Veröffentlicht am 19.11.2018

Ernst Eitner - Neue Studien zu „Lebensabend“

Kabinettausstellung zum Gemälde im Heiligen-Geist-Hospital

Nicht nur als Weihnachtsmarkt erscheint das Heiligen-Geist-Hospital nun wieder im gewohnten Glanz, auch im Museum Behnhaus Drägerhaus ist das berühmte Lübecker Motiv ab sofort wieder in der neu arrangierten Dauerausstellung zu sehen: Das Werk „Lebensabend“ von Ernst Eitner. Das sanfte Licht auf der roten Backsteinfassade, das Schattenspiel der Bäume, und die Handarbeiten der Frauen beschreiben die friedliche Atmosphäre der damaligen Bewohner des Heiligen-Geist-Hospitals. Ernst Eitner gelang es vor 1906, eine Verbindung zwischen den gotischen Gemäuern und dem Leben der Menschen herzustellen.

10 Ölstudien und 16 Arbeiten auf Papier konnten nun aus dem Nachlass des Künstlers erworben werden. 13 dieser Studien sind ab sofort in einer Kabinettausstellung zum Gemälde ausgestellt und erzählen die Entstehungsgeschichte des Werkes ganz neu. Die Studien in Öl auf Leinwand und farbiger Kreide auf Papier belegen, wie akribisch Eitner sein Gemälde vorbereitete. Alle dargestellten 18 Figuren sollen tatsächlich porträtierte Bewohner des Heiligen-Geist-Hospitals gewesen sein. Viele von Ihnen sind einzeln auf den Studien zu erkennen, teilweise sogar mit dem dazugehörigen Namen.

Der Hamburger Künstler Ernst Eitner hatte das Ganze in einer im-pressionistischen Stimmungsmalerei festgehalten, so dass der Eindruck entsteht, er habe diese Szene spontan eingefangen. Tat-sächlich hat Eitner wohl gut drei Jahre an dem Bild gearbeitet. Er war seit 1895 mit der Lübeckerin Antonia Bißling verheiratet, und deren Elternhaus lag in der kleinen Burgstraße 12. Von dortigen Besuchen dürfte Eitner das Heiligen-Geist-Hospital gut vor Augen gehabt haben.

Auf der 38. Ausstellung des Lübecker Kunstvereins 1906 lenkte das unter der Nummer 78 ausgestellte Gemälde von Ernst Eitner „Lebensabend“ besonderes Interesse auf sich. Das mag unter anderem an dem besonderen Format gelegen haben: Mit einer Höhe von 172 cm und einer Breite von 275 cm war es in der Ausstellung wohl gut sichtbar. Randnotizen auf der Ölstudie zum Gemälde erwecken nun den Anschein, dass er sich über das Format viele Gedanken gemacht haben muss.

Und wie kam das Bild nach Lübeck? Nach der Ausstellung wurde der Wunsch geäußert, das Bild für die Lübecker Sammlung zu erwerben. Die Gemäldesammlung wurde damals noch im Museum am Dom im Dachgeschoss präsentiert. Verantwortlich für die Sammlung war Prof. Willibald Leo von Lütgendorff, der mit Eitner über den Ankauf verhandelte. Zu einem eher symbolischen Preis von 1.200 Mark, was wohl immerhin Eitners Unkosten deckte, konnte das Gemälde angekauft werden. Im Katalog war das Bild noch mit 10.000 Mark verzeichnet.

Der Enkel von Eitner, Ernst-Christian Wolters, fand folgenden Auszug aus den Erinnerungen von Toni Eitner, die Ihren Mann in Verkaufsverhandlungen stets unterstützte:

"Ernst hat sein großes Bild ‚Lebensabend‘ dem Lübecker Museum geschenkt gegen Erstattung der Unkosten. Dafür haben die Lausefritzen ihm nicht einmal danke gesagt! Ich glaube, ich schreibe den Kerls noch einen Brief. Es ärgert mich zu sehr! Diese drei-jährige Arbeit, wo er öfter in Lübeck in Pension gewohnt hat, dann all die viele Farbe, der Rahmen und all die anderen Auslagen! Dafür hat er ja das Geld gekriegt, aber dass er ihnen ein Kunstwerk schenkt, davon haben die ja keine Ahnung! Ich meine von dem Wert eines solchen Geschenkes!"

Der heutige Wert des Werkes ist kaum einzuschätzen. Laut Museumsleiter Dr. Alexander Bastek hat eine Alster-Ansicht von Eitner vor zwei Jahren 33.000 EUR eingebracht. Das Bild war aber nur 60 x 70 cm groß, das Werk „Lebensabend“ müsste also mit seinen Maßen deutlich teurer sein. Sein Fazit: Für das Museum Behnhaus Drägerhaus bleibt es unbezahlbar.+++