Hansestadt Lübeck stellt Vorsorgeplan für Pockenschutz auf

Veröffentlicht am 14.03.2003

Hansestadt Lübeck stellt Vorsorgeplan für Pockenschutz auf

Hansestadt Lübeck stellt Vorsorgeplan für Pockenschutz auf

030199R 2003-03-14

Das Gesundheitsamt Lübeck stellt derzeit einen Vorsorgeplan für den Pockenschutz auf. Es folgt damit einem Erlaß der schleswig-holsteinischen Landesregierung, mit dem alle Kreise und kreisfreien Städte verpflichtet werden, die Organisation von flächendeckenden Impfungen gegen Pockenviren konkret zu planen. Gesundheitsamtsleiter Dr. Michael Hamschmidt und Bürgermeister Bernd Saxe betonen anläßlich dieser Planungen, daß „eine terroristische Aktion mit Pockenviren äußerst unwahrscheinlich ist. Es besteht also kein Anlaß für Beunruhigung!“

Deutschland bereitet sich, wie andere Länder auch, dennoch auf den „worst case“ vor – denn nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 sind Vorsorgemaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung angesichts eines denkbaren Szenarios sinnvoll und notwendig. Daher hat das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium, den zuständigen Landesministerien und weiteren Fachleuten einen Rahmenplan zum Schutz der Bevölkerung entwickelt.

Dieser Plan ist in mehrere Stufen unterteilt: Da es weltweit keine Pockenkranken gibt, wird diskutiert, ob das Personal von speziellen Behandlungszentren geimpft werden sollte (Phase 1). Sollte eine Pockenerkrankung außerhalb Deutschlands auftreten, sollen – wiederum in mehrere Einzelphasen unterteilt – medizinisches Personal und Berufsgruppen die zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens erforderlich sind, gegen Pocken geimpft werden (Phase 2). Erst in dem äußerst unwahrscheinlichen Fall, daß es in Deutschland einen Pockenfall gibt, würde es sogenannte (Ab-) Riegelungsimpfungen oder gar Massenimpfungen geben. Dabei müßten dann innerhalb von fünf Tagen alle Bürgerinnen und Bürger Lübecks sowie eventuell auch sich gerade in der Hansestadt aufhaltende Touristen geimpft werden (Phase 3).

Um diese Impfungen organisatorisch bewältigen zu können, sind in Zusammenarbeit von Gesundheitsamt, Berufsfeuerwehr Lübeck, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Polizei, dem ärztlichen Leiter Rettungsdienst sowie Bereichen der Stadtverwaltung die für Lübeck notwendigen Impfstellen festgelegt worden: Die 1. Impfstätte würde dann in einem zentral gelegenen Gebäude eingerichtet werden. Die weiteren Impfstellen würden flächendeckend über das Lübecker Stadtgebiet verteilt und in öffentlichen Gebäude aufgebaut.

Jede Impfstelle würde einen Personalbestand von rund 120 Mitarbeitern haben: 12 Ärztinnen und Ärzte, 30 medizinische Fachkräfte für die Impfvorbereitung und eigentliche Impfung, 40 Fachkräfte für die Registrierung und Dokumentation der Impfung, sechs medizinische Fachkräfte für die Impfstoffvorbereitung und zehn Sanitäter für Menschen, die Erste Hilfe benötigen. Außerdem wird mit rund 20 Ordnungskräften und weiteren acht Helfern pro Impfstelle gerechnet.

Um die Mitarbeiter für die 2. Phase zusammenstellen zu können, werden Freiwillige gesucht. Dabei sollen möglichst Personen ausgewählt werden, die nicht (mehr) aktiv im Berufsleben stehen, bereits zweimal gegen Pocken geimpft wurden und bereit sind, ihren Pockenimpfschutz auffrischen zu lassen. Alle Freiwilligen müssen für die Aufgabe geschult werden. Für die 1. Impfstelle wird das oben genannte Personal benötigt, das sich beim Gesundheitsamt Lübeck unter der Telefonnummer (0451) 122-53 25 melden sollte.

Hintergrund:
Was sind Pocken?

Die Pocken sind eine Krankheit, die durch ein Virus, das Pocken- oder Variola-Virus, verursacht wird. Zu den Frühsymptomen zählen hohes Fieber und Abgeschlagenheit. Danach entwickelt sich ein charakteristischer Ausschlag, besonders an Gesicht, Armen und Beinen. Die erhabenen Flecken füllen sich mit klarer Flüssigkeit, später Eiter, und bilden dann eine Kruste, die allmählich austrocknet und abfällt. Die Pocken verliefen früher in bis zu 30 Prozent der Fälle tödlich. Der letzte bekannte, natürliche Fall ereignete sich 1977 in Somalia. Seitdem traten die einzigen bekannten Fälle bei einem durch einen Laborunfall verursachten Ausbruch im Jahr 1978 in Birmingham in England auf, bei dem eine Person starb. Die Pocken wurden 1979 von der WHO offiziell für ausgerottet erklärt. Die Zeit zwischen der Ansteckung mit Pocken und dem Ausbruch der Krankheit liegt zwischen mindestens sieben und höchstens 19 Tagen. Somit besteht ausreichend Zeit, sich gegen Pocken impfen zu lassen.

Effektive Pockenbekämpfung

Das volle Krankheitsbild der Pocken ist typisch. Bei Vorliegen eines Erkrankungsfalles würden Mitarbeiter des Gesundheitsamtes jede Kontaktperson einer infizierten Person ermitteln und impfen, um weitere Erkrankungsfälle zu vermeiden. Wenn schnell und konsequent gehandelt wird, kann die Anzahl der Erkrankungen auf ein Minimum reduziert und ein möglicher Ausbruch eingegrenzt oder verhindert werden. Dies war auch der Ansatz, der letztendlich dazu führte, daß die Krankheit ausgerottet wurde. Der Schlüssel hierzu war ein effektives Früherkennungssystem und eine rasche Antwort auf einen Ausbruch. +++