“Dank und Anerkennung für jahrzehntelanges Engagement”

Veröffentlicht am 15.12.2001

“Dank und Anerkennung für jahrzehntelanges Engagement”

“Dank und Anerkennung für jahrzehntelanges Engagement”

010929R 2001-12-14

Laudatio von Bürgermeister Bernd Saxe auf Konsul Claus-Achim Eschke, den 53. Bene Merenti-Träger der Hansestadt Lübeck, am 14. Dezember 2001 im Lübecker Rathaus

“Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich begrüße Sie alle herzlich und bedanke mich für Ihre Anwesenheit, mit der auch Sie einen Mann ehren, der sich herausragende Verdienste um den Hafen- und Wirtschaftsstandort Lübeck erworben hat, oder - um es anders auszudrücken: Ohne den die Hansestadt Lübeck nicht zu dem herausragenden Hafenstandort im Ostseeraum geworden wäre, der sie jetzt ist.

Sehr geehrter Herr Konsul Eschke,

  • Dank und Anerkennung auszusprechen für Ihr über viele Jahrzehnte währendes Engagement
  • für den Lübecker Hafen,
  • für die Beziehungen Lübecks zu Finnland,
  • für die Pflege und Weiterentwicklung der wirtschaftlichen, der kulturellen und - ganz schlicht - der menschlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern
  • aber auch in vielen ehrenamtlichen Funktionen verschiedenster Art für das gemeine Wohl in unserer Hansestadt,

das ist der Zweck die kleinen Ehrung, die Ihnen heute zuteil werden soll.

Aber: Bevor es so weit ist, müssen Sie noch eine Rede über sich ergehen lassen. Vor den Lohn haben die Götter die Frohn gesetzt...

Meine Damen und Herren,

Sie alle kennen - wie ich vermute - Claus-Achim Eschke seit vielen Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten. Und Sie alle werden vielleicht ein in etwa ähnliches Bild von ihm haben:

  • Einer, der engagiert, gelegentlich - wo nötig - auch streitbar für seine Sache eintritt.
  • Einer, der dabei trotz allem wirklich freundlich und verbindlich ist - (am Schluss trägt er zumeist einen Sieg auf ganzer Linie davon, aber man hat trotzdem irgendwie das Gefühl, mit einem ungeheuer netten Kerl zusammen gekommen zu sein.)
  • Einer, der immer im Gespräch ist, der auf die Menschen zugeht, ihnen zuhört, und dabei eine herrlich ansteckende Fröhlichkeit ausstrahlt, die manchmal auch eine gewisse Neigung zum Schalkhaften durchscheinen läßt.

Auch für dieses freundliche und sympathische Wesen, mit dem Sie viele Runden bereichert haben, wollen wir Sie heute ehren.

Meine Damen und Herren,

wenn wir uns den Lebensweg von Claus-Achim Eschke anschauen, so fällt und manches ins Auge, das die heutigen Jungen teils bewundernd, teils verwundert zur Kenntnis nehmen dürften.

So hat er z. B. mehr als 45 Jahre für das gleiche Unternehmen gearbeitet - darüber werden die heute Zwanzigjährigen vermutlich verständnislos den Kopf schütteln.

Dass er sich aber buchstäblich von der Pike an bis zum Vorstandsvorsitzenden hochgearbeitet hat - das ringt sicher nicht nur den heutigen Youngstern Respekt und Anerkennung ab.

  • Eschke begann seine berufliche Laufbahn am 1. April 1952 als "Stift" bei der ursprünglich in Stettin ansässigen Schiffsmaklerei Ivers & Co KG - mit 35 Mark Monatslohn. (Aus der Firma Ivers & Co. übrigens ging später die Lübecker Poseidon Reederei hervor.)
  • Bereits sieben Jahre nach seinem Start als Lehrling erhielt er als 28-jähriger Prokura (Jemand im Saal in der Lage, das zu toppen?).
  • Mit 35 Jahren stieg er zum stellv. Geschäftsführer auf,
  • und im zarten Alter von 38 stand er an der Spitze der Reederei, wo er dann bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 1997 an Deck blieb und das Unternehmen immer größer, immer erfolgreicher machte.

Und mit ihm, dem Unternehmen Poseidon - meine Damen und Herren - eben auch den Hafen der Hansestadt Lübeck, der doch nichts ist, wenn die Reeder, die Ware, die Schiffe, nicht hierher kommen, um hier den Umschlag vorzunehmen.

Der Handel ist es, der unsere Stadt in ihrer Geschichte reich und mächtig gemacht hat. Und so ist es sicher auch nicht verwunderlich, wenn unter den zehn Tugenden einer guten Regierung, die Sie hier an den Wänden finden, eine der Stärken, die man von einer guten Regierung mit Fug und Recht erwarten kann, die angemessene Achtung und Würdigung des Handels ist. Der Handel war in seiner Zeit - das wohl wollte Stefano Torelli zum Ausdruck bringen - eine der Lebensgrundlagen unserer Stadt.

Der Seehandel machte Lübeck im Mittelalter zur führenden Drehscheibe für Güter aller Art, die Handelsrouten über Lübeck gingen im Westen bis England, im Süden zu den Städten Oberitaliens und Spaniens, im Norden hinauf bis Island, Grönland und Bergen und im Osten über Riga und Reval hinaus bis ins russische Novgorod.

Lübecks Handel umspannte bis ins 16. Jahrhundert hinein die gesamte damals bekannte Welt. Der Seehandel war die Grundlage für den Wohlstand der Hansestadt und ließ sie zu einer der führenden Wirtschaftsmächte des Mittelalters und frühen Neuzeit aufsteigen. Diese wirtschaftliche wie politische Vormachtstellung trug ihr nicht zuletzt den Titel "Königin der Hanse" ein.

Wenn wir heute durch die Straßen Lübecks schlendern, sehen wir den backsteingewordenen Glanz und Stolz der Lübecker Kaufleute und Schiffer, sie geben uns eine Ahnung von Lübecks einstiger Größe.

Lübecks Zukunft liegt auf dem Wasser, das erkannten schon im Mittelalter Lübecks Kaufleute.

Lübecks Zukunft liegt auf dem Wasser, diese Vision wurde z. B. auch im späten 19. Jahrhundert durch den Oberstadtbaudirektor Peter Rehder aufgenommen und mündeten in dessen ersten Hafenentwicklungsplan im Jahre 1906.

Lübecks Zukunft liegt auf dem Wasser, diese Erkenntnis mag noch einmal gut ein halbes Jahrhundert später auch die Triebfeder Claus-Achim Eschkes gewesen sein, als er mit unermüdlicher Überzeugungskraft darauf hinzuweisen begann, dass die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Lübeck von der Wettbewerbsstärke seines Hafens abhängt.

Und das hieß für ihn in erster Linie, den Focus der Investitionen auf den Ausbau des Lübecker Hafens zu legen, um die sich bereits abzeichnenden stark steigenden Umschlagsmengen aus den nordischen Ländern auf Lübeck zu ziehen.

Das hing vor allem mit einer technologischen Revolution im Lade- und Löschbetrieb zusammen. Durch die wachsende industrielle Produktion und die damit verbundene Ausweitung des Welthandels sowohl bei Massengütern als auch bei Halb- und Fertigerzeugnissen wurde ein Transportmittel gesucht, das eine schnelle und kostengünstige Alternative zum konventionellen Lösch- und Ladevorgang mit seinen relativ langen und teuren Liegezeiten bot.

Diese technologischen Innovationen waren der Trailer und das Roll on/Roll off - Prinzip - bei dem die Ladung von und an Bord rollt - und die dazugehörigen, die für diesen Transportzweck gebauten Schiffe.

Welche Folgen dies für den Lade- und Löschbetrieb hatte, lässt sich beispielhaft an ein paar Zahlen verdeutlichen:

  • Im konventionellen Stückgutumschlag schaffte nach dem 2. Weltkrieg eine 10-16 Mann starke Gang pro Schicht rund 100 t.
  • Ein RoRo-Schiff der heutigen Generation - wie z.B. die Transfinlandia - mit einer Ladekapazität von 11.000 t wird in rund sieben Stunden vollständig ent- und beladen.

Folge dieser rasanten technologischen Entwicklung waren auch eine deutlich höhere Schiffsfrequenz an den Hafenanlagen und gleichzeitig eine rapide steigende Umschlagskapazität des Hafens.

Claus-Achim Eschke erkannte früh die Stärke des RoRo-Schiffs auf der Ostsee mit ihren relativ kurzen Seewegen und trat deshalb seit den 60er Jahren nachdrücklich für das Umstellen auf die neue Technik ein. Und diese erforderliche Umstellung war mit erheblichen Investitionen verbunden. Nicht nur die Schiffe mussten der neuen Technologie angepaßt werden, auch in den Häfen waren grosse Veränderungen erforderlich.

In Lübeck wurde der Skandinavienkai zum wohl augenfälligsten Symbol für den Siegeszug, den das RoRo-Schiff auf der Ostsee antrat. Seine Entwicklung ist ganz wesentlich mit zwei Namen verbunden: Mit dem des damaligen Bürgermeisters Werner Kock und mit dem von Claus-Achim Eschke.

Ohne Übertreibung kann man sagen, dass diese beiden mit ihrem Engagement und ihren Entscheidungen den Grundstein dafür gelegt haben, den Lübecker Hafen zum größten Fährhafen Europas und größten deutschen Ostseehafen zu entwickeln.

Der deutsche Marktanteil des Lübecker Hafens liegt mittlerweile bei satten 40 %. Im vergangenen Jahr wurden rund 25 Mio. t umgeschlagen, das ist gegenüber 1990 eine Verdoppelung des Umschlags, der ursprünglich erst für 2010 prognostiziert wurde. Und die Zukunftsprognosen sehen eine weitere Verdoppelung in noch einmal 10 oder 15 Jahren vor. Der Siegeszug ist also noch nicht zu Ende.

Und das alles ist nicht l'art pour l'art, es geht nicht um pure Größe als Selbstzweck. Der Hafen ist einer der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren in unserer Stadt und alles in allem einer der ganz großen Beschäftigungsfaktoren. Im Zuge des sukzessiven Hafenausbaus entstanden mehr als 5000 Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt mit dem Hafen zusammenhängen.

Meine Damen und Herren,

diese Erfolgsstory wäre aber wohl so nicht zustande kommen, wenn bei Claus-Achim Eschke nicht der Beruf und die Leidenschaft für Finnland eine fruchtbare Symbiose eingegangen wären.

Neben Schweden ist Finnland das bedeutendste Ziel aller über die Drehscheibe Lübeck laufenden Güterverkehre. Für den Ausbau dieser deutsch-finnischen Beziehung durch regelmäßig verkehrende Liniendienste hat sich Eschke im Laufe seines langen Berufslebens mit großem Engagement eingesetzt.

Wenn das Salz im Mittelalter das Gold der Hanse war, so ist es in heutiger Zeit das Papier - Finnlands weißes Gold. Durch Konsul Eschkes Wirken entwickelte sich Lübeck nach Antwerpen zum zweitgrößten Umschlagsplatz für Forstprodukte in Europa.

Mit als erster hat Eschke auch die Chance der Schiene für den Hafenstandort Lübeck erkannt. Denn die Wettbewerbsfähigkeit eines Hafens hängt auch von der Qualität seiner Hinterlandverbindungen ab. Neben dem Verkehrsträger Straße, der zunehmend an seine Kapazitätsgrenzen stößt, forcierte Eschke deshalb schon früh den Aufbau eines Liniendienstes nach Finnland mit den Railships.

Konsequent setzt der Lübecker Hafen auch weiterhin auf die Schiene und baut zielstrebig den Kombinierten Verkehr aus.

Wer weiß, ob ohne die Railships schon damals eine Eisenbahnstrecke bis an den Skandinavienkai gebaut worden wäre...

Und wer weiß, ob angesichts des Investitionsvolumens und der Finanzsituation der öffentlichen Hände ein solches Infrastrukturprojekt wie die Eisenbahnanbindung des Skandi heute noch zu verwirklichen wäre...

Meine Damen und Herren,

in Anbetracht seiner Leistungen wurde Claus-Achim Eschke für seine Verdienste um den Ausbau der deutsch-finnischen Beziehungen bereits 1974 zum Honorarkonsul von Finnland ernannt und für seine Verdienste im Mai 1984 mit dem Ritterkreuz 1. Klasse des Ordens der finnischen Weißen Rose ausgezeichnet wurde. Im Jahr 1991 folgte dann das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Daneben aber soll er heute auch für sein nicht minder bedeutendes Engagement für das Gemeinwohl geehrt werden, das er in vielen ehrenamtlichen Funktionen immer wieder gezeigt hat.

  • Als Vize-Präses der IHK,
  • als Vorsitzender der Vereinigung der Lübecker Schiffsmakler und Schiffsagenten,
  • der Lübecker Seehafenbetriebe und der Deutsch-Finnischen Vereinigung
  • oder als Präsident der Deutsch -Finnischen Handelskammer

um nur einige der vielen Ehrenämter und Funktionen zu nennen, die Eschke im Laufe der Jahre und Jahrzehnte innehatte.

Ein Aufgabe will ich hier aus guten Gründen noch besonders erwähnen: Als Sprecher und Initiator des Freundeskreises der Nordischen Filmtage gewann er viele Persönlichkeiten und Unternehmen als Förderer für das nach der Berlinale bedeutsamste deutsche Filmfestival und größte Festival seiner Art im Norden Europas.

Seinem unermüdlichen Einsatz für die Nordischen Filmtage haben wir es zu verdanken, dass uns die nordischen Länder und vor allem Finnland cineastisch näher gekommen sind. Denn der kulturelle Austausch ist die beste Basis für das friedliche Zusammenleben der Völker nicht nur im Ostseeraum. Über die Kultur lernen wir voneinander und übereinander - und wir können viel von Finnland lernen: Dieses Land der tausend Seen ist mittlerweile neben Schweden die weltweite Hochburg für Mobilfunk und Internettechnologie. Und auch im Bildungswesen können wir, wie wir von PISA erfahren haben, viel von Finnland lernen.

Sehr geehrter Herr Eschke,

für all das, was Sie mit Ihrem Engagement in den letzten vier Jahrzehnten für die Hansestadt Lübeck getan hat, bedanke ich mich herzlich.

Sehr geehrter Herr Konsul Eschke,

gestatten Sie mir jetzt, Sie mit der Goldenen Ehrengedenkmünze Bene Merenti auszuzeichnen.

Der Name der Auszeichnung steht für das, was mit ihr besonders gewürdigt werden soll: Bene Merenti, dem "Wohlverdienten".

Diese höchste Auszeichnung der HL werfen wir nicht eben inflationär auf den Markt. Seit der Schaffung dieser Auszeichnung im Jahre 1835 wurde sie erst 52 mal vergeben, seit 1949 erst sieben Mal. Schon daraus mögen Sie ersehen, dass sie nur den wirklich "Wohlverdienten" vorbehalten bleibt.

Die Liste der Geehrten liest sich dann auch wie das Who is who der jüngeren Lübecker Geschichte - oder wie ein Auszug aus dem Lübecker Strassenverzeichnis: Behn, Brehmer, Curtius, Eschenburg, Fehling, Passarge, Rehder. Der zuletzt Ausgezeichnete ist der langjährige Rektor der Musikhochschule Lübeck, Herr Prof. Döhl, der sich um den Aufbau dieser Einrichtung sehr verdient gemacht hat, ohne den es die Musikhochschule in heutiger Form wohl nicht gäbe.

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Eschke,

mit der Ehrengedenkmünze Bene Merenti wird zur Ehrung nicht nur ein Klumpen Gold überreicht, sondern die Münze ist zugleich ein schönes Kleinkunstwerk, in unserem Fall von niemand Geringerem gestaltet als von Adolph Menzel in Berlin.

Die Vorderseite zeigt eine stehende Frauengestalt - die personifizierte "Lubeca" - mit dem Lorbeerkranz in der Hand. Ahasver von Brandt, der wohl bedeutendste Geschichtsschreiber unserer Stadt, schreibt zu dieser Ehrengedenkmünze am Anfang des letzten Jahrhunderts: "Das altrömische Liktorenbündel mit Ruten und Beil und die Mauerkrone sind die üblichen republikanischen Attribute solcher Sinnbilder. Ein Anker und ein antiker Schiffsbug deuten auf die Tradition Lübecks als Handels- und Schifffahrtsstadt (wie passend im Angesicht des heutigen Preisträgers) . Die Inschrift BENE MERENTI ("Dem Wohlverdienten") erklärt den Zweck als Ehrenmünze. Die Rückseite der Münze ziert das Wappen der Hansestadt Lübeck in reicher Renaissanceornamentik." +++