Haushalt 2006 mit 153 Millionen Euro Defizit beschlossen

Veröffentlicht am 24.11.2005

Haushalt 2006 mit 153 Millionen Euro Defizit beschlossen

Haushalt 2006 mit 153 Millionen Euro Defizit beschlossen

050966L 2005-11-24

Die Lübecker Bürgerschaft hat am heutigen Donnerstag, 24. November 2005, bei nur drei Gegenstimmen den Haushalt für das Jahr 2006 beschlossen. Einnahmen von fast 493 Millionen Euro stehen Ausgaben von rund 646 Millionen Euro im Verwaltungshaushalt gegenüber. Das erwartete Defizit beläuft sich somit auf 153,5 Millionen Euro.

„Dieses Rekordhaushaltsdefizit übertrifft unsere schlimmsten Befürchtungen“, sagte Bürgermeister Bernd Saxe in seiner Rede zum Haushaltsplan 2006. „Die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Hansestadt Lübeck ist damit nicht mehr gegeben. Ohne eine grundlegende Verbesserung der Einnahmesituation wird es uns - trotz weiterer Budgetkürzungen und konsequenter Fortsetzung des Konsolidierungskurses – nicht gelingen, diese Haushaltskrise zu überwinden“, betonte Saxe. Er appellierte an die neue Bundesregierung, schnellstmöglich eine echte Gemeindefinanzreform auf den Weg zu bringen und die Kommunen nicht weiter durch immer neue Aufgabenzuweisungen zu belasten.

Der vor wenigen Tagen in Berlin von CDU und SPD unterzeichnete Koalitionsvertrag biete, so Lübecks Bürgermeister, zumindest einen Ansatz, Hoffnung zu schöpfen: „Es ist schon ein Novum, dass die finanzielle Lage der Kommunen in einem Koalitionsvertrag auf Bundesebene überhaupt nennenswert Erwähnung findet. Im neuen Berliner Werk ist das sogar mehrfach der Fall. Die Koalitionsparteien erklären es zum politischen Ziel ihrer Arbeit, die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden in einer gemeinsamen Anstrengung zu konsolidieren. Daran wird man sie messen dürfen!“

Dass die Hansestadt Lübeck alles getan hat, um die Haushaltssituation in den Griff zu bekommen, verdeutlichte Saxe an einem Beispiel: „Der Innenminister des Landes Schleswig-Holstein hat den Kommunen vor einiger Zeit eine Liste übersandt mit 40 Vorschlägen für Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Eine Analyse der Liste hat ergeben: Von den 40 Vorschlägen haben wir in Lübeck 38 bereits umgesetzt. Mit anderen Worten: Auch unserer Rechtsaufsichtsbehörde fällt nichts mehr ein, was Lübeck selbst noch zur Verbesserung seiner Finanzlage tun könnte.“

Denn die Ursachen dieser Entwicklung seien im Wesentlichen externer Natur, sie seien weder von den Kommunen verursacht noch durch sie beeinflussbar, betonte der Bürgermeister: „Die erheblichen Steuerausfälle der Jahre 2000 und folgende sind das Ergebnis der Steuerrechtsänderungen des Jahres 1998 – Steuerausfälle, die vermutlich niemand gewollt hat, sondern die sozusagen ‚Kolateralschäden’ einer eigentlich gut gemeinten Entlastung der Wirtschaft von Steuerlasten waren. Mit den Folgen haben wir bis heute zu kämpfen!“

Die Finanzzuweisungen, die der Hansestadt Lübeck im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleiches zufließen, sinken seit Jahren kontinuierlich. Allein im Jahre 2006 betrage der Rückgang zu 2005 genau 7,3 Prozent oder 8 Millionen Euro, so Saxe.

Allein die Sozialhilferechtsreform führt für die Hansestadt Lübeck zu einer erheblichen Steigerung der Ausgaben für Sozialhilfeleistungen nach den Bestimmungen des SGB XII und SGB II („Hartz IV“) um gut 14 Millionen Euro im Jahr 2006 im Vergleich zu 2005. Dabei war zuvor die Entlastungswirkung für die Hansestadt Lübeck auf 15 bis 20 Millionen Euro geschätzt worden.

Das Rekordhaushaltsdefizit von 153 Millionen Euro ergibt sich im wesentlichen aus zwei Positionen: zum einen durch die gesetzlich vorgeschriebene Abdeckung des 2004 entstandenen Jahresverlustes in Höhe von rund 83 Millionen Euro und die geradezu sprunghaft steigenden Kosten in der Sozialhilfe. Das strukturelle Defizit beträgt demnach rund 70,6 Millionen Euro. Die Allgemeinen Deckungsmittel (Steuereinnahmen, Finanzzuweisungen, Konzessionsabgaben usw.) reichen im wesentlichen nur noch zur Finanzierung laufender gesetzlicher Ausgaben der Sozial- und Jugendhilfe und für Versorgungsbezüge und Beihilfen aus.

Das bedeutet, dass der größte Teil der Budgetausgaben der fünf Fachbereiche der Hansestadt Lübeck in Höhe von rund 178,5 Millionen Euro auch unter Berücksichtigung der dort entstehenden Einnahmen, wie beispielsweise Verwaltungs- und Benutzungsgebühren, Mieten und Pachten, Bußgelder, Verkaufserlöse, ungedeckt sind und über Kassenkredite finanziert werden müssen.

Obwohl die Anzahl der Planstellen und der Anteil der Personalausgaben an den Gesamtausgaben des Verwaltungshaushaltes (22,30 Prozent) seit Jahren sinken, stellen die Personalausgaben mit knapp 140 Millionen Euro für 2923 Vollzeitstellen den größten Ausgabeposten im Jahr 2006 dar. Zum Vergleich: im Jahr 2000 gab es noch 3317 Vollzeitstellen, der Anteil an den Gesamtausgaben lag mit rund 136 Millionen Euro bei knapp 29 Prozent.

Das Volumen des Vermögenshaushaltes konnte trotz der angespannten Haushaltslage mit 160,6 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr nahezu konstant gehalten werden. Fast 40 Prozent (62,5 Millionen Euro) des Vermögenshaushalts sollen für Baumaßnahmen ausgegeben werden. Die Investitionsschwerpunkte liegen dabei in den Bereichen Hafen (22 Millionen Euro), Straßenbau (24,4 Millionen Euro) und Schulen (12 Millionen Euro). „Damit können wir die Höhe der Investitionen zumindest auf einem Niveau halten, das Impulse für die Wirtschaft und damit den örtlichen Arbeitsmarkt gibt“, sagte Saxe. Da die Investitionstätigkeit dennoch weiter sinke, gebe es weniger Aufträge und damit Umsätze für die Wirtschaft, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, für Handwerk und Gewerbe. „Durch die ausbleibenden öffentlichen Aufträge verschärfen wir also die Krise, statt gegenzusteuern, was eigentlich erforderlich wäre.“

Daher mussten jetzt auch einige von den Fachbereichen angemeldete Investitionsmaßnahmen zeitlich verschoben oder über längere Zeiträume gestreckt werden: So wurden im Investitionsprogramm bis 2009 Maßnahmen angemeldet, die aufgrund der Haushaltslage nicht in den Entwurf für den Zeitraum bis 2009 aufgenommen werden konnten. Insgesamt sind das Investitionen in der Größe von rund 48,5 Millionen Euro. Das betrifft beispielsweise den Neubau des Sportplatzes Bornkamp in Höhe von 2,6 Millionen Euro, die Haltestelle Kohlmarkt (4,6 Millionen Euro) oder die Baumaßnahme An den Schießständen / Kirschenallee in Höhe von rund 2 Millionen Euro. Größter Posten der erst für spätere Jahre geplanten Investitionen im rentierlichen Bereich ist der erste Bauabschnitt der Hafenerweiterung Teerhofsinsel in Höhe von rund zehn Millionen Euro, bei einem Gesamtvolumen von 80 Millionen Euro.

Abschließend sagte Saxe: „Es gilt noch immer die Feststellung, die ich hier bei den letzten Haushaltsberatungen getroffen habe: Die Probleme wachsen schneller als unsere Möglichkeiten, zu ihrer Lösung beizutragen. Ohne Hilfe von Bund und Land ist die Haushaltskrise nicht zu bewältigen!“

Der Haushalt 2006 / Angaben in Euro:

Verwaltungshaushalt

Einnahmen:

492.806.200

Ausgaben:

646.301.800

Fehlbedarf:

153.495.600



Planstellen (umgerechnet auf Vollzeit-Stellen):

2.923



Vermögenshaushalt

Einnahmen:

160.663.800

Ausgaben:

160.663.800

Investitions-Kredite:

36.678.300







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Hinweis: Die Haushaltsrede von Bürgermeister Bernd Saxe ist im LÜBECK:Fenster – www.luebeck.de – im Lübeck Pressedienst unter der URL http://www.luebeck.de/aktuelles/pressedienst/view/050964L/ abrufbar.