Veröffentlicht am 21.09.2015

Museumsquartier St. Annen zeigt Jahrhundertausstellung

Lübeck 1500. - Große Schau zeigt Bedeutung Lübecks als herausragende mittelalterliche Kunstmetropole

Als Höhepunkt des diesjährigen Jubiläumsjahres 500 Jahre St. Annen-Kloster und 100 Jahre St. Annen-Museum zeigt das Lübecker Museumsquartier vom 20. September 2015 bis 10. Januar 2016 die große Jahrhundertausstellung „Lübeck 1500. Kunstmetropole im Ostseeraum“. Mit rund 100 hochkarätigen Exponaten lässt die Ausstellung die ebenso kurze wie wichtige Zeitspanne von etwa 1470 bis 1540 wiederaufleben, als Lübeck nicht nur eine florierende Hansestadt, sondern die unangefochtene Kunstmetropole im gesamten Ostseeraum war. Auch die großen Lübecker Kirchen mit ihren einzigartigen Kunstschätzen sind Teil des großen Ausstellungsprojektes.

Mit „Lübeck 1500“ widmet sich erstmals eine Ausstellung der faszinierenden Zeitspanne um 1500 in der Hansestadt, als Kirchen, Kapellen und Klöster ein letztes Mal in dieser Fülle mit neuen, prächtigen Kunstwerken ausgestattet wurden. Es ist eine Zeit des Wandels und der Brüche, die mit der einsetzenden Reformation einhergingen. Die Ausstellung erzählt aber auch vom Glauben und von der Frömmigkeit der Lübecker Bürger um 1500, die zur Rettung ihres Seelenheils und nicht zuletzt zu ihrer Repräsentation aufwändig gearbeitete Altäre, Skulpturen, Tafelgemälde oder auch kostbare Goldschmiedearbeiten in Auftrag gaben. Hochgeschätzte Meister wie Bernt Notke, Hermen Rode, Henning van der Heyde, Claus Berg oder Benedikt Dreyer prägten das Kunstschaffen in Lübeck vor dem Epochenwechsel.

Zu den herausragenden Exponaten der Ausstellung zählen spektakuläre Werke wie drei filigrane Georgsreliquiare aus Elbing und Riga, monumentale Altarretabel, darunter der von Hans Memling in Brügge gemalte Greveraden-Altar aus dem Lübecker Dom, sowie Arbeiten der süddeutschen Meister Veit Stoß und Tilman Riemenschneider, die Lübecker Künstlern als Vorbild dienten. Erstmals werden in der Ausstellung die Zeugnisse dieser besonderen Blütezeit zusammengeführt. Dabei werden auch die vielfältigen Bezüge zwischen den in Lübeck wirkenden Künstlern, Werkstätten und Auftraggebern thematisiert sowie ihre Strategien und überregionalen Einflussbereiche aufgezeigt. Bedeutende Leihgaben kommen unter anderem aus dem Bodemuseum in Berlin, dem Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg, dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, der Pinacoteca di Brera in Mailand, dem Nationalmuseum in Kopenhagen und dem Historischen Museum in Stockholm.

Als führende Hansemacht bot Lübeck besonders in den letzten Jahrzehnten vor der Einführung der Reformation im Jahre 1531 optimale Voraussetzungen für die Kunstproduktion und die Ansiedlung von Künstlern. Kaufleute und Bruderschaften übertrafen sich in ihren Stiftungen, die prächtige Flügelaltäre, Tafelgemälde, Skulpturen oder Goldschmiedekunst umfassten.

Die Hinwendung zur Reformation führte zu einem grundlegenden Wandel, der Auswirkungen auf die gesamte Kunstproduktion und somit auf die in der Hansestadt arbeitenden Künstler hatte: Von den vielen in Lübeck tätigen Künstlern konnte nur der Maler Hans Kemmer, ein aus Wittenberg eingewanderter Schüler von Lucas Cranach d.Ä., seine Werkstatt in Lübeck aufrecht erhalten.

Lübeck und der Buchdruck

Als die traditionellen Bildgattungen innerhalb kurzer Zeit infolge der reformatorischen Ablehnung der Bilderverehrung bedeutungslos wurden, konzentrierte sich das künstlerische Schaffen fast ausschließlich auf den Buchdruck. Schon kurz nach seiner Erfindung ließen sich um 1470 die ersten Drucker, begünstigt durch die weitverzweigten Handelsnetze, in Lübeck nieder. Das weitgefächerte Angebot umfasste Messbücher, Gesetzestexte, aber auch Versromane wie den Reineke Fuchs. Durch Aufträge aus dem gesamten Ostseeraum entwickelte sich Lübeck in der Folgezeit zu einem überaus bedeutenden Zentrum des frühen Buchdrucks in Norddeutschland.

Umgang mit den Bildern

Im Unterschied zu anderen reformierten Städten blieb die Hansestadt von Bilderstürmen weitestgehend verschont. Die alten Altaraufsätze verloren zwar ihre ursprüngliche Bedeutung und Funktion, doch ließ man sie stehen und pflegte sie über die Jahrhunderte. Diesem Umstand ist der außergewöhnlich große und gut erhaltene Bestand mittelalterlicher Zeugnisse in der Hansestadt zu verdanken.

Die Vielfalt und Qualität der in Lübeck entstandenen Kunstwerke lässt sich noch heute im St. Annen-Museum nachvollziehen. Dem Engagement der Lübecker Bürger ist es zu verdanken, dass hier einer der bedeutendsten mittelalterlichen Sammlungsbestände im Ostseeraum bewahrt wird. Dank der großzügigen Förderung durch die Ernst von Siemens Kunststiftung und der Kulturstiftung der Länder konnten im Vorfeld der Ausstellung zahlreiche Exponate restauriert und konservatorisch bearbeitet werden, darunter das Hans Kemmer zugeschriebene Porträt des 1548 verstorbenen Hermann Bonnus, dessen monumentaler Schriftrahmen erst kürzlich wiederentdeckt werden konnte.

Wege durch die Lübecker Ausstellung

Die Ausstellung im Museumsquartier St. Annen lädt den Besucher dazu ein, sich die verschiedenen Themenräume selbständig zu erschließen. Ausstellungsobjekte und Informationen sind so angeordnet, dass sie eigenständige, in sich abgeschlossene Bild- und Erzählräume ergeben.

Ein Hauptweg durch die mittelalterlichen Ausstellungsräume des St. Annen-Museums und die moderne Architektur der Kunsthalle St. Annen ist nicht festgeschrieben. Außerhalb des Museumsquartiers sind es neben dem Dom die nahe gelegenen Innenstadtkirchen St. Aegidien, St. Jakobi und St. Marien sowie das Heiligen-Geist-Hospital, die ihre Kunstschätze an ursprünglicher Stätte präsentieren.

Informationen und Begleitprogramm

Einen Vorgeschmack auf die große Ausstellung erhielten bei Vokalmusik und historischen Reiseberichten bereits Anfang Juli die Gäste eines Empfanges in der Landesvertretung Schleswig-Holstein in Berlin. Auch konnten die Besucher der Lübecker Museumsnacht Ende August unter dem Motto „Blind Date im Mittelalter“ erste sinnliche Einblicke in die Ausstellung gewinnen.

Zur Ausstellung „Lübeck 1500“ wird ein umfangreiches museumspädagogisches Begleitprogramm mit Führungen, Workshops und musikalischen Abenden angeboten. Ebenso gibt es umfangreiche Angebote für Schulklassen, die unter Beteiligung von Lübecker Schulen gestaltet wurden. Ein abwechslungsreiches Programm mit speziellen Führungen zum Ausstellungsthema, geistlichen Impulsen oder Konzerten bieten auch die großen Lübecker Kirchen (Dom, St. Aegidien, St. Jakobi, St. Marien) und das Heiligen-Geist-Hospital an.

Eine internationale Fachtagung am 30. und 31. Oktober 2015 rundet mit zahlreichen Vorträgen das öffentliche Begleitprogramm ab.

Weitere Informationen: www.luebeck1500.de

Musikprojekt „Klingende Steine“

Die Musikhochschule Lübeck (MHL) startet parallel zur Ausstellungseröffnung das interdisziplinäre Musikvermittlungsprojekt "Klingende Steine" in Kooperation mit den Lübecker Museen. Es bietet ein neuartiges Ausbildungs- und Veranstaltungsangebot zur musikhistorisch bedeutenden Zeit zwischen 1500 und 1750. Musiker, Pädagogen und Musikwissenschaftler begeben sich an verschiedenen Veranstaltungsstätten auf Spurensuche in der faszinierenden historischen Klangwelt der frühen Neuzeit. Studierende der Musikpädagogik erarbeiten mit Schülern verschiedener Lübecker Schulen praktisch und theoretisch, was Lübecks kulturelles Erbe dieser Zeit bedeutet und wie es sich lebendig erschließen lässt. Konzerte, eine große Abschlussrevue der Schulen, Ringvorlesungen sowie „Klingende Museumsführungen“ im Museumsquartier St. Annen sind die öffentlich zugänglichen Bausteine des Projektes. Weitere Informationen unter www.luebeck1500.de, www.mh-luebeck.de oder www.altemusikluebeck.de.

Die Ausstellung „Lübeck 1500. Kunstmetropole im Ostseeraum“ ist im gesamten Museumsquartier – dem St. Annen-Museum und der Kunsthalle St. Annen – sowie in den großen Lübecker Kirchen zu sehen. Ebenso beteiligen sich die Abteilung Archäologie der Hansestadt Lübeck, die Lübecker Stadtbibliothek, das Lübecker Archiv, das Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung Lübeck (ZKFL), die Universität Hamburg (Kunstgeschichtliches Seminar) und die Musikhochschule Lübeck (MHL) an dem bislang größten Ausstellungsprojekt in dieser Art in der Hansestadt.

Quelle: Lübeck 1500. Kunstmetropole im Ostseeraum: +++