Vorlage - VO/2018/06778-01  

Betreff: Berichtsauftrag: Senior:innentreffs in Lübeck erhalten
und ausbauen
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senator Sven SchindlerBezüglich:
VO/2018/06778
Federführend:2.500 - Soziale Sicherung Bearbeiter/-in: Justin, Siglinde
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Ausschuss für Soziales zur Kenntnisnahme
03.11.2020 
18. Sitzung des Ausschusses für Soziales zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

 

Berichtsauftrag zu Nr. VO/2018/06778 Seniorentreffs in Lübeck erhalten und ausbauen

 

 


Begründung

 

Antrag Nr. VO/2018/06778:
Der Bürgermeister wird gebeten, ein Konzept zu erarbeiten, wie die Versorgung von älteren Lübeckerinnen und Lübeckern mit Informationen verbessert werden kann und wie die Senior:innentreffs/Nachbarschaftsbüros in den Stadtteilen konzeptionell weiterentwickelt werden können zu Senior:innen- und Servicetreffs (Beispiel München).
Die Steuerungsgruppe „Leben und Wohnen im Alter“ ist zu beteiligen.
Die Verwaltung erhält den Auftrag das zu prüfen und zu berichten bis Juni 2019.
 
Zur Umsetzung des Berichtsauftrags wurde eine Arbeitsgruppe mit Vertreter:innen der Träger der Seniorentreffs, mit denen seitens der Hansestadt Lübeck Budgetverträge vereinbart wurden, und der Verwaltung ins Leben gerufen:

-          Caritasverband für das Erzbistum Hamburg e.V., Regionalstelle Lübeck

-          Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Lübeck e.V.

-          Vorwerker Diakonie gGmbH

-          Lübecker Frauen- und Sozialverbände e.V.

-          Hansestadt Lübeck, Bereich Soziale Sicherung

 

Es bestand Übereinstimmung, dass der Berichtsauftrag gemeinsam mit den vier Trägern der Senior:innentreffs und der Verwaltung bearbeitet werden soll. In einem ersten Schritt wurden aus fachlicher Sicht die wesentlichen Themen und Fragestellungen herausgearbeitet, die den Gremien vorgelegt werden sollen. In dem Zwischenbericht soll deutlich gemacht werden, dass in einem zweiten Schritt die Erarbeitung eines Konzeptes für die Weiterentwicklung der Senior:innentreffs erforderlich ist.




Die Senior:innentreffs haben in den zurückliegenden Jahren unter Einbeziehung einer großen Zahl ehrenamtlich tätiger Menschen sehr gute Arbeit geleistet. Mit Blick auf den demographischen Wandel, sich verändernde Bedarfe der nicht homogenen großen Gruppe älterer Menschen und deutlich erkennbare Veränderungen in der Ehrenamtslandschaft ist eine inhaltliche Weiterentwicklung erforderlich.
Folgende thematische Schwerpunkte, über die auch in der Steuerungsrunde LWA am 18.11.19 informiert wurde, wurden in der Arbeitsgruppe diesbezüglich gemeinsam herausgearbeitet:
 
Bezeichnung der Angebote

 
Übereinstimmend wurde festgestellt, dass die Bezeichnung Seniorentreff/Altentreff nicht mehr zeitgemäß ist. Die Bezeichnungen „Senior:in" oder „alt" finden zunehmend weniger Akzeptanz, sind negativ belegt. Die Gruppe älter werdender Menschen ist schon lange nicht mehr homogen und kann 1 bis 4 Jahrzehnte umfassen - von den fitten jungen Alten bis hin zu den Hochbetagten, die altersbedingt zunehmend auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. 
 

Es muss nach Namen/Bezeichnungen für die Angebote gesucht werden, die diese vielfältige Gruppe mit ihren unterschiedlichen Bedarfen anspricht. Ein Ansatz wäre, dass sich die Senior:innentreffs zu Treffs bzw. Anlaufstellen im Quartier entwickeln könnten, in denen (möglicherweise auch generationsübergreifende) Angebote gemacht werden.
 

Erfordernis der Angebote und Angebotsstruktur

 
Mit Blick auf den demographischen Wandel wird die Anzahl der Menschen über 60 Jahre in den nächsten 30 Jahren massiv ansteigen und das nicht nur hinsichtlich der reinen Zahl, sondern auch aufgrund der stetig steigenden Lebenserwartung. So wird der prozentuale Anteil der über 60jährigen an der Gesamtbevölkerung in Deutschland im Jahr 2020 rund 29,2% betragen. 2030 werden es 34,4% sein und bis 2050 auf 36,7% ansteigen.
 
Ein großes Problem stellt die zunehmende Singularisierung und die damit verbundene Gefahr der Vereinsamung älterer Menschen dar. So leben beispielsweise 48 % aller über 80jährigen alleine in ihrem Haushalt.


Gründe für die Vereinsamung sind vielfältig: z.B. Verlust in der Lebenspartnerschaft, zunehmender Wegfall etablierter familiärer Strukturen, räumliche Trennung von Familien, Depression, Demenz, Altersarmut. Vereinsamung führt bereits jetzt in zunehmendem Maße zu erheblichem Unterstützungsbedarf durch kommunale Regeldienste.
 
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung werden niedrigschwellige kultursensible Angebote der Senior:innentreffs eine noch größere Bedeutung bekommen, um Teilhabe und Kontakte zu ermöglichen und Vereinsamung zu vermeiden. Erforderlich können z.B. Gruppenangebote, das Angebot eines Mittagstisches, Besuchs- und Begleitdienste,  Unterstützung bei der zunehmenden Digitalisierung, Behörden-/Formularlotsen sein. Wichtig wird es dabei sein, die Angebote quartiersbezogen gemeinsam mit den Nutzer:innen weiter zu entwickeln. Dies vor allem auch mit der Zielsetzung, vorhandene Kompetenzen der Bewohner:innen im Quartier für die Treffs zu gewinnen.
 
Wichtig ist auch, dass die Senior:innentreffs nicht alles selbst vorhalten müssen, sondern über Kooperationen und Netzwerke im Quartier vorhandene Potenziale einbeziehen. Die Treffs könnten auch verstärkt Anlaufstelle für Informationen und die Koordination von Angeboten für den Personenkreis sein. Dies würde auch einer Handlungsempfehlung aus dem Gesamtkonzept Leben und Wohnen im Alter entsprechen.




Die im Berichtsantrag genannten Nachbarschaftsbüros wurden nicht weiter thematisiert, da es um einen anderen Fokus in der Arbeit geht, die auf einer anderen gesetzlichen und finanziellen Grundlage erfolgt. Dennoch könnte über Schnittstellen und mögliche Kooperationen nachgedacht werden.

 

Die Erkenntnisse aus dem Projekt "Präventive Hausbesuche in Moisling", das die Caritas im Auftrag des Bereiches Soziale Sicherung durchführt, werden ebenfalls in die Überlegungen einfließen. Auch wenn es sich bei den präventiven Hausbesuchen um ein einzelfallbezogenes Angebot handelt, so ergeben sich doch Erkenntnisse zur Frage der Teilhabe an der Gesellschaft und somit Hinweise für die Bedarfe im Rahmen der offenen Altenhilfe in den Seniorentreffs. Zum Thema "Prävention im Alter" wird es in 2021 einen gesonderten Bericht geben.
 
Einbeziehung des Ehrenamts

 
Das Ehrenamt spielt bei der Umsetzung der Angebote in den Senior:innentreffs eine große Rolle. Übereinstimmend wird jedoch von den Trägern festgestellt, dass es kaum noch möglich ist, Menschen für langfristig angelegte Ehrenämter verbunden mit einer großen Verantwortung (z.B. Leitungen der Senior:innentreffs) zu finden. Projektbezogene Ehrenämter bzw. Ehrenämter mit klar umrissenen Zeitfenstern können hingegen noch umgesetzt werden.
 
Hinsichtlich der Leitungen der Senior:innentreffs besteht nach übereinstimmender Einschätzung aller Träger dringender Handlungsbedarf. Es stellt sich die Frage, ob diesbezüglich eine hauptamtliche Lösung erforderlich ist, um diese anspruchsvolle Aufgabe sicherzustellen.
Auch hinsichtlich anderer Aufgabenstellungen in den Senior:innentreffs muss z.B. über Aufwandspauschalen, freie Nutzung ÖPNV oder neue Ehrenamtsmodelle nachgedacht werden.
 
Senioren- und Servicetreffs München

 
Die im Berichtsauftrag genannten Senioren- und Servicetreffs in München stellen mit ihren 21 Anlaufstellen in den Quartieren im Wesentlichen eine Mischung aus kommunalen Regelangeboten (Allgemeiner Sozialer Dienst etc.) und Angeboten der offenen Altenhilfe (Treffs etc.) dar.  Wie kommunale Pflichtaufgaben in dieser Konstruktion tatsächlich umfänglich und verantwortlich wahrgenommen werden (Verwahrlosung, Selbstgefährdung, Polizeimeldungen etc.) müsste bei weitergehenden Überlegungen noch genauer recherchiert werden.

In der Hansestadt Lübeck gibt es ein funktionierendes System kommunaler Regeldienste mit der Beratungsstelle für Erwachsene und Senioren oder dem Pflegestützpunkt, die als zentrale Angebote vorgehalten werden und gut mit den Angeboten der Offenen Altenhilfe zusammenarbeiten. Das zentrale Angebot der Beratungsstelle für Erwachsene und Senioren wurde ursprünglich dezentral in 7 Stadtteilen vorgehalten. Aufgrund der nicht ausreichenden personellen Ausstattung in den einzelnen Standorten konnte die quartiersbezogene Aufgabenwahrnehmung nicht mehr sichergestellt werde.

In der Arbeitsgruppe bestand Einigkeit darüber, dass ein Angebot wie in München nur mit einer personellen Mindestausstattung unterschiedlicher Professionen in Kombination mit ehrenamtlicher Tätigkeit umzusetzen wäre.
Eine andere Überlegung für die Weiterentwicklung der jetzigen Angebote wären z.B. Sprechstunden der kommunalen Angebote in den Treffs. Auch hierzu wären zusätzliche personelle Ressourcen erforderlich.




Neben dem Münchner Beispiel wurde noch kurz andere teilweise vergleichbare Modelle angesprochen.

Hierzu sind grundsätzliche konzeptionelle Arbeiten gemeinsam mit Vertreter:innen der kommunalen Angebote zur Weiterentwicklung der bestehenden Angebote der Offenen Altenhilfe erforderlich. Wichtig ist dann in einem weiteren Schritt eine Erprobung in zwei möglichst unterschiedlichen Stadtteilen/Quartieren.

 


Abschließende Bemerkung

 
Die Senior:innentreffs sind mit Blick auf das Gesamtkonzept Leben und Wohnen im Alter ein wesentlicher Baustein, bei dem es um die erforderlichen Rahmenbedingungen für einen möglichst langen Verbleib älter werdender Menschen im gewohnten Umfeld und Quartier, die Vermeidung von Vereinsamung sowie die Aktivierung und Teilhabe älterer Menschen geht.

Vor allem mit Blick auf die zunehmende Singularisierung und Vereinsamung einer immer größer werdenden Gruppe älterer Menschen werden adäquate niedrigschwellige Angebote der Senior:innentreffs dabei noch an Bedeutung gewinnen.


Eine konzeptionelle Weiterentwicklung der Angebote muss erfolgen. Dies vor allem mit Blick auf die Partizipation älter werdender Menschen, die Unterschiedlichkeit dieser nicht homogenen Altersgruppe und die Einbeziehung vorhandener Kompetenzen. Von Bedeutung ist auch die Berücksichtigung der spezifischen Rahmenbedingungen und Erfordernisse einzelner Wohnquartiere.
 
Bei der konzeptionellen Weiterentwicklung muss auch den Veränderungen in der Ehrenamtslandschaft Rechnung getragen werden, da sonst die Aufgabenwahrnehmung in den einzelnen Treffs nicht mehr sichergestellt werden kann. Dies gilt vor allem für die Leitung der Senior:innentreffs. Für diese Fragen wird die künftige Ehrenamtskoordination der Hansestadt Lübeck eingebunden.

Als nächster Schritt ist die gemeinsame Erarbeitung eines Konzeptes erforderlich, in dem die bisher geleistete Arbeit und die vorgehaltenen Angebote der offenen Altenhilfe weiterentwickelt werden. Dabei sind neben den o.g. auch Vertreter:innen der kommunalen Regelangebote und der Seniorenbeirat in die weitere Bearbeitung einzubeziehen. Zudem ist die Einbeziehung der Nachbarschaftsbüros und anderer Akteure in den Quartieren sinnvoll, um auch Schnittstellen und möglicherweise Kooperationen zu thematisieren. Es könnten dann die unterschiedlichsten o. g. Überlegungen geprüft werden.

 

 
 

 


Anlagen

 ./. 

 

Stammbaum:
VO/2018/06778   AM Schaffenberg (SPD): SeniorInnentreffs in Lübeck erhalten und ausbauen   Geschäftsstelle der SPD Fraktion   Antrag der SPD-Fraktion
VO/2018/06778-01   Berichtsauftrag: Senior:innentreffs in Lübeck erhalten und ausbauen   2.500 - Soziale Sicherung   Bericht öffentlich