Veröffentlicht am 08.11.2018

Handel im Wandel: Die Innenstadt als Gewerbestandort

VertreterInnen des innerstädtischen Gewerbes diskutierten mögliche Strategien

Wie kann die Lübecker Innenstadt auch in Zukunft ein attraktiver Standort für Einzelhandel, Gastronomie und gewerbliche Wirtschaft bleiben? Was können die Akteure vor Ort dazu beitragen? Und: Welche Konsequenzen sind an anderer Stelle gefragt?

Über diese Fragen diskutierten am Montag (5. November 2018) etwa 50 VertreterInnen verschiedener innerstädtischer Branchen. Sie waren auf Einladung der Hansestadt Lübeck und dem Lübeck Management e.V. in die Große Börse des Lübecker Rathauses gekommen. Die Veranstaltung ist Teil des Zukunftsdialogs LÜBECK überMORGEN und bot explizit interessierten Einzelhändlern und Gewerbetreibenden an einem nicht frequenzstarken Montag die Möglichkeit, sich in den Planungsprozess einzubringen. Die Ergebnisse der Diskussion werden durch VertreterInnen aus dem Teilnehmerkreis am kommenden Wochenende in die Planungswerkstatt eingebracht, die am Freitag, 9. und Sonnabend, 10. November 2018 in der Musik- und Kongresshalle stattfindet.

Gelegenheit zur Diskussion boten am Montag zwei Szenarien, die das Planungsteam für den Zukunftsdialog erarbeitet hat. Beide fragen nach der Entwicklungsrichtung:

  • ➢ Wollen wir in Zukunft eine starke Innenstadt mit vielfältigen Angeboten, die sich in der Konkurrenz zum Online-Handel neu positioniert? Eine Stadt, in der Touristen Shopping, Kultur und Freizeit erleben und die Bevölkerung vor Ort ihren täglichen Bedarf befriedigen kann? Wollen wir eine Stadt, in der kurze Wege adäquates Wohnen und Arbeiten möglich machen?
  • ➢ Oder: Streben wir eine Verlagerung der zentralen Funktionen an dezentrale Standorte an? Somit könnte unabhängig vom Wetter alles unter einem Dach erledigt werden – vom Arztbesuch bis hin zur Kindergeburtstagsparty. Es würden in der Innenstadt neue Flächen für Wohnquartiere und andere, bisher nicht zentrale Nutzungen, frei werden.

Die Zahlen, die Rasmus von Zamory von der Stabsstelle Stadtentwicklung, Hansestadt Lübeck zeigt, deuten auf einen engen Zusammenhang hin: Während in der Lübecker Innenstadt in den letzten Jahren die Verkaufsflächen zentrenrelevanter Sortimente - darunter Bekleidung - deutlich zurückgegangen sind, haben diese Flächen an Lübecker Sonderstandorten stark zugenommen. Diese Entwicklung fußt auf politischen Beschlüssen. „Wir brauchen jetzt ein klares Signal für die Stärkung einer lebendigen Innenstadt, die Flächen auf der grünen Wiese sind bereits höchst komfortabel erschlossen“, so Olivia Kempke, Lübeck Management e.V.

Doch welchen Einfluss hat die viel beschworene Konkurrenz durch den prosperierenden Online-Handel? „Wir sind nicht in einem Zwei-, sondern in einem Dreikampf: Die Innenstadt, die dezentralen Standorte und der Online-Handel.“, so Prof. Frank Schwartze, Technische Hochschule Lübeck. „Der Online-Handel wird weiter zunehmen und trifft vor allem den standardisierten, austauschbaren stationären Handel. Den gibt es auch auf der grünen Wiese.“ Kein Grund also, so die Schlussfolgerung in der Runde, an dezentralen Standorten noch mehr Fläche zuzulassen und dafür eine bisher funktionierende, aber bereits unter Druck stehende Innenstadt noch mehr unter Druck zu setzen und ihre Zentralität zu gefährden.

Was erwarten die Verbraucher? Die „grüne Wiese“ ist bequem mit dem Auto erreichbar. Hier kann und muss die Innenstadt nicht konkurrieren, so die Einschätzung einer Gesprächsgruppe. Die Innenstadt kann Erlebnis bieten: mit einem guten Mix aus Shopping, Gastronomie, Kultur und Hotellerie in attraktiven städtischen Räumen. Dafür muss noch einiges getan werden. Die Straßenräume müssen attraktiver für den Aufenthalt werden. Und die Akteure in der Innenstadt können noch besser branchenübergreifend zusammenarbeiten. Wenn künftig mehr Menschen in der Innenstadt wohnen, ist auch dort eine gute Nahversorgung gefragt. „Es kann nicht sein“, so ein Teilnehmer, „dass wir zukünftig für den Arztbesuch aus der Innenstadt mit dem Auto auf die grüne Wiesen fahren müssen.“

Bei einem sind sich die Gesprächsteilnehmer einig: Der Wirtschaftsstandort Lübeck benötigt alle Standorte: die Innenstadt, CITTI, LUV und weitere, wichtige Einkaufstandorte. Die Ergebnisse aus dem Gespräch mit den gewerblichen VertreterInnen sollen auch in die Diskussion bei der Planungswerkstatt am Wochenende eingebracht werden, zu der Stadtplanerin Julia Lindfeld, Hansestadt Lübeck, einlädt.

Die Planungswerkstatt auf einem Blick:

  • ➢ Wann?: Freitag, 9. November 2018, 15.30 bis 18.30 Uhr und Sonnabend, 10. November 2018, 10 bis 15.30 Uhr, (9.30 Uhr Einlass und Info-Café)
  • ➢ Wo?: Lübecker Musik- und Kongresshalle, Rotunde, Willy-Brandt-Allee 10
  • ➢ Anmeldung und Programm?: www.uebermorgen.luebeck.de
  • ➢ Ablauf?: Basis der Arbeit, die in kleinen Gruppen stattfinden wird, bilden Vorträge am Freitagnachmittag. Dort werden die beauftragten Planungsbüros cappel + kranzhoff stadtentwicklung und planung (Hamburg) und SHP Ingenieure (Hannover) ihre konzeptionellen Grundlagen vorstellen. Mit dabei ist auch Dr. Ingo Kucz aus Berlin. Der Politikwissenschaftler, der unter anderem bei VW und der Deutschen Bahn tätig war, spricht über die Bedeutung von Freude an Mobilität und wie man diese Freude fördern kann.
  • ➢ Bei Rückfragen: Anette Quast, Mone Böcker, TOLLERORT entwickeln & beteiligen, Telefon: (040) 38615595, Mail: post@zukunft-altstadt.de

Die Ergebnisse der Planungswerkstatt fließen in den Rahmenplan mit daraus abgeleitetem Mobilitätskonzept für die zukünftige Entwicklung der Lübecker Innenstadt ein. Dieser wird 2019 öffentlich vorgestellt. +++