Vorlage - VO/2023/12250  

Betreff: Grundschule Koggenweg - Bericht zur Entscheidungsfindung zum Errichten eines Ersatzneubaus nach Durchführung eines Realisierungswettbewerbs
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Hagen
Federführend:5.651 - Gebäudemanagement Bearbeiter/-in: Kunz, Christian
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
19.06.2023 
87. Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Schul- und Sportausschuss zur Kenntnisnahme
22.06.2023 
31. Sitzung des Schul- und Sportausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag


 

Ausgehend von den Rückmeldungen aus der Sitzung Bauausschusses vom 21.02.2022 zum Bericht zur Entscheidung hinsichtlich einer baulichen Variante für die Grundschule am Koggenweg (VO/2021/10666) wurden im weiteren Verlauf des Jahres 2022 weiterführende Betrachtungen durchgeführt, um folgende Fragen zu beleuchten:

 

-     Welche baulichen Varianten lassen sich auf dem Schulgrundstück umsetzen?

 

-     Wie lassen sich die Aspekte des Klimaschutzes in der Entscheidungsfindung berücksichtigen?

 

Um diese Frage zu erörtern, wurden ein Architektur- und ein Ingenieurbüro für Bauphysik zurate gezogen. Die Ergebnisse zur Beantwortung der Fragen und das angestrebte weitere Vorgehen sollen mit diesem Bericht erläutert werden.


 


Begründung


 

gliche bauliche Varianten

Im Rahmen einer Studie wurden durch ein Architekturbürogliche Standorte und bauliche Varianten untersucht und dabei Vor- und Nachteile betrachtet. Grundlage für die Variantenbildung ist die aufgrund des Raumprogramms zu erwartende Bruttogeschossfläche des künftigen Schulgebäudes. Als Ergebnis der Untersuchungen sind fünf Varianten für die bauliche Umsetzung des Raumprogramms möglich:


 

Variante 1 = Sanierung und Aufstockung inkl. erforderlicher Interimsbau (Container)

Variante 2 = Ersatzneubau an gleicher Stelle inkl. Containerinterim

Variante 3 = Ersatzneubau mit vier Vollgeschossen ohne Interim

Variante 4 = Ersatzneubau mit drei Vollgeschossen ohne Interim

Variante 5 = Ersatzneubau mit drei Vollgeschossen plus Staffelgeschoss ohne Interim

 

Abb. 1:  3D-Modell Variante 1

 

 

 

Abb. 2:  3D-Modell Variante 2


 

Abb. 3:  3D-Modell Variante 3

 

 

 

Abb. 4:  3D-Modell Variante 4


 

Abb. 5:  3D-Modell Variante 5

 

Der für das Schulgelände gültige Bebauungsplan sieht aktuell maximal drei Vollgeschosse vor. Auf Anfrage teilte der Bereich Stadtplanung und Bauordnung mit, dass eine Ausbildung mit vier Geschossen abweichend hiervon u.a. aufgrund der höheren Umgebungsbauten städtebaulich vertretbar wäre. Aus diesem Grund bleibt auch die viergeschossige Option weiter in der Betrachtung.

r die Umsetzung der Varianten 1 und 2 ist die Errichtung eines Interimsgebäudes für die Auslagerung des Schulbetriebs während der Bauzeit erforderlich. Der Hauptteil des Schulhofes für die Pausennutzung befindet sich dann wie bisher zwischen aktuellem Schulgebäude und Buntekuhweg.

Dem gegenüber kann bei den Varianten 3, 4 und 5 auf eine Auslagerung verzichtet werden, da zunächst der Ersatzneubau errichtet und nach Umzug der Bestand zurückgebaut wird. Der Hauptteil des Schulhofes für die Pausennutzung liegt bei diesen Varianten zwischen dem neuen Schulgebäude, Turnhallenbau und der ab 2024 genutzten Mensa.

 

Aktualisierung des Kostenrahmens

Aufgrund der fortschreitenden Baukostenentwicklung wurde der Kostenrahmen der Varianten aktualisiert. Dabei sind die Kostenentwicklungen seit der letzten Kostenbetrachtung (4. Quartal 2021) bis zum Stand der aktuellen Studien (1. Quartal 2023) berücksichtigt. Die Einzelwerte der Kostenrahmen stellen sich mit aktuellem Stand wie folgt dar:

 

Variante 1: 17.500.000,00 € brutto (inkl. Kosten für Interim)

 

Variante 2: 20.000.000,00 € brutto (inkl. Kosten für Interim)

 

Variante 3: 17.000.000,00 € brutto (kein Interim erforderlich)

 

Variante 4: 17.000.000,00 € brutto (kein Interim erforderlich)

 

Variante 5: 17.000.000,00 € brutto (kein Interim erforderlich)

 

Die Bruttogeschossflächen sind entsprechend des Projektstands unabhängig von Grundrissgestaltung, Baukonstruktion und technischen Bedarfen in Bezug auf ähnliche Projekte angenommen. Die Baukosten basieren auf BKI-Durchschnittswerten ebenfalls aus Vergleichsprojekten. Daher ergeben sich für die Varianten 3 bis 5 identische Flächen- und Kostenwerte.

 

 

Ökobilanzen der möglichen Varianten

Um Aspekte des Klimaschutzes in der Entscheidungsfindung zur angestrebten Umsetzung der baulichen Maßnahmen angemessen berücksichtigen zu können, wurde durch ein Ingenieurbüro für Bauphysik die Ökobilanz der Baukonstruktionen der einzelnen o.g. Varianten betrachtet.

hrend die Variantentiefe der Architekturstudie sich auf die Gebäudekubatur beschränkt, wurde die Durchführung der Ökobilanzierung auf die Außenbauteile (Außenwände, Böden gegen Erdreich, Dächer, Fenster) sowie die Geschossdecken ausgerichtet.

Hierzu wurden mit den Architekten Bauteilflächen mit abgestimmten Bauteilaufbauten erarbeitet. Dies erfolgte sowohl für die klassische Massivbauweise als auch alternativ dazu r eine Holzkonstruktion.

 

r die Varianten mit Auslagerung während der Bauzeit wurde eine klassische Stahlcontainerlösung berücksichtigt. Hierbei ist auch eine anteilige Wiederverwendung von Containern durch die vermietende Firma angesetzt, was entsprechend positive Auswirkungen auf die Ökobilanz hat.

 

Die Berechnungen erfolgen im Lebenszyklus über 50 Jahre unter Berücksichtigung der Gebäudeerrichtung, der Wartung und Instandhaltung, der Erneuerung nach Lebensende der Bauteile sowie des Rückbaus nach Nutzungsende.

Unberücksichtigt bleiben weitere Innenflächen (Innenwände, Türen etc.) sowie die nutzungsbedingten Emissionen (Energiebedarf für Wärme und Strom).

 

Bewertet werden das Treibhauspotential (GWP in kg CO2-Äquiv.) und der nicht erneuerbare Primärenergiebedarf (in MWh). Das Treibhauspotential (englisch Global Warming Potential, GWP) einer chemischen Verbindung ist eine Maßzahl für ihren relativen Beitrag zum Treibhauseffekt. Sie gibt damit an, wie viel eine bestimmte Masse Vergleich zur gleichen Masse CO2 zur globalen Erwärmung beiträgt.

r die ermittelten Gebäudemassen/Bauteilschichten werden zur Bestimmung der Umweltauswirkungen die Ökobilanz-Datensätze der ökobau.dat 2021 (Ersteller: Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, BMWSB) herangezogen.

 

Die Weiterverwendung vorhandener Bausubstanz (Graue Energie) ist in der Variante 1 möglich. Hierbei wird das vorhandene Gebäude entkernt und den neuen Anforderungen entsprechend saniert. Aufgrund der notwendigen Aufstockung um bis zu zwei Stockwerke ist mit umfangreichen Arbeiten in der Bodenplatte zur Ertüchtigung der Gründung und mit einem Teilumbau des massiven Treppenhauses zu rechnen. Letztlich verbleiben würden bei dieser Lösung die Sohle, die Stahlbetonstützen und die derzeitigen Decken über EG und OG.

 


 

Die Ökobilanzen der fünf Varianten zeigen folgende Ergebnisse:

 

Abb. 6:  Ergebnisübersicht Treibhauspotential (GWP)

 

Abb. 7:  Ergebnisübersicht Primärenergiebedarf

 

Bei den Ergebnissen der Varianten 1 und 2 sind die ökologischen Auswirkungen des neuen Baukörpers und des erforderlichen Interims zur Auslagerung des Schulbetriebs während der Bauzeit kumuliert.

Auf den ersten Blick würden nennenswerte Abweichungen in den Ergebnissen der Varianten 2 und 3 erwartet werden, da einmal ein Interim notwendig ist und einmal nicht. Allerdings gibt es bei den jeweiligen Neubauten leichte geometrische Abweichungen aufgrund des potentiellen Baufeldes für einen Ersatzneubau hinter dem bestehenden Schulgebäude. Das etwas ungünstigere Verhältnis von Oberfläche zu Gebäudevolumen bei der Variante 3 gleicht im negativen Sinne die Einsparungen durch den Interimsverzicht bei dieser groben Betrachtung aus.

 

 

Erkenntnisse aus den Studienergebnissen

Die Auswertung der Ökobilanzierungen führt zu vier wichtigen Feststellungen:

 

  1. Die Berücksichtigung von Holzkonstruktionen führt gegenüber der klassischen Massivbauweise zu einer Einsparung an CO2-Äquivalent von im Mittel 13%.
  2. Die Variante 4 (Neubau drei Vollgeschosse) hat aufgrund des größten Anteils an Außenhüllflächen die schlechteste Ökobilanz.
  3. Die Weiterverwendung der vorhandenen Bausubstanz mit einer zweigeschossigen Aufstockung in Holzbauweise führt gegenüber der Errichtung eines Ersatzneubaus in Holzkonstruktion (bspw. Variante 2 und 3) zu einer Einsparung an CO2-Äquivalent von im Mittel 16%.
  4. Um eine optimierte Ökobilanz zu erreichen ist ein möglichst kompaktes Gebäude erforderlich.

 

 

Bewertung der Studienergebnisse und Festlegung für weiteren Projektverlauf

Nachdem zuletzt mit einer rein wirtschaftlichen Betrachtung Sanierung und Neubau verglichen wurden (VO/2021/10666), wurde mit den aktuellen Studien festgestellt, dass es Lösungen gibt, bei denen je nach Standort der Baumaßnahme auf dem Schulgrundstück auf eine Auslagerung des Schulbetriebs in ein zusätzlich zu errichtendes Interimsgebäude verzichtet werden kann. Zudem wurden erste Vergleichswerte zur Ermittlung der Ökobilanzen einzelner Varianten ermittelt und gegenübergestellt, welche nun im Zusammenhang mit den zu erwartenden Kosten sowie Vor- und Nachteilen einzelner Varianten berücksichtigt werden können.

 

Hinsichtlich der Ökobilanz überrascht zunächst die vergleichsweise geringe Einsparung bei der Variante 1 mit Weiterverwendung der Bausubstanz (Graue Energie) gegenüber einem kompletten Ersatzneubau hinter dem bisherigen Schulbau. Dies wird jedoch bei näherer Bertachtung durch zwei Punkte nachvollziehbar: Zum einen wird ein Interimsbau erforderlich, welcher selbst ökologische Auswirkungen hat, zum anderen werden Eingriffe in die Bausubstanz erforderlich (Verstärkung der Fundamente, Bodenplatte, Treppenhaus), sodass die ohne weitere Maßnahmen weiterverwendbare Bausubstanz sich verringert.

 

Wie schon mit VO/2021/10666 dargestellt, ist der Ersatzneubau finanziell aufwendiger als eine Sanierung mit Aufstockung. In mehreren Förderbestimmungen des Bundes wird aufgezeigt, dass ein Ersatzbau in der Regel die günstigere Variante ist, wenn er nach Art und Funktion den Bestandsbau ersetzt und die Sanierungskosten mehr als 80% der zu erwartenden Kosten für einen Ersatzbau betragen.

Bei der Umsetzung einer Variante mit einem Ersatzneubau hinter dem derzeitigen Schulgebäude kann auf eine Auslagerung des Schulbetriebs in einen Interimsbau verzichtet werden. Das ist bei einer Sanierung nicht möglich. Die Kosten dieser beiden Lösungen gleichen sich demnach wieder an (17,0 Mio. €r Ersatzneubau; 17,5 Mio. Sanierung/Aufstockung). Dies spricht aus wirtschaftlicher Sicht deutlich für einen Ersatzneubau.

 

Da die ökologischen Vorteile der Weiterverwendung der Bausubstanz (Graue Energie) nur vergleichsweise gering ausfallen, sollte dieser Faktor aus Sicht der Verwaltung nicht maßgeblich zur weiteren Festlegung sein. Vielmehr treten die wirtschaftlichen Vorteile eines kompletten Ersatzneubaus ohne deutliche Mehrkosten und der mögliche Verzicht auf einen Containerbau in den Vordergrund. Durch den mehrgeschossigen Interimsbau würde der vorhandene Parkplatz für den Sportplatz stark eingeschränkt.

 

Die Verwaltung verfolgt daher die Umsetzung eines Ersatzneubaus gemäß Variante 3 oder 5. Da die ökologischen Vorteile einer Sanierung und Aufstockung bei der geplanten Baumaßnahme nur gering ausfallen, werden für die Entscheidung seitens der Verwaltung andere Aspekte für einen Ersatzneubau entscheidend. Dies ist zunächst der Verzicht auf einen Interimsbau, primär finanziell aber auch organisatorisch (Parkplatzfläche für Sportverein wird nicht eingeschränkt, kein zusätzlicher Umzug für die Schule). Ein weiterer Aspekt ist die dadurch voraussichtlich schnellere Umsetzbarkeit des Projektes. Mit Blick auf den gesamten Verlauf des Projekts werden zudem terminliche und finanzielle Risiken von Unwägbarkeiten der Arbeiten im Bestand ausgeschlossen. Um die optimalste Lösung für das pädagogische Konzept und für den Standort zu erreichen, soll ein Realisierungswettbewerb für die Bauaufgabe durchgeführt werden. Für die Berücksichtigung der Erkenntnisse in Bezug auf die ökologischen Aspekte sollen im Wettbewerb Vorgaben zu einer möglichst kompakten Holzbauweise berücksichtigt werden. Zudem kann durch die Umsetzung eines Baus mit hoher Vorfertigung (z.B. Modulbau) die Bauzeit vor Ort verkürzt werden. Dies reduziert die Einflüsse (z.B. Baulärm) auf das bis zur Fertigstellung des Ersatzbaus weitergenutzte, bestehende Schulgebäude. Auch dies soll im Wettbewerb angemessen berücksichtigt werden. Mit den Vorbereitungen zum Realisierungswettbewerb wird in 2023 begonnen.

 

 

 


Anlagen