Auszug - Provenienzforschung in der Völkerkundesammlung der LÜBECKER MUSEEN und Restitution von Sammlungsobjekten aus kolonialen Kontexten  

4. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck in der Wahlperiode 2023 - 2028
TOP: Ö 9.3
Gremium: Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck Beschlussart: unverändert beschlossen
Datum: Do, 30.11.2023 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 15:00 - 22:20 Anlass: Sitzung
Raum: Bürgerschaftssaal
Ort: Rathaus, 23552 Lübeck
VO/2023/11943 Provenienzforschung in der Völkerkundesammlung der LÜBECKER MUSEEN und Restitution von Sammlungsobjekten aus kolonialen Kontexten
   
 
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Monika Frank
Federführend:4.041.7 - Lübecker Museen Bearbeiter/-in: Schulenburg, Silke
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Hierzu spricht BM Stolzenberg
 


Beschluss:

 

  1. Die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck bekennt sich zu der im »Museumsentwicklungsplan 2020 – 2030« (VO/2020/09097) formulierten Verantwortung, die Herkunft von Objekten (Provenienz) in der Völkerkundesammlung der LÜBECKER MUSEEN weiter zu erforschen und transparent zu machen, um eine intensive Aufarbeitung und dialogische Erschließung des kolonialen Erbes zu ermöglichen. Sie folgt damit den Empfehlungen und Zielsetzungen der »Ersten Eckpunkte zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten«, die am 13.03.2019 gemeinsam von der Staatsministerin des Bundes für Kultur und Medien, der Staatsministerin im Auswärtigen Amt für internationale Kulturpolitik, den Kulturminister:innen der Länder sowie den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart wurden und somit als nationale Standards für Museen gelten (s. Anlage 1).

 

  1. Sofern die Aneignung von Sammlungsobjekten gemäß den Forschungsergebnissen und im Sinne der »Eckpunkte« nachweislich in rechtlich und/oder ethisch heute nicht mehr vertretbarer Weise erfolgte, wird der Bürgermeister beauftragt, in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt und dem Staatsministerium für Kultur und Medien Kontakt mit den Ursprungsgemeinschaften der Objekte sowie anderen Institutionen in den Herkunftsländern aufzunehmen, um zu klären, ob eine Rückgabe dieser Objekte gewünscht wird und um ggf. ergebnisoffene Verhandlungen über die Optionen und Verfahren einer Restitution aufzunehmen. Dies gilt insbesondere für Erwerbungen, die im Kontext von kriegerischen Handlungen, Völkermorden, durch Raub oder Betrug in den Herkunftsländern erfolgt sind, und auch, wenn diese Gegenstände erst durch Dritte, durch Schenkung oder Kauf in die Sammlung gelangten. Über die Ergebnisse der Verhandlungen ist dem Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege zu berichten.

 

  1. Der Bürgermeister wird ermächtigt, Restitutionen sogenannter »Human Remains« (menschlicher Überreste) nach eigenem fachlichen Ermessen und sorgfältiger Dokumentation in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt und dem Staatsministerium für Kultur und Medien selbständig durchzuführen, sofern dies im Einzelfall von den Herkunftsgemeinschaften gewünscht wird. Über geplante Rückführungen menschlicher Überreste ist der Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege vorab zu informieren.

 

  1. Der Bürgermeister wird ermächtigt, Restitutionen nach eigenem fachlichen Ermessen und nach sorgfältiger Dokumentation in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt und dem Staatsministerium für Kultur und Medien selbständig durchzuführen, wenn der Wert des Einzelobjektes die in § 8 Absatz 2 Nr. 7 der Hauptsatzung der Hansestadt Lübeck festgelegten Wertgrenzen (25.000 €) nicht übersteigt. Bei Objekten mit besonderer wissenschaftlicher öffentlicher Bedeutung haben die LÜBECKER MUSEEN die vorhergehende Erfassung sicherzustellen und einen künftigen Zugang zu diesen Zwecken anzustreben. Über geplante Rückführungen ist der Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege vorab zu informieren.

 

  1. Über Restitutionen von Objekten, die diese Wertgrenze übersteigen, entscheidet die Bürgerschaft im Einzelfall nach Darlegung der von den LÜBECKER MUSEEN erforschten Provenienz und ausgehend von einem mit dem Auswärtigen Amt und dem Staatsministerium für Kultur und Medien abgestimmten Vorschlag, wie die Restitution konkret vollzogen werden soll.

 

  1. Zur Restitution von Objekten der Völkerkundesammlung, die der Hansestadt Lübeck im Zuge des 1934 mit der »Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit« abgeschlossenen Vertrages übereignet wurden, wird mit der Gesellschaft eine Zusatzvereinbarung geschlossen, die das Verfahren zur Beteiligung der Gemeinnützigen im Entscheidungsprozess regelt. Die zwischen der Hansestadt Lübeck und der Gemeinnützigen abgestimmte Vereinbarung ist Bestandteil dieses Beschlusses (Anlage 3).

 

  1. Rückgabeverpflichtungen der LÜBECKER MUSEEN als öffentliche Einrichtung aufgrund höherrangigen Rechts bleiben von diesem Beschluss unberührt.

 

 


 

 

 

 

Abstimmungsergebnis

 

einstimmige Annahme

 

einstimmige Ablehnung

 

Ja-Stimmen

40

Nein-Stimmen

3

Enthaltungen

 

Kenntnisnahme

 

Vertagung

 

Ohne Votum

 

Die Vorlage wurde den Bürgerschaftsmitgliedern im Ratsinformationssystem zur Verfügung.