Prinz Charles – Pionier des Umwelt- und Naturschutzes

Veröffentlicht am 11.06.2002

Prinz Charles – Pionier des Umwelt- und Naturschutzes

Prinz Charles – Pionier des Umwelt- und Naturschutzes

020440R 2002-06-11

Rede von Herrn Prof. Dr. Hartmut Vogtmann, Präsident des Bundesamt für Naturschutz, Bonn, anläßlich der Überreichung des EURONATUR Umweltpreises an Seine Königliche Hoheit, den Prinzen von Wales, am 11. Juni im Lübecker Rathaus.


Eure Königliche Hoheit, sehr geehrte Damen und Herren,


es ist eine große Ehre und eine ebenso große Freude ,für mich, auf der Festveranstaltung zur Verleihung des EURONATUR-Umweltpreises 2OO2 die Laudatio für Seine Königliche Hoheit, den Prinzen von Wales, halten zu dürfen, Die “Stiftung für das Europäische Naturerbe (EURONATUR)” wurde vor 15 Jahren ins Leben gerufen und verleiht diesen Preis für herausragende Leistungen im Bereich der Erhaltung von Natur und Landschaft seit 1993. Lassen Sie mich hier nur zwei Namen früherer Preisträger nennen: Mathias Platzeck, ehemaliger Umweltminister des Landes Brandenburg und heute Bürgermeister der Stadt Potsdam sowie Prof. Dr. Klaus Töpfer, unser ehemaliger Bundesumweltminister und heute Direktor der UNEP in Nairobi.


Mit Ihnen, Eure Königliche Hoheit, erreicht dieser Preis eine neue Dimension. Ihr überaus aktives Engagement geht weit über die ökologische. Landwirtschaft und den Naturschutz hinaus. Sie haben die Vorstellung, daß wir Menschen irgendwie unabhängig von der Natur sind und über ihr stehen, in Frage gestellt. Und Sie haben eine weltweite Bewegung für Wandel sowohl auf persönlicher als auch auf politischer Ebene inspiriert, um eine globale Umweltkatastrophe abzuwenden. In vielen der Gespräche, die wir in all den Jahren, seit wir uns 1982 kennen lernten, führten, wurde mir klar, daß einer ihrer großen Stärken in Ihrem tiefen Verständnis für Spiritualität in all ihren unterschiedlichen Formen liegt: in der Anerkennung der Bedeutung des Heiligen und der Notwendigkeit, daß dieses Heilige unser tägliches Leben durchdringen muß.


Entscheidend aber hierbei ist, daß Sie versucht haben, dieses Verständnis in ganz konkreter Weise umzusetzen. Dies ist erkennbar an der unglaublichen Vielzahl von Themen, die Ihnen am Herzen liegen: von der Architektur bis hin zu Business in the Community ein Projekt, das auf junge Menschen und sozial schwache Gebiete ausgerichtet ist. Ihre Kritik an der mechanistischen und egoistischen Architektur des späten zwanzigsten Jahrhunderts sowie die Wiedereinführung von klaren Linien für die Gestaltung von Gebäuden und Städten haben auch in den führenden Zeitungen Deutschlands Schlagzeilen gemacht.


Als globaler Streiter für den Naturschutz, die biologische Vielfalt und die nachhaltige Entwicklung sind Sie Schirmherr von mehr Organisationen zur Förderung dieser Ziele als die meisten von uns überhaupt kennen. Als Schirmherr der Soil Association (Bodenschutzvereinigung) und der Henry Doubleday Research Association (H.D. Forschungsvereinigung) des Vereinigten Königreichs und als wichtiger Förderer der International Federation of Organic Movements (Internationaler Verband des , ökologischen Landbaus) sind Sie die globale Gallionsfigur einer weltweiten ökologischen Bewegung sowie ein Wächter und Schutzpatron für die weitgesteckten Ziele und Grundsätze der ökologischen Landwirtschaft.


Ihre außergewöhnlichste Leistung ist vielleicht die Anwendung Ihrer Nachhaltigkeitsgrundsätze zu Hause. Aus eigener Erfahrung kann ich allen hier Anwesenden berichten, daß der Prinz von Wales ein aktiver Gärtner ist und seine wunderbaren ökologischen Gärten in Highgrove von Beginn an von ihm gepflegt und gehegt wurden. Er schuf einen der ersten naturbelassenen Blumengärten. Solche Blumengärten sind heute sehr in Mode. Der Prinz von Wales war jedoch einer, der schon ganz früh auf diese Form der Gärten umstellte. Er entwarf (oder gab die Inspiration dazu - genau kann man das gar nicht unterscheiden) einen Garten, der letztes Jahr auf Europas wichtigster Blumenausstellung, der Chelsea Flower Show, preisgekrönt wurde. Auch in diesem Jahr nahm er mit einem anderen, seiner Großmutter gewidmeten Garten, an dem Wettbewerb teil und gewann eine Silbermedaille.


Und ich weiß, Eure Königliche Hoheit, daß Sie außerordentlich stolz auf Ihren ökologisch geführten landwirtschaftlichen Betrieb und Ihre Tiere sind. Sie haben gelernt, wie man Hecken auf traditionelle Art und Weise anlegt und Sie haben sich im letzten Winter sogar die Zeit dafür genommen, selbst einige Hecken auf Highgrove anzulegen.


Sie freuen sich besonders, wenn skeptische Wissenschaftler und Landwirte kommen, um sich Ihren Betrieb anzusehen und dann sehr beeindruckt wieder abreisen. Ich kann dies gut nachvollziehen. Denn ich erinnere mich lebhaft an unser erstes Treffen 1982, als Sie Barry Wookey's 320 Hektar großen Ökobauernhof und das Elm Farm Research Centre (Elm Farm Forschungszentrum) besuchten. Sie hatten bereits einen guten Kenntnisstand in punkto Ökologie und waren gut vorbereitet, viel besser als jeder Minister oder Politiker, den ich seitdem erlebt habe! Am Ende unserer Ein-Tages-Tour hatten Sie Vertreter des Ministeriums für Landwirtschaft, Lebensmittel und Fischerei zu einem Runden Tisch im Elm Farm Research Centre eingeladen,


Bei dieser Gelegenheit entdeckte ich etwas, das ich später noch häufiger in Ihren Reden wiederfand: die Gewohnheit, schlagkräftige Argumente auf ganz zurückhaltende Art und Weise einzuleiten. So ist es zum Beispiel typisch für Sie, in etwa wie folgt zu beginnen: “Ich bin nicht sicher, aber es scheint mir, ,daß...” und dann “bang” - fortzufahren mit einem schlagkräftigen Argument, welches kontroverse Reaktionen hervorrufen mag, aber doch in vielem überzeugt und eine Menge Menschen erreicht, die genau dasselbe denken, sich jedoch nicht trauen, es auch auszusprechen. In diesem Fall war es lhre folgende Aussage: “Ich bin nicht sicher, aber nach diesem überzeugenden Tag scheint es mir, daß unsere Regierung ernsthafte Forschungsarbeit auf dem Gebiet der ökologischen Landwirtschaft betreiben sollte.” Leider dauerte es 10 Jahre, bis die Regierung begann, eine ernsthafte Forschungsfinanzierung auf diesem Gebiete einzuleiten.


Meine Damen und Herren, der Prinz von Wales ist ein außergewöhnlicher Mann, der ohne Zweifel mehr für die Förderung des Umwelt- und Naturschutzes und der ökologischen Landwirtschaft getan hat als irgendein anderer Mensch auf dieser Welt. Sein tiefgreifendes Engagement für die seinen Gedanken zu Grunde liegende Philosophie sowie ihre praktische Anwendung hat Millionen Menschen in vielen Ländern berührt - ebenso wie seine Ausdauer und seine Entschlossenheit, seine Integrität und seine Bescheidenheit. Dies ist sicherlich der Grund, warum er den Sinn der Gentechnik anzweifelt - sehr zum Ärgernis von Politikern und Wissenschaftlern - und alternative und komplementäre Medizin; einschließIich der Homöopathie unterstützt - auch dies sehr zum Ärgernis der reduktionistisch ausgerichteten Wissenschaftler. Er bringt relativ häufig Dinge zum Ausdruck, die nicht mit der Ansicht der Experten und der allgemein akzeptierten politischen Weisheit übereinstimmen, die aber Menschen aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen für richtig halten. Viele Menschen verfügen zwar über Verstand, aber nicht alle über “gesunden Menschenverstand”. Der Prinz von Wales verfügt über einen solchen, und es ist diese Intuition und seine Bereitschaft, auch darüber zu reden sowie die lebenspraktische Einstellung eines (Mit-)Menschen mit einer gehörigen Portion Humor und Sinn für Spaß, die ihn zu einer solch wichtigen Persönlichkeit werden lassen.


Aber entsprechend dem, was Sie selbst während der Eröffnung einer neuen Lehreinrichtung an der Henry Doubleday Research Association vor einigen Jahren sagten, nämlich: “Ich lasse meinen Worten Taten folgen!”, schickten Sie Sir John Higgs aus, um den Sachstand in Deutschland zu erkunden, kauften Highgrove und begannen mit der außerordentlich erfolgreichen Umstellung Ihres Landgutes auf ökologische Landwirtschaft. Ich kann allen hier Anwesenden sagen; daß der Prinz mit der Umstellung des Gutes Highgrove auf ökologische Anbaumethoden dem Hohn der Medien und der Wissenschaftler trotzte und sich gegen die anderslautenden Ratschläge einiger seiner engsten Berater entschied - lange bevor nachhaltige Entwicklung und ökologischer Landbau mit all ihrem sozialen Nutzen und positiven Auswirkungen auf den Naturschutz auch nur annähernd so etwas wie Mode wurden. Heute ist Highgrove ein Leuchtfeuer der lnspiration. Es demonstriert den vielen Tausenden von Besuchern durch. den vom Prinzen geschätzten Grundsatz des “Seeing is Believing”, daß seine Vorstellungen praktisch umgesetzt und wirtschaftlich höchst erfolgreich sein können; Das Gut Highgrove ist tatsächlich ein lebendiges Beispiel für die Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Aspekte der Nachhaltigkeit, nicht zuletzt durch die Schaffung zahlreicher neuer Arbeitsplätze.


Mir; ist bekannt, Sir, daß Sie dasselbe auf dem ökologischen Lebensmittelsektor machen möchten. Das von Ihnen gegründete Unternehmen “Duchy Originals” hat bereits fast 1,5 Millionen Pfund Sterling für wohltätige Zwecke erwirtschaftet und ist dabei, Ihre Vision und Ihren Erfolg “im landwirtschaftlichen Betrieb” auch in anderen Bereichen der Lebensmittelkette wahr werden zu lassen.


Meine Damen und Herren, Millionen von Menschen auf der ganzen Welt sind von dem Beispiel eines Mannes berührt und inspiriert worden, der die mit seiner Position und seinem Ansehen verbundene Verantwortung so ernst genommen hat, daß er bereits jetzt schon den größten Teil seines Arbeitslebens mit Überzeugung und Leidenschaft der Sache der Umwelt gewidmet hat und dies auch in Zukunft tun will. Ich danke Ihnen, Sir, von ganzem Herzen und sehr persönlich für diese große Leistung und für das, was Sie uns allen gegeben haben. Die Welt ist ein grünerer und besserer Ort, weit sich der Prinz von Wales sein Leben lang in den Dienst der Umwelt gestellt hat.”


(Weitere Informationen unter zum Besuch des Prinzen von Wales im Archiv: http://www.luebeck.de/cgi-bin/dps/dps-query.cgi?inclfile=020374r&ini=./dps-query-AKTR.ini +++