Auszug - Landeskonzept "Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge"  

16. Sitzung des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 4.1.6
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: (offen)
Datum: Do, 03.09.2015 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:02 - 17:56 Anlass: Sitzung
Raum: Großer Sitzungssaal (Haus Trave 7.OG)
Ort: Verwaltungszentrum Mühlentor
 
Wortprotokoll
Abstimmungsergebnis

Frau Junghans berichtet über die derzeitige Situation

Frau Junghans berichtet über die derzeitige Situation in Lübeck.

 

Sie gibt folgende aktuelle Zahlen bekannt (Stand 02.09.15):

Derzeit werden 80 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge versorgt.

Davon sind 34 Inobhutnahmen (Vorwerker Diakonie)

Weitere 37 befinden sich in Anschlussmaßnahmen (Hilfe zur Erziehung)

Daneben sind 9 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bei Verwandten untergebracht.

 

Von den insgesamt 80 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen handelt es sich um 77 männliche und um 3 weibliche unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

 

Herkunftsländer:

Afghanistan              56 minderjährige Flüchtlinge

Somalia              9 minderjährige Flüchtlinge

Eritrea                            6 minderjährige Flüchtling

Syrien                            4 minderjährige Flüchtling

sowie vereinzelt z. B. aus dem Irak, Kongo und Albanien.

 

Vergleich der Zahlen aus den Vorjahren:

bis September 2015 Inobhutnahme von 157 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

2014                         Inobhutnahme von 129 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

2013                                      Inobhutnahme von 38 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

2012                                      Inobhutnahme von 45 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

 

Schon jetzt sind die Gesamtzahlen des Jahres 2014 im Vergleich zu den aktuellen Zahlen

bei weitem überschritten.

 

Versorgung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge:

- Inobhutnahme erfolgt durch die Vorwerker Diakonie

- Fallbearbeitung erfolgt durch das Jugendamt Einleitung von Jugendhilfemaßnahmen. Die Bestellung eines Vormundes erfolgt durch das Familiengericht. Die Amtsvormundschaften sind beim Jugendamt angesiedelt. Erfreulich ist, dass das Familiengericht deutlich bedarfsgerechter mit der Einrichtung einer Vormundschaft reagiert (schnellster Fall 8 Tage)

- Anschlussmaßnahmen erfolgen durch alle freien Träger. Vorrangig führen Lübecker Träger Maßnahmen durch, auf Grund begrenzter Kapazitäten, werden zum Teil auf die umliegende Kreise (Stormarn, Ostholstein oder Nordwestmecklenburg) zurückgegriffen.

Anschlussmaßnahmen sind:

- 22 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im trägereigenen Wohnraum mit ambulanter Begleitung (§ 35 SGB VIII), d. h. in der Verselbstständigung, besonders hier müssen die Kapazitäten ausgeweitet werden, um die Jugendliche zu verselbstständigen.

- 14 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind in stationärer Hilfe (§ 34 SGB VIII)

- 1 unbegleiteter minderjähriger Flüchtling hat einen Erziehungsbeistand (§30 SGB VIII)

 

Kosten:

- Kosten werden grundsätzlich alle durch den Bund erstattet, Verfahren jedoch aufwändig und langwierig

- zur Zeit gibt es 2 SozialpädagogenInnen-Stellen, 2 halbe Stellen Amtsvormund, Leitungsanteile AbteilungsleiterIn zuzügl. sämtlicher Sachkosten

 

Entwicklungen Land/Bund:

Es liegt der Entwurf eines „Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vor.

Dieser Gesetzentwurf sieht grundlegende Neuregelungen insbesondere im Hinblick auf eine bundesweite Verteilung nach Quote (Königsteiner Schlüssel) und den Modus zum Ausgleich finanzieller Belastungen zwischen den Bundesländern vor.

Unverändert allerdings bleibt die Systematik der Erstbefassung durch das örtliche Jugendamt im Rahmen einer „vorläufigen Inobhutnahme“.

Die Schwerpunkte des vorliegenden Gesetzentwurfes des Bundesministeriums liegen damit in der Neuorganisation der Beziehungen zwischen den Ländern und dem Bund.

Die hier zu erwartenden grundsätzlichen Änderungen werden jedoch zusätzlich landesrechtlich umzusetzen und zu organisieren sein. Das vorliegende Gesetzesvorhaben auf Bundesebene kann daher nur auf erster Stufe Grundsätze im Umgang mit unbegleiteten Minderjährigen neu definieren.

Insofern gilt es nunmehr, Umsetzungsstrategien für Schleswig-Holstein im Rahmen des Projektes der integrationsorientierten Aufnahme von Flüchtlingen zu erörtern. Dies betrifft nicht nur den künftigen Umgang mit unbegleiteten Minderjährigen in der sogenannten „Clearingphase“, sondern insbesondere auch die Frage, wie im Rahmen von Anschluss­maßnahmen eine Betreuung und Unterbringung in Schleswig-Holstein ausgestaltet werden kann.

 

Das Land beabsichtigt, in 2016 5 – 6 Clearingstellen einzurichten, bzw. freie Träger damit zu beauftragen. Dort werden die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge 4 bis 8 Wochen betreut bevor die Verteilung im Land vorgenommen wird.

 

Das Land (Sozialministerium) hat eine AG zu dem Thema eingerichtet, Vertreter der Kommunen und die kommunalen Landesverbände nehmen daran teil. Lübeck nimmt auch daran teil. Am 08.09.2015 findet die nächste Sitzung statt.

 

Frau Heidig ergänzt zur Versorgungssituation im Kita Bereich. Hier ist nur wenig Anstieg zu verzeichnen. Es gibt derzeit keine Probleme bei der Unterbringung.

 

Herr Regenberg berichtet, dass die seit Mitte Dezember 2014 eingerichtete „Basiseinrichtung“ mit 6 Plätzen schon seit dem Sommer 2015 überbelegt ist, da der Flüchtlingsstrom deutlich zugenommen hat. Es muss auf andere Räumlichkeiten ausgewichen werden. Es besteht mittlerweile eine Kooperation mit dem CVJM zur Nutzung von Räumlichkeiten. Ebenfalls werden zeitlich begrenzt Hotelzimmer genutzt. Die bestehende Leistungsvereinbarung mit dem Jugendamt muss weiterentwickelt werden.

 

Frau Mentz fragt nach den Überbelegungszahlen, Möglichkeiten einer Erweiterung bzw. weiteren Einrichtung sowie die Beteiligung der Stadt.

Herr Regenberg berichtet zur Überbelegung, dass kurzfristig 3 Personen in einem Zimmer untergebracht werden. Ebenfalls werden Gespräche zur Erweiterung der Kapazitäten mit der Verwaltung stattfinden. Frau Junghans erläutert, dass es hierzu Verhandlungen geben werde. Es muss dabei auch die Entwicklung auf Landesebene berücksichtigt werden.

Frau Weiher berichtet über das Ausschöpfen aller Hilfsmöglichkeiten, u. a. müssen Turnhallen genutzt werden, dabei ist man zeitweise gezwungen unter Standard aufzunehmen, vorübergehend müssen dann die Raumkapazitäten ausgeweitet werden.

Sie bittet um Mithilfe Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. 

Derzeit finden Überlegungen statt jüngere Flüchtlinge in Pflegefamilien unterzubringen.

 

Der Ausschuss nimmt Kenntnis

Der Ausschuss nimmt Kenntnis.