Veröffentlicht am 18.06.1998

Kindschaftsreform: Gleiche Bedingungen und Chancen

Kindschaftsreform: Gleiche Bedingungen und Chancen

Eine jahrzehntelang währende Ungerechtigkeit hat der Gesetzgeber beendet: Ehelichen und nichtehelichen Kindern werden durch die Reform des Kindschaftsrechts, wie im Grundgesetz gefordert, die rechtlich gleichen Bedingungen und Chancen gegeben. Der Bundestag hat hierzu im September 1997 drei wichtige Gesetze beschlossen: das Erbrechtsgleichstellungsgesetz, das Beistandschaftsgesetz und das Kindschaftsrechtsreformgesetz, die auch vom Bundesrat angenommen wurden. Diese Gesetze traten bzw. treten am 01.04.98 bzw. am 01.07.1998 in Kraft.

Die neuen Regelungen betreffen die folgenden Gesetze:

- Das Erbrechtsgleichstellungsgesetz hebt die Sondervorschriften für nichteheliche Kinder über den Erb-Ersatzanspruch und den vorzeitigen Erbausgleich auf. An ihre Stelle tritt das bürgerliche Erbrecht. Nichteheliche Kinder sind damit ehelichen Kindern gleich erbberechtigt (in Kraft seit dem 01.04.98).

- Im Beistandschaftsgesetz wird die zwingende gesetzliche Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder abgeschafft und durch eine freiwillige Beistandschaft des Jugendamtes ersetzt. Die freiwillige Beistandschaft ermöglicht es, Eltern, denen die elterliche Sorge allein zusteht (für eheliche oder nichteheliche Kinder), die Hilfe des Jugendamtes hinsichtlich der Feststellung der Vaterschaft und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen anzunehmen. Die Beistandschaft wird durch formlosen Antrag an das Jugendamt begründet und hat im Gegensatz zu den bisherigen Bestimmungen keinen Einfluß auf die elterliche Sorge, die in vollem Umfang bestehen bleibt. Die Aufhebung dieser Beistandschaft ist jederzeit auf Antrag des Elternteiles wieder möglich. Die beim Jugendamt am 30.06.1998 bestehenden Amtspflegschaften und Beistandschaften werden mit Wirkung ab 01.07.1998 automatisch zu Beistandschaften nach neuem Recht.

- Ab 01.07.1998 haben Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, die Möglichkeit, die elterliche Sorge gemeinsam auszuüben, wenn sie dies übereinstimmend erklären. Die Erklärung kann beim Jugendamt beurkundet werden. Die gemeinsame Sorge wird bei getrennt lebenden Elternteilen dadurch praktikabel gemacht, daß der Elternteil, der das Kind tatsächlich betreut, die Befugnis erhält, die Angelegenheiten des täglichen Lebens allein zu entscheiden.

- Das Umgangsrecht wurde durch §1626 Abs. 3 BGB neu geregelt. Der Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen gehört zum Kindeswohl. Nicht nur den Eltern steht deshalb ein Anspruch auf Umgang zu; auch das Kind selbst ist anspruchsberechtigt (§1684 Abs. 1 BGB).

- Diese materiellen Vorschriften werden durch Verfahrensvorschriften flankiert. Die Zuständigkeit des Familiengerichts wird erweitert. Mit der Schaffung des "großen" Familiengerichts werden alle Verfahren, die die elterliche Sorge, den Umgang und den Unterhalt minderjähriger Kinder betreffen, gleich ob ehelich oder nichtehelich, vor dem Familiengericht verhandelt mit der Folge, daß der Instanzenzug künftig einheitlich zum Oberlandesgericht in der zweiten Instanz geht.

- Gestärkt wurden auch die Rechte alleinstehender Elternteile nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz. Das Jugendamt hat unverzüglich nach der Geburt eines Kindes, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind, der Mutter Beratung und Unterstützung bei der Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Kindes anzubieten. Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Geltendmachung von Ansprüchen auf Erstattung der Entbindungskosten sowie auf Unterhalt der Mutter gegenüber dem Vater des Kindes für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt sowie gegebenenfalls für weitere Zeiträume.

Nähere Auskünfte erteilt der Bereich Beistandschaften - Jugendamt - in der Kronsforder Allee 2/6, Haus Trave im 1. Stock, Telefon 122-4600 u. 122-4601 sowie 122-4602.+++