Vorlage - VO/2023/12855  

Betreff: Zukünftiger Schieneninfrastrukturausbau in der Region Lübeck im Zuge der FFBQ-Hinterlandanbindung
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Hagen
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Stödter, Michael
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
05.02.2024 
10. Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Wirtschaftsausschuss und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" zur Kenntnisnahme
12.02.2024 
4. Sitzung des Wirtschaftsausschusses und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
27.02.2024 
10. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
29.02.2024 
6. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anlage 1__HL_an_MP
Anlage 1__AW_Staatssekretär vdH_geschw_08112023
Anlage 1__HL_an_Staatssekretär_vdH_27112023
Anlage 1__AW_Staatssekretär_vdH_geschw_181223
Anlage 2__HL_an_Staatssekretärin_Henckel_16082023
Anlage 2__AW_Staatssekretärin_Henckel_geschw_06112023
Anlage 2_HL_an_Staatssekretärin_Henckel_22112023
Anlage 2__HL_an_Staatssekretärin_Henckel_27112023
Anlage 2__AW_Staatssekretärin_Henckel_geschw_10012024
Anlage 3__HL_an_BK_Scholz_17102023
Anlage 4__HL_an_Plambeck_27112023
Anlage 4_AW_Plambeck_geschw_18122023
Anlage 5__HL_an_BGM_Tschentscher
Anlage 6_Bäderbahn_Verkehrsmodell_HL

Beschlussvorschlag


Durch die Vielzahl zukünftiger Bau- und Sanierungstätigkeiten der Deutschen Bahn AG im Zuge der Festen Fehmarnbeltquerung (FFBQ) entstehen in den kommenden Jahren neben Chancen auf eine bessere Anbindung auch diverse Herausforderungen für die Hansestadt beck. Denn vielfach gehen die von der DB InfraGO AG (früher: DB Netz AG) avisierten Ausbauvorhaben noch nicht weit genug, weisen Unzulänglichkeiten in der Koordination auf oder berücksichtigen nicht im erforderlichen Umfang die Interessen der Region und der Hansestadt Lübeck. Dieser Bericht soll einen Überblick über die aktuellen Themen und die Aktivitäten der Hansestadt Lübeck hierzu geben.


 


Begründung

 

Die Hansestadt Lübeck ist überzeugt davon, dass die Realisierung der Festen Fehmarnbeltquerung (FFBQ) mit deren Schienenhinterlandanbindung und im Zuge dessen dem Neu- und Ausbau von Schienenstrecken im Raum Lübeck der wirtschaftlichen Entwicklung der gesamten Region zu Gute kommen kann und kommen sollte sowie dem Klimaschutz und der Verkehrswende dient.

 

Die Hansestadt setzt sich bereits seit einigen Jahren für die nachhaltige Stärkung der Schiene und so beispielsweise auch für die Realisierung einer sog. Regio-S-Bahn ein. Diese wichtige Stärkung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) soll über ein dichteres Netz von Stationen und einen Ausbau des Angebots auf einen Halbstundentakt auf den wichtigsten auf Lübeck zulaufenden Relationen den stetig wachsenden Fahrgastzahlen Rechnung tragen und weitere Menschen dazu bewegen, dem Angebot auf der Schiene den Vorzug vor der Nutzung des PKW zu geben. Ebenso sieht die Hansestadt Lübeck eine große Chance in den neuen Möglichkeiten zur Anbindung im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV), da Lübeck durch die FFBQ in die Mitte der Fernverkehrsverbindung Kopenhagen Hamburg / Berlin rückt, was unseren Wirtschaftsstandort weiter festigt und stärkt.

 

Darüber hinaus ergeben sich durch die FFBQ auch Potentiale, die schienenseitige Anbindung des Lübecker Hafens an die europäischen Schienengüterverkehrsnetze so zu verbessern, dass diese eine Qualität aufweist, die der Bedeutung und Entwicklung des Port of beck gerecht wird: Zur besonderen Bedeutung einer hier dringend benötigten Kapazitätsausweitung der Schiene in und um Lübeck hat die LPA bereits 2022 ein entsprechendes Verkehrswendepapier verfasst (vgl. https://portofluebeck.com/de/projekte/verkehrswende) und mit VO/2023/11950 der Politik berichtet. Schon jetzt gibt es Probleme bei der Abwicklung des Schienengüterfernverkehrs und die Kapazität der Infrastruktur reicht im heutigen Bestand schon nicht aus.1 Aufgrund der zukünftigen noch zusätzlichen FFBQ-Verkehre gibt es absehbar gar keine Möglichkeit mehr, noch mehr Schienengüterfernverkehr unterzubringen dies ist jedoch zwingend nötig für einen gut funktionierenden Hafenbetrieb.

 

Viergleisiger Ausbau des Nordzulaufs des Lübeck Hbf:

 

Vor dem Hintergrund der großen Zukunftsbedeutung der zuvor genannten Projekte begrüßt die Hansestadt Lübeck die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums, die Errichtung einer Drei- bzw. Viergleisigkeit zwischen Lübeck Hbf und Abzw. Waldhalle in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufzunehmen.

 

Leider musste die Hansestadt Lübeck jedoch im Planungsprozess der DB Netz AG (jetzt: DB InfraGO AG) feststellen, dass der drei- bzw. viergleisige Ausbau im Zuge der aktuellen Planungen zur FFBQ-Schienenhinterlandanbindung noch nicht realisiert bzw. planerisch berücksichtigt werden soll. Vertreter:innen der Hansestadt werden so beispielsweise im Rahmen der Gespräche zur Aufgabe des Bahnübergangs Teerhofinsel und der Schaffung eines streckenparallelen Ersatzwegs durch die DB Netz AG (jetzt: DB InfraGO AG)  nicht müde zu betonen, wie wichtig es ist, schon jetzt eine Viergleisigkeit in den Planungen zu berücksichtigen. Alle Bemühungen und Hinweise verfangen bei der DB bislang nicht erfolgreich und so droht nach Abschluss der Bautätigkeiten zur FFBQ-Anbindung ein erneuter Planungs- und Realisierungsprozess, der dann erst mit einigen Jahren Verzögerungen, vermutlich weiteren Sperrungen und letztlich unter weiterem Einsatz öffentlicher Mittel den endgültigen Ausbauzustand herstellt.

 

Bereits seit einigen Monatenhrt die DB InfraGO AG im Rahmen der Planungen für die FFBQ umfangreiche Öffentlichkeitsbeteiligungen in Kooperation mit der Hansestadt Lübeck durch z. B. zur Ausgestaltung der Lärmschutzwände oder zur Anbindung der Teerhofinsel. Vor diesem Hintergrund ist es sehr problematisch, wenn im Zuge des FFBQ-Planfeststellungsverfahrens Lärmschutzwände sowie ein Ersatzweg zur Teerhofinsel errichtet werden, um diese dann weinige Jahre später im Zuge eines erneuten Planfeststellungsverfahrens für den viergleisigen Ausbau der Strecke nochmals zu verlegen.

 

Auch ist mit dem durch die DB InfraGO AG vorgesehenen Umbau des Abzweigs Waldhalle definitiv keine Regio-S-Bahn Lübeck in der gewünschten Form machbar. Hierzu ist an der Stelle dann zu wenig Kapazität vorhanden, was ebenso massiv die weitere Entwicklung unserer Häfen beeinträchtigt.

 

Die Hansestadt Lübeck hat bereits das Land Schleswig-Holstein sowie den Bund über diese Umstände informiert. Von Seiten des Bundes wurde dabei durch das Verkehrsministerium mit Verweis auf die termingerechte Realisierung der FFBQ-Hinterlandanbindung und Einhal-

 

 

1 Abhängig vom Wochentag verkehren aktuell auf der Infrastruktur der Lübecker Hafenbahn zwischen 22 und 60 Zügen je Tag. Teilweise gab es/gibt es auch eine noch höhere Auslastung.

tung des zugehörigen deutsch-dänischen Staatsvertrags darauf hingewiesen, dass die Viergleisigkeit noch nicht in den aktuellen Planungen berücksichtigt werden kann auch nicht im Sinne einer Aufwärtskompatibilität, die eine spätere Realisierung vereinfachen könnte.

 

Von Seiten des Landes erfolgte jedoch aus dem Wirtschaftsministerium die Klarstellung im Hinblick auf eine möglichen Aufwärtskompatibilität der aktuellen Planungen der DB InfraGO AGr einen späteren viergleisigen Ausbau „durch Flächenfreihaltungen und Bauvorleistungen“.

 

Die Hansestadt Lübeck wird sich weiterhin für den schnellstmöglichen viergleisigen Ausbau einsetzen. 

 

Fehlende Redundanz für den Port of Lübeck im Zuge der Generalsanierung(en):

 

Bisherige Planungen der DB InfraGO AG sehen eine Generalsanierung der Strecke 1120 (Lübeck Hamburg) mit fünfmonatiger Vollsperrung Ende 2027 sowie eine Sanierung und einen Ausbau der Strecke 1122 (Lübeck Bad Kleinen) mit Vollsperrung von Anfang 2026 bis Ende 2027 vor. Hierbei droht die gre Gefahr einer faktischen schienenseitigen Abkopplung des Port of Lübeck mit einschneidenden Problemen, wenn entweder sowohl die Strecken 1120 als auch 1122 gleichzeitig gesperrt werden oder aber die Strecke nach Hamburg gesperrt wird ohne vorherige grundlegende Ertüchtigung der Strecke nach Bad Kleinen bzw. der Strecke von Lübeck nach Büchen und Lüneburg (Strecke 1121).

Abb. 1: Übersichtskarte über die Strecken 1120, 1121 und 1122 alle Daten sind vorläufige Angaben. Kartengrundlage: Openrailwaymap

 

Die Hansestadt Lübeck fordert schon seit Jahren neben dem Ausbau der Strecke 1121 (Lübeck chen - Lüneburg), als leistungsfähigen Bypass von Hamburg, auch den Ausbau der Strecke 1122 als leistungsfähiger Ostkorridor für die Lübecker Häfen. Das heißt: Inklusive Elektrifizierung, Einrichtung von Doppelspurinseln, partieller Anhebung der Streckenhöchstgeschwindigkeit auf 160 km/h und Bau der Verbindungskurve zur direkten Südanbindung bei Bad Kleinen.

 

Die eingleisige und unelektrifizierte Strecke Lübeck chen (Strecke 1121), über die im Falle einer gleichzeitigen Sperrung der Strecken 1120 und 1122 sämtliche Güterverkehre sowie umgeleitete Personenverkehre abgewickelt werden müssten, ist nach Kenntnislage der Hansestadt gar kein adäquater Ersatz: Denn die Büchener Strecke (1121) ist im Hinblick auf Zuglängen- und -gewicht gegebenenfalls nicht für den Schienengüterfernverkehr geeignet. Zudem steht in Frage, ob der Ausbaustandard der Strecke den Belastungen schwerer Güterzüge standhält. Darüber hinaus bestehen große Zweifel an ausreichenden Kapazitäten aufgrund der Eingleisigkeit sowie der geringen Anzahl und Dimensionierung von Kreuzungsmöglichkeiten. Die Nutzung der Strecke 1121 macht darüber hinaus für den Güterverkehr aufgrund fehlender Kapazitäten im Bahnhof Büchen einen Traktionswechsel bzw. ein Kopfmachen in Boizenburg oder sogar in Ludwigslust erforderlich. Der Kombinierte Verkehr würde dadurch als wichtiges Standbein der Lübecker Hafenwirtschaft als Produkt mit Blick auf die Schnelligkeit und Kosten unattraktiv.

 

Die Hansestadt Lübeck hat hier gegenüber Bund und Land bereits mehrfach ihren Standpunkt klargemacht, die Generalsanierung des Strecke 1120 (Lübeck Hamburg) zu verschieben, bis die Strecken 1121 (Lübeck chen neburg) und 1122 (Lübeck Bad Kleinen) eine Leistungsfähigkeit aufweisen, mit der Güterzüge vertretbar umgeleitet werden können. Ansonsten sind die wirtschaftlichen Folgen für den Port of Lübeck und für die Unternehmen am Standort Lübeck nicht vertretbar.

 

Gleichzeitig soll gemeinsam mit der NAH.SH dem Umstand Sorge getragen werden, dass es zur Zeit der Streckensperrungen nicht zu einem massiven Abwandern von Fahrgästen weg vom Schienenpersonennahverkehr (SPNV) hin zum Motorisierten Individualverkehr (MIV) kommt. Entsprechend müssen via Büchen auch hinreichende Kapazitäten für den SPNV geschaffen werden und gleichzeitig der Schienenersatzverkehr (SEV) so ausgestaltet werden, dass dieser sich durch eine volle Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit für den Fahrgast auszeichnet. Die chaotischen Zustände beim SEV auf den Strecken nach Travemünde, Hamburg und Neustadt im September 2023 müssen mahnendes Beispiel sein und dürfen sich nach Ansicht der Hansestadt Lübeck nicht wiederholen. Ebenso muss dringend der Bereitstellung ausreichender Kapazitäten im Sinne der Verkehrssicherheit Rechnung getragen werden, um die Beförderung stehender Fahrgäste im Bus auf der Autobahn mit mehr als 60 km/h künftig zu vermeiden. 

 

Strategisches Aus für die Bäderbahn im Zuge der FFBQ-Planungen:

 

Anfang September 2023 wurde durch die DB Netz AG (jetzt: DB InfraGO AG) und das Land Schleswig-Holstein ein (erneutes) Aus für die Bäderbahn im Fehmarnbelt-Dialogforum verkündet. Die Begründung hierfür fußte primär auf der Annahme der jetzigen DB InfraGO AG, mit einer stillgelegten Bäderbahntrasse einfacher und schneller durch das Planfeststellungsverfahren für die FFBQ-Hinterlandanbindung zu kommen, um den ohnehin ambitionierten Zeitplan zur termingerechten Fertigstellung der Neubaustrecke bis 2029 noch halten zu können. So hat sich die Bundesrepublik Deutschland dem Königreich Dänemark gegenüber mit Staatsvertrag dazu verpflichtet, fristgerecht zur Fertigstellung des neuen Fehmarnbelttunnels auch mit einer leistungsfähigen Schienen- und Straßenanbindung fertig zu sein.

 

Im Hinblick auf die Bäderbahn kommt die Hansestadt Lübeck jedoch zu einer gänzlich anderen Einschätzung und sieht gar nicht die Notwendigkeit, diese für die Region so wichtige Infrastruktur für die Neubaustrecke zu „opfern“. Denn eine Planung der Neubaustrecke ohne Anbindung der Bäderbahn führt nach den der Hansestadt vorliegenden Erkenntnissen nicht etwa zur beabsichtigten Beschleunigung der Maßnahme, sondern vielmehr zu erheblichen Verzögerungsrisiken einer termingerechten Fertigstellung der FBQ-Hinterlandanbindung. So würde die Planfeststellung erheblich verzögert, wenn erst eine Stilllegungsentscheidung abgewartet werden müsste. Weil mit der Norddeutschen Eisenbahngesellschaft (NEG) ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) mit seriösem Übernahmeinteresse vorhanden ist und überdies gegen eine Stilllegung mit erheblichem Widerstand aus der Region zu rechnen ist, ist eine zustimmende Entscheidung des Eisenbahn-Bundesamtes über einen Antrag auf Stilllegung der Bäderbahn durch die DB nicht zu erwarten.

 

Ein Aus der Bäderbahn birgt die Gefahr einer möglichen Halbierung der Fahrgastzahlen, was ein schwerer Schlag für die Verkehrswende in der Region wäre. Aus einer Studie des Büros HTC im Auftrag der IHK zu Lübeck und des Kreises Ostholstein aus 2018 geht hervor:

Im Auftrag der DB AG wurde seinerzeit berechnet, dass rd. 50% der Nachfrage dadurch entfallen würde, dass die Bahnhöfe an der Neubautrasse zum Teil weit außerhalb der Ortschaften liegen. [...] Die Raum-Zeit-Beziehungen in die Agglomerationszentren wie Lübeck und Hamburg verschlechterten sich dann deutlich. Entsprechend mehr Verkehr wird auf Bundes- und Landesstraßen sowie auf Autobahnen stattfinden, das Verkehrsangebot von Zug und Bus wird entsprechend weniger als bisher angenommen werden. Es dürfte dann nur eine Frage der Zeit sein, bis hier eine unzureichende Wirtschaftlichkeit zur Einstellung von Verkehren führen muss. In einer Zeit wachsender Umweltprobleme, die maßgeblich auch auf energie-ineffiziente Verkehrssysteme zurückzuführen sind, dürften andere Akzentsetzungen angezeigt sein.

Und weiter: „[Es] ist allen betroffenen Bahnhöfen gemeinsam, dass eine Verlagerung des SPNV auf die Neubaustrecke zu einer Verschlechterung der Ist-Situation führt, indem die neuen Zughalte eine größere Entfernung von den Ortszentren aufweisen. Diesem Umstand muss durch die Schaffung eines Zubringerverkehrs begegnet werden, wobei sicherlich die Fahrgäste sowohl die ortsansässigen als auch die Touristen diesen eingerichteten Service nicht als einen gleichwertigen Ersatz ansehen werden. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass trotz der Einrichtung eines Zubringerverkehrs in den vom Tourismus geprägten Orten ein Rückgang der Fahrgastzahlen zu verzeichnen sein wird. Die zurückgehenden Zahlen haben dabei nicht nur einen Bedeutungsverlust des SPNV zur Folge, sondern sie führen auch zu einer Mehrbelastung der öffentlichen Haushalte der betroffenen Gemeinden.“

 

In einer ganz aktuellen Vergleichsrechung im neuen Verkehrsmodell der Hansestadt Lübeck, bei der das Zukunftsszenario einer Regio-S-Bahn nach Neustadt mit Führung über die Neubaustrecke mit einer Regio-S-Bahn mit Führung über die Bestandstrasse der Bäderbahn verglichen wurde, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: Bei einem direkten linienhaften Vergleich gibt es für den jeweils am stärksten ausgelasteten Streckenabschnitt eine Halbierung der Fahrgastzahlen bei der Führung der Regio-S-Bahn über die Neubaustrecke mit ihren ortsfernen Stationen dieser Fahrgastverlust lässt sich auch nicht durch den bei diesem Szenario unterstellten, relativ gut nachgefragten neuen Shuttlebus im 30-Min.-Takt mit guten Zuganschlüssen ausgleichen, sodass in der Summe dann letztlich immer noch mehr als 1.000 ÖV-Fahrten pro Tag verloren gehen.

 

Die tatsächlichen Fahrgastverluste dürften in der Realität sogar noch deutlich größer ausfallen, denn die Modellrechnung bezieht sich auf Alltagsverkehre. Überregionale touristische Zielverkehre mit längerem Aufenthalt, Wochenend- oder Festivalverkehre, sind hierbei noch gar nicht inbegriffen. Auch ist vollkommen unklar, wie bei dem unterstellten Shuttlebus für Spitzentage im Sommer mit entsprechend sehr hohen Fahrgastmengen ein geeignetes Dispositionskonzept inklusive Vorhalten von Zusatzbussen und Zusatzfahrpersonal überhaupt organisatorisch und wirtschaftlich funktionieren soll.

 

In der Summe würde eine Regio-S-Bahn auf der Neubaustrecke zu insgesamt höheren Kosten (u. a. für den Shuttlebus), zu deutlich weniger Fahrgästen und zu mehr Autofahrten führen, von denen auch die Hansestadt Lübeck in negativer Weise betroffen wäre.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 2: Zwischen 2013 und 2019 sind laut einer Auswertung der NAH.SH die Fahrgastzahlen vor allem an den Bahnhöfen stark gestiegen, die nun nach den Planungen der DB Netz aufgegeben werden sollen: Timmendorfer Strand: +52 %, Scharbeutz: +80 % und Haffkrug: +50 %. Karte: NAH.SH

Abb. 3: Vergleich einer Regio-S-Bahn via Neubaustrecke (inkl. Shuttlebus) vs. Regio-S-Bahn via Bäderbahn im Verkehrsmodell der Hansestadt Lübeck in der Summe zeigen sich deutliche Fahrgastverluste

 

Die Hansestadt Lübeck sieht die Problematik nicht wie gerne zuweilen dargestellt, ausschließlich als Timmendorfer Problematik, sondern als Problem für die ganze Region, wenn mit der Bäderbahn ausgerechnet der potentialreichste Ast der Regio-S-Bahn Lübeck von Seiten des Landes abbestellt werden soll. Ein Busverkehr zur Anbindung der Bäderorte an die Stationen an der Neubaustrecke oder sogar an Lübeck dürfte sehr kostspielig sein und mit bis zu siebenstelligen Beträgen pro Jahr zu Buche schlagen. Dennoch gelingt es damit nicht, die zu erwartenden Fahrgastverluste aufzufangen. Daher kann ein Busverkehr definitiv kein adäquater Ersatz für die Bäderbahn sein. Wir brauchen schon jetzt mehr statt weniger ÖPNV zwischen dem Oberzentrum Lübeck und der Lübecker Bucht. Mit einem Erhalt der Bäderbahn und dem Bau weiterer Stationen kann ein wichtiger Grundstein gelegt werden, die schon jetzt sehr hohen Fahrgastzahlen auf der Verbindung Neustadt Timmendorfer Strand beck zukünftig noch weiter zu steigern und damit einer Überlastung des Straßennetzes in der gesamten Region vorzubeugen, wenn auch noch mehr Pendler:innen auf die Schiene umsteigen. Eine alleinige Fokussierung auf die zeitliche Umsetzung der FFBQ-Hinterlandanbindung führt hier zu nachhaltigen Kollateralschäden in der Region und kann so nicht hingenommen werden, was bereits mehrfach gegenüber Land und Bund bekräftigt wurde. So wurde ein Brandbrief an Ministerpräsident Günther versandt, ebenso fanden im Oktober, November und Dezember Briefwechsel mit dem für Verkehr zuständigen schleswig-holsteinischen Staatssekretär Tobias von der Heide sowie der im Bundesverkehrsministerium für Eisenbahnfragen zuständigen Staatssekretärin Susanne Henckel statt.  Auch kooperiert die Hansestadt Lübeck in der Angelegenheit eng mit der Gemeinde Timmendorfer Strand und der NEG: Am 19. Oktober fand ein gemeinsames Gespräch mit Staatssekretär von der Heide statt und am 5. Dezember wurde eine gemeinsame Pressekonferenz zum Thema Erhalt der Bäderbahn in Timmendorfer Strand abgehalten. Hierbei wurde eine Videobotschaft von Bürgermeister Lindenau eingespielt. Zudem konnte die Position der Hansestadt Lübeck mit einer Präsentation verdeutlicht werden (vgl. Anhang).

 

Die Hansestadt Lübeck ist grundsätzlich bereit, sich bei einer Machbarkeitsstudie der NAH.SH für neue Mobilitätsangebote in der Lübecker Bucht einzubringen (auch finanziell), sofern auch schienengebundene Lösungen mit untersucht werden, die eine spätere Einbindung der Bäderbahn in das Konzept einer Lübecker Regio-S-Bahn ermöglichen.

 

Ebenso begrüßt und unterstützt die Hansestadt Lübeck selbstverständlich ausdrücklich die Initiative der NEG zum Infrastrukturerhalt der Bäderbahn auch gerne in Form von Interimslösungen im Sinne touristischer Verkehre, bis wieder eine volle Nutzbarkeit als Infrastruktur für eine zukünftige Regio-S-Bahn gegeben sein wird.

 

ngst wurde am 18.01.2024 durch Frau Plambeck, Konzernbevollmächtigte der DB für Norddeutschland im Fehmarnbelt-Dialogforum die Rechtsauffassung der Hansestadt Lübeck und der Gemeinde Timmendorfer Strand bestätigt: Die DB InfraGO AG chte nun doch eine Südanbindung der FFBQ-Neubaustrecke an die Bäderbahn im zugehörigen Planfeststellungsverfahren vorsehen. Dieser Schritt entkoppelt den Start des Planfeststellungsverfahrens von einem etwaigen Stilllegungsbeschluss zur Bäderbahn, der wie weiter oben erläutert, wiederum ohnehin nicht zu erwarten gewesen wäre.

 

 

Forderungen der Hansestadt Lübeck an Bund und Land:

 

Insgesamt wünscht sich die Hansestadt Lübeck, dass Bund und Land eine aktivere Rolle gegeber der DB InfraGO AG einnehmen. Im Sinne der Realisierung einer zukunftskompatiblen Schieneninfrastruktur beim Bau der FFBQ-Schienenhinterlandanbindung fordert die Hansestadt Lübeck, dass das Land Schleswig-Holstein in konkrete Planungen (Leistungsphasen 1 und 2) der folgenden Projekte investiert, um der aktuell erfolgenden sektoralen Planung ein ganzheitliches Konzept entgegen zu stellen:

 

-          Einrichtung einer Drei- bis Viergleisigkeit zwischen Lübeck Hbf und Abzw. Waldhalle

-          Kreuzungsfreie Ein- und Ausfädelung der Strecke nach Lübeck-Travemünde

-          Herstellung einer Nordanbindung des Port of Lübeck und Möglichkeiten zur Zugbildung und zum Zughandling in Lübeck unter Nutzung und Ausbau bestehender Schienengüterinfrastruktur

-          Einbindung der bestehenden Strecke der sog. Bäderbahn in die Neubastrecke an den zukünftigen Stationen Ratekau und Haffkrug, um auch in Zukunft zwischen Ratekau, Timmendorfer Strand, Scharbeutz, Haffkrug, Sierksdorf und Neustadt einen attraktiven, effizienten und ortsnahen SPNV im Halbstundentakt im Rahmen des Regio-S-Bahn-Konzeptes anbieten zu können

-          Herstellung eines leistungsfähigen Ostkorridors zur Anbindung des Port of Lübeck (die Ertüchtigung der Strecke über Bad Kleinen ist aus Lübecker Sicht bereits vor den aktuell geplanten jeweils fünfmonatigen Sperrungen der Magistralen Hamburg Hannover bzw. Hamburg beck umzusetzen, damit der Schienengüterverkehr zum TEN-T-Kernnetzhafen Lübeck nicht zum Erliegen kommt)

 

Eine derartige, integrierte und ganzheitliche Planung bietet die Grundlage, dem sehr aufwändigen Anfassen der Schieneninfrastruktur innerhalb der nächsten Jahre an mehreren Stellen in der Region gleich mindestens zwei Mal hintereinander entgegenzuwirken. Die so auch vermeidbare öffentliche Diskussion über den Sinn derartiger Vorgehensweisen erklärt sich von selbst.

 

Ebenso ist es in der öffentlichen Kommunikation gerade in der heutigen Zeit kaum vermittelbar, dass mit der Bäderbahn eine bestehende sehr gute Infrastruktur endgültig abgewickelt werden soll. In Anbetracht der Klimakrise und der gewünschten Verkehrswende ist dies ein unerfreulicher Anachronismus.

 

Entsprechend appelliert die Hansestadt Lübeck an Land und Bund, sich für ein ganzheitliches Zukunftskonzept im Zuge der FFBQ-Planungen einzusetzen. Ein Durchpeitschen der FFBQ-Hinterlandanbindung durch die DB InfraGO AG auf Kosten der Region kann nicht mitgetragen werden. Mindestens müssen jegliche Planungen aufwärtskompatibel erfolgen, damit die für die Hansestadt Lübeck und die Region erforderlichen Projekte im Nachgang umgesetzt werden können.

 

Auch der Hansestadt Lübeck ist eine zeitgerechte Realisierung der FFBQ-Hinterlandanbindung wichtig. Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel daran, ob der von der DB InfraGO AG gewählte Weg hierzu die richtige Strategie ist. Aus einer offensichtlich werdenden Überforderungshaltung der DB dürfen keine Kollateralschäden für die Region entstehen. Die Hansestadt Lübeck ist überzeugt davon, dass der DB InfraGO AG als Vorhabenträgerin nur dann ein zügiges Planfeststellungsverfahren gelingt, wenn die Maßnahme im regionalen Konsens und nicht gegen die Interessen der Region durchgeplant und durchgeführt wird.

 

Die aufgeführten Problemstellungen und Forderungen wurden in den letzten Monaten und in diesem Wortlaut gegenüber der Deutschen Bahn, dem Land Schleswig-Holstein, dem Bundesverkehrsministerium, dem Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg bis hin zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland deutlich und wiederholt kommuniziert.
 


Anlagen

 

Anlage 1: Schriftverkehr mit dem Land Schleswig Holstein

  • Schreiben der Hansestadt Lübeck an Ministerpräsident Daniel Günther vom 10.10.23
  • Antwortschreiben von Staatssekretär Tobias von der Heide (MWVATT) vom 08.11.23
  • Schreiben der Hansestadt Lübeck an Staatssekrer Tobias von der Heide (MWVATT) vom 27.11.23
  • Antwortschreiben von Staatssekretär Tobias von der Heide (MWVATT) vom 18.12.23

 

Anlage 2: Schriftverkehr mit dem Bundesministerium

  • Schreiben der Hansestadt Lübeck an Staatssekretärin Susanne Henckel (BMDV) vom 16.08.23
  • Antwortschreiben von Staatssekretärin Susanne Henckel vom 06.11.23
  • Schreiben der Hansestadt Lübeck an Staatssekretärin Susanne Henckel (BMVD) vom 22.11.23
  • Schreiben der Hansestadt Lübeck an Staatssekretärin Susanne Henckel (BMDV) vom 27.11.23
  • Antwortschreiben von Staatssekretärin Susanne Henckel vom 10.01.24

 

Anlage 3: Schriftverkehr mit dem Bundeskanzleramt

  • Schreiben der Hansestadt Lübeck an Bundeskanzler Olaf Scholz vom 17.10.23

 

Anlage 4: Schriftverkehr mit der Deutschen Bahn AG

  • Schreiben der Hansestadt Lübeck an Ute Plambeck, Konzernbevollmächtigte der DB für Norddeutschland, vom 27.11.23
  • Antwortschreiben Ute Plambeck, Konzernbevollmächtigte der DB für Norddeutschland, vom 18.12.23

 

Anlage 5: Schriftverkehr mit der Freien und Hansestadt Hamburg

  • Schreiben der Hansestadt Lübeck an den Ersten Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher vom 20.10.23

 

Anlage 6: Präsentation „Bedeutung der Bäderbahn für die Hansestadt Lübeck“ vom 05.12.2023 (Pressekonferenz in Timmendorfer Strand)


 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 2 1 öffentlich Anlage 1__HL_an_MP (205 KB)    
Anlage 3 2 öffentlich Anlage 1__AW_Staatssekretär vdH_geschw_08112023 (226 KB)    
Anlage 4 3 öffentlich Anlage 1__HL_an_Staatssekretär_vdH_27112023 (198 KB)    
Anlage 5 4 öffentlich Anlage 1__AW_Staatssekretär_vdH_geschw_181223 (139 KB)    
Anlage 6 5 öffentlich Anlage 2__HL_an_Staatssekretärin_Henckel_16082023 (134 KB)    
Anlage 7 6 öffentlich Anlage 2__AW_Staatssekretärin_Henckel_geschw_06112023 (128 KB)    
Anlage 14 7 öffentlich Anlage 2_HL_an_Staatssekretärin_Henckel_22112023 (94 KB)    
Anlage 8 8 öffentlich Anlage 2__HL_an_Staatssekretärin_Henckel_27112023 (101 KB)    
Anlage 9 9 öffentlich Anlage 2__AW_Staatssekretärin_Henckel_geschw_10012024 (74 KB)    
Anlage 10 10 öffentlich Anlage 3__HL_an_BK_Scholz_17102023 (1169 KB)    
Anlage 11 11 öffentlich Anlage 4__HL_an_Plambeck_27112023 (336 KB)    
Anlage 1 12 öffentlich Anlage 4_AW_Plambeck_geschw_18122023 (72 KB)    
Anlage 12 13 öffentlich Anlage 5__HL_an_BGM_Tschentscher (152 KB)    
Anlage 13 14 öffentlich Anlage 6_Bäderbahn_Verkehrsmodell_HL (2940 KB)