Veröffentlicht am 20.11.2008

Bunter Nagekäfer mit Mikrowellen zur Strecke gebracht


Renaissance-Erker und Haupteingang des Rathauses präsentieren sich in neuem Glanz

Der historische Renaissance-Erker des Lübecker Rathauses präsentiert sich nach umfangreichen Sanierungsarbeiten jetzt wieder in voller Farbigkeit und beindruckender Vergoldung. Seit Donnerstag, 20. November 2008 steht das repräsentative Detail des historischen Rathauses wieder ganz ohne Verhüllungen und Umbaugerüst dar. Gleichzeitig abgeschlossen wurde die Sanierung des Haupteinganges. Beide Maßnahmen kosteten zusammen 592 000 Euro.

Damit erstrahlt das älteste durchgängig von der Verwaltung genutzte Rathaus Deutschlands rechtzeitig zum Aufbau des Weihnachtsmarktes in altem Glanze. Der repräsentative reichbeschnitzte Fachwerk-Erker aus Eichenholz wurde 1586 vom Baumeister Tönnies Evers dem Jüngeren erbaut und bedurfte einer umfassenden Sanierung zur Erhaltung eines überregional wertvollen kultur- und bauhistorischen Zeitzeugnisses. Die zuletzt größeren Sanierungen und Reparaturen gab es gemäß Archivunterlagen in den Jahren 1890 und 1952. Mit der jetzigen Sanierung, die im Inneren noch fortgeführt werden muss, wurde im Juni 2007 begonnen.

Die Tragfähigkeit des Holzfachwerkes war durch den „Bunten Nagekäfer“ - einer Holzwurmvariante - und durch Schwammbefall beeinträchtigt. Die alte äußere Farbfassung war angegraut und verwittert. Die Einzelelemente der Tragkonstruktion und Konsolen sowie der beschnitzten Füllungen und Bekleidungen der klassischen Säulenordnung aus Karyatiden und dekorativen Fabelwesen wurden vor Ort ausgebaut, überarbeitet und teilweise ergänzt.

Dem Bunten Nagekäfer rückte die Hansestadt mit einem Mikrowellen-Spezialverfahren erfolgreich auf den Leib. Durch dauerhafte Erhitzung der befallen Holzteile und weiteren Nachbearbeitungsschritten wurde dem Getier der Aufenthalt in dem wertvollem Holz dauerhaft vergrätzt.

Die neue aktuelle Farbfassung erfolgte gemäß historischem Befund der Originalfassung der Renaissancezeit. Die Schieferdacheindeckung sowie die Regenableitung wurden erneuert. Nach längerer Austrocknungs- und Durchhärtungszeit wird im kommenden Frühjahr eine kurze Endbehandlung der Farbfassung erfolgen.

Die Gesamtsanierungskosten für den Erker und das Erkerzimmer betragen 192 000 Euro. Die Finanzierung erfolgte mit großem Anteil aus Spendenmitteln der „Gemeinnützige Sparkassenstiftung zu Lübeck“, der „Engelbert und Hertha Albers-Stiftung“ und eines privaten Spenders. Nach Vorbild der originalgetreuen traditionsmäßigen Handwerkskunst wurde eine entsprechende fachgerechte Sanierung von den in Lübeck ansässigen Betrieben Zimmerei Henning Thyen sowie Restaurierungswerkstatt Karl-Heinz und Linde Saß durchgeführt.

Gleichzeitig mit der Renaissance-Erker-Sanierung konnte unabhängig hiervon auch die umfangreiche Sanierung des gotisch eingewölbten Portikus des Rathaushaupteinganges erfolgreich zum Abschluss gebracht werden.

Nachdem die Tragfähigkeit der gotischen Bogenstellung des filigranen Portikus auf vier monolithischen Säulenschäften durch verrostete Anker nicht mehr gegeben war und auch durch Verwitterung der Kapitelle als Auflager zwischen Gewölbetragwerk und Säulen die Lastabtragung nicht mehr gewährleistet werden konnte, erfolgte über ein spezielles technisches Abstützsystem mit hydraulischen Pressen die Sanierung des Tragsystems.

Ziel war, die Originalsubstanz im Hinblick auf den Denkmalschutz weitgehend zu erhalten. Das äußere Erscheinungsbild konnte erhalten werden mit Mauerwerksergänzungen, mit neuen Kapitellen, die bildhauerisch nach Originalvorlagen bearbeitet wurden, mit neuer Kupferdacheindeckung und Auffrischung der Farbgebung. Die Gesamtkosten der Sicherung und Wiederherstellung des Portikus betrugen 400 000 Euro.+++