Vorlage - VO/2020/09417  

Betreff: Ehrenbürgerschaften und Straßennamen in der Hansestadt Lübeck: Umbenennung des Lenardwegs gemäß Bürgerschaftsauftrag
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Hagen
Federführend:5.660 - Stadtgrün und Verkehr Beteiligt:4.415 - Archiv
Bearbeiter/-in: Gutzeit, Dorothee   
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Entscheidung
16.11.2020 
42. Sitzung des Bauausschusses unverändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag


In Ausführung des Beschlusses der Bürgerschaft vom 31.01.2019 empfiehlt der Bereich Stadtgrün und Verkehr folgende Straßenumbenennung:

 

Im Stadtteil St. Gertrud wird der Lenardweg in Rosalind-Franklin-Weg umbenannt.

 


Verfahren

 

Bereiche/Projektgruppen

Ergebnis

Interfraktioneller Arbeitskreis gemäß Bürger-schaftsauftrag: Ehrenbürgerschaften der Hansestadt Lübeck

Empfehlung zur Umbenennung des Hindenburgplatzes, des Lenardwegs und der Pfitznerstraße.

1.160 Frauenbüro

Zustimmend

 

 

 

 

 

 

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

 

Ja

gem. § 47 f GO ist erfolgt:

X

Nein- Begründung:

Die Sitzungen des Arbeitskreises standen über die Jahre im Fokus der Öffentlichkeit.

 

 

 

 

 

 

 

Die Maßnahme ist:

 

neu

 

 

freiwillig

 

X

vorgeschrieben durch: 

 

 

Bürgerschaftsauftrag vom 31.01.2013.

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

Ja (Anlage 1)

 

X

Nein

 

Auswirkung auf den Klimaschutz:

X

Nein

 

 

Ja – Begründung:

 

 

 

 

 

 

Begründung der Nichtöffentlichkeit

gem. § 35 GO:

 

 

 

 

 


Begründung


Umbenennung des Lenardwegs   

__________________________________________________________________________

 

I.1 Bürgerschaftsauftrag – bisherige Umsetzung

Die Bürgerschaft hatte in ihrer Sitzung vom 31.01.2013 mit der Vorlagennummer: VO/2013/00189 den nachstehend aufgeführten Antrag der SPD-Fraktion mit Mehrheit angenommen:

Ehrenbürgerschaften der Hansestadt Lübeck

Der Bürgermeister wird beauftragt,

1. auf der Grundlage der gerade erschienen Veröffentlichung zu allen Lübecker Straßennamen zu prüfen, welche nach Personen benannten Straßen und Plätze aus heutiger historischer Betrachtung anders als zum Benennungszeitpunkt bewertet werden können. Die erarbeiteten Ergebnisse sind in einen Arbeitskreis unter Beteiligung aller Fraktionen zu erörtern, danach ist der Bürgerschaft zu berichten;

2. den Umgang mit Ehrenbürgerschaften von verstorbenen Personen grundsätzlich zu betrachten und einen Vorschlag zu erarbeiteten, wie die Texte, die in Veröffentlichungen diese Ehrenbürgerschaften erläutern, der aktuellen historischen Betrachtungsweise angepasst werden.

Die Federführung für die Umsetzung dieses Bürgerschaftsauftrags lag beim Bereich Stadtgrün und Verkehr in der Funktion als Straßenbaulastträger und somit zuständige Dienststelle u.a. für die Straßenbenennungen in der Hansestadt Lübeck. Der Bereich 4.415 Archiv begleitete die Umsetzung historisch-wissenschaftlich.

In Ausführung dieses Auftrags wurde der interfraktionelle Arbeitskreis (kurz: AK Straßennamen) unter wechselhafter Beteiligung der Fraktionen der Lübecker Bürgerschaft eingesetzt und ein externer Historiker für wissenschaftliche Gutachten beauftragt. Im Laufe von elf AK-Sitzungen und einer Bewohnerversammlung vom November 2016 zeichnete sich bei der Mehrheit des Arbeitskreises eine Empfehlung zur Umbenennung für den Hindenburgplatz und Lenardweg sowie für die Pfitznerstraße ab.

Der Bürgerschaft wurde in der Sitzung vom 31.01.2019 der diesbezügliche Abschlussbericht des AK Straßennamen zu Ehrenbürgerschaften und Straßennamen vorgelegt (Vorlagennummer: VO/2018/06936), zu dem die Fraktionen folgende interfraktionelle Anträge stellten.

  1. Zu Sitzungspunkt 5.3 (VO-Nr. 6990), Antrag der Fraktionen DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen, ergänzt durch den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Sitzung des Bauausschusses vom 04.03.2019.

Es wurde mit Mehrheit beschlossen, dass

„vor dem Hintergrund des anstehenden 100jährigen Jubiläums der Weimarer Verfassung alle notwendigen Schritte zur Rückbenennung des Hindenburgplatzes in Republikplatz bis spätestens zum 14. August, dem Tag der Verkündigung der Weimarer Verfassung, zum Abschluss gebracht werden.“

Die formale Umsetzung dieses Antrags erfolgte exakt zum 14. August, dem Tag der Verkündigung der Weimarer Verfassung. Entsprechende Informationen zu Hindenburg, Lenard und Pfitzner werden online auf der Homepage der Stadt zur Verfügung gestellt. Vor Ort in der Grünanlage am Republikplatz steht bereits eine Informationstafel mit wesentlichen Eckdaten zu Hindenburg.

 

  1. Zu Sitzungspunkt 5.3.2 (VO-Nr. 7113), interfraktioneller Antrag der Fraktionen SPD, FREIE WÄHLER & GAL und DIE LINKE. Es wurde beschlossen:

„Die Pfitznerstraße und der Lenardweg werden entsprechend der jeweiligen Straßennamen-Grundidee (Musiker; Naturwissenschaftler) umbenannt. Die Anwohner*innen in der Pfitznerstraße und dem Lenardweg sind bei der Auswahl der neuen Namen zu beteiligen bevor der Bauausschuss entscheidet.

 

Die Anwohner*innen der vorgenannten Straßen sind für etwaige Kosten der Straßenumbenennung (Änderung Personalausweis, Urkunden, Briefpapier, Stempel u.ä.) zu entschädigen.“

 

In Ausführung dieses Beschlusses wurden mit Schreiben vom 08.05.2019 die zu diesem Zeitpunkt von der Umbenennung ermittelten 6 Betroffenen als Eigentümer und/oder Anlieger des Lenardwegs schriftlich informiert und gebeten, sich aktiv an der Findung eines neuen Straßennamens mit naturwissenschaftlichem Bezug zu beteiligen.

Aus den Antworten hatte die Verwaltung einen Vorschlag erarbeitet. In den Bauausschuss am 16.03.2020 wurde eingebracht, die Umbenennung des Lenardwegs zu Ehren des Glastechnikers und Wissenschaftlers Otto Schott zu beschließen. Die Beratung der unter TOP 3.6 angemeldeten Vorlage (VO/2019/08486) wurde situationsbedingt vertagt.

Die erneute Beratung erfolgte in der Sitzung des Bauausschusses vom 07.09.2020. Neben dem einstimmig gefassten Beschluss, die Pfitznerstraße in Clara-Schumann-Straße umzubenennen, wurde folgender Änderungsantrag bzgl. der Umbenennung des Lenardwegs gestellt und begründet:

In Ausführung des Beschlusses der Bürgerschaft vom 31.01.2019 wird dem Bereich Stadtgrün und Verkehr folgende Straßenumbenennung empfohlen:

  1. Im Stadtteil St. Gertrud wird der Lenardweg umbenannt nach einer Frau, die sich im Bereich der Naturwissenschaften und angewandten Naturwissenschaften in herausragender Weise verdienst gemacht hat. Der Bereich Stadtgrün und Verkehr wird gebeten, dem Bauausschuss spätestens im November 2020 einen entsprechenden Beschlussvorschlag entgegen zu bringen.
  2. Im Stadtteil St. Lorenz-Nord wird die Pfitznerstraße noch im Jahre 2020 in Clara-Schumann-Straße umbenannt.

Begründung:

Die Verwaltung hat in der VO/2019/08486 – Umbenennung Lenardweg und Pfitznerstraße – auf eine paritätische Aufteilung in jeweils einen Männer- und einen Frauennamen geachtet.

Bei dem Vorschlag der Verwaltung zur paritätischen Aufteilung einen Männer- und einen Frauennamen handelt es sich jedoch um eine rein formalistische Geschlechtergerechtigkeit. Im Musikerviertel (Pfitznerstraße) und im Gewerbe- und Wohngebiet Glashüttenweg (Lenardweg) sind derzeit alle Namen nach Männern benannt. Bei der Vielzahl anerkannter Komponistinnen und Naturwissenschaftlerinnen wäre es nur gerecht, wenn bei jedem Gebiet jetzt eine Frau für ihre Verdienste geehrt würde. Dabei bleibt in jedem der betroffenen Gebiete eine wirklich paritätische Aufteilung der Straßennamen nach Geschlecht immer noch in weiter Ferne.

Verwaltungsintern, d.h. in Abstimmung mit den städtischen Bereichen Frauenbüro und Archiv, empfiehlt der Bereich Stadtgrün und Verkehr, den Lenardweg zu Ehren der Bio-Chemikerin Rosalind Franklin in Rosalind-Franklin-Weg umzubenennen. Nachfolgend einige Fakten zu ihrem Leben und Wirken.

Rosalind Elsie Franklin (25.07.1920 in London – 16.04.1958 in London) *

 

Rosalind Franklin war eines von fünf Kindern einer angesehenen jüdischen Familie und gilt als Pionierin und Vorbild der molekularen genetischen Medizin.

 

Sie war Spezialistin für die Röntgenstrukturanalyse von kristallisierten Makromolekülen. Als Wissenschaftlerin leistete sie weitreichende Forschungsarbeiten zur Struktur von Kohlen und Koks als Brennstoff sowie von Viren. Ihre wichtigsten Forschungsergebnisse waren Röntgenbeugungsdiagramme der Desoxyribonukleinsäure (DNA) und deren mathematische Analyse. Damit trug sie maßgeblich an der Entschlüsselung der Doppelhelixstruktur der DNA bei - eine der wichtigsten wissenschaftlichen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts. Rosalind Franklin gilt als Pionierin der DNA“.

 

Ihr gemeinsam mit ihrem Doktoranden Raymond Gosling im April 1953 zur Struktur der DNA veröffentlichter Forschungsartikel erschien parallel zum Artikel der späteren Nobelpreisträger James Watson und Francis Crick.

 

 

*Quellen: diverse Foren im Internet wie Max-Planck-Gesellschaft; Wikipedia; TH Lübeck; Artikel auf Deutschlandfunk.de; Zeit.online etc.

 


Anlagen