Vorlage - VO/2022/11251-01  

Betreff: Antwort auf die Anfrage des AM Thorsten Fürter (FDP) zur Finanzierung des Stadtverkehrs Lübeck
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna HagenBezüglich:
VO/2022/11251
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Bahr, Oliver
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
08.11.2022 
71. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag


Anfrage des AM Thorsten Fürter in der Sitzung des Hauptausschusses am 28.06.2022 (VO/2022/11251):

 

In den Vorlagen “Ausweitung des Angebots der Linie 40 im Kontext des Projektes unbeschwert unterwegs’” (VO/2022/11156) und “Ausweitung des Busverkehrs im Rahmen des Stationsneubaus Lübeck-Moisling an der Bahnstrecke Lübeck - Hamburg” (VO/2022/11145) hat der Bürgermeister der Bürgerschaft Vorlagen zur Entscheidung zugeleitet, mit denen eine Ausweitung des Angebots des Stadtverkehrs aus finanziellen Eigenmitteln der Stadt finanziert werden soll. Auch die Abschaffung der Preisstufe 3 soll aus dem Haushalt finanziert werden (VO/2022/10905).

 

1) Welche Entscheidungen wurden seit dem 1. Januar 2010 getroffen, die zur Gewährung von Haushaltsmitteln an den Stadtverkehr geführt haben?

 

2) Wie hat sich die Höhe der Haushaltsmittel an den Stadtverkehr seit dem Haushaltsjahr 2010 entwickelt (bitte Aufschlüsselung nach Jahren)?

 

3) Mit welcher Entwicklung der Haushaltszuschüsse an den Stadtverkehr rechnet der Bürgermeister in der Zeit bis 2027?

 

4) Stellt die zunehmende Finanzierung von Leistungen des Stadtverkehrs eine Abkehr von der bisher verfolgten Strategie dar, das Defizit in der Aufgabenwahrnehmung des Stadtverkehrs über die Stadtwerke Lübeck Holding mit Gewinnen der Stadtwerke Lübeck GmbH zu finanzieren? Wenn ja: Welche Gründe sind für die Abkehr von der Strategie maßgeblich?

 

5) Wie hat sich der Kostendeckungsgrad des Stadtverkehrs (ohne Berücksichtigung von Zuwendungen der öffentlichen Hand oder der Stadtwerke Lübeck Holding) seit dem Jahr 2010 bis zum Jahr 2021 entwickelt?

 

6) Rechnet der Bürgermeister damit, dass die Entscheidungen der Bürgerschaft in den Jahren 2021 und 2022 negative Auswirkungen auf den Kostendeckungsgrad in den Jahren bis 2027 haben wird?

 

7) Welches Ziel bzw. welche Strategie verfolgt der Bürgermeister im Hinblick auf den

nftigen Kostendeckungsgrad des Stadtverkehrs?

 


 


Begründung

 

1) Welche Entscheidungen wurden seit dem 1. Januar 2010 getroffen, die zur Gewährung von Haushaltsmitteln an den Stadtverkehr geführt haben?

 

Aus dem Produkt 547001 Aufgabenträger ÖPNV werden im Regelfall zweckgebundene Fördermittel, die der HL auf Basis des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Schleswig-Holstein (ÖPNVG) bzw. der Landesverordnung über die Finanzierung des übrigen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNVFV SH) zur Verfügung gestellt werden, eingenommen und dann zur Aufgabenerfüllung an SL weitergeleitet. Der überwiegende Anteil entfällt auf den Ausgleich für die entstehenden Kosten im Ausbildungsverkehr.

 

Daneben gibt es seit Herbst 2020 verschiedene Einzelbeschlüsse, die eine direkte Gewährung von Haushaltsmitteln an den Stadtverkehr versehen bzw. vorgesehen haben:

 

VO/2020/08551

Ganzjähriger Verkehr der Norderfähre in Travemünde

VO/2021/10291

Verlängerung des ganzjährigen Probebetriebs der Priwall-Norderfähre

VO/2020/09617

Umsetzung der im Gutachten zur nachhaltigen Ausweitung des ÖPNV empfohlenen Maßnahmen

VO/2020/09616

Umsetzung der im Tarifgutachten zu den ÖPNV-Tarifen und Tarifstrukturen empfohlenen Maßnahmen

VO/2022/10905

Abschaffung Preisstufe 3

VO/2022/11145

Ausweitung des Busverkehrs im Rahmen des Stationsneubaus Lübeck-Moisling an der Bahnstrecke Lübeck Hamburg

VO/2022/11156

Ausweitung des Angebots der Linie 40 im Kontext des Projektes "unbeschwert unterwegs“

 

2) Wie hat sich die Höhe der Haushaltsmittel an den Stadtverkehr seit dem Haushaltsjahr 2010 entwickelt (bitte Aufschlüsselung nach Jahren)?

 

Haushaltsjahr

Zahlungen an den Stadtverkehr

EUR

2010

3.090.195,60

2011

2.660.080,60

2012

2.739.449,46

2013

2.834.080,60

2014

2.960.260,60

2015

2.958.285,67

2016

2.962.380,60

2017

2.941.265,60

2018

2.937.680,60

2019

2.902.075,99

2020

10.739.049,37

2021

5.657.354,55

 

Im Jahr 2020 flossen 7.409.708,00 EUR aus dem ÖPNV-Rettungsschirm an SL. Im Jahr 2021 wurden keine Rettungsschirmmittel ausgezahlt. Der Gelder wurden erst in 2022 vereinnahmt und an den Stadtverkehr weitergeleitet.

 

3) Mit welcher Entwicklung der Haushaltszuschüsse an den Stadtverkehr rechnet der Bürgermeister in der Zeit bis 2027?

 

Die Bürgerschaft hat in ihrer Sitzung am 30.06.2022 mit der Zustimmung zur VO/2021/10558 - Grundlagenbeschluss für den Entwurf des Flächennutzungsplans und den Verkehrsentwicklungsplan bzw. zur VO/2021/10558-08-01 AT von CDU + SPD zu: Interfraktioneller Antrag von CDU + SPD zu: Grundlagenbeschluss für den Entwurf des Flächennutzungsplans und den Verkehrsentwicklungsplan die Stärkung und den Ausbau des ÖPNV in der Hansestadt Lübeck beschlossen. Eine erste Konkretisierung wird mit der Aufstellung des 5. Regionalen Nahverkehrsplan erfolgen. Dabei wird vorrangig versucht, den ÖPNV bei gleichbleibendem Mitteleinsatz zu stärken. Daneben werden weitere Maßnahmen notwendig sein, um die Ziele der o. g. Vorlagen zu erreichen. Ob und ggf. in welcher Höhe ein finanzieller Mehraufwand entstehen wird, der dann durch die HL zu tragen sein wird, ist aktuell nicht einschätzbar.

 

4) Stellt die zunehmende Finanzierung von Leistungen des Stadtverkehrs eine Abkehr von der bisher verfolgten Strategie dar, das Defizit in der Aufgabenwahrnehmung des Stadtverkehrs über die Stadtwerke Lübeck Holding mit Gewinnen der Stadtwerke Lübeck GmbH zu finanzieren?

Wenn ja: Welche Gründe sind für die Abkehr von der Strategie maßgeblich?

 

Die Bürgerschaft hat am 27.09.2018 den 4. Regionalen Nahverkehrsplan (RNVP) beschlossen. Mit dem 4. RNVP hat die Bürgerschaft den Rahmen für die Erbringung von Verkehrsleistungen und die Standards im ÖPNV festgelegt. Auf Grundlage des 4. RNVP wurde dann mit Beschluss der Bürgerschaft vom 27.02.2020 mit der Stadtverkehr Lübeck GmbH ab dem 01.01.2023 Stadtwerke Lübeck Mobil GmbH (SWL Mobil)  ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag (öDA) abgeschlossen. Der öDA beschreibt den Leistungsumfang und die Standards, zu denen SL für die Hansestadt Lübeck die Verkehrsleistungen erbringt. Er beschreibt außerdem den Ausgleich der Leistungen. Der Ausgleich der Bestandsleistungen erfolgt danach über den Verlustausgleich mit der Stadtwerke Lübeck Gruppe GmbH.

 

Da die Betrauung mit den Verkehrsleistungen im Rahmen der Direktvergabe erfolgte, sind die entsprechenden vergaberechtlichen Regelungen zu beachten.

Sofern nun von der Hansestadt Lübeck Leistungsausweitungen über die im 4. RNVP und dem öDA festgelegten Leistungsumfang von SL gewünscht werden, sind diese gesondert außerhalb des Verlustausgleichs mit der SWL Gruppe - zu vergüten. Entsprechende Regelungen sind im öDA enthalten.

Mit den aktuellen Beschlüssen hat die Bürgerschaft zusätzliche Leistungen an SL beauftragt, die dann gesondert vergütet werden müssen.

Diese gesonderte Finanzierung von Leistungen über den im öDA vereinbarten Leistungsumfang hinaus ist insofern keine Abkehr der Strategie, die negativen Ergebnisse im Rahmen des Verlustausgleichs durch die SWL Gruppe zu finanzieren, sondern erfolgt gerade vertragsgemäß.  

 

5) Wie hat sich der Kostendeckungsgrad des Stadtverkehrs (ohne Berücksichtigung von Zuwendungen der öffentlichen Hand oder der Stadtwerke Lübeck Holding) seit dem Jahr 2010 bis zum Jahr 2021 entwickelt?

 

Seit dem Jahr 2010 ist der Kostendeckungsgrad (ohne Ergebnisabführung) aufgrund von stringenten Restrukturierungsmaßnahmen kontinuierlich von 76 % auf etwa 82 % im Jahr 2022 gestiegen. Die Ergebnisabführung an die Stadtwerke Lübeck Holding GmbH konnte hierdurch von etwa -14 Mio. EUR im Jahr 2010 auf etwa -11 Mio. EUR im Jahr 2019 jedes Jahr deutlich reduziert werden.

nzlich ohne Zahlungen aus der öffentlichen Hand (insb. zweckgebundene Kommunalisierungsmittel und Ausgleichszahlungen für die Beförderung von Schwerbehinderten) hat sich der Kostendeckungsgrad nahezu parallel entwickelt und ist bis zum Jahr 2019 von 64 % auf 70 % gestiegen.

Im Jahr 2020 sind die Fahrgeldeinnahmen aufgrund der im Rahmen der Corona-Pandemie gesunkenen Nachfrage deutlich zurückgegangen. Ohne die Zahlungen aus dem ÖPNV-Rettungsschirm ist der Kostendeckungsgrad unmittelbar auf etwa 60 % gesunken.

 

6) Rechnet der Bürgermeister damit, dass die Entscheidungen der Bürgerschaft in den Jahren 2021 und 2022 negative Auswirkungen auf den Kostendeckungsgrad in den Jahren bis 2027 haben wird?

 

Die nach wie vor gesunkenen Fahrgeldeinnahmen führen zukünftig im Zusammenhang mit drastisch steigenden Energiekosten tendenziell zu einem sinkenden Kostendeckungsgrad. Es ist jedoch zu erwarten, dass Angebotsausweitungen, die durch die öffentliche Hand vollständig finanziert werden und sich positiv auf die Nachfrage auswirken, hier zumindest anteilig entgegenwirken können.

 

7) Welches Ziel bzw. welche Strategie verfolgt der Bürgermeister im Hinblick auf den künftigen Kostendeckungsgrad des Stadtverkehrs?

 

Die Ziele zur Finanzierung der SL richten sich nicht auf den Kostendeckungsgrad allein, zumal die Preisgestaltung im SH-Tarif nicht durch die SL erfolgt. Vielmehr hat der SWL Gruppe Konzern die Vorgabe, auf Ebene der Holding mindestens ein ausgeglichenes Ergebnis („schwarze 0“) zu erzielen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die SWL Gruppe im Rahmen des Konzernprogramms verschiedene Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung erarbeitet. Darin sind auch Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung in der SL vorgesehen, wie z. B. das bargeldlose Zahlen im Bus, die sich auch positiv auf den Kostendeckungsgrad auswirken.


 


Anlagen


 

Stammbaum:
VO/2022/11251   Anfrage des AM Thorsten Fürter (FDP) zur Finanzierung des Stadtverkehrs Lübeck   Geschäftsstelle der FDP Fraktion   Anfrage
VO/2022/11251-01   Antwort auf die Anfrage des AM Thorsten Fürter (FDP) zur Finanzierung des Stadtverkehrs Lübeck   5.610 - Stadtplanung und Bauordnung   Antwort auf Anfrage öffentlich