Die Hansestadt Lübeck sowie viele lokale Akteure initiieren im gesamten Stadtgebiet sogenannte ‚Pflanzaktionen‘. Hierbei werden (Obst-)Bäume und Stauden oft gemeinschaftlich gepflanzt und Blühwiesen auf privaten und öffentlichen Flächen angelegt. Blühwiesen und Obstbäume sind wichtige Bestandteile einer lebendigen und artenreichen Stadtlandschaft. In Lübeck tragen sie nicht nur zur Verschönerung des Stadtbildes bei, sondern leisten auch einen wertvollen Beitrag zum Klima- und Artenschutz. Zu diesen neu entstehenden Flächen ergeben sich natürlich auch Fragen zu Standorten, Pflege oder Nutzung dieser Grünstrukturen. In diesem FAQ wollen wir die häufigsten Anliegen rund um Blühwiesen, Staudenbeete und Obstbäume im Lübecker Stadtgebiet beantworten.
Fragen und Antworten
Was ist eine Blühwiese?
Eine Blühwiese ist eine speziell angelegte oder naturbelassene Wiese, die sich durch eine große Vielfalt an blühenden Pflanzenarten auszeichnet. Sie besteht aus verschiedenen einheimischen Wildblumen, Kräutern und Gräsern, die gezielt ausgewählt werden, um über eine längere Zeitspanne hinweg zu blühen und Insekten wie Bienen, Hummeln, Schmetterlingen und Käfern eine wichtige Nahrungsquelle und Lebensraum zu bieten.
Dabei sind Blühwiesen pflegeleichter als angelegte Rasenflächen, da sie weniger häufig gemäht werden müssen und gleichzeitig zur Verbesserung der Bodenqualität beitragen.
Eine Neuanlage erfolgt meist durch das Aussäen spezieller Saatmischungen mit einheimischen Pflanzen, häufig im Frühjahr oder Herbst.
Was ist ein Staudenbeet?
Als Staudenbeet wird ein Beet bezeichnet, welches ausschließlich oder überwiegend mit Stauden bepflanzt ist. Stauden sind mehrjährige, krautige Pflanzen, deren oberirdische Teile im Herbst ganz oder teilweise absterben. Sie bündeln ihre Energie in Rhizomen, Knollen, Zwiebeln oder Stolonen unter oder knapp über der Erdoberfläche. Aus diesen treiben sie dann jedes Jahr neu aus.
Auch die Staudenbeete bestehen aus verschiedenen heimischen Pflanzenarten, die gezielt ausgewählt werden, um über eine längere Zeitspanne hinweg zu blühen und Insekten eine wichtige Nahrungsquelle und Lebensraum bieten. Im Vergleich zu Blühwiesen sehen Staudenbeete etwas „aufgeräumter“ aus und erfordern regelmäßige Pflege.
Warum sind Blühwiesen, Staudenbeete und Obstbäume im städtischen Umfeld wichtig für die Biodiversität?
Unglaubliche 12.000 Insektenarten, von Eintagsfliegen bis zu schillernden Schmetterlingen, sind Teil der Natur Schleswig-Holsteins. Aufgrund von wachsender Infrastruktur, Flächenversiegelung und intensiver Landwirtschaft wird der Lebensraum von Insekten jedoch immer kleiner. Mittlerweile sind 70 % unserer heimischen Tagfalter vom Aussterben bedroht.
Blühwiesen und Staudenbeete setzen hier an, bilden einen kleinen Ort der Natur im urbanen Umfeld und stellen nicht nur wichtige Nahrungsquellen und Rückzugsorte für Insekten dar, sondern auch für weitere Tiere und Pflanzen. Neben den positiven Aspekten für Flora und Fauna beinhalten Blühwiesen und Staudenbeete auch eine Erholungsfunktion – sie sind ein Ort für Naturbeobachtungen und fördern das Bewusstsein für die Bedeutung von Natur- und Artenschutz. Auch die Früchte und Blüten der Obstbäume fördern die Biodiversität und bereichern das Leben von Bienen, Vögeln und vielen anderen Arten.
Wie leisten Blühwiesen, Staudenbeete und Obstbäume einen Beitrag zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels?
Saatgut und Obstbäume aus der Region haben sich lange an lokale Standortbedingungen, wie das Klima und die Bodenverhältnisse angepasst und sind daher meist widerstandsfähiger gegenüber Klimaveränderungen.
An besonders heißen Sommertagen können Bäume und Pflanzen zudem Menschen vor Überhitzung schützen. So spenden dichte Baumkronen angenehmen Schatten. Über die Blätter der Pflanzen verdunstet Wasser, wodurch eine kühlere Umgebungsluft entsteht. Dieser Prozess wird auch Verdunstungskühlung genannt. Versiegelte Flächen heizen sich dagegen im Sommer stark auf und haben somit den gegenteiligen Effekt.
Blühwiesen wirken sich auch positiv auf die Bodenstruktur und die Wasserversickerung aus. Viele der dort vorkommenden Pflanzenarten besitzen tiefreichende Wurzeln, die den Boden auf natürliche Weise auflockern. Diese Wurzeln durchdringen selbst verdichtete Bodenschichten und schaffen feine Kanäle, durch die Regenwasser besser einsickern kann. Bei den häufiger auftretenden starken Regenfällen können Blühwiesen also lokalen Überschwemmungen entgegenwirken.
Wann blühen Blühwiesen und Stauden?
Bei Blühwiesen ist nach der Aussaat erst einmal Geduld gefordert! Nach Ansaat keimen die kleinen Pflanzen innerhalb von 3-4 Wochen, die meisten Wildblumen blühen allerdings erst so richtig im zweiten Jahr – dafür dann aber jedes Jahr! Auch Stauden blühen oft erst im zweiten Jahr nach ihrer Anpflanzung und überzeugen dann mit ihrer bunten Blütenpracht.
Welche Blumen und Kräuter werden wachsen?
Das Saatgut und die Stauden sind an den jeweiligen Boden und Standort angepasst und beinhalten typische Pflanzenarten norddeutscher Wiesen, wobei sie die Bedürfnisse der heimischen Insektenwelt berücksichtigen.
In den Blühwiesen im Quartier Marli (Quartier Marli - Stadtentwicklung) wurden beispielsweise verschiedenste Wildblumen angesät, von bunten Farbklecksen. wie der Kornblume und dem Klatschmohn über Wiesenblumen .wie der Moschus-Malve, Wiesen-Flockenblume oder Grasnelke bis hin zu altbekannten Arten wie dem Rotklee, der Margerite und der Wiesen-Schafgarbe. Zusätzlich ergänzen noch einige Gräserarten das Potpourri an Pflanzen. Welche Arten sich schlussendlich durchsetzen, wird sich noch zeigen. In den Staudenbeeten im Quartier wachsen verschiedenste Stauden aus biologischem Anbau, wie der Natternkopf, die Schwarze Königskerze oder die Eselsdistel. Auch die Heidenelke, die Felsenfetthenne und das Wiesenhabichtskraut können in den Beeten bewundert werden.
Darf ich das Obst der Obstbäume in Lübeck essen?
Gute Nachrichten! Wenn das Obst an Bäumen im öffentlichen Raum reif ist, dürfen Sie sich gerne an den Bäumen bedienen. Ob als frischer Snack oder zu Marmelade und Kuchen verarbeitet - die Früchte sind nicht nur lecker, sondern auch gesund.
Im Quartier Marli wurden beispielsweise insgesamt zehn Obstbäume gepflanzt: jeweils drei Apfel-, Birnen- und Kirschbäume und ein Quittenbaum. Die alten Obstsorten wurden von Hanse-Obst e.V. ausgewählt und von der Sparkasse zu Lübeck und der Grundstücks-Gesellschaft TRAVE finanziert. Bei der Auswahl wurde darauf geachtet, heimische Sorten auszuwählen, wie beispielsweise die „Lübecker Sommerbergamotte“ oder den „Seestermüher Zitronenapfel“. Auf der Karte können Sie die Standorte der Obstbäume einsehen.
Die Obstbäume sind Teil der Essbaren Stadt Lübeck, ein Projekt der Stadt Lübeck, welches durch ein Miteinander von Jung und Alt das Teilen von Wissen um die biologische Erzeugung von Obst, Kräutern und anderen Lebensmitteln fördert. Hier können auch Sie aktiv werden! Bei der Saatgutbibliothek können Sie beispielsweise Samen für Blume, Kräuter oder Gemüse ausleihen und nach der Ernte das neu gewonnene Saatgut zurück zur Bibliothek bringen.
Was ist Regio-Saatgut?
Regio-Saatgut ist gebietsheimisches Saatgut, das von heimischen, wildlebenden Pflanzen stammt. In Deutschland wurden 22 Ursprungsgebiete definiert, um die Ansaat regional angepasster Pflanzenarten gezielt zu fördern. Diese Pflanzen haben sich über Jahrhunderte an die jeweiligen lokalen Bedingungen angepasst, was zu einer genetischen Vielfalt innerhalb der Arten geführt hat. Der Entwicklungszyklus vieler Insekten ist auf die Blüh- und Reifezeiten dieser Pflanzen abgestimmt.
Das Bundesnaturschutzgesetz schreibt in der freien Landschaft die Verwendung gebietsheimischen Saatguts vor. Dies fördert nicht nur die Artenvielfalt, sondern unterstützt auch die Anpassung an regionale Bedingungen und trägt zu einem höheren Renaturierungserfolg bei.
Kommen Pflanzen in Blühwiesen / Staudenbeeten vor, welche für Menschen oder Haustier (potenziell) giftig oder gefährlich sind?
Eine berechtigte Frage, besonders wenn man sich mit der Artenbestimmung von Pflanzen nicht so gut auskennt. In der Regel sind die Pflanzen in Blühwiesen jedoch unbedenklich. Eine Ausnahme ist der Klappertopf, der als leicht giftig gilt, insbesondere für Pferde, und zwar im frischen Zustand. Er enthält Aucubin, ein Alkaloid mit antibiotischen Eigenschaften. In geringen Mengen kann Aucubin sogar gesundheitsförderlich sein, aber in großen Mengen kann er Magen- und Darmprobleme verursachen, insbesondere wenn Tiere ihn nicht selektiv fressen können.
Es gibt jedoch kaum Berichte über Gesundheitsprobleme bei Menschen. Der Klappertopf schmeckt bitter, weshalb Weidetiere ihn in der Regel meiden, was das Risiko verringert, dass z.B. Kinder ihn in größeren Mengen essen. Zudem ist der Klappertopf einjährig und auf jährliches Aussamen angewiesen, wodurch er in artenreichen Wiesen keine bestandsprägende Art darstellt.
Können Blühwiesen / Staudenbeete eine potenzielle Bedrohung durch ein erhöhtes Insekten- und Wespenaufkommen darstellen?
Blühwiesen ziehen mit ihrem Angebot an Nektar, Pollen und Lebensraum blütenbesuchende Insekten wie Wildbienen und Schmetterlinge an. Dies bietet eine hervorragende Gelegenheit für Kinder und Erwachsene, die vielfältigen Blütenbewohner zu entdecken und zu beobachten. Wildbienen, einschließlich Hummelarten, nutzen ihren Stachel nur in extremen Bedrängnissituationen. Dies gilt auch für Honigbienen, die nach einem Stich sterben. Die meisten Wildbienenarten haben zudem einen wenig kräftigen Stachel, der in der Regel nicht ausreicht, um die menschliche Haut zu durchdringen.
Wespen sammeln in begrenztem Maß Nektar, jedoch sind sie hauptsächlich räuberisch und jagen kleine Insekten zur Ernährung ihres Nachwuchses. Insgesamt stellen Blühwiesen daher keine Bedrohung dar, sondern tragen vielmehr zur Förderung der Artenvielfalt und eines gesunden Ökosystems bei.
Wer ist für die Pflege der Blühwiesen, Staudenbeete und Obstbäume verantwortlich?
Die Pflege von Blühwiesen, Staudenbeeten und Obstbäumen liegt in der Verantwortung der Flächeneigentümer:innen bzw. der beauftragten Gärtnerei, die auch für die allgemeinen Außenanlagen zuständig ist. Im Fall von durch Dritte geförderten Pflanzungen kann eine andere Vereinbarung getroffen werden.
Blühwiesen benötigen in der Regel weniger Pflege als andere Grünflächen, weshalb es meist nur zu ein- oder zweimaliger Mahd im Jahr kommt.
Im Quartier Marli, wo 10 Obstbäume in Kooperation mit dem Hanse-Obst e.V. gepflanzt wurden, werden die Bäume nach ihrer Pflanzung fünf Jahre lang von Hanse-Obst e. V. gepflegt und sind danach alleine überlebensfähig.
Gibt es Förderungen für die Pflanzung von Blühwiesen, Staudenbeeten und Obstbäumen?
Die Blühwiesen und Staudenbeete in Marli werden beispielsweise durch das Verbundprojekt „Blütenbunt-Insektenreich“ gefördert, durch die Wohnungsunternehmen Neue Lübecker, Trave und Vonovia sowie dem Lübecker Bauverein unterstützt und vom Sanierungsmanagement des Quartiers zum Start koordiniert. „Blütenbunt-Insektenreich“ verwandelt einfache Grünflächen in Schleswig-Holstein zu artenreichen Wiesen mit heimischen Pflanzen und vielfältigen Nistmöglichkeiten, um diese schützenswerte Artenvielfalt zu erhalten. Weitere Informationen zu Blühwiesen unter: www.insektenreich-sh.de/
Die Obstbäume im Quartier Marli wurden von der Grundstücks-Gesellschaft TRAVE und der Sparkasse zu Lübeck finanziert, die Beschaffung und Pflanzung von Hanse-Obst e. V. und dem Sanierungsmanagement Marli koordiniert. Hanse-Obst e. V. vermittelt Wissen um Kulturtechniken des Obstbaus und fördert die nachhaltige Entwicklung der Landschaft. In diesem Rahmen pflanzt, pflegt und erhält der Verein alte Lübecker Obstsorten.
Gibt es weiterführende Informationsangebote?