Veröffentlicht am 08.10.2015

Anschützstraße: Alle Bewohner haben Ersatzunterkunft

Stadt untersagt Wohnnutzung: Baurechtliche Mindeststandards werden nicht erfüllt

Die Hansestadt Lübeck hat mit Vertretern der Feuerwehr, der Bauordnung, des Bereichs Gewerbeangelegenheiten sowie der Sozialen Sicherung am Mittwoch, 7. Oktober 2015, eine Ortsbegehung im Wohnhaus, Anschützstraße 1, durchgeführt. Die Begehung fand im Rahmen eines seit längerem vereinbarten Termins mit dem Eigentümer statt, der sein Wohnhaus, beziehungsweise freie, möblierte Appartements, dem Bereich Soziale Sicherung als Flüchtlingsunterkunft angeboten hatte. Nachdem am Dienstag, 6. Oktober 2015, im Bereich Soziale Sicherung zwei Beschwerden über die Wohnsituation eingegangen waren, entschlossen sich die Mitarbeiter den Termin gemeinsam mit Feuerwehr, Gewerbeangelegenheiten und Bauordnung durchzuführen, um vor allem die Sicherheit und Gesundheit der Menschen im Gebäude sicher zu stellen. Weitere Beschwerden oder Kenntnis über die Gesamtwohnsituation lagen der Stadt bis zur Ortsbegehung nicht vor.

Im Rahmen der Begehung wurde amtlich festgestellt, dass eine konkrete Gefahr für Leib und Leben besteht. Es wurde seitens der Stadt die sofortige Wohnnutzung im Gebäude untersagt. Weder der 1. bauliche Rettungsweg noch der 2. Rettungsweg über Leitern der Feuerwehr kann für die Obergeschosse sichergestellt werden. Zusätzlich sind Sicherheitseinrichtungen wie Brandschutztüren nicht mehr funktionstüchtig oder kaputt, eine Beleuchtung zum sicheren Begehen des Treppenraumes fehlt. Außerdem wurden immense Brandlasten im ersten Rettungsweg (Treppenraum) vorgefunden. „Die Zustände im Gebäude waren nach meinem persönlichen Eindruck erschreckend und für die Bewohner gefährlich und entwürdigend“, so Innensenator Bernd Möller, der sich selbst ein Bild vor Ort verschaffte. Grundsätzlich ist der Vermieter für die Erfüllung der baurechtlichen Mindeststandards zuständig: Neben der Gewährleistung des betriebssicheren Zustands der Gas-, Wasser- und Stromversorgung zählt hierzu auch der Brandschutz.

Die aufgrund der Nutzungsuntersagung nun obdachlosen Bewohner der Anschützstraße wurden im Rahmen der Unterkunftssicherung unverzüglich vom Bereich Soziale Sicherung betreut. Die friedliche Räumung des Gebäudes lief bis in den Abend: Erst gegen 20 Uhr konnte das Gebäude nach einem letzten Kontrollrundgang der Polizei versiegelt werden. Wer nicht bei Verwandten, Freunden oder Bekannten unterkommen konnte, bekam von der Stadt eine vorübergehende Bleibe zugewiesen - zunächst in der Schule Moisling , betreut durch die Johanniter.

Eine genaue Anzahl, wie viele Menschen in der Anschützstraße wohnten, liegt nicht vor. Es handelt sich um erwachsene Mitbürger in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen, überwiegend mit Migrationshintergrund. Die Bewohner erhielten die Gelegenheit, ihre persönliche Sachen zu packen – da es sich um möbliert vermietete Appartements handelt, entfiel der Möbeltransport. Entsprechend ihrer Selbständigkeit mussten die Bewohner eigenverantwortlich ihre neue Unterkunft aufsuchen. Kurzfristig wurde die Aktion über die Flüchtlingshilfe im sozialen Netzwerk Facebook unterstützt. Alle die , die Hilfe der Stadt in Anspruch genommen haben wurden registriert, damit Ihnen im weiteren Verfahren – heute und in den nächsten Tagen - entsprechend ihrer Lebenssituation Unterstützung gewährt werden kann.

Konsequenzen für den privaten Vermieter bzw. Eigentümer: Erst wenn die festgestellten Mängel behoben und die baurechtlichen Mindeststandards erfüllt werden, kann die Nutzungsuntersagung aufgehoben werden und wieder eine Wohnnutzung erfolgen.+++