Umfrage zeigt: Aids ist immer seltener ein Gesprächsthema

Veröffentlicht am 19.02.2002

Umfrage zeigt: Aids ist immer seltener ein Gesprächsthema

Umfrage zeigt: Aids ist immer seltener ein Gesprächsthema

020148L 2002-02-19

Seitdem die Thematik Aids nicht die Schlagzeilen bestimmt, scheint auch die Bereitschaft, über dieses Thema zu sprechen, gesunken zu sein. Diese Schlußfolgerung läßt sich aus einer zweiten Umfrage zu HIV / Aids ziehen, die im September und Oktober vergangenen Jahres lief. Beteiligt daran waren für Lübeck die Aids Beratungsstelle des Gesundheitsamtes Lübeck, die Aids-Hilfe e. V. und die Aids Pflege. Des weiteren halfen bei der Befragung Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Gesundheitsämtern beziehungsweise Aids-Beratungsstellen aus Stormarn, Kiel, Pinneberg und Eutin.

Insgesamt wurden 1306 Personen, davon 696 Männer und 610 Frauen, befragt, wie das Lübecker Gesundheitsamt jetzt mitgeteilt hat. Die Befragten waren zwischen 11 und 63 Jahre alt. Gleichzeitig wurde in der Schwulenszene in Lübeck eine Umfrage durchgeführt, bei der vor Ort 100 Schwule erreicht wurden. Schon im Jahr 2000 wurden 632 Männer mit ähnlichen Fragen konfrontiert.

Gefragt wurde unter anderem: “Sprechen Sie in Ihrer Familie, mit Freundinnen und Freunden, Bekannten, Kolleginnen und Kollegen etc. über Aids?” Die Antworten zeigten bei Männern die eindeutige Tendenz, daß Aids im Laufe der Zeit immer seltener Gesprächsthema ist. (2000: 48,6 Prozent, 2001: 29,7 Prozent). Dies ist ein Hinweis darauf, daß die Mittel für die Aids-Prävention keinesfalls weiter heruntergefahren werden dürfen, da ansonsten zu befürchten ist, daß das Thema in Vergessenheit gerät. Die Folge wäre, daß eine Zunahme der Neuinfektionen zu erwarten ist, da das Schutzverhalten auch abhängig ist von Gesprächen über das Thema.

Beim Vergleich zwischen den Antworten der Männer (29,7 Prozent) und Frauen (45,4 Prozent) in der aktuellen Umfrage wird deutlich, daß die Frauen häufiger über Aids sprechen. Ganz anders sehen die Ergebnisse bei der Befragung in der Schwulenszene in Lübeck aus. Die Antwort “ja, kommt vor” geben immerhin 75 Prozent an. Homosexuelle Männer scheinen dieses Thema nicht zu tabuisieren. Es läßt auch vermuten, daß die kontinuierliche szenespezifische Aufklärung der Lübecker Aids-Hilfe zu diesem Ergebnis führt.

Bei der Frage “Wen halten Sie bezüglich HIV für besonders gefährdet?” konnten mehrere Antworten angekreuzt werden. Hier wurde mit Abstand am häufigsten die Kategorie “Sextouristen/Sextouristinnen” angekreuzt. Erstaunlich ist, daß am zweithäufigsten die Kategorie “Jugendliche” angekreuzt wurde, noch vor “Singles”, “Männer”, “Frauen” und der am seltensten angekreuzten Kategorie “Verheiratete”.

Dies bedeutet, daß die Sextouristen und Sextouristinnen als Risikogruppe richtig erkannt werden. Überraschend ist, daß Jugendliche auf ihre Gefährdung hin sehr hoch eingeschätzt werden. Vermutlich denken die Antwortenden, daß diese Altersgruppe die Sexualpartner häufig wechselt.

Interessant ist auch, daß die Gefährdung von Verheirateten als am geringsten eingeschätzt wird, obwohl der Status des Verheiratetseins an sich keinen Schutz darstellt.

Die Ergebnisse im einzelnen:

“Wen halten Sie bezüglich HIV für besonders gefährdet?”


Kategorie

Männer

Frauen

Sextouristen/

Sextouristinnen

37,8 Prozent

33,1 Prozent

Jugendliche

20,3 Prozent

22 Prozent

Singles

15,9 Prozent

16,1 Prozent

Männer

11,5 Prozent

13,1 Prozent

Frauen

10,1 Prozent

10,3 Prozent

Verheiratete

4,4 Prozent

5,4 Prozent


Bei der nächsten Frage “Wie schützen Sie sich persönlich?” konnten wieder mehrere Möglichkeiten angekreuzt werden. Mit Abstand am häufigsten wurde “Kondome benutzen” (68 Prozent) angekreuzt, gefolgt von “Treue” (45 Prozent) und “HIV-Test” (18 Prozent). Diese am häufigsten genannten Schutzmöglichkeiten haben unterschiedliche Wirkung. Das Benutzen von Kondomen gilt als die sicherste Art des Schutzes. Treue schützt nur, wenn beide Partner nicht infiziert sind. Der HIV-Test gibt bei seiner Durchführung eine Momentaufnahme für einen vergangenen Zeitpunkt ab, und ist im Moment seiner Durchführung nicht mehr aktuell. Hinzu kommt, daß ein negatives Testergebnis an sich keinen Schutz darstellt, sondern durch künftige Anwendung von Schutzmöglichkeiten stabilisiert werden muß.

Auf die Aussage “Ich kenne beziehungsweise kannte persönlich eine Person, die HIV-infiziert, an Aids erkrankt oder an den Folgen von Aids verstorben ist:” antworteten 13,5 Prozent mit “ja”. Interessant ist bei dieser Frage der Vergleich mit der Befragung in der Schwulenszene in Lübeck. Hier haben 70 Prozent aller Antwortenden einen persönlichen Kotakt zu Menschen mit HIV angegeben.

Diese schlaglichtartige Auswertung der Umfrage umfaßt die wichtigsten Ergebnisse. Wer sich für nähere Details und die gesamten Ergebnisse interessiert, kann mit der Lübecker Aids-Hilfe e. V., Hartmut Evermann, Telefon (0451) 70 41 33 oder der Aids-Beratungsstelle des Gesundheitsamtes, Jutta Scheibner, Telefon (0451) 122-53 70 Kontakt aufnehmen.

Auch bei allgemeinen Fragen zu HIV und Aids und zum HIV-Test können die oben genannten Stellen angesprochen werden. +++