Veröffentlicht am 09.04.2008

Verkehrslärm verursacht Schäden in Milliardenhöhe

Internationaler Tag gegen Lärm am Mittwoch,16. April: „Lübeck soll leiser werden!“

Unter dem Motto „Lübeck soll leiser werden!“ wird sich der Bereich Umweltschutz der Hansestadt Lübeck mit verschiedenen Ausstellern am 16. April 2008 – dem diesjährigen internationalen Tag gegen Lärm – präsentieren.

In der Volkshochschule Lübeck, Hüxstraße 118-120, wird ab 14 Uhr nicht nur über die Themen Lärm, Akustik und Gehör informiert, sondern es werden auch Beispiele aus der Praxis aufgezeigt. Aus aktuellem Anlass soll ein Schwerpunkt des diesjährigen Tages gegen Lärm die Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie darstellen, welche in Zukunft für die Städte und Gemeinden ein wirksames Mittel für eine nachhaltige und effektive Lärmminderungsplanung sein soll.

Ziel der Umgebungslärmrichtlinie ist es, in den Mitgliedstaaten schädliche Auswirkungen und Belästigungen durch Umgebungslärm zu verhindern, zu mindern und ihnen vorzubeugen. Anlass zur Änderung der aktuellen Situation ist ohne Frage gegeben, da Lärm für viele Menschen eines der vorrangigsten Umwelt- und Gesundheitsprobleme darstellt. So sind nach Angaben des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein über 60 Prozent der Bürger von den negativen Folgen von Lärm betroffen. Auch finanziell stellt die Verlärmung ein nicht zu unterschätzendes Problem dar. Für das Jahr 2000 ermittelten die 17 Mitgliedstaaten Kosten in Höhe von rund 45 Milliarden Euro allein für die Auswirkungen des Verkehrslärms, beispielsweise bedingt durch geringere Mieteinnahmen und ärztliche Behandlungskosten.

Die praktische Umsetzung ist stufenweise aufgebaut und sieht zunächst eine Bestandsaufnahme anhand von strategischen Lärmkarten vor. Diese beinhalten nach den gesetzlichen Vorgaben für die aktuelle Umsetzungsstufe diejenigen Gebiete Lübecks, die von den Hauptverkehrsstraßen mit einem jährlichen Verkehrsaufkommen von über sechs Millionen Kraftfahrzeugen betroffen sind.

Nachdem die Kartierung im Juni 2007 abgeschlossen werden konnte, befindet sich die Hansestadt zum gegenwärtigen Zeitpunkt in der nächsten Phase der Umsetzung, der so genannten Aktionsplanung. Es sollen nun Maßnahmen erarbeitet werden, um die Situation an den in der Kartierung herausgestellten Schwerpunkten zu verbessern. Die Ergebnisse sind im Internet unter http://www.laerm.schleswig-holstein.de einsehbar und hängen auch in den Stadtteilbüros aus.

Die Analyse der Ausgangssituation zeigt unter anderem auf, dass die im Zuge der ersten Phase untersuchten Hauptverkehrsstraßen mit einer Gesamtlänge von knapp 57 Kilometer schätzungsweise 13 200 Lübecker Bürger nachts einem Pegel von über 45 dB(A) aussetzen, so dass ein störungsfreier Schlaf bei geöffnetem Fenster nicht mehr möglich ist. Rund 3400 Bürgerinnen und Bürger sind gar dauerhaft einem Pegel von über 65 dB(A) ausgesetzt, eine Grenze, ab der nach Angaben des Umweltbundesamtes Gesundheitsschädigungen nicht mehr auszuschließen sind. Die Ergebnisse zeigen zudem auf, in welchen Gebieten die Belastung am höchsten ist. So wird deutlich, dass Schwartauer Landstraße beziehungsweise Schwartauer Allee, Ratzeburger Allee, Fackenburger- beziehungsweise Krempelsdorfer Allee und Kronsforder Allee sehr stark vom Verkehrslärm betroffen sind, wenn man Anzahl der Belasteten und Ausmaß der Belastung zugrunde legt.

Auf dem Weg zu einer Verbesserung der Situation gilt es nun, Maßnahmen zu erarbeiten, die zum einen technisch umsetzbar sind und zum anderen ein günstiges Kosten/Nutzen-Verhältnis aufweisen, also eine realistische Chance haben, sich mittel- oder langfristig positiv für die Bürgerinnen und Bürger auszuwirken. Neu in dem aktuellen Verfahren der Lärmminderungsplanung ist, dass die Bevölkerung mit in die Planungen einzubinden ist. Im Rahmen der technischen und rechtlichen Möglichkeiten sollen also zusammen mit den Betroffenen Lösungen erarbeitet werden, die von allen Beteiligten gleichermaßen getragen und akzeptiert werden.

Dabei gibt es viele Dinge zu berücksichtigen, da eine scheinbar positive Lärmminderungsmaßnahme an einer Hauptverkehrsstraße sich schnell negativ auf das umliegende Streckennetz auswirken kann. In diesem Fall kommt es nur zu einer Verschiebung der Betroffenen, nicht aber zu einer Reduzierung. Eine aktuelle Besonderheit ist zudem, dass mit der Öffnung der Nordtangente und der neuen B 207 zwei wesentliche Änderungen im Verkehrsnetz stattgefunden haben, über deren Auswirkungen auf die Lärmsituation bisher nur spekuliert werden kann. Dennoch sollen erste Schritte unternommen werden, um die bisher identifizierten Lärmschwerpunkte im Streckennetz anzugehen und realisierbare Lösungen zu erarbeiten. Neu an der aktuellen Gesetzgebung ist der Schutz ruhiger Gebiete, die vor einer Zunahme des Lärms zu schützen sind.

Ruhige Gebiete auf dem Land zeichnen sich durch die Abwesenheit von Lärmquellen wie Verkehrs-, Industrie-, Gewerbe- und Freizeitlärm aus. Ruhige Gebiete in Ballungsräumen könnten neben Kur-, Krankenhaus-, reinen und allgemeinen Wohngebieten beispielsweise auch Naherholungs- und Naturschutzflächen oder Friedhöfe sein. Feste Kriterien zur Festlegung ruhiger Gebiete gibt es bisher jedoch noch nicht. Doch mit der Aufstellung des Maßnahmenkataloges im Rahmen der Aktionsplanung 2008 ist das Verfahren keineswegs abgeschlossen. Das Gesetz sieht vor, dass in weiteren Schritten auch Straßen mit einem weitaus geringeren Verkehrsaufkommen untersucht und in die Lärmminderungsplanung integriert werden.

Alle fünf Jahre sind die Planungen zu prüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Bis zum Jahr 2012 tritt die nächste Stufe der Richtlinie in Kraft, die die Untersuchungen und anzustrebenden Lärmminderungsmaßnahmen auch auf weitere Quellen wie Gewerbe- oder Flughafenlärm ausdehnt. Im Laufe dieser Zeit wird das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung erprobt und optimiert werden, da auch in den folgenden Stufen die Bevölkerung ihren Beitrag zu einer nachhaltigen und erfolgreichen Lärmminderungsplanung leisten kann.

Das Programm des Aktionstages „Lübeck soll leiser werden!“ am 16. April:

Ab 14 Uhr

  • Versuchsaufbau MP3-Player und die Wirkung auf das Ohr, Fachhochschule Lübeck
  • Kostenlose Hörtestaktion, Auris Hörgeräte-Akustik
  • Präsentation der strategischen Lärmkarten der Hansestadt Lübeck, Hansestadt Lübeck, Bereich Umweltschutz
  • Informationen zum Stand der Lärmminderungsplanung, Landesregierung Schleswig-Holstein, Hansestadt Lübeck, Bereich Umweltschutz, Grüne Liga e.V.
  • Beratung zu Lärm und Gehörschutz, Unfallkasse Nord, Auris Hörgeräte-Akustik
  • Interaktives Erleben von Klängen, Umweltministerium Baden-Württemberg, Hansestadt Lübeck, Bereich Umweltschutz

Ab 16 Uhr :

  • Vortrag - Unser Gehör – ein kleines Wunderwerk, Prof. Jürgen Tchorz, Fachhochschule Lübeck
  • Vortrag - Unterschiede zwischen Empfindung und Messwerten von Lärm, Ulrich Voogdt, Akademie für Hörgeräteakustik
  • Vortrag - Hör- und Gesundheitsschäden durch Lärm, Dr. Hilke Sommer, HNO-Ärztin
  • Musikalische Einlagen der Musikschule Lübeck

Ab 18 Uhr:

  • Vortrag - Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie in Schleswig-Holstein: Stand und Ausblick, Johannes Grützner, Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein
  • Vortag - Sachstand der Lärmminderungsplanung in Lübeck, Bereich Umweltschutz

Ab 19.30 Uhr:

  • Podiumsdiskussion - Lübeck soll leiser werden! – Lärm an Hauptverkehrsstraßen, Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Stadtverwaltung Lübeck, Bürgerinnen und Bürger
  • Moderation: Margit Bonacker, konsalt GmbH

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