssen, da erfahrungsgemäß eine Vielzahl von steuerpflichtigen Fällen durch Ermittlungen erkannt werden und die Möglichkeit einer rückwirkenden Versteuerung erforderlich ist. Hierbei ist jedoch sicherzustellen, dass die so erkannten Steuerpflichtigen nicht schlechter gestellt werden als bei Anwendung der bisherigen Satzungsregelung (Schlechterstellungsverbot gem. § 2 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz). Zudem sind für alle noch nicht erteilten Festsetzungsbescheide für das Jahr 2019 bzw. aufgrund von Widersprüchen nicht bestandskräftig gewordenen Bescheiden Günstigkeitsprüfungen durchzuführen.

Der Steuersatz wurde im Hinblick auf eine Aufkommensneutralität in der Summe angepasst. Die Aufkommensneutralität wird jedoch nicht für den einzelnen Steuerpflichtigen herbeizuführen sein. In bereits durchgeführten Beispielrechnungen ist ersichtlich, dass insbesondere die begehrten und attraktiven örtlichen Lagen Lübecks mit einer Steigerung der Zweitwohnungssteuer zu rechnen haben. In anderen Wohnlagen Lübecks sinkt die Zweitwohnungssteuer merklich. Dieser Umstand zeigt aber auch, dass die Neugestaltung der Steuerbemessung im Sinne der aktuellen Rechtsprechung erforderlich war.

Zukünftig werden alle 2 Jahre nach der Veröffentlichung der aktualisierten Bodenrichtwerte durch den Gutachterausschuss die Bemessungsgrundlage der Zweitwohnungssteuer für die einzelnen Steuerobjekte neu berechnet. Somit kann sichergestellt werden, dass die jetzt eingetretene Werteverzerrung vermieden wird.
 

 


Anlagen

Anlage 1 – Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der

      Hansestadt Lübeck

Anlage 2 – Synopse zum Satzungstext
 

 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich 2020-03-03 Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer (79 KB)    
Anlage 2 2 öffentlich Synopse (116 KB)