Veröffentlicht am 03.06.2021

Verrückt? Na und! - Seelisch fit in der Schule

Lübeck startet Präventionsprogramm zur psychischen Gesundheit für Schüler:innen und ihre Lehrkräfte ab Klasse 8

Lübeck startet Präventionsprogramm zur psychischen Gesundheit für Schüler:innen. Die Koordinator:innen v. li. n. re.: Nicole Maas, Bereich Schule und Sport, Inga Marsch, Stabsstelle Gesundheitsförderung im Gesundheitsamt, Sophie Bachmann, Brücke Lübeck und Ostholstein, Dr. Kirstin Hartung, Projekt-Kooperationspartnerin von Kinderbildung Lübeck e.V.

Unter dem Titel „Verrückt? Na und!“ sensibilisieren die Hansestadt Lübeck, Die Brücke Lübeck und Ostholstein sowie der Kinderbildung e.V. ab Juni 2021 junge Menschen in Lübecker Schulen für die seelische Gesundheit. Ziel ist es, Bewusstsein für eine frühzeitige Auseinandersetzung mit psychischer Gesundheit zu schaffen. Das bedeutet: Ängste und Vorurteile zum Thema psychische Krankheiten abzubauen, Zuversicht und Lösungswege in Krisen zu vermitteln und Wohlbefinden und Resilienz zu fördern.

Im Rahmen eines Projekttages sind zum einen Fachleute wie zum Beispiel Psycholog:innen, Sozialpädagog:innen oder Psychiater:innen und zum anderen Menschen, die selbst eine psychische Krankheit erfahren und gemeistert haben, zu Gast bei Schüler:innen und Lehrkräften ab der 8. Klasse. Sie besuchen jeweils zu zweit Schulklassen, um sich mit ihnen und ihren Lehrerkräften offen über die großen und kleinen Fragen zur psychischen Gesundheit auszutauschen. Es wird auch mit kreativen und spielerischen Methoden gearbeitet, sowohl in der Kleingruppe als auch im Klassenverband.

Typische Themen sind: Leistungsdruck, Mobbing, Trennung der Eltern, Krankheit in der Familie, Süchte, Zukunftssorgen. Der Höhepunkt des Schultags ist stets der Austausch mit den persönlichen Expert:innen. Die Schüler:innen erfahren, wie sich eine Depression oder eine Psychose anfühlen, wo es Hilfe gibt und was sie selbst, Freund:innen, Eltern und Lehrer:innen tun können. Die starke Wirkung des Projekttags entsteht insbesondere durch die Begegnung mit Menschen, die psychische Krisen gemeistert haben. Im Mittelpunkt stehen dabei immer die Genesung und Unterstützungsmöglichkeiten für die Jugendlichen.

Sophie Bachmann von der Brücke Lübeck und Ostholstein, Koordinatorin der Regionalgruppe Lübeck: „Gerade jetzt während der Corona-Pandemie sind viele Schüler:innen psychisch belastet. Viele psychische Erkrankungen beginnen in der Jugendzeit, sie sind jedoch immer noch tabuisiert und Betroffene finden oft zu spät Hilfe. Deshalb wollen wir mit dem Programm ‚Verrückt? Na und!‘ Schüler:innen und Lehrer:innen Wege zeigen, wie sie in der Schule und im Alltag psychische Gesundheit stärken und seelische Krisen meistern können.“

Inga Marsch aus der Stabsstelle Gesundheitsförderung im Gesundheitsamt der Hansestadt Lübeck: „Wir freuen uns sehr, dass es uns gelungen ist, eine Förderung über das GKV-Bündnis der Krankenkassen zu erhalten.“ Dr. Alexander Mischnik, Leiter des Gesundheitsamts, ergänzt: „Es freut mich umso mehr, dass wir uns nach über einem Jahr Corona-Pandemie nun den besonders betroffenen Personen, und zwar den psychisch labilen Jugendlichen zuwenden können. Ich danke den beteiligten Kooperationspartnern für die Unterstützung und gute Zusammenarbeit bei diesem Projekt.“

Nicole Maas aus dem Bereich Schule und Sport: „Das Projekt bietet durch die Einbindung der persönlichen Expert:innen eine einzigartige Möglichkeit, die seelische Gesundheitskompetenz in Schulen zu stärken. Die Schulsozialarbeiter:innen der Schulen vor Ort befördern das Projekt nachhaltig durch die Begleitung der Klassen und die Beratung von Familien in seelischen Krisen.“

Dr. Kirstin Hartung, Projekt-Kooperationspartnerin von Kinderbildung Lübeck e.V.: „Fast in jeder Familie gibt es mittlerweile Angehörige oder zumindest Bekannte mit einer psychischen Erkrankung oder Suchterkrankung. Jugendliche haben aber oft nur ein diffuses Wissen zu diesen Krankheiten und fühlen sich zum Teil stark belastet, gerade bei erkrankten Eltern. Unser Projekt soll gerade die belasteten Jugendlichen besonders unterstützen und stärken. Sie erfahren, wo sie sich innerhalb und außerhalb der Schule Hilfe holen können und was sie innerlich stark macht.“

Die Schultage werden in Gesprächen mit den Lehrkräften und/oder Sozialarbeiter:innen vor- und nachbereitet. Dabei wird auf die individuelle Situation in der jeweiligen Klasse eingegangen. Häufig erfahren die Lehrkräfte im Rahmen des Projekttages von bisher unbekannten Problemen ihrer Schüler:innen, so dass sie nach dem Projekttag individuell besser auf die Schüler:innen eingehen und diese unterstützen können. Sollte es im Anschluss an den Schultag Unterstützungsbedarf einzelner Jugendlicher geben, wird diesen die Teilnahme an einer angeleiteten Gruppe angeboten.

Das Interesse am Projekt „Verrückt? Na und!“ seitens der Lübecker Schulen ist groß: Fast alle geplanten Schultage 2021 sind bereits ausgebucht. Für 2022 gibt es noch freie Kapazitäten. Interessierte können sich per E-Mail gesundheitsamt@luebeck.de wenden.

„Verrückt? Na und!“ ist ein Präventionsprogramm von Irrsinnig Menschlich e.V. und Modellprojekt für die Umsetzung der nationalen Gesundheitsziele „Gesund aufwachsen“ und „Depressive Erkrankungen verhindern“. Das Programm wird seit über zwanzig Jahren an über 80 Standorten in 12 Bundesländern angeboten, darüber hinaus in Österreich, Tschechien und der Slowakei.+++