Veröffentlicht am 05.11.2021

Projekt Nordtangente nach 50 Jahren endgültig abgeschlossen

Schlussabrechnung liegt vor: Eigenanteil der Hansestadt Lübeck fast 50 Prozent geringer als geplant

Das Herzstück der Nordtangente: Die Eric-Warburg-Brücke

Nach rund 50 Jahren ist das Bauprojekt Nordtangente nun endgültig abgeschlossen: Mit der Prüfung des Schlussverwendungsnachweises für die Fördermittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) und dem Finanzausgleichsgesetz (FAG) durch den Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein im Jahr 2021 liegt nun das finanzielle Projektergebnis vor.

Im Förderprogramm 2000 waren die Gesamtkosten für die Nordtangente mit 71.707.200 Euro veranschlagt. Der Eigenanteil der Hansestadt Lübeck hätte danach 22.699.200 Euro betragen. Im Schlussverwendungsnachweis werden als Gesamtkosten für die Nordtangente jetzt 55.178.361,70 Euro ausgewiesen, 23 Prozent niedriger als veranschlagt. Zudem konnte die Hansestadt Lübeck weitere, zunächst nicht bekannte Fördermittel einwerben, so dass sich der städtische Eigenanteil um fast die Hälfte auf 11.744.658,61 Euro reduziert.

„Mit dem Schlussverwendungsnachweis wird ein Stück Stadtgeschichte vollendet“, stellt Bausenatorin Joanna Hagen fest. „Stadtentwicklungsprozesse und Infrastrukturprojekte benötigen ihre Zeit. So können von der ersten Idee über die Umsetzung und Abrechnung bis zum Schlussverwendungsnachweis Jahrzehnte vergehen. Der Bericht zeigt eindrücklich, wie aufwendig die Projektbearbeitung und mit welcher finanziellen Verantwortung sie verbunden ist.“

Den Abschluss des Gesamtprojektes Nordtangente bildet der Schlussverwendungsnachweis über die zweckgemäße Verwendung der erhaltenen GVFG-/FAG-Förderung. Er konnte erst erstellt werden, nachdem alle Ausgaben für die Nordtangente getätigt, die Rückzahlungen Dritter erfolgt sowie die Anliegerbeiträge erhoben worden waren.

Der Schlussverwendungsnachweis umfasst neben einem Bericht, Erläuterungen und Begründungen der Abweichungen vom Finanzierungsantrag sowie die Abrechnung aller Ausgaben für die Nordtangente, die über einen Zeitraum von rund 30 Jahren angefallen sind.

Die Nordtangente wurde vom Wirtschaftsministerium des Landes Schleswig-Holstein gemäß Zuwendungsbescheid vom 3. Dezember 2000 mit der damaligen Höchstförderung nach GVFG und FAG, das heißt mit 75 Prozent und 10 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten, gefördert.

Darüber hinaus bewilligte das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein für die Jahre 2001 und 2002 als Projektförderung für den Bau der Nordtangente Sonderbedarfszuweisungen in Höhe von insgesamt 3.166.215,37 Euro zur Entlastung des kommunalen Eigenanteils.

Außer vom Land Schleswig-Holstein wurde die Nordtangente zusätzlich auch von der Europäischen Kommission mit Mitteln für das Transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V oder englisch: TEN-T) in Höhe von 2.366.749,57 EUR gefördert.

Historie:

Bereits in den 1880er Jahren entwickelte Oberbaudirektor Dr. Rehder erste Pläne die bestehenden Fährverbindungen über die Trave im Bereich der heutigen Nordtangente durch eine bewegliche Brücke zu ersetzen. 1884 war eine Drehbrücke vorgesehen, später eine Klappbrücke. 1908 lehnte die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck ein solches Verkehrsbauwerk ab. Während der beiden Weltkriege ruhte die Planung. Erst nach dem Wiederaufbau wurde in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts dieses für die Stadt so wichtige Straßen- und Brückenbauvorhaben von dem Straßenbaulastträger, der Hansestadt Lübeck, Bereich Verkehr, erneut aufgegriffen und die Planungen vorangetrieben:

·         1971 starteten die ersten Voruntersuchungen für eine mögliche Trasse inklusive Brückenbau

·         1985 die Trassenentscheidung

·         1999 der Planfeststellungsbeschluss für die heutige Nordtangente, die sich über rund. 1,5 Kilometer von der Einsiedelstraße über die Eric-Warburg-Brücke bis zur Neuen Hafenstraße erstreckt

·         11. November 2002: Spatenstich und Baustart für die Nordtangente in Lübeck in der Neuen Hafenstraße, nachdem der Grunderwerb, die Flächenräumungen und die vorbereitenden Baumaßnahmen weitgehend abgeschlossen wurden

·         9. März 2008: Inbetriebnahme der Eric-Warburg-Brücke nach rund vier Jahren Bauzeit und Verkehrsfreigabe der Nordtangente. Bis 2009 erfolgten noch Restbauarbeiten.

Die Finanzierungssicherstellung, die Abwicklung der Bauprozesse, der Landschaftspflegerische Begleitplan sowie das Verfahren der Straßenausbaubeiträge beschäftigte die Planer:innen und Mitarbeitenden des Bereichs Stadtgrün und Verkehr über Jahrzehnte, von 1996 bis 2020.

Für die Lübecker sichtbar war vor allem der Bau der verschiedenen Bauabschnitte. Begonnen worden war im Februar 2000 mit den Gleisbauarbeiten am Konstinkai, ab 2001 gefolgt von den passiven Lärmschutzmaßnahmen, vor allem an den Gebäuden in der Einsiedelstraße, und den trassenfernen Ausgleichsmaßnahmen an der Dornbreite und am Hahnenkamp.

Der ausnehmend schlechte Baugrund in der Neuen Hafenstraße erforderte dort zunächst eine Bodenverbesserung, die von 2002 bis 2004 als Rüttelstopfverdichtung durchgeführt wurde. Im Bereich des heutigen Brückenwiderlagers auf dem Konstinkai erfolgte von 2003 bis 2004 eine Vorbelastung, um Setzungen vorwegzunehmen. 2007/2008 wurden der Straßendamm in der Neuen Hafenstraße aufgeschüttet und der Straßenanschluss an die Eric-Warburg-Brücke hergestellt. 2009 wurden die trassennahen Ausgleichsmaßnahmen in Form einer Grünanlage im Bereich Neue Hafenstraße/Konstinstraße umgesetzt.

Die Einsiedelstraße wurde in drei Bauabschnitten neugebaut. Der Bau des ersten Abschnittes ab der Karlstraßenbrücke fand 2005/2006 statt. Die zugehörende Alleebepflanzung entstand 2007. Es folgte der dritte Bauabschnitt, der 2007 zusammen mit der Grundsanierung der anschließenden Frankfurter Straße durchgeführt wurde, und als Provisorium im zukünftigen Einmündungsbereich der Eric-Warburg-Brücke an die alte, vorhandene Trasse der Einsiedelstraße anschloss. Abschließend wurde der zweite, mittlere und aufwendigste Bauabschnitt von 2007 bis 2009 realisiert. Das Straßenbegleitgrün für die Bauabschnitte 2 und 3 wurde 2011/2012 gepflanzt.

Hintergrund:

Die Nordtangente ist Teil des weitgehend ausgebauten innerstädtischen Tangentenringes, der die A 1 Lübeck-Hamburg und die östlich und westlich der Lübecker Altstadt liegenden Stadtteile, Gewerbe- und Erholungsgebiete miteinander verbindet. Der Lückenschluss und wichtigste Baustein der Nordtangente ist die Querung der Trave, einer vielbefahrenen Bundeswasserstraße, durch eine neue bewegliche Brücke nördlich der Altstadtinsel. Sie verbindet die Straßen Einsiedelstraße am Westufer und Neue Hafenstraße am Ostufer der Trave. Die Flussquerung entlastet die 1987 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärte Lübecker Altstadt vom Durchgangsverkehr.

Die Verwaltungsvorlage zum Abschlussbericht Nordtangente wird im Bauausschuss (15. November 2021) im Hauptausschuss (23. November 2021) sowie in der Bürgerschaft (25. November 2021) öffentlich behandelt. Sie ist unter www.luebeck.de/politik online abrufbar+++