Den Norden stärken: Vertrag zwischen Hamburg und Lübeck

Veröffentlicht am 10.06.2003

Den Norden stärken: Vertrag zwischen Hamburg und Lübeck

Den Norden stärken: Vertrag zwischen Hamburg und Lübeck

030433R 2003-06-10

Der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg und der Bürgermeister der Hansestadt Lübeck haben am heutigen Dienstag im Hamburger Rathaus einen Städtevertrag unterzeichnet. Die „Vereinbarung über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und der Hansestadt Lübeck“ soll die schon heute engen und vertrauensvollen Beziehungen zwischen den Hansestädten weiter vertiefen. Mit dieser neuen Form des Städtevertrages tragen Hamburg und Lübeck den veränderten internationalen Standortbedingungen Rechnung: Im Zuge globalisierter Wirtschaftsstrukturen und der fortschreitenden europäischen Integration gewinnen Wirtschaftsregionen zunehmend an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund dient die Vereinbarung neben der Stärkung von Wettbewerbsvorteilen gegenüber konkurrierenden Regionen der Realisierung von Synergiepotenzialen und Effizienzsteigerungen auf Verwaltungsebene (z.B. bei der öffentlichen Leistungserfüllung). Auch Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch spielen künftig eine größere Rolle in den Beziehungen.


Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust: „Der Standortwettbewerb der Zukunft wird weniger zwischen Staaten, sondern vielmehr zwischen Regionen ausgetragen. Die Metropolregion Hamburg und Lübeck müssen sich deshalb national wie international gemeinsam positionieren.“ Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe ergänzt: „Schon heute ist Lübeck Hamburgs Tor zur Ostsee. Mit Hamburg gewinnt die Hansestadt einen starken Partner im internationalen Wettbewerb. Wir können auf mehreren Feldern kooperieren: Neben dem Hafen sind das die Bereiche Verkehr, Häfen und Tourismus, aber auch Wissenschaft und Forschung - überall dort können wir gemeinsam viel bewegen.”


Nach der heute besiegelten Vereinbarung wird es regelmäßige, abwechselnd in Hamburg und in Lübeck stattfindende Treffen der Bürgermeister beider Städte geben. Der Meinungsaustausch soll dazu dienen, sich gegenseitig über den Stand und die Perspektiven der Zusammenarbeit auszutauschen und Fragen gemeinsamen Interesses zu besprechen.


Bestandteil der Vereinbarung sind Arbeitsprogramme, mit denen die Hamburger Behörden und die entsprechenden Stellen der Lübecker Stadtverwaltung aufgefordert werden, auch unter Hinzuziehung privater Akteure oder gesellschaftlicher Institutionen, konkrete Kooperationsvorhaben zu entwickeln.


Nachfolgend einige Beispiele für Kooperationsfelder zwischen Hamburg und Lübeck:

Gemeinsame Politikplanung

Hamburg und Lübeck werden in der zweiten Jahreshälfte gemeinsam eine „Internationalisierungsstrategie“ für die Metropolregion formulieren. Dabei werden sie Produkte und Zielgebiete für die gemeinsame internationale Positionierung sowie der dafür notwendigen Strukturen und Maßnahmen definieren.


Verkehrsinfrastruktur

Im Standortwettbewerb spielt eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur eine bedeutende Rolle. Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der norddeutschen Region ist daher eine Zusammenarbeit, etwa bei überregionalen Verkehrsverbindungen, sinnvoll.


Häfen

Geprüft werden soll, ob sich durch einen Ausbau der bereits bestehenden Kooperation zwischen dem Ostseehafen Lübeck und dem Containerhafen Hamburg zusätzliche Synergieeffekte realisieren lassen.


Umwelt

Durch eine Intensivierung der Zusammenarbeit beziehungsweise eine Institutionalisierung der Kooperation zwischen den Entsorgungsbetrieben Lübeck und der Hamburger Stadtentwässerung könnten sich beidseitig Synergieeffekte und eine Verbesserung der Marktposition ergeben.


Tourismus

Im Hinblick auf die Werbung ausländischer Touristen, speziell für den Städtetourismus, sind weitere Kooperationspotenziale vorhanden. Aber auch im Bereich des innerdeutschen Tourismus wäre eine weitergehende Kooperation sinnvoll, die dazu beiträgt, in- und ausländische Touristen länger im norddeutschen Raum zu halten. Hierzu könnte eine Verknüpfung des Weltkulturerbes von Lübeck mit den vielfältigen Angeboten der Weltstadt Hamburg beitragen.


Wirtschaftsentwicklung und Gesundheitswirtschaft

Insbesondere im Bereich der Gesundheitswirtschaft, beispielsweise Medizintechnik und Gesundheitstourismus, bieten sich Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit. Beide Hansestädte streben an, ihre Wettbewerbsstärke als Kompetenzzentren für Medizintechnik weiter auszubauen. Es kommt darauf an, durch die Bündelung unterschiedlicher Kompetenzen neue Entwicklungspotenziale zu erschließen und einen effizienteren Ressourceneinsatz zu erreichen.


Wissenschaft und Forschung

Die Hochschullandschaft sowohl in Hamburg als auch in Schleswig-Holstein steht vor einer grundlegenden Umstrukturierung. Aufgrund der finanziellen Engpässe im Bildungs- und Wissenschaftsbereich liegt der komplementäre Aufbau von Studien- und Aufbaustudiengängen nahe, um die gesamte Palette an hochqualifizierter Ausbildung zu erhalten beziehungsweise auszubauen. So hat die Erichsen-Kommission, die die schleswig-holsteinische Hochschullandschaft unter Effizienzaspekten untersuchte, in ihrem kürzlich vorgelegten Bericht den Lübecker Hochschulen eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Hamburger Hochschulen empfohlen. Die Behörde für Wissenschaft und Forschung hat im Rahmen der Umsetzung der Empfehlungen der Dohnanyi-Kommission den Auftrag erhalten, Kooperationen beziehungsweise Schwerpunktsetzungen mit Hochschulen in Schleswig-Holstein zu entwickeln.


IT-Zusammenarbeit

Neben dem Erfahrungsaustausch sollen konkrete Kooperationsprojekte, etwa im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie, realisiert werden. Hier seien als Stichworte nur e-Government, Beschaffungs- und Betriebsprozesse genannt.


Historie

Der heute beschlossene Städtevertrag knüpft letztlich nahtlos an die jahrhundertelange fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den beiden Hansestädten an. Ein kleiner historischer Rückblick belegt diese lange Tradition eindrucksvoll:


  • Um 1230 Beide Städte gewähren den Bürgern der jeweils anderen Stadt volle Handelsfreiheit
  • 1304 Gemeinsame Münzprägung
  • 1420 Gemeinsame Eroberung von Bergedorf und bis 1867 gemeinsame Verwaltung
  • 1466 Wechselseitiges Schutz –und Trutzbündnis
  • Seit 1629 Gemeinsam mit Bremen Sachverwalter der Hansekontore in Bergen, London und Antwerpen; im 19. Jhd. Unterhalt zahlreicher gemeinsamer Konsulate
  • 1858 Konzessionsurkunde über die Lübeck-Hamburger Eisenbahn
  • 1864 Staatstelegrafenvertrag über Bau, Unterhaltung und Betrieb
  • 1926 - 29 Hamburg-Lübeck-Gesellschaft (Vorsitz: Bankier Warburg)
  1. Land- und Seeflughafen Priwall
  2. - Verbesserung der Zugverbindungen
  3. - Autobahnbau Hamburg – Lübeck
  • 1928 Hamburg-Lübecker Gefängnisgemeinschaft Lauerhof
  • Bis 1937 Geltung lübschen Rechts in beiden Hansestädten

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