A 20: Zählungen zeigen deutliche Verlagerung des Verkehrs

Veröffentlicht am 15.07.2005

A 20: Zählungen zeigen deutliche Verlagerung des Verkehrs

A 20: Zählungen zeigen deutliche Verlagerung des Verkehrs

050541R 2005-07-15

Die Freigabe des Autobahnabschnitts der Bundesautobahn BAB 20 zwischen der Anschlußstelle (AS) Genin (L 92) bis zur AS Lüdersdorf in Mecklenburg-Vorpommern am 14. Dezember 2004, und damit der durchgehende Anschluß der Ostseeautobahn 20 an die A 1 in Lübeck, hat zu deutlichen Verlagerungen der innerstädtischen Verkehrsströme geführt. Das haben umfangreiche Verkehrserhebungen ergeben, die die Abteilung Verkehrsplanung des Bereiches Stadtplanung der Hansestadt Lübeck durchgeführt und ausgewertet hat. Auch wenn die derzeit vorliegenden Zahlen nur eine erste Momentaufnahme sind, so zeigt sich die Grundtendenz, daß die Hansestadt durch die A 20-Freigabe erheblich weniger Durchgangsverkehr ertragen muß. Insbesondere der Anteil des Schwerlastverkehrs (Lkw größer als 3,5 Tonnen) hat an zuvor stark belasteten Straßen deutlich abgenommen; Besonders erfreulich – und dies war mit der Inbetriebnahme der neuen Bundesautobahn 20 verbunden – konnten bereits Verkehre von bebauten Straßen auf anbaufreie Straßen verlagert werden.

Um die Auswirkungen der A 20 auf die innerstädtischen Verkehrsströme zu ermitteln, wurde der Kfz-Verkehr in den Monaten November und Dezember 2004 flächendeckend an 80 Stellen im gesamten Stadtgebiet – darunter an der A 1, der A 20 und den Bundesstraßen 207, 206, 104, 75 - gezählt. Diese Zählungen fanden werktäglich rund um die Uhr statt und erfaßten sowohl Pkw als auch Schwerverkehre (SV, das heißt Lkw und Lastzüge). Diese Daten wurden anschließend mit Zählungen verglichen, die nach der Freigabe der A 20 in den Monaten Februar, März und April 2005 stattfanden. Um diese Zahlen vergleichbar zu machen, wurden sie durch ein entsprechendes Umrechnungsmodell auf Normalwerktage umgerechnet. Zusätzlich wurde von Donnerstag, 26. Mai, bis Montag, 30. Mai 2005, durchgängig ermittelt, wieviele Fahrzeuge die Herrenbrücke, die ab 26. August 2005 durch den mautpflichtigen Herrentunnel ersetzt wird, passieren. Die bisherigen Zahlen für diese Strecke – B 75 / B104 – zeigen eine deutliche Reduzierung des Verkehrsaufkommens: Waren es vor der A 20-Freigabe noch 41.600 Fahrzeuge an einem Normalwerktag in 24 Stunden in beiden Richtungen, darunter 6900 schwere Lkw (SV), fuhren hinterher insgesamt 4.100 weniger, darunter fast 3000 weniger SV, über die Herrenbrücke. (Angaben - auch nachfolgende - im Querschnitt)

Sehr stark reduziert hat sich das Verkehrsaufkommen auch auf der Wesloer Landstraße, im Bereich der B 104 zwischen Wesloer Weg und der Mecklenburger Straße (K 32) in Schlutup: Von 24.020 Kfz (4182 SV) vor der A 20-Freigabe, ging die Anzahl auf 13.456 (1771 SV) zurück. Auf den ersten Blick sehr deutlich entlastet wurde auch der Wesloer Weg - B 104 - durch den Wesloer Forst, zumindest in den Sommermonaten eine Strecke mit „Staugarantie“: Kurz vor der Einmündung zur Mecklenburger Straße und zur Travemünder Landstraße (B 104) wurde dort am Wesloer Weg nur noch die Hälfte des vorherigen Aufkommens gezählt – statt 14.095 (3845 SV) nur noch 7471 (1604 SV).

Helmut Schünemann, Leiter der Abteilung Verkehrsplanung, warnt allerdings davor, diese aktuellen Zahlen überzubewerten und voreilig Rückschlüsse zu ziehen: „Die sogenannten Absaugeffekte der A 20 für den südlichen Bereich Lübecks und in Schlutup sind zwar erkennbar aber noch nicht verläßlich beziehungsweise stabil. Es gibt, wie zusätzliche Stichprobenzählungen gezeigt haben, immer wieder Schwankungen im Verkehrsaufkommen.“ Aussagekräftiger würden die Zahlen erst, wenn Ende des Jahres – voraussichtlich im November und Dezember 2005 – weitere Verkehrserhebungen stattfinden. Dann könne man auch auswerten, wie sich die Freigabe des Herrentunnels auf die Verkehrsströme auswirke. Gleiches gilt auch für das Thema Mautboykotteure beziehungsweise Lkw-Ausgleichsverkehre. Auch hier hat der Bund entsprechend entschieden und will nach einer Eingewöhnungsphase im „eingeschwungenem Zustand“ Vor- und Nachherzählungen aussagekräftig vergleichen und notwendige Maßnahmen definieren.

Grundsätzlich ist jedoch festzustellen, daß die erhobenen Verkehrsdaten im Trend der Prognosen des Verkehrsentwicklungsplanes der Hansestadt Lübeck liegen, der von der Bürgerschaft in 2001 beschlossen wurde. Das heißt auch, daß zum Beispiel die Straßennetzergänzungen und Maßnahmen für den ÖPNV die verkehrliche Wirksamkeit zeigen. Neben dem Herrentunnel ist als große Straßennetzergänzung noch die Nordtangente zu nennen, die ab 2007 Verkehr aus dem nordwestlichen Altstadtrand abziehen soll und zum Beispiel Voraussetzung für eine attraktivere Umgestaltung der Untertrave darstellt sowie die B 207 neu als Entlastungsstraße für die heutige B 207. (Ratzeburger Allee und Ratzeburger Landstraße) Zu bewähren scheint sich auch die Anschlußstelle der B 207 alt in Groß Grönau an die BAB 20. Die Befürchtungen von Groß Grönau, der Ort könnte im Verkehr ersticken, haben sich bisher nicht bewahrheitet.

Erwartungsgemäß ganz stark hat der Verkehr auf der A 20 im Abschnitt zwischen dem Autobahnkreuz A 1 / A 20 und der AS Genin zugenommen: um 17.800 auf 30.600, wobei der Lkw-Anteil sich mit 3500 Fahrzeugen pro 24 Stunden um das Zweieinhalbfache erhöhte. Auf der A 1, im Abschnitt zwischen Lübeck und Bad Schwartau, ist das Verkehrsaufkommen ungefähr gleichgeblieben mit ca. 82.000. (Der Schwerlastverkehr hat sich von 7600 auf 8.500 erhöht)

Auch innerstädtisch gibt es starke Auswirkungen durch die A 20: So wurden an der Fackenburger Allee (Zählstelle an der Bahnhofsbrücke) sogar 9200 weniger Fahrzeuge (37.400 statt 46.600; SV: 2700 statt 4600) registriert. Zu mehr Pkw- sowie Lkw-Verkehr hat die A 20 hingegen auf der Kieler Straße (K13) geführt. Als Zubringer zur A 1-Anschlußstelle Lübeck-Moisling nutzen diese Straße nun 5700 schwere Lkw, statt 5200 vorher. Auch das Gesamtverkehrsaufkommen stieg – um 1700 auf 28.100. Auch am Paddelügger Weg und an der Travemünder Landstraße (Rangenberg) wurden nach der A 20-Freigabe mehr Fahrzeuge gezählt: dort fahren 1600 beziehungsweise 2700 mehr Fahrzeuge.

Bislang nur kaum nachweisbare Änderungen zeigen sich am St. Jürgen Ring (Berliner Platz): dort wurden 32.400 statt zuvor 31.800 Fahrzeuge gezählt. Zwischenzeitlich war hier ein deutlich erhöhter Schwerverkehr registriert worden, der im Juni d.J. aber schon wieder das „alte“ Niveau erreicht hat. Ähnlich ist es an der Krempelsdorfer Allee, an der Stadtgrenze zu Stockelsdorf: dort wurden 36.700 statt zuvor 36.300 Kfz (einschließlich schwerer Lkw) gezählt. Der Anteil der SV erhöhte sich dort nur gering: von 3200 auf 3.500. Durch die geplante Verlängerung der Kreisstraße K13 (Umgehung Stockelsdorf werden hier auch Entlastungseffekte erwartet.

Die Zählungen ergaben auch, daß die, vor der A 20-Freigabe insbesondere an Freitag- Nachmittagen und in den frühen Morgenstunden eines jeden Montags stark belastete Brandenbaumer Landstraße weniger Verkehr zu verkraften hat. Die objektiven Zahlen spiegeln dabei das subjektive Empfinden allerdings nicht wider: So wurden beispielsweise an der Brandenbaumer Landstraße in Eichholz, kurz vor der Einmündung zur Straße „An den Schießständen“, statt 12.752 (davon 646 Lkw) noch 10.465 (690 Lkw) gezählt. Dabei haben sich gerade auf dieser Straße die Staus an den Montagen und Freitagen, vermutlich insbesondere verursacht durch Pendler aus den neuen Bundesländern, fast vollständig aufgelöst. Ob dieser Eindruck trügt, werden die Verkehrszählungen Ende des Jahres zeigen.

Ein besonderes Augenmerk verdienen außerdem die Travemünder Landstraße in Höhe Kücknitz–Rangenberg und die Ortsdurchfahrt Genin. Kücknitz Rangenberg ist durch 35.350 Kfz belastet. Der Schwerverkehrsanteil liegt mit 5000 Lkw beziehungsweise Lastzügen sehr hoch. Ebenso problematisch ist die Ortsdurchfahrt Genin (Geniner Dorfstraße). In beiden Fällen greifen die Entlastungseffekte der A 20 nicht, da die im Verkehrsentwicklungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verkehrsreduzierung bisher keine Mehrheit in den Gremien erhalten haben. Unbefriedigend ist zudem die Verkehrssituation in der Straßeneinmündung der Malmöstraße in die Kronsforder Landstraße/Kronsforder Allee. Dort ist dringend Handlungsbedarf geboten. Erste Konzepte liegen vor und sollen kurzfristig umgesetzt werden. Im August wird der Fachbereich Planen und Bauen (FB 5) mit dem Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr sich zusammensetzen und die nächsten Schritte definieren, kündigt die Abteilung Verkehrsplanung dazu an. +++