Vorlage - VO/2022/10933  

Betreff: Neugestaltung Beckergrube - Eckpunkte des Wettbewerbs
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Hagen
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Lindfeld, Julia
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
21.03.2022 
66. Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag


Mit der Neugestaltung der Beckergrube soll ein Schlüsselprojekt des Rahmenplans Innenstadt mit Mobilitätskonzept umgesetzt werden. Hierzu soll ein freiraumplanerischer Wettbewerb ausgelobt werden, der auf den im Bericht formulierten Eckpunkten (Städtebau und Freiraum, Verkehr, Umwelt und Klima) basiert. Mit dieser Vorlage soll der Bauausschuss über das Verfahren und die Eckpunkte des Wettbewerbs informiert werden.


 


Begründung

 

Die Beckergrube übernimmt als Eingangstor zur Breiten Straße und Adresse des überregional bedeutsamen historischen Theaters eine wichtige Funktion in der Lübecker Altstadt. Sie hat im Rahmenplan Innenstadt daher eine Schlüsselfunktion. Mit Beschluss des Rahmenplans Innenstadt mit Mobilitätskonzept 2019 (VO/2019/07798) wurde die Verwaltung beauftragt, in einem ersten Schritt der Umsetzung einen Verkehrsversuch in der Beckergrube durchzuführen. Im Rahmen der Durchführung des Verkehrsversuchs konnten wichtige Erkenntnisse für die Neugestaltung herausgearbeitet werden, welche die Basis für die weiteren Planungsschritte darstellen (siehe Zwischenbericht (VO/2020/09577) und Evaluation (VO/2021/10328) des Verkehrsversuchs).

 

In einem nächsten Schritt soll ein freiraumplanerischer Wettbewerb zur Neugestaltung der Beckergrube durchgeführt werden. Vorbereitend hierzu wurde im Oktober 2021 eine zweitägige „gläserne“ Werkstatt durchgeführt, um unter Beteiligung externer Expert:innen, Verteter:innen der Fachstellen und der Politik sowie unter Öffnung für die Stadtgesellschaft die Planungsaufgabe für den Wettbewerb zu konkretisieren. Im Rahmen der Werkstatt konnten erste Eckpunkte für den Wettbewerb formuliert werden (siehe Dokumentation).

 

Finanzierung mit Fördermitteln des Bundes

Im Oktober 2020 hat sich die Hansestadt Lübeck mit Beschluss der Bürgerschaft (VO/2020/09143) für eine Aufnahme in das Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus 2021“ beworben und wurde unter mehr als 98 Bewerbungen mit einem Förderrahmen von 3,5 Millionen Euro ausgewählt. Der Eigenanteil der Hansestadt Lübeck ist im Haushalt ab 2022 geordnet. Gegenstadt der Förderung ist die Durchführung eines freiraumplanerischen Wettbewerbs zur Neugestaltung der gesamten Beckergrube sowie die bauliche Umsetzung des ersten Bauabschnitts. Der erste Bauabschnitt erstreckt sich vom Kreuzungsbereich Breite Straße/Pfaffenstraße bis zum Kreuzungsbereich Kupferschmiedestraße/nf-hausen und entspricht dem Abschnitt, in dem seit Mai 2020 der Verkehrsversuch durchgeführt wird. Zur baulichen Umsetzung des übrigen Bereichs der Beckergrube ist die Verwaltung bemüht weitere Fördermittel einzuwerben.

 

Wettbewerbsverfahren

Zur Vorbereitung, Auslobung, Durchführung und Dokumentation des Wettbewerbsverfahrens sowie für das anschließende Verhandlungsverfahren mit den Preisträgern hat die Verwaltung ein externes Wettbewerbsmanagement beauftragt. Den Zuschlag hat das Büro pp/as (Pesch Partner Architekten Stadtplaner GmbH) erhalten. Mit der Beauftragung wird u. a. ein professionelles Verfahrensmanagement, eine laufende fachliche Beratung sowie eine organisatorische Unterstützung sichergestellt.

 

Das Wettbewerbsverfahren wird als nichtoffener einphasiger Wettbewerb nach der Richtlinie von Planungswettbewerben (RPW 2013) mit vorgeschaltetem Bewerbungs- und Losverfahren nach der Vergabeverordnung (VgV) ausgelobt. Der Wettbewerb zielt auf die Vergabe eines verkehrs- und freiraumplanerischen Planungsauftrags. Der Zulassungsbereich umfasst die Staaten des europäischen Wirtschaftsraums EWR und die Schweiz. Die Wettbewerbssprache ist deutsch, das Verfahren ist anonym.

 

Der Wettbewerb richtet sich an Landschaftsarchitekt:innen und Stadtplaner:innen. Die Teilnehmer:innenzahl ist auf 15 Büros begrenzt, die aus zwei Gruppen zusammengestellt werden. Bis zu sechs Teilnehmer:innen werden gesetzt, alle anderen werden über ein Bewerbungs- und Losverfahren ermittelt. 

 

Die Hansestadt Lübeck beabsichtigt, unter Würdigung der Empfehlungen des Preisgerichts und vorbehaltlich der Gewährung von Fördermitteln und der Zustimmung der Gremien der Stadt, einem oder mehreren der Preisträger:innen die weitere Bearbeitung der Aufgabe (gem. RPW § 8.2) bis mindestens Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) für mindestens den Planungsanteil der Freianlagen zu übertragen, sofern kein wichtiger Grund einer Beauftragung entgegensteht und soweit und sobald die dem Wettbewerb zugrundeliegende Aufgabe realisiert werden soll. Die Umsetzung ist in mehreren Bauabschnitten vorgesehen.

 

Im Anschluss an das Wettbewerbsverfahren erfolgt die Vergabe der Planungsleistungen in einem Verhandlungsverfahren gemäß VgV. Teilnehmende am Verhandlungsverfahren sind die als Preisträger ausgewählten Wettbewerbsteilnehmer:innen. Es erfolgt eine Abstimmung der Auslobung mit der Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein und dem Fördermittelgeber Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung.

 

Preissumme

Als Wettbewerbssumme stehen insgesamt 145.000 Euro brutto zur Verfügung. Der städtische Eigenanteil von 10 Prozent beläuft sich auf 14.500 Euro brutto.

 

Aufgabenstellung

Die Aufgabenstellung für den Wettbewerb wurde im Rahmen des zweitätigen gläsernen Workshops im Oktober 2021 gemeinsam diskutiert und daraus die wesentlichen Eckpunkte für die Auslobung abgeleitet. Mit der Neugestaltung der Beckergrube soll ein lebendiger, zukunftsfähiger und resilienter Stadtraum entstehen, der unterschiedlichen Benutzergruppen gerecht wird und auf aktuelle Herausforderungen wie den Klimawandel und die Mobilitätswende reagiert (siehe hierzu auch Beschlüsse zum Rahmenplan Innenstadt mit Mobilitätskonzept (VO/2019/07798), zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen (VO/2019/07738, VO/2020/08920-01, VO/2020/09223, zur Umsetzung des Klimaanpassungskonzepts (VO/2020/09071), zur Umsetzung des Lärmaktionsplans (VO/2019/08279) und zum Touristischen Entwicklungskonzept, TEK 2030 (VO/2020/08959)). Im Wesentlichen werden mit der Entwicklung folgende Ziele verfolgt:

 

-          Entwicklung eines attraktiven, urbanen Stadtraums:

Es soll ein abwechslungsreicher Stadtraum entstehen, der mit neuem Rhythmus und neuer Zonierung für mehr Aufenthaltsqualität sorgt und eine Auseinandersetzung mit den historischen Strukturen und dem UNESCO Welterbe aufzeigt.

-          Umsetzung von Maßnahmen zur Mobilitätswende:
Bauliche und gestalterische Maßnahmen sollen die neue Verkehrsführung (Verkehrsversuch) und Priorisierung der Verkehrsarten unterstreichen.

-          Hohe Präsenz klimafreundlicher und öffentlicher Verkehrsmittel:

Es wird eine weiterführende Veränderung des Modal Splits (gegenüber der Situation im Verkehrsversuch) zugunsten klimafreundlicher und lärmarmer Mobilitätsformen angestrebt.

-          Umgesetzte Maßnahmen zur Resilienz gegenüber den Folgen des Klimawandels:

Schaffung von klimaangepassten Vegetationsbereichen, partielle Flächenentsiegelung und Regenwasserversickerung, -rückhaltung und verdunstung, Verschattungselemente

-          Partizipation und urbane Projekte:

Schaffung von Möglichkeitsräumen für urbane Aktionen, touristische und kulturelle Angebote und eines „Ortes“r das Theater.

-          Vorbild für innerstädtischen Strukturwandel:

Sichtbarmachung der vielfältigen Nutzungen und Unterstützung eines aktiven Beirats, der auf lokale Vernetzung/Partnerschaften und die Gründung einer Interessengemeinschaft baut.

 

Eckpunkte der Wettbewerbsaufgabe

Durch die inhaltlichen Vorgaben in der Auslobung wird den Landschaftsarchitekt:innen und Stadtplaner:innen ein Rahmen vorgegeben, in dem sich die Entwürfe bewegen können. Die wesentlichen Eckpunkte werden im Folgenden kurz aufgeführt:

 

  1. Städtebau und Freiraum

-          Aufenthaltsqualität steigern und urbanen Stadtraum entwickeln

-          Strategie für Eingangssituationen und Adressbildung entwickeln

-          Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Zeitgenossenschaften

-          Linearität des Straßenraums aufbrechen

-          Barrierefreiheit als Gestaltungselement

-          konsumfreie Sitzgelegenheiten integrieren

-          attraktive Sondernutzungsflächen für Einzelhändler:innen und Gastronom:innen

-          Aneignungsflächen“ (u. a. zur Integration eines Tanzbodens) und multifunktionales Mobiliar

-          Ideen für einen „Ort“rs Theater

-          Ideen für den Durchgang zum Wehdehof

 

  1. Verkehr

-          Verkehrsberuhigter Geschäftsbereich, Tempo 20, Durchfahrtsbeschränkung im
östlichen Teil

-          Fahrbahnbreite: 6,00 m

-          Fahrbahn asphaltieren (aufgrund des hohen Bus-/Schwerlastverkehrs)

-          Abbiegespuren in die Straße An der Untertrave und in die Straße Fünfhausen entfallen langfristig

-          Erschließung Parkhaus St. Marien über nördliche Untertrave/westliche Beckergrube

-          Anzahl und Führung der Linienbusse im Status quo annehmen

-          Doppelbushaltestelle (stadteinwärts) und Einfachhaltestelle (stadtauswärts) im östlichen Teil

-          Doppelreisebushaltestelle im Abschnitt zwischen Fünfhausen/Kupferschmiedestraße und Ellerbrook/Blocksquerstraße

-          5-6 Ladezonen

-          1-2 Taxenstände mit 5 Plätzen, 2 Behinderten-Parkplätze im östlichen Teil

-          2 Standorte für Carsharing im westlichen Teil: 4 E-Kfz und 2 E-Lastenräder

-          Fahrradabstellanlagen für 100 Fahrräder im östlichen und 60 im westlichen Teil

-          Fläche für weitere Sharing-Systeme vorhalten

-          6-8 Kurzzeitparkplätze mit der Möglichkeit zur Rücknahme/Integration in den Freiraum

 

  1. Umwelt und Klima

Folgende Maßnahmen sind vorgesehen, um die Resilienz gegenüber den Folgen des Klimawandels zu steigern. Übergeordnete Aufgabe ist eine Verbesserung des lokalen Kleinklimas in Verbindung mit deren Erlebbarkeit und ökologischen Funktionen:

-          Umgang mit Bestandsbäumen finden; die Wegnahme von Bäumen zu Gunsten einer Verbesserung der Gesamtsituation ist zu begründen; im Ergebnis wird eine vergleichbare Anzahl an Baumstandorten und ökologische Wertigkeit erwartet

-          Vegetationsbereiche integrieren

-          partielle Flächenentsiegelung

-          Versickerung, Retention und Verdunstung/Umgang mit Regenwasser

-          Verschattungselemente

 

 

Bewertungskriterien

Das Preisgericht wird sein Urteil aus der Qualität der Wettbewerbsarbeiten bilden und hierbei folgenden Bewertungsrahmen zugrunde legen:

-          Übergeordnete Grund-/Leitidee

-          Qualität der Einbindung in den städtebaulichen und freiraumplanerischen Kontext (Auftaktgestaltung, Adressbildung)

-          Vernetzung der zwei Teilbereiche und stadträumliche Qualität

-          Gestaltungs- und Freiraumqualität

-          Umgang mit den Themen Klimaschutz und Klimaanpassung sowie Artenvielfalt

-          Berücksichtigung Archäologie und Denkmalschutz und Umgang mit dem UNESCO Welterbe Lübecker Altstadt

-          Funktionalität der Flächen für alle Verkehrsteilnehmer:innen

-          Realisierbarkeit

-          Kinder- und Seniorenfreundlichkeit, Barrierefreiheit

-          Aneignungsfähigkeit für Nutzende

-          Sicherheit im öffentlichen Raum

-          Wirtschaftlichkeit und Plausibilität/Einhaltung des Kostenrahmens

 

Einbindung eines Beirats in das Wettbewerbsverfahren

Die Hansestadt Lübeck setzt in diesem Planungs- und Umsetzungsprozess auf eine hohe Mitwirkungsbereitschaft in der Bevölkerung. Um in den anstehenden Prozessphasen Wettbewerb, Objektplanung und Bau allgemein eine enge Einbindung „Betroffener“ sicherzustellen, erfolgt die Gründung eines Beirats aus Anliegenden, Interessensvertretern, Initiativen, Politik und Verwaltung.

 

In enger Abstimmung mit dem Beirat soll ein Baustellen- und Kommunikationsmanagement die Öffentlichkeitsarbeit begleiten. Im Zuge der Baumaßnahme sollen mit den Gewerbetreibenden Instrumente entwickelt werden, um „Umsatzeinbrüchen“ durch temporäre Einschränkungen der Erreichbarkeit (Baustellenzeitraum) entgegenzuwirken. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Einbindung in das Wettbewerbsverfahren, bspw. durch eine Vorbesprechung der Wettbewerbsinhalte mit dem Beirat und eine Entsendung von Vertreter:innen des Beirats in das Preisgericht.

 

Ergänzend dazu soll der Beirat zu einer Vernetzung der Gewerbetreibenden und Aktiven untereinander sowie mit der Stadtpolitik und Verwaltung führen. Als übergeordnetes Ziel steht die Etablierung einer Interessensgemeinschaft, die über das Bauprojekt hinauswirkt. Es ist geplant, dass der Beirat über die gesamte Projektlaufzeit durchschnittlich zweimal pro Jahr zusammenkommt.

 


Zeitschiene

r den Wettbewerb ist folgende Zeitschiene vorgesehen:

 

Konstituierende Beiratssitzung      28. März 2022

Bewerbungsaufruf:        13. KW

Teilnahmebestätigung und Ausgabe der Wettbewerbsunterlagen   23. KW

Einführungskolloquium        21. Juni 2022

Abgabe der Wettbewerbsarbeiten (vor Ort bei pp a/s)   5. August 2022

Preisgericht          7. September 2022

Beiratssitzung         xx. September 2022

Ausstellung         September 2022


 


Anlagen