Vorlage - VO/2020/08648  

Betreff: Gründung des Vereins "Wohnen im Alter e. V. - Verein für die Beratung zu Wohnraumanpassungen und Barrierereduzierung sowie Beratung zu Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten im Alltag"
Status:öffentlich  
Dezernent/in:1. Bürgermeister Jan Lindenau
2. Senator Sven Schindler
Federführend:2.500 - Soziale Sicherung Beteiligt:2.020 - Fachbereichs-Controlling
Bearbeiter/-in: Hertz, Manuel  1.203 - Beteiligungscontrolling
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Ausschuss für Soziales zur Vorberatung
03.03.2020 
15. Sitzung des Ausschusses für Soziales unverändert beschlossen   
Hauptausschuss zur Vorberatung
26.03.2020 
Achtung NEUER TAGUNGSORT ! 30. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
26.03.2020 
15. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck unverändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Wohnberatung Konzept
Satzung Wohnen im Alter eV_Januar übera2020

Beschlussvorschlag

 

Die Bürgerschaft stimmt

 

1. zu, dass die Hansestadt Lübeck sich an der Gründung des Vereins „Wohnen im Alter e. V. – Verein für die Beratung zu Wohnraumanpassungen und Barrierereduzierung sowie Beratung zu Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten im Alltag“ beteiligt.

2. zu, dass die Grundstücks-Gesellschaft TRAVE mbH sich an der Gründung des Vereins „Wohnen im Alter e. V. – Verein für die Beratung zu Wohnraumanpassungen und Barrierereduzierung sowie Beratung zu Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten im Alltag“ beteiligt.

3. der Vereinssatzung in der in Anlage 2 beigefügten Form zu.

 

Der Bürgermeister und die Vertreter der Hansestadt Lübeck werden ermächtigt, in der Gesellschafterversammlung der Grundstücks-Gesellschaft TRAVE mbH und in der Gründungsversammlung des Vereins die dafür erforderlichen Beschlüsse zu fassen.
 

 


Verfahren

 

Bereiche/Projektgruppen

Ergebnis

1.300 – Bereich Recht

Keine rechtlichen Bedenken

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

 

Ja

gem. § 47 f GO ist erfolgt:

X

Nein- Begründung:

Kinder und Jugendliche sind von der Vereinsgründung nicht betroffen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Maßnahme ist:

 

neu

 

X

freiwillig

 

 

vorgeschrieben durch

 

 

 

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

Ja (Anlage 1)

 

X

Nein

 

Auswirkung auf den Klimaschutz:

X

Nein

 

 

Ja – Begründung:

 

 

 

 

 

 

 

Begründung der Nichtöffentlichkeit

gem. § 35 GO:

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Begründung

 

Die Wohnberatungsstellen gibt es bereits seit Ende 2012. Es gibt derzeit eine Grundsatzvereinbarung zwischen

 

  • Grundstücks-Gesellschaft Trave mbH
  • LÜBECKER BAUVEREIN e.G.
  • NEUE LÜBECKER Norddeutsche Baugenossenschaft e.G.
  • Vereinigte Baugenossenschaften Lübeck e.G.

 

und den Kooperationspartnern

 

  • Mieterverein Lübeck e.V.
  • Haus und Grund Lübeck e.V.
  • Hansestadt Lübeck, Fachbereich Wirtschaft und Soziales.

 

Der Betrieb der Wohnberatung erfolgt seit dem 01.01.2014 in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR – auch BGB-Gesellschaft genannt), d.h. es wird eine mehrheitliche Beschlussfassung über Ziele, Strategien und Umsetzungen getroffen; im Außenverhältnis erfolgt ein gemeinsamer Auftritt im Segment „Wohnen im Alter“.

Die Steuerung, Begleitung und Koordinierung durch die Hansestadt Lübeck erfolgt gemäß der Grundsatzvereinbarung durch die Hansestadt Lübeck durch das Einbringen von anteiligen Personalressourcen.


 

 

Aus dieser Trägerform sind die nachfolgend aufgeführten Einschränkungen erkennbar:

  • Einwerben von Fördermitteln nur mit erhöhtem Aufwand bzw. über die HL möglich
  • Keine Gewinnung zusätzlicher Personalressourcen, wenn sich nicht ein Kooperationspartner zur Verfügung stellt
  • Keine Gebühr für Besichtigungen oder Abrechnung von Honoraren möglich
  • Spendenannahme mit Spendenbescheinigung ist nicht möglich

 

Die Geschäftsführer der beteiligten Unternehmen und Vereine einigten sich zur Verbesserung dieser Situation darauf, richtungsweisend eine Vereinsgründung zu prüfen.

 

Das Konzept der Wohnberatung ist dieser Vorlage als Anlage 1 beigefügt.

 

Der Aufsichtsrat der Grundstücks-Gesellschaft TRAVE mbH hat der Gründung des gemeinnützigen Vereins im Umlaufverfahren im Januar 2020 zugestimmt.

 

Die Bürgerschaft entscheidet nach § 28 Nr. 18 der Gemeindeordnung (GO) über die unmittelbare und mittelbare Gründung oder Beteiligung an privatrechtlichen Vereinigungen sowie die wesentliche Änderung der Satzung.

 

Der Verein wird nicht wirtschaftlich tätig. Entsprechend § 105 GO finden demnach die Vorschriften über die Weisungsgebundenheit der Vertreter:innen, Aufstellungspflicht eines Jahresabschlusses und eines Lageberichtes wie für große Kapitalgesellschaften und die Pflicht zur Aufstellung eines Wirtschaftsplanes in sinngemäßer Anwendung der Eigenbetriebsverordnung, der eine fünfjährige Finanzplanung zu Grunde gelegt werden soll, keine Anwendung.

 

Nach § 105 i.V.m. § 102 Abs. 1 i.V.m. § 101 GO darf die Gemeinde eine Gesellschaft erwerben, wenn

1. ein öffentlicher Zweck, dessen Erfüllung im Vordergrund der Unternehmung stehen               muss, das Unternehmen rechtfertigt,

2. die wirtschaftliche Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhält              nis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und des Unternehmens steht und

3. der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf anderen Weise erfüllt werden kann.

 

 

Öffentlicher Zweck

Zweck des Vereins ist die Förderung und Unterstützung der Beratung und Hilfen für ältere oder unterstützungsbedürftige Personen gemäß den einschlägigen Vorschriften des SGB XII sowie im Sinne des Abschnitts „steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung.

 

Der öffentliche Zweck des Vereins ist es, das Leben in der eigenen Wohnung zu verlängern, in dem zu bzw. über Anpassungsmaßnahmen, Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten beraten wird. Im Umkehrschluss soll damit (mit Anpassungen des Wohnraums) dafür gesorgt werden, dass z.B. die frühzeitige Inanspruchnahme stationärer Einrichtungen und/oder das Herausreißen aus dem bestehenden sozialen Umfeld vermieden wird.

 

Das Finanzamt hat mitgeteilt, dass keine Bedenken gegen eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Vereins bestehen. Die Anerkennung kann aber erst nach der Gründung des Vereins erfolgen.

 

Angemessenes Verhältnis zur Leistungsfähigkeit

Der voraussichtlich zu zahlende Jahresbeitrag wird je Mitglied 200 € betragen. Durch die Vereinsgründung entsteht dagegen u. a. die Möglichkeit, Fördermittel einzuwerben und Spenden anzunehmen, so dass die Wirtschaftlichkeit dieser Kooperation verbessert wird.


 

Subsidiarität

Der öffentliche Zweck kann nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erfüllt werden als in der Rechtsform eines gemeinnützigen Vereins. Es ist in Lübeck gelungen, eine Kooperation aus Stadt, Wohnungsunternehmen, Mieterbund und Haus und Grund zu gestalten. Die Rechtsform des gemeinnützigen Vereins ist die unkomplizierteste Form, diese Kooperation rechtsfähig zu machen.

 

Gemäß § 105 i.V.m. § 102 Abs. 1 GO darf die Gemeinde einen Verein gründen, wenn ein wichtiges Interesse der Gemeinde an der Beteiligung vorliegt und die kommunale Aufgabe dauerhaft mindestens ebenso gut und wirtschaftlich wie in einer Organisation des öffentlichen Rechts erbracht wird.

 

Wichtiges Interesse

Die Hansestadt Lübeck hat als kreisfreie Stadt im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge die Aufgabe, angemessenen und geeigneten Wohnraum für die Einwohnerinnen und Einwohner Lübecks vorzuhalten.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird zunehmend Wohnraum für den steigenden Anteil älterer Menschen in Lübeck benötigt, der als generationengerecht und barrierereduziert bezeichnet werden kann. Hiermit sollen die Voraussetzungen für die – in verschiedenen Gesetzen – formulierte Forderung „ambulant vor stationär“ geschaffen werden.

Dieser Grundsatz ist insbesondere auch in § 71 Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) über die Leistungen zur Altenhilfe verankert. Gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 2 gilt als Leistung der Altenhilfe insbesondere  „Leistungen bei der Beschaffung und zur Erhaltung einer Wohnung, die den Bedürfnissen des alten Menschen entspricht“. Gemäß § 71 Abs. 4 SGB XII soll die Altenhilfe „ohne Rücksicht auf vorhandenes Einkommen oder Vermögen geleistet werden, soweit im Einzelfall Beratung und Unterstützung erforderlich sind.“.

Eine Vielzahl der älteren Menschen lebt seit Jahrzehnten in Wohnraum, der weder als generationengerecht noch als barrierereduziert bewertet werden kann. Gleichwohl ist aber der Wohnraum aufgrund des langfristigen Wohnens bzw. aufgrund von Eigentum für viele der älteren Menschen (noch) bezahlbar. Mit zunehmendem Alter und beginnenden Mobilitäts- und gesundheitlichen Einschränkungen kann es jedoch zu erheblichen Gefahren im häuslichen Wohnumfeld kommen, die Auszüge aus dem vertrauten Wohnumfeld forcieren. Nicht selten erfolgt ein frühzeitiger Einzug in eine stationäre Einrichtung. In der Folge müssen zunehmend die finanziellen Ressourcen aus dem sozialen Sicherungssystem in Anspruch genommen werden, da das Alterseinkommen für einen Pflegeplatz für einen längeren Zeitraum nicht ausreichend ist.

Die Hansestadt Lübeck hat daher vor dem Hintergrund des steigenden Anteils älterer Menschen (ab 60 Plus)  bis zum Jahr 2030 auf ca. 35%  das Interesse, ein möglichst langes Wohnen in der bisherigen Häuslichkeit zu unterstützen und die knapper werdenden Ressourcen im sozialen Sicherungssystem effizient und zielorientiert einzusetzen.

Ein wichtiges Interesse der Kommune liegt insoweit vor.

 

Ebenso gut und wirtschaftlich wie in einer Organisation des öffentlichen Rechts erbracht

Die Beratungsleistungen die schon über die derzeitige Kooperation erbracht werden, werden zum großen Teil von privaten Wohnungsunternehmen erbracht. Dies geschieht über die beschriebene privatrechtliche Grundsatzvereinbarung. Diese Kooperation funktioniert sehr gut und wird von anderen öffentlichen Trägern sehr wertschätzend wahrgenommen. Es wurden für den öffentlichen Zweck bereits Fördermittel in Aussicht gestellt, die aber aufgrund der fehlenden Rechtsform nicht oder nur über Umwege in Anspruch genommen werden konnten.


Auch Spenden gegen die Ausgabe einer Spendenquittung können bisher nicht entgegengenommen werden. Das soll durch die Gründung des gemeinnützigen Vereins verbessert werden.

 

Der Bürgermeister soll außerdem in einem Abwägungsbericht die Vor- und Nachteile im Verhältnis zu den Organisationsformen des öffentlichen Rechts und dabei insbesondere die Angemessenheit und soziale Ausgewogenheit von Gebühren- und Beitragsgestaltungen sowie die personalwirtschaftlichen, mitbestimmungsrechtlichen und gleichstellungsrechtlichen Änderungen sowie die allgemeinen Beteiligungsvoraussetzungen (§ 102 Abs. 2 GO) darzustellen.

 

Wahl der Rechtsform

Ein sachgerechter Grund für die Wahl der privaten Rechtsform besteht darin, dass eine Beteiligung privatrechtlicher Unternehmen an einer öffentlich-rechtlichen Organisationsform nicht möglich ist. Der gemeinnützige Verein ist die einfachste und kostengünstigste Form der Zusammenarbeit.

 

Ausgewogenheit der Gebühren- und Beitragsgestaltung:

Es ergeben sich keine Auswirkungen auf bestehende Gebühren- oder Beitragsregelungen in

der Hansestadt Lübeck.

 

Personalwirtschaftliche, mittbestimmungs- und gleichstellungsrechtliche Änderungen:

Es ergeben sich keine personalwirtschaftlichen, mitbestimmungs- oder gleichstellungsrechtlichen Änderungen.

 

 

Allgemeine Beteiligungsvoraussetzungen § 102 Abs. 2 GO:

Die Verweisungsnorm (§ 54 Satz 1 BGB) auf die Regelungen zur GbR lässt darauf schließen, dass die Mitglieder des Vereins unbeschränkt für die Verbindlichkeiten des Vereins haften. Der Bundesgerichtshof (BGH) geht jedoch in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Mitglieder des eingetragenen Vereins nicht persönlich haften. Danach trifft die Haftung grundsätzlich nur den Verein (BGH, Urteil vom 30.06.2003 – II ZR 153/02). Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Haftung eines Vereins auf das Vereinsvermögen beschränkt.

 

Ein angemessener Einfluss der Kommune wird gewährleistet, indem die Hansestadt Lübeck und die Grundstücks-Gesellschaft Trave mbH in der Mitgliederversammlung vertreten sind, die im Verein das Entscheidungsgremium ist.
 

 


Anlagen

 

Anlage 1 - Konzept der Wohnberatung

Anlage 2 - Vereinssatzung
 

 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Wohnberatung Konzept (2416 KB)    
Anlage 2 2 öffentlich Satzung Wohnen im Alter eV_Januar übera2020 (496 KB)