Vorlage - VO/2022/11161-01  

Betreff: Antwort der Anfrage des AM Marco Sander (Fraktion21): Anfrage zur pflegerischen Versorgung der Lübecker Bevölkerung / Senior:inneneinrichtungen (SIE) der Hansestadt Lübeck (TEIL 1)
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Pia SteinrückeBezüglich:
VO/2022/11161
Federführend:2.502 - SeniorInneneinrichtungen Bearbeiter/-in: Wadehn, Gert
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Ausschuss für Soziales zur Kenntnisnahme
06.09.2022 
27. Sitzung des Ausschusses für Soziales zurückgestellt   
04.10.2022    FÄLLT AUS!!! Sitzung des Ausschusses für Soziales      
01.11.2022 
28. Sitzung des Ausschusses für Soziales zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Beantwortung der Anfrage des BM Marco Sander: Anfrage zur pflegerischen Versorgung der Lübecker Bevölkerung / SeniorInnenEinrichtungen (SIE) der Hansestadt Lübeck (Teil 1)  (VO/2022/11161) aus dem Ausschuss für Soziales am 07.06.2022

 

 

Vorbemerkung:

1. "80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen werden zu Hause versorgt. Aber die Zahl der

Heimplätze und ambulanten Versorger nimmt zu - und damit der Bedarf an Personal. Ermög-

lichen muss die Gesellschaft beide Modelle.

 

Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt stetig. Zum einen leben die Menschen länger, zum an-

deren verschiebt sich aufgrund des Geburtenrückgangs seit den 1970er-Jahren auch die

Altersverteilung der Bevölkerung zugunsten der Älteren. Das führt dazu, dass nicht nur der

Pflegebedarf wächst, sondern auch die Nachfrage nach qualifizierten Kräften ["Personal"

anstatt "Kräfte"; Anm. des Verfassers], die die zumeist Hochbetagten versorgen. (...) Vier

von fünf der 4,1 Millionen Pflegebedürftigen leben in den eigenen vier Wänden und werden

meist von ihren Angehörigen versorgt. (...) Daher wird der Bedarf nach ambulanter und sta-

tionärer Pflege durch Profis und Hilfskräfte [Hilfspersonen] weiterwachsen. Derzeit arbeiten

rund 600.000 Beschäftigte, mehrheitlich Frauen, unmittelbar in der Heimpflege, davon ist fast

die Hälfte 50 Jahre und älter. In Prognosen wird von einer Personallücke von 307.000 Ar-

beitskräften bis zum Jahr 2035 ausgegangen." ¹


 

2.

a. Auch die Pflegebedarfsplanung 2017 - 2030 der Hansestadt Lübeck zeigt, dass die Zahl

der Langzeit-Pflegebedürftigen prognostisch zunehmen wird ². Und dies alles vor dem Hin-

tergrund eines bereits bestehenden Pflegepersonalmangels (der sogenannte "Pflegenot-

stand"), welcher auch die Hansestadt Lübeck betrifft ³.

 

b. Bereits 2020 erarbeitete der Beirat für Seniorinnen und Senioren der Hansestadt Lübeck

folgende Eckpunkte zur Entwicklung der städtischen SeniorInneneinrichtungen (folgend SIE

genannt). Diese umfassten u.a. folgende Forderungen/Empfehlungen:

 

  • "Aufgaben und Angebote gehören zur kommunalen Daseinsvorsorge. Die zukünftigen pflegerischen Angebote haben sich an der demografischen Entwicklung zu orientieren.
  • Die SIE sind den heutigen Ansprüchen entsprechend in Ausstattung, baulichen Anforderungen und neuen Angebotsstrukturen weiter zu entwickeln.
  • Bestehende und neue pflegerische Angebote wie ambulante Leistungen, neue Wohnformen sind zu entwickeln.
  • "Die Pflege in der Bundesrepublik Deutschland ist, wie auch im 2. Pflegestärkungs-gesetz verankert, nach dem Grundsatz ambulant vor stationär zu gestalten. Dem Pflegebedürftigen ist damit weiterhin ein Leben in häuslicher Umgebung zu garantieren. Der ambulante Ansatz ist durch alternative Wohnformen wie Altenwohngemeinschaften, Mehrgenerationen-Wohnanlagen, Altenwohnungen usw. zu ergänzen.
  • Soweit Pflege in diesem Wohnumfeld nicht mehr möglich ist, ist auch in Zukunft stationäre Pflege zu gewährleisten. Die Hansestadt Lübeck ist im Rahmen der Daseins-vorsorge gehalten, im Rahmen der zu erwartenden demografischen Entwicklung fürein bedarfsgerechtes Angebot von stationärer Pflege zu sorgen." 4

 

3. Aus diesen Entwicklungen und Prognosen ergeben sich folgende abgeleitete Fragen zu

folgenden Themenkomplexen:

 

  1. Attraktivitätssteigerung als Arbeitgeber:in (Pflegepersonalmangel)
  2. Attraktivitätssteigerung als Pflegeanbieter:in (Pflegebedarf der Bevölkerung der Hansestadt Lübeck)
  3.  Attraktivitätssteigerung als Pflegeanbieter:in (infrastrukturelle Ausstattung / Digitalisierung)
  4. Attraktivitätssteigerung Pflegestandort ("Pflegestadt" Lübeck) Diese einzelnen Fragenkomplexe werden zeitlich gestaffelt (im Abstand von 4-6 Wochen) in die Bearbeitung gegeben (als insgesamt 3 Anfragen in den Ausschuss gestellt).

 

---Ende der Vorbemerkung---

 

 

I. Attraktivitätssteigerung als Arbeitgeber:in (Pflegepersonalmangel)

 

Laut AOK Bundesverband zeigt sich der Personalmangel in der Pflege insbesondere auch

an unbesetzten Stellen. So waren bundesweit Ende 2018 rund 24.000 Stellen unbesetzt. Die

Neubesetzung einer Stelle dauerte im Durchschnitt rund 183 Tage und auf 100 freie Stellen

kamen zuletzt nur 25 arbeitslose Pflegefachpersonen 5. Insbesondere hinsichtlich dieser be-

reits vor fünf Jahren ernüchternden Zahlen, die prognostisch kaum positiver verlaufen

sind/werden, ist es zwingend erforderlich, wirksame Konzepte zum Abbau des Personal-

mangels zu entwickeln und vor allem diese auch umzusetzen.

 

 

Quellen:

¹ Heinrich Böll Stiftung (2022). Sozialatlas. Daten und Fakten über das, was unsere Gesell-

schaft zusammenhält, S. 40 - 41. URL: https://www.boell.de/sites/default/files/2022-03/Sozia-

latlas_2022.pdf

² Pflegebedarfsplanung 2017 - 2030 der Hansestadt Lübeck, S. 80

³ Pflegebedarfsplanung 2017 - 2030 der Hansestadt Lübeck, S. 63 ff

4 Pflegebedarfsplanung 2017 - 2030 der Hansestadt Lübeck, S. 107 - 108

5 AOK Bundesverband 2019, S. 24ff


 


Begründung

 

Nachfolgend werden die Fragen gemäß der Anfrage des BM Marco Sander VO/2022/11161 beantwortet:

 

Wie ist der Stand in den SIE hinsichtlich der einrichtungsbezogenen Impfpflicht? Kam es diesbezüglich zu Personalengpässen? Gab es entsprechende Konzepte, mögliche Engpässe abzufangen?

Der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sind nahezu alle Mitarbeitende der SIE gefolgt.

Bislang kam es nicht zu Personalengpässen.

 

Ja, es gab und gibt entsprechende Konzepte.

Seit Mitte 2020 haben die SIE eine interne Dienstvereinbarung, welche den Einrichtungen zusätzliche Stellenanteile gewährt, die im Bedarfsfall untereinander angefordert werden können.

Des Weiteren würde im zunehmend als unwahrscheinlich eingeschätzten Fall von Tätigkeitsverbotsbedingten Engpassen die während drei starker Ausbruchsgeschehen gelebte interne Praxis der „Coronanotfalldienstpläne“ greifen.

 

Dies beschreibt die Orientierung der Dienstpläne der Häuser an den personellen Konstellationen bei tariflichen Konflikten. Dadurch werden befristet Kolleg:innen frei geplant und in einem betroffenen Haus unterstützend tätig. Diese Vorgehensweise war mit dem Personalrat abgestimmt und der Aufsichtsbehörde initial bekannt gegeben.

 

 

Wie viele freie pflegerische Fachpersonen- und Hilfspersonen-Stellen gibt es in den SIE? Wie lange dauert es, freie Stellen nach zu besetzen? Gehen freie Stellen mit einem reduzierten Platzangebot einher?

Innerhalb der letzten zwölf Monate waren für die gesamte SIE durchschnittlich zwischen 7 und 11 Pflegefachkraftstellen und zwischen 4 und 6 Pflegehilfskraftstellen punktuell nicht besetzt.

Die Dauer der Nachbesetzung ist heterogen. Im Durchschnitt des Jahres 2021 dauerte es ca. 3 bis 4 Monate bis zur Wiedereinstellung. Die Zeiten der Nichtbesetzung von Stellen resultiert im Wesentlichen aus unbeeinflussbaren Gründen. Diese sind beispielhaft Beschäftigungsverbote, fristlose Kündigungen seitens der SIE und Verfügbarkeitszeiten externer Bewerber: innen.


 

Die freien Stellen sind in Korrelation zur Gesamtstellenanzahl zu betrachten.

Diese stellte sich zum 31.05.2022 nachfolgend da:

Pflegefachkräfte:119 (139 MA)

Pflegerische Hilfskräfte:130 (171 MA)

 

Die Anzahl der freien Stellen bewegt sich grundsätzlich im Rahmen „üblicher Fluktationsverläufe“.

 

Freie Stellen gehen nicht mit einem reduzierten Platzangebot einher.

 

Welche Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung als Arbeitgeber:in werden durchgeführt?

Nicht zu Letzt zur Umsetzung der nachfolgenden Auswahl wurde im 4. Quartal 2021 ein Stellenanteil Personalmarketing geschaffen und besetzt.

Die SIE werben u.a. aktiv mit dem Benefits der HL und der SIE.

r die SIE sind dies nachfolgende:

  • Flexible Arbeitszeitmodelle
  • Überdurchschnittliche Anzahl der Urlaubstage (auf Grundlage des TVöD)
  • Betriebliche Altersversorgung (VBL)
  • Jobticket für einen kostengünstigen und stressärmeren Arbeitsweg
  • Mitarbeiterrabatte bei corporate benefits
  • Zahlreiche Fortbildungen und Weiterbildungen
  • Teamevents
  • EAP“ („Mitarbeiterhotline“r persönliche und dienstliche Konfliktsituationen und dgl.)

 

 

Stand Pflegeberufereformgesetz - Wie sind die Erfahrungen mit der "neuen"

generalistischen Ausbildung? Gibt es noch genügend Ausbildungsinteressierte?

Die Erfahrungen sind überwiegend positiv. Derzeit gibt es noch genügend Ausbildungsinteressierte. Für die Zukunft muss das möglicherweise anders bewertet werden.

 

Wie ist der Stand hinsichtlich der Zusammenarbeit mit dem dualen Bachelorstudiengang Pflege der Universität zu Lübeck?

Die Zusammenarbeit läuft derzeit an. Eine Kontaktaufnahme zur UNI Lübeck erfolgte.

 

hren reduzierte Personalkosten im Bereich des Service/Küche (dezentrale An- gliederungen) in den SIE zu einem Mehraufwand für pflegerische und/oder in der sozialen Betreuung Beschäftigte?

Es gibt in Bereichen „Service und Küche“ bei den SIE keine reduzierten Personalkosten. Demnach gibt es auch keinen Mehraufwand für pflegerische- und/oder Sozialbetreuungsbeschäftigte.

Grundlage aller Beschäftigungsverhältnisse in den SIE ist der TVöD.

Dies zeichnet sich grundsätzlich weiter in der deutlich abgegrenzten Aufgabenverteilung der Berufsfelder ab.

 

 

Gibt es ein betriebliches Gesundheitsmanagement/gesundheitsförderliche Angebote für die Beschäftigten der SIE?

Ja.

 

Gibt es ein Gewaltpräventionskonzept als gesundheitsrderliche Maßnahme für Beschäftigte, Bewohnende und deren Angehörige in den Einrichtungen der SIE?

Es gibt verschiedene korrelierende Maßnahmen (Coaching, Supervision, EAP, Arbeitsanweisungen und Prozesswegweiser im Rahmen des SIE-Qualitätsmanagements für die benannten Themenfelder).

 

 

Wie ist der Einsatz/das Angebot hinsichtlich Bundesfreiwilligendienst/FSJ zur Entlastung der Beschäftigten und zur Förderung der sozialen Teilhabe der Bewohnenden?

Es besteht seit Beginn des Jahres erneut ein intensiver Kontakt zum Bundesamt für Familie bzgl. Reaktivierung der Angebote bei den SIE.

 

Gibt es einen Betriebsrat in den SIE?

Nein, es gibt in den SIE keinen Betriebsrat, da nach dem Mitbestimmungsgesetz eine kommunale Verwaltung einen Personalrat vorzuhalten hat und diesen gibt es, wie gesetzlich normiert.

 


 


Anlagen

 

./.
 

Stammbaum:
VO/2022/11161   AM Marco Sander (Fraktion21): Anfrage zur pflegerischen Versorgung der Lübecker Bevölkerung / Senior:inneneinrichtungen (SIE) der Hansestadt Lübeck (TEIL 1)   Geschäftsstelle der Fraktion 21   Anfrage
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