Vorlage - VO/2015/02488  

Betreff: Erhalt des Segelflugs in Lübeck-Blankensee
hier: Erläuterung und Beantwortung von Fragen
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senator Sven Schindler
Federführend:2.280 - Wirtschaft und Liegenschaften Bearbeiter/-in: Grau, Conja
Beratungsfolge:
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
10.03.2015 
26. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Bericht V0/ 2015/02237 „Erhalt des Segelflugs in Lübeck-Blankensee“ sowie VO/2015/02446 „Vermerk zur „Auslegung der Klausel betreffend Wahrung der Interessen der Luftsportvereine am Flughafen Lübeck“ -

Beschlussvorschlag

Bericht  V0/ 2015/02237  „Erhalt des Segelflugs in Lübeck-Blankensee“  sowie VO/2015/02446  „Vermerk zur „Auslegung der Klausel betreffend Wahrung der Interessen der Luftsportvereine am Flughafen Lübeck“  -

Sitzungen des Hauptausschusses am 10.2.1 2015 und 24.2.2015

             

 

 

Ausgangssituation

Begründung

Ausgangssituation

 

Der Aero Club von Lübeck (ACvL) nutzt den Flughafen seit dem Jahr 1951 für den  Segelflugsport. Für die vom ACvL genutzten Gebäude auf der Südseite des Flughafens bestand seit 1979  ein Pachtvertrag zwischen dem ACvL und der ehemaligen Flughafen Lübeck GmbH (FLG), der ab 01.01.2013 durch die Yasmina Flughafenmanagementgesellschaft mbH (Yasmina)  übernommen wurde. Dieser Vertrag war bis zum 30.6.2014 befristet und wurde wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Insolvenz der Yasmina nicht verlängert. Mit der Übernahme des Flughafenbetriebes durch die PuRen zum 01.8.29014 war dieser Vertrag somit bereits ausgelaufen. Insofern bedurfte es auch keiner formalen Kündigung. Die PuRen hat einen neuen  Nutzungsvertrag – befristet vom 01.09.2014 bis 31.12.2014 sowie vom 01.01.2015 bis zum 31.3.2015 – mit dem ACvL geschlossen.

 

Der ACvL hat das Interesse, auch über den 31.03.2015 hinaus seine Gebäude am Airport Lübeck weiter zu nutzen. Der neue Flughafenbetreiber PuRen lehnt eine Verlängerung des Nutzungsvertrages ab, weil er die Flächen für die wirtschaftliche Entwicklung des Flughafens benötigt.

 

 

Rechtliche Würdigung

 

Für die Sitzung des Hauptausschusses am 10.2.2015 sowie für die Bürgerschaftssitzung am 26.2.2015 hatte die Verwaltung den Bericht zum „Erhalt des Segelfluges in Lübeck –Blankensee“ V / 2015 / 02237 vorgelegt. Der Hauptausschuss hatte – neben anderen Fragen – auch auf die im dreiseitigen Vertrag zwischen  der PuRen, dem Insolvenzverwalter für die Yasmina Flughafenmanagementgesellschaft mbH und der Hansestadt Lübeck aufgenommenen Klausel  zum Segelflug hingewiesen und darum gebeten, die Auslegung dieser Klausel juristisch prüfen zu lassen. Hierzu hat die Verwaltung für die Sitzung am 24.2.2015 einen Vermerk zur „Auslegung der Klausel betreffend Wahrung der Interessen der Luftsportvereine am Flughafen Lübeck (VO/2015/02446) vorgelegt.

 

An dieser Stelle noch einmal zusammen gefasst das Ergebnis des beauftragten

Gutachtens von Latham & Watkins vom 23.02.2014:

 

  1. Die Regelung Ziffer 3.2(f) der Dreiseitigen Vereinbarung hat keinen drittbegünstigenden Charakter im Sinne eines echten Vertrages zugunsten Dritter. Der ACvL kann aus der Dreiseitigen Vereinbarung keine eigenen Rechte herleiten. Vertragliche Rechte aus der Dreiseitigen Vereinbarung können nur von der HL geltend gemacht werden.

 

  1. Ziffer 3.2(f) der Dreiseitigen Vereinbarung ist im Sinne einer – wenngleich sehr eingeschränkten – Pflicht zur Erhaltung des derzeitigen Zustandes zu verstehen. Eine Pflicht von PuRen zur Aufwendung von Mitteln kann daraus nicht abgeleitet werden.

 

  1. Aufgrund des Charakters als Soll-Vorschrift und der „angemessenen“ Wahrung müssen die Interessen der Luftsportvereine nicht unter allen Umständen (zwingend) gewahrt werden. Bei der Auslegung der Interessenwahrungsklausel in Ziffer 3.2(f) der Dreiseitigen Vereinbarung ist vielmehr auch zu beachten, dass das übergeordnete Ziel der Dreiseitigen Vereinbarung und der vorangegangenen Privatisierungen darin bestand, den Flughafen Lübeck zu einem wirtschaftlich erfolgreichen Unternehmen zu entwickeln, das u.a. auch den an die HL zu zahlenden Pachtzins erwirtschaftet. Die Erreichung dieses Ziels setzt voraus, dass der Investor über hinreichende unternehmerische Handlungsfreiheit verfügt und seine Entscheidungen über den Betrieb und die Fortentwicklung des Flughafen Lübeck innerhalb eines breiten unternehmerischen Ermessensspielraums treffen kann. Kollidierende Interessen der Luftsportvereine müssen hier zurücktreten. Sie dürfen jedoch nicht willkürlich und aus sachfremden Erwägungen rechtsmissbräuchlich missachtet werden.

 

  1. Sofern PuRen die Nutzung der Segelfluggebäude und den Segelflugbetrieb auf der Rasenfläche aufgrund betrieblicher Erfordernisse (einschließlich von Erfordernissen, die sich aus oder im Zusammenhang mit der Fortentwicklung des Flughafen Lübeck ergeben) künftig untersagt, dürfte sich die Bedeutung der Interessenwahrungsklausel darin erschöpfen, einen etwaig bestehenden Übergangszeitraum unter Berücksichtigung der Interessen des ACvL verhältnismäßig zu gestalten. Allerdings wird man zugunsten der HL aus Ziffer 3.2(f) der Dreiseitigen Vereinbarung das Recht ableiten können von PuRen zu verlangen, die von PuRen zur Begründung einer Beschränkung der Interessen des ACvL vorgebrachten Gründe auf Nachvollziehbarkeit und Plausibilität zu überprüfen. Zu beachten ist jedoch, dass PuRen bei Entscheidungen über Betrieb und Entwicklung des Flughafen Lübeck ein breiter unternehmerischer Ermessensspielraum zusteht.

 

  1. Verstöße gegen die Interessenwahrungsklausel sind unter den genannten Gesichtspunkten derzeit nicht erkennbar:

a) PuRen hat bestätigt, dass Segelflug über den 31. März 2015 hinaus weiterhin für jedermann, also auch den ACvL, diskriminierungsfrei möglich sein wird und der Segelflugbetrieb auf der südlichen Rasenfläche insgesamt erst mit Verlegung des Antennenmasts eingestellt wird. Von der Einstellung des Segelflugbetriebs werden neben dem ACvL auch die Segelflugschule Buch und sonstige Segelflieger betroffen sein.

 

b) Die Nutzung der Segelfluggebäude soll mit Beendigung des Pachtvertrages               zum 31. März 2015 eingestellt werden, da die betreffenden Flächen nach               Angaben von PuRen zur weiteren Entwicklung des Flughafens Lübeck benötigt werden. Alternative Lagermöglichkeiten für die Gerätschaften des               ACvL sind nach Aussage von PuRen auf dem Flughafengelände nicht vorhanden.

              c) Sofern die Flächen, auf denen die Segelfluggebäude stehen, jedoch erst               geraume Zeit nach dem 31. März 2015 benötigt werden, könnte man ggf.               argumentieren, zur angemessenen Wahrung der Interessen des ACvL gehöre               auch, die weitere Lagerung der Gerätschaften des ACvL bis zur tatsächlichen               Umnutzung der Flächen zu gestatten. …

 

  1. Eine Startmöglichkeit im Wege des Motorsegler-Schlepps könnte aufgrund der Interessenwahrungsklausel dann verlangt werden, wenn dies ohne oder jedenfalls mit nur unerheblichem Mehraufwand für PuRen und/oder Änderungen der betrieblichen Abläufe möglich ist und luftverkehrsrechtliche Sicherheitsaspekte dem nicht entgegenstehen. …

             

  1. .Bei einem Verstoß von PuRen gegen  die Interessenwahrungsklausel  der Ziff. 3.2 ( f) der Dreiseitigen Vereinbarung kann die Hansestadt Lübeck allenfalls Erfüllungsansprüche gegen PuRen geltend machen. Ein Verstoß begründet kein Recht zur Kündigung des Pachtvertrages über das Flughafengelände oder des Mietvertrags über gebundene Wirtschaftsgüter.

 

 

Klärung Nachfragen zur Betriebspflicht und zur künftigen Nutzung der Segelflugflächen

 

Wie in der Sitzung des Hauptausschusses am 24.2.2015 beauftragt, hat die Verwaltung ein erneutes Informationsgespräch mit der PuRen geführt, um die offenen Fragen zu klären. Die PuRen wurde gebeten, sich  hierzu schriftlich zu erklären, um diese Erklärung an den Hauptausschuss weiterreichen zu können. Das Schreiben liegt bislang noch nicht vor.

Weiterhin hat die HL Kontakt mit der Landesluftfahrtbehörde mit dem Ziel aufgenommen, die Frage zu klären, ob und  inwieweit die Betriebpflicht den Erhalt des Segelflugs einschließt . Des weiteren wurde die Frage aufgeworfen, ob Segelflug mit Starts und Landungen direkt neben der Start- und Landebahn zulässig sind. Hierzu liegt jetzt eine Antwort der Luftverkehrsbehörde vom 06.03.15 vor, die wie folgt lautet:

„Nach hiesiger Auffassung geht es derzeit lediglich um die Nutzung von Gebäuden und den direkt umgebenden Flächen, für die die entsprechende Vereinbarung ausgelaufen ist und die anschließende stillschweigende Duldung nicht verlängert wird. Damit stellt sich für die Luftfahrtbehörde im Augenblick nicht die Frage, ob und wie weit die Betriebspflicht des Flughafens auch den Segelflugbetrieb umfasst, da dieser Flugbetrieb grundsätzlich noch möglich ist.

Starts und Landungen mit Segelflugzeugen direkt neben der Start- und Landebahn klingt nach einer recht improvisierten Durchführung des Flugbetriebes. Start- und Landebahnen müssen von Flächen umgeben sein, die vorgeschriebene Eigenschaften und Sicherheitsfunktionen haben. Eine andere Nutzung dieser Bereiche ist (auch zeitweise) nicht zulässig, da sonst die Nutzung der eigentlichen Start- und Landebahn nicht mehr möglich ist. Unabhängig davon müssen Flugbetriebsflächen für Segelflug ebenfalls bestimmte Eigenschaften haben, die im Seitenbereich der Start- und Landebahn insbesondere wegen der Befeuerungs- und Entwässerungseinrichtungen gar nicht gegeben wären.“

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Luftverkehrsbehörde  keinen Zusammenhang zwischen Nutzung von Gebäuden und Betriebspflicht erkennt, da Segelflug weiterhin möglich sein wird.

 

Die PuRen hat zu einer tatsächlichen Möglichkeit einer längeren Nutzung der vorhandenen Gebäude im Südteil des Flughafens über den 31.3.2015 im Gespräch erklärt:

 

Eine Verlängerung des Nutzungsvertrages bzw. ein Neuabschluss über den 31.3.2015 hinaus ist nicht möglich. Die derzeit durch die Gebäude des ACvL und der Segelflugschule Buch  belegten Flächen werden für die weitere wirtschaftliche  Entwicklung des Flughafens benötigt. An deren Stelle sollen bis Herbst 2015  Unterstellmöglichkeiten für zunächst 10 Schulungsflugzeuge einer neu angesiedelten  Flugschule sowie Werkstattkapazitäten für die Wartung und Instandhaltung von Luftfahrzeugen geschaffen werden. Das sei bereits jetzt zeitlich sehr ambitioniert, weil die Flächen noch nicht freigeräumt sind.

 

Weiterhin hat PuRen ausgeführt, dass alternative Flächen / Hallenkapazitäten für die Unterbringung der Segelflieger am Airport  Lübeck nicht zur Verfügung stehen. Die vorhandenen Kapazitäten sind bereits entweder ausgelastet oder werden für den Betrieb benötigt.

 

Weiterhin ist es nach Aussage von PuRen aus sicherheits- und betriebstechnischen heraus erforderlich, dass die gegenwärtige Gleitweg-Antenne für das Instrumentenlandesystem ( ILS ) der Kategorie II nördlich der Start- und Landebahn in den südlichen Bereich der Start – und Landebahn verlegt werden soll. Bei Verbleib der Antenne am jetzigen Standort wird der Betrieb schon jetzt auf dem Vorfeld eingeschränkt, in dem Bewegungen von Luftfahrzeugen in diesem Bereich nicht möglich sind. Das führt auf Dauer zu einer unverhältnismäßigen Einschränkung der betrieblichen Abläufe. Bis zur Verlegung der Antenne wird  Segelflug am Flughafen grundsätzlich weiterhin möglich sein. Der Zeitpunkt der Verlegung der Antenne steht nach Angaben von PuRen noch nicht fest. Ab dem  Zeitpunkt der Verlegung der Antenne wird es nicht mehr möglich sein, auf der bislang von den Segelfliegern und der Segelflugschule Buch genutzten Fläche zu starten und zu landen, weil dort dann die Antenne insbesondere im Landebereich stehen wird.

 

PuRen hat darauf hingewiesen, dass die Luftsicherheitsbehörde ein  erneutes Audit durchgeführt hat. Ergebnis des Audits ist die Festlegung, dass die gesamte durch den Sicherheitszaun eingezäunte luftseitige Fläche des Flughafens zum „sensiblen  Luftsicherheitsbereich“ erklärt wurde. Das schließt auch die bislang vom ACvL genutzten Flächen ein, was bedeutet, dass zukünftig jeder Zugang zur Luftseite über die Zentrale Kontrollstelle nahe des Terminalgebäudes mit den erforderlichen Personen- und Fahrzeugkontrollen während der Betriebszeiten des Flughafens (08.00-22.00 Uhr) zu erfolgen hat.

 

Um dem Aeroclub weiterhin einen von der Zentralen Kontrollstelle unabhängigen Zugang zu ermöglichen, wurde übergangsweise sogar im Dezember 2014 ein provisorischer zusätzlicher Zaun (der nicht den gesetzlichen Vorgaben für einen Sicherheitszaun entspricht) aufgestellt, der den „sensiblen  Sicherheitsbereich“ vom „einfachen  Sicherheitsbereich“ trennt. Gleichwohl muss der Zugang zum sensiblen  Sicherheitsbereich von Mitarbeitern des Flughafenbetreibers kontrolliert werden. Das ist auf Dauer für PuRen wirtschaftlich aber nicht vertretbar.

 

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die PuRen keine Möglichkeit sieht, den Nutzungsvertrag mit dem ACvL zu verlängern. Die Flächen werden noch in diesem Jahr für die wirtschaftliche Entwicklung des Airports zur Ansiedlung einer Flugschule und die Einrichtung einer Werkstatt für Luftfahrzeuge benötigt. Alternative Flächen stehen für den ACvL am Airport nicht zur Verfügung. Der Segelflug kann am Flughafen am bisherigen Standort bis zur Verlegung der Gleitsender-Antennen weiterhin fortgesetzt werden. Theoretisch besteht auch danach noch die Möglichkeit, Segelflug über die Nutzung der Start- und Landebahn durchzuführen.

 

 

 

 

 

 

 


Anlagen