Stadtpräsident schaltet sich in die Hochschuldiskussion ein

Veröffentlicht am 10.10.2006

Stadtpräsident schaltet sich in die Hochschuldiskussion ein

Stadtpräsident schaltet sich in die Hochschuldiskussion ein

060812L 2006-10-10

Die Bürgerschaft hat in ihrer Sitzung am 28. September 2006 bereits einstimmig eine Resolution verabschiedet, mit der sie sich gegen die Neuaufstellung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UK S-H) ausspricht, wie sie von der Beratergesellschaft Deloitte & Touche vorgelegt wurde, und gleichzeitig an die Landesregierung appelliert, von einem Ausverkauf des UK S-H abzusehen und die Lübecker Interessen stärker zu berücksichtigen.

Rektorat und Dekanate der Universität Lübeck selbst hatten sich am gleichen Tag mit einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten mit der Forderung nach einer Alternative zum Regierungsentwurf für ein neues Landeshochschulgesetz gewandt.

Nun schaltet sich der Vorsitzende der Lübecker Bürgerschaft, Stadtpräsident Peter Sünnenwold, in die Debatte um das neue Hochschulgesetz ein: „Nach vielen Verhandlungen und intensiven Gesprächen aller Beteiligten haben wir seinerzeit erleichtert begrüßt, dass die Hochschulfusion abgewendet und im Ergebnis ein Konsens erzielt wurde, den unsere Uni mit trägt.“ Zu diesem Zeitpunkt gab Sünnenwold schon zu bedenken, dass „aus Konsens kein Nonsens“ werden dürfe.

„Die damalige Darstellung der abgewendeten Fusion war ein eleganter Schachzug von Wissenschaftsminister Dietrich Austermann, damit alle ihr Gesicht wahren konnten“, so Sünnenwold, für den klar war, dass mit der „Strohhalmlösung“ die Gefahr noch nicht vom Tisch war. Nun sieht er sich bestätigt - „leider!“, wie er ausdrücklich betont.

„Austermann hat seine Glaubwürdigkeit und Neutralität hiermit in Frage gestellt. Er ist beratungsresistent und driftet in Richtung Kiel ab!“ Nur so sei zu erklären, so Sünnenwold, dass sich Austermann in der Entscheidung über die Hochschulfusion über Einwände namhafter weltweit und überregional tätiger Lübecker Unternehmen und Wirtschaftsverbände hinweg setze, anstatt sich diese Kompetenz und diese einzigartige Allianz zu eigen zu machen. Gleiches gelte für die hiesigen renommierten Wissenschaftler.

Für Sünnenwold ist nun bewiesen: „Das Lübecker Erfolgsmodell wird durch eine rein politisch verordnete Entscheidung gefährdet.“ Das wäre dann seiner Auffassung nach eine Entscheidung des verantwortlichen Ministers „durch das Hintertürchen“. „Wer sich nicht mit den Betroffenen vor Ort abstimmt, will sich nicht mit den Argumenten auseinander setzen und hat bereits eine festgelegte Meinung“, so Sünnenwold. Er zitiert zugleich in dem Zusammenhang auch die Internetdarstellung der Landesregierung zum Thema Hochschulen, nach der die Universität zu Lübeck ihr „einzigartiges Profil an der Schnittstelle Medizin, Naturwissenschaften und Technik formt“ und fordert, dass eben dieses einzigartige Profil erhalten bleiben müsse.

Sünnenwold verkennt nicht die Bedeutung der beiden anderen Universitäten in Kiel und Flensburg. „Doch wenn Austermann sagt, er wolle das Profil der drei Universitäten schärfen, so meint er damit wohl ausschließlich eine verbesserte Profilierung des Kieler Standorts – so wie es auch durch die nun festgelegte Zusammensetzung des Universitätsrats zum Ausdruck kommt.“

Der Prozess der Fusion der Universitäten sei zudem angestoßen worden, ohne dass Rechenschaft darüber abgelegt wurde, ob die letzte große Fusion in Schleswig-Holstein, nämlich die der beiden Universitätsklinika, gemessen an den vereinbarten Zielen erfolgreich war.

Sünnenwold erinnert auch an eine an ihn gerichtete, sehr detaillierte Antwort von Minister Austermann vom Dezember 2005 aufgrund der Resolution der Lübecker Bürgerschaft zur Sicherung des Hochschulmedizinstandortes Lübeck und gegen eine Privatisierung des UK S-H.

Aufgrund dieser Antwort hatte der Stadtpräsident die Hoffnung, dass in einem intensiven, objektiven und vor allem offenen Prozess eine von allen Beteiligten getragene Entscheidung in der Frage der zukünftigen Organisationsform getroffen werde. Diese Hoffnungen seien nun zum wiederholten Male zerstört worden.

Sünnenwold fordert Minister Austermann daher auf, seine Entscheidung zurück zunehmen: „Eine fünfzigprozentige Privatisierung der Universitäten wird zur Folge haben, dass die Lübecker Uni über kurz oder lang nach Kiel geht. Forschung und Lehre sind zudem nach dem von Austermann gewünschten Shareholder-Value-Prinzip in höchster Gefahr!“ +++