Haushaltsjahr 2011:
Der Bereich Familienhilfen/Jugendamt hatte in 2011 eine hohe Kostensteigerung in den Bereichen Jugendhilfe außerhalb und Jugendhilfe innerhalb von Einrichtungen zu verzeichnen.
Diese Entwicklung konnte zum Zeitpunkt der Haushaltsplanung für 2011 (Juli 2010) nicht abgesehen werden. Üblicherweise werden für die Kalkulation der Haushaltansätze bei den Produktsachkonten das Ergebnis der Jahresrechnung des Vorjahres herangezogen, die aktuelle Fallzahlentwicklung und Mittelbewilligungen bei den einzelnen Hilfearten sowie die fachliche Einschätzung der zuständigen Fachkräfte. In der Nachfolge der Umstellung auf die doppische Haushaltsführung lag jedoch noch kein Jahresrechnungsergebnis vor und infolge der bereichsinternen Einführung bzw. Umstellung bei der für die Fallbearbeitung zu verwendenden Fachsoftware waren auch die internen Hochrechnungen noch nicht valide. Zudem gab es im Bereich an zentraler Stelle einen mehrmonatigen Krankheitsausfall. Der Haushaltsansatz wurde mangels verlässlicher Erkenntnisse zu niedrig angesetzt. Erschwerend kommt hinzu, dass der gemeldete Haushaltansatz aufgrund der seinerzeit vorliegenden Sparvorgaben im Fachbereich Kultur und Bildung gekürzt worden ist.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass in diesem Zeitraum zugleich ein erheblicher Anstieg der zu veranlassenden Hilfen verzeichnet werden musste; entsprechend der auch bundesweit sich abzeichnenden Entwicklung der linear steigenden Jugendhilfeausgaben gab es auch in Lübeck erhebliche Fallzahlsteigerungen.
Es erfolgten überplanmäßige Bewilligungen, die jedoch nicht ausreichten, um der Fallzahl- und Kostenentwicklung Rechnung zu tragen. Um die Beantragung weiterer überplanmäßiger Bewilligungen in dem erforderlichen hohen Betrag zu vermeiden, wurden Ausgaben aufgeschoben und mit Mitteln des folgenden Haushaltsjahres 2012 beglichen. Trotz Sparbemühungen gelang es jedoch nicht, den Unterschuss des Vorjahres im laufenden Haushaltsjahr aufzufangen.
Es entstand eine ‚Bugwelle’ wachsenden Mehrbedarfs, die sich in den unzureichenden Planansätzen 2011 und folgende begründet und bis zum aktuellen Haushalt anhält.
Im 4. Quartal 2012 sind die Haushaltsansätze bereits mit überplanmäßigen Bewilligungen verstärkt worden, weil die Liquidität nicht mehr gegeben war. Eine abschließende Abrechnung war jedoch auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich.
In einer gemeinsamen Prüfung und Ermittlung mit dem RPA, dem Zentralen Controlling und dem Fachbereichscontrolling konnte der Bereich nun eine valide Zuordnung des jeweils in den einzelnen Haushaltsjahren aufgetretenen Mehrbedarfs bei den einzelnen Produktsachkonten vornehmen.
Zur ordnungsgemäßen Zuordnung der Ausgaben zu dem Haushaltsjahr, in dem diese auch tatsächlich entstanden sind, sind Umbuchungen erforderlich, die nach Bereitstellung der erforderlichen Mittel, vorgenommen werden.
Haushaltsjahr 2013:
Zum Zeitpunkt der Haushaltsplanung für 2013 (im Juni 2012) bestand die oben beschriebene Situation fort, es lag ebenfalls keine gesamtstädtische Jahresrechnung des Vorjahres vor und der Bereich musste mangels valider Instrumentarien für eine verlässliche Hochrechnung die Kostenkalkulation auf Grundlage der Haushaltsdaten aus 2011 vornehmen. Wie oben beschrieben, wurde aber bereits der Haushaltsansatz für 2011 ohne Berücksichtigung der Kostenentwicklung entsprechend zu niedrig angesetzt sowie Ausgaben in das Folgejahr verschoben.
Dies hat zur Folge, dass auch die Haushaltsansätze für 2013 nicht in ausreichender Höhe geplant worden sind. Wie die Entwicklung zeigt, sind jährliche Fallzahl- und Kostensteigerungen zu verzeichnen. Während die Jugendhilfe-Ausgaben also seit 2010 linear gestiegen sind, ist diese Entwicklung bei der Haushaltsplanung und –anmeldung nicht entsprechend berücksichtigt worden.
Die Entwicklung der Fallzahlen sowie der Jugendhilfe-Ausgaben im Vergleich zu den Haushaltsansätzen ist in der Anlage 1 dieser Vorlage dargestellt.
Die Gründe für den Anstieg des Hilfebedarfs, der Fallzahlen und damit der Kostenentwicklung in der Jugendhilfe wurden zum großen Teil bereits im Rahmen der überplanmäßigen Bereitstellung der Haushaltsmittel in 2012 dargelegt:
Der Anstieg der Kostenentwicklung im Bereich der ambulanten Hilfen resultiert zum einen aus der hohen Inanspruchnahme der ambulanten Eingliederungshilfen. Zum anderen ist auch die Inanspruchnahme von Sozialpädagogischen Familienhilfen wie auch von sog. niedrigschwelligen Angeboten (Alltagshelfer) gestiegen.
Eine diesbezügliche Entlastung im Bereich der stationären Hilfen ist leider nicht zu verzeichnen. Auch hier ist der Haushaltsansatz aufgrund von Fallzahlen- und Kostensteigerungen bei der Vollzeitpflege, Heimerziehung und der teil-/stationären Eingliederungshilfe nicht ausreichend.
Der Anstieg der Kosten für Jugendhilfemaßnahmen hängt insbesondere auch damit zusammen, dass sich insgesamt eine höhere Wachsamkeit bzw. Sensibilität für mögliche Kindeswohlgefährdungen entwickelt hat und verstärkt Hinweise nicht nur aus der Bevölkerung, sondern auch aus Kitas und von Schulen erfolgen. Dies hat Auswirkungen u.a. auf die Zahl der Alltagshilfen und der Sozialpädagogischen Familienhilfen.
Außerdem mussten die Angebote an / für Schule zur. frühzeitigen Intervention weiter ausgebaut werden bzw. werden infolge individuell festgestellten Hilfebedarfs verstärkt nachgefragt, z.B. die Integrationshilfe in Schulen.
Die zu verzeichnende Entwicklung in Lübeck ist keine Einzelerscheinung sondern ausweislich der entsprechenden statistischen Auswertungen (z.B. KomDat , 1/2012) ein bundesweiter Trend.
Der Hilfebedarf wird durch die fachlich hierfür ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bereiches Familienhilfen sowie teilweise von ausgewiesenen fachärztlichen Gutachten im Einzelfall festgestellt. Die aus dieser Feststellung folgenden Einleitungen von am Kindeswohl orientierten individuellen Hilfemaßnahmen werden regelmäßig auf ihre Wirksamkeit hin überprüft und ggf. angepasst. Es bleibt das Ziel, kostenintensive stationäre Maßnahmen zu vermeiden. Auf Erziehungshilfen nach dem SGB VIII besteht im Bedarfsfall ein Rechtsanspruch.
Um die Liquidität der Jugendhilfe außerhalb und innerhalb von Einrichtungen für das gesamte Haushaltsjahr 2013 sicherzustellen, ist die überplanmäßige Bereitstellung der benötigten Beträge erforderlich.
Abschließend ist anzumerken, dass der Bereich Familienhilfen/Jugendamt im Rahmen einer seit Anfang des Jahres bestehenden Arbeitsgruppe (aus MitarbeiterInnen der Bereiche Familienhilfen/Jugendamt, Rechnungsprüfungsamt, Zentrales Controlling und Fachbereichscontrolling) das Berichtswesen dahingehend verbessert hat, dass nunmehr Auswertungen der planungsrelevanten Kennzahlen und Buchungsdaten aus dem Programm Prosoz14plus vorgenommen werden. Auf Grundlage der auswertbaren Aussagen über Fallzahlen, bewilligte Mittel und tatsächliche Zahlungen erfolgt künftig eine Hochrechnung der durchschnittlichen monatlichen Kosten pro Hilfeart. Mit Hilfe einer Gegenüberstellung der aktuell bewilligten Mittel und der Haushaltsansätze wird die Budget-Auslastung und -Entwicklung monatlich analysiert, um Abweichungen gegenüber der Haushaltsplanung rechtzeitig feststellen und melden zu können sowie eine verlässliche Prognose für die Haushaltsplanung erzielen zu können.