Veröffentlicht am 17.12.2015

In den nächsten 20 Jahren laufen 890 Erbbauverträge in Lübeck aus

Erbbauberechtigte können kaufen oder verlängern – Stadt entwickelt Lösungen für Betroffene

Mit rund 8700 Erbbaurechten ist die Hansestadt Lübeck unter Deutschlands Gemeinden der größte Erbbaurechtsausgeber. Bis zum Jahr 2035 laufen rund 890 Erbbaurechtsverträge aus, in den darauffolgenden Jahren bis 2045 weitere 60 Verträge. Mit Blick auf die Frage, was das für Erbbauberechtigte bedeutet, hat der Bereich Liegenschaften konkrete Möglichkeiten für das zukünftige Wohnverhältnis entwickelt. „Wir wollen ermöglichen, dass die Erbbauberechtigten und ihre Familien in ihren Häusern bleiben können. Wie bisher hat jeder die Möglichkeit ein neues Erbbaurecht zu bekommen oder das Grundstück zu kaufen", erklärte Wirtschaftssenator Sven Schindler im Rahmen eines heutigen Pressegesprächs. Gemeinsam mit Claus Strätz, Bereichsleiter Wirtschaft und Liegenschaften stellte er die alternativen Lösungen vor.

Die Besonderheit beim Erbbaurecht ist, dass die Stadt zwar Eigentümer des Grundstückes ist, aber der Erbbauberechtigte das Recht zum Bebauen des Grundstückes hat und Eigentümer des Hauses ist. Bei Beendigung des Erbbaurechtsvertrages fallen Grundstück und Gebäude an die Stadt zurück. Die Stadt muss dann dem Erbbauberechtigten 2/3 des Gebäudewertes als Entschädigung zahlen.

Die Liegenschaftsverwaltung hat eine Beschlussvorlage für die Bürgerschaft erarbeitet, die im Januar 2016 zur Entscheidung vorliegt. Demnach haben Erbbauberechtigte die Möglichkeit das jeweilige Grundstück anzukaufen oder die Verlängerung des Erbbaurechtes zu erwirken. Ein Ankauf wäre zu den jeweils aktuellen Bodenwerten mit einem Aufschlag von zehn Prozent möglich. Im Falle einer Verlängerung gilt ebenfalls der Bodenwert, der bei Abschluss des neuen Vertrages aktuell ist, mit einem Aufschlag von zehn Prozent. Hierauf ist zusätzlich ein jährlicher Erbbauzins von vier Prozent an die Hansestadt Lübeck zu zahlen. Die Laufzeiten für die neuen Verträge sollen zwischen 30 und 60 Jahren liegen.

"Mir ist bewusst, dass dies in vielen Fällen zu erheblichen Steigerungen führen kann, da die alten Vorkriegsverträge auf Grund früherer Rechtsprechung nicht erhöht werden konnten. Jedoch haben wir aufgrund der Vorgaben des kommunalen Haushaltsrechts wenig Spielraum: Grundstücke können generell nur zum vollen Verkehrswert verkauft werden oder müssen einen angemessenen Erbbauzins erzielen", so Schindler. Um die Erhöhung des Erbbauzinses verträglich zu gestalten, hat die Hansestadt Lübeck mit Zustimmung der Kommunalaufsicht des Landes Schleswig-Holstein, Lösungen für die "Alt"-Erbbauberechtigten entwickelt, die bereits länger als 20 Jahre das Erbbaurecht bewohnen.

So besteht die Möglichkeit, schon vor Auslaufen des Vertrages den Erbbaurechtsvertrag zu verlängern. Durch eine Mischzinsberechnung des alten und neuen Erbbauzinses wird die Restlaufzeit des alten Vertrages bei der Berechnung des neuen Erbbauzinses berücksichtigt. Das ist interessant für die Familien, die ihr Haus modernisieren und Kredite aufnehmen wollen. Die Banken wollen Sicherheit durch Erbbaurechtsverträge haben, die länger als 20 bis 30 Jahre laufen.

Für Einkommensschwache soll der Erbbauzins von vier Prozent auf zwei Prozent für maximal zehn Jahre reduziert werden, wenn das Einkommen unter der Grenze des Wohnraumförderungsgesetzes (zum Beispiel bei einem 2-Personenenhaushalt unter 1967 Euro Einkommen monatlich) liegt.

Darüber hinaus schlägt der Senator eine Härtefallregelung vor, die es der Verwaltung ermöglicht, in besonderen Einzelfällen von den Regelungen abzuweichen und individuelle Regelungen zu vereinbaren. Vermieden werden soll, dass ein Erbbaurechtsnehmer durch die neuen Bedingungen des Erbbaurechtsvertrages, insbesondere im Hinblick auf die Erbbauzinsgestaltung, in eine unzumutbare wirtschaftliche Notlage gerät. Denkbarer Fall könnte sein: Ein älterer Herr lebt seit Jahrzehnten in seinem Haus, hat keine Erben und möchte weiterhin dort wohnen, kann aber den neuen Erbbauzins von der niedrigen Rente nicht zahlen. Hier könnte eine denkbare Lösung sein, dass die bei Auflösung des Erbbaurechtsvertrags fällige Entschädigung für das Haus mit dem neuen Erbbauzins verrechnet wird. Oder er bekommt ein lebenslanges Wohnrecht und die Entschädigung wird entsprechend verrechnet.

Die wesentlichen Eckpunkte der Vorlage sind vorab mit Vertretern des Siedlerbundes und der Fraktionen der Bürgerschaft besprochen worden.+++