Vorlage - VO/2020/08922  

Betreff: Fraktion Freie Wähler & GAL: Elternentlastung für die Zeit der Corona-bedingten Aussetzung und Einschränkung aller außerfamiliären Kinderbetreuungsformen
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsstelle der FREIE WÄHLER & GAL Fraktion Bearbeiter/-in: Mentz, Katja
Beratungsfolge:
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck
28.05.2020 
16. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck an Verwaltung / Ausschuss zurück verwiesen   
Jugendhilfeausschuss zur Vorberatung
04.06.2020 
15. Sitzung des Jugendhilfeausschusses (Wahlperiode 2018 - 2023) zurückgezogen   
Schul- und Sportausschuss zur Vorberatung
18.06.2020 
13. Sitzung des Schul- und Sportausschusses (Wahlperiode 2018-2023) geändert beschlossen   
10.09.2020 
16. Sitzung des Schul- und Sportausschusses (Wahlperiode 2018-2023)      
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
27.08.2020 
18. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck geändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

 

1. Der Bürgermeister wird beauftragt, bis Ende Mai 2020 alternative Betreuungsorte für (Not-) Betreuungsgruppen für alle bisherigen Kitakinder 0-14 Jahre zu prüfen mit dem Ziel,

  • unter Einhaltung der erforderlichen Hygienevorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie und
  • Schutz der pädagogischen Mitarbeitenden

mehr Kinder betreuen lassen zu können als zur Zeit in den bestehenden Kitaräumlichkeiten möglich. Auch die inklusive Betreuung von I-Kindern und Kindern aus Risikogruppen soll innerhalb einer Kita auf diese Weise in Kleingruppen von z.B. 3-5 Kindern ermöglicht werden.

Zu prüfende alternative Betreuungsorte sind z.B. Parks, Spielplätze, Wald, großflächige Wiesen, Turnhallen der Schulen, Sporthallen, Sportplätze, Gemeindesäle, Kletterhallen, St. Petri Kirche u.w.m.

 

2.     Der Bürgermeister wird beauftragt, bis Ende Mai Lösungen zu Sicherstellung aller vor Corona erfolgten und geplanten Förder- und Therapiemaßnahmen für Kinder mit besonderem Förderbedarf und Kinder mit Behinderung unter Einhaltung der notwendigen Hygienemaßnahmen durch die dafür ausgebildeten Fachkräfte zu entwickeln - ohne, dass weiterhin eine Delegierung dieser Aufgaben an die Eltern erfolgt.

 

3.     Der Bürgermeister wird beauftragt, mit Nachdruck über direkte Kontakte, Öffentlichkeitsarbeit, Städtetag usw. gegenüber dem Land und Bund zu fordern, dass

a. für Eltern die Wahlfreiheit zwischen einer bedingungslosen Notbetreuung und - bei eigener Betreuung der Kinder - einem bedingungslosen Einkommensersatz geschaffen wird

b. Home-Office nicht länger als alternative Form für Kinderbetreuung eingestuft wird

c. private Zusammenschlüsse von Eltern zur Kinderbetreuung offiziell keine alternative Betreuungsform zu der außerfamiliären Betreuung durch Fachkräfte darstellen.

 

4.     Der Bürgermeister wird beauftragt, bei allen entwickelten Lösungen die Lübecker Elternverbände (Kreis- und Stadtelternvertretung, den Verein ElternStimme e.V.) sowie die Bereichsleitung der städtischen Kitas und den Dachverband der Freien Träger vor der Umsetzung der entwickelten Lösungen einzubinden, damit diese auch in der Praxis den Bedarfen der Eltern und den realen Möglichkeiten der außerfamiliären Betreuungsinstitutionen entsprechen. Im Sinne einer schnellen Umsetzung können und sollten dabei unbürokratisch Wege genommen werden.

 


Begründung

Die Eltern werden seit dem Corona-bedingten Lockdown damit konfrontiert, dass weder die Bedarfe der Kinder, der Eltern, der Familie als Einheit noch der pädagogischen Fachkräfte von den politischen Entscheidungsträger*innen im gesamten Land Beachtung geschenkt wird. Kinder und pädagogische Arbeit haben mehrheitlich keinen Stellenwert in der Politik.

Wir sehen es daher als unverzichtbar an, dass die Lübecker Bürgerschaft und der Lübecker Bürgermeister sich von dem kinder- eltern- und familienfeindlichen, die pädagogische Arbeit nicht wertschätzende Verhalten der übrigen Landes- und Bundespolitik distanziert und im Rahmen der kommunalen Möglichkeiten die Bedarfe der Kinder, Eltern und Familien als grundsätzlich systemrelevant anerkennt und daher mit höchster Priorität versieht.
Zur aktuellen Situation: Die Eltern Lübecks sind nach mehr als 9 Wochen in Mehrfachbelastung am Ende ihrer Kräfte angelangt, wie auch die Mehrzahl aller Eltern im gesamten Bundesgebiet. So berichtet die KEV/SEV Lübeck in ihrer Pressemitteilung vom 07.05.2020, dass

„(…) Eltern seit Wochen die finanziellen, beruflichen und auch seelischen Belastungen der Krise nahezu allein stemmen müssten. Das Verständnis für diese Situation, Geduld und Kraft der Eltern sei am Ende. Auch das jetzt von der Landesregierung vorgestellte Modell der erweiterten Notbetreuung in den Kitas ändere daran wenig. Denn trotz weiterer Notbetreuungsplätze würden die meisten Lübecker Kinder bis mindestens zu den Sommerferien ihre Kita nicht wiedersehen (wenn nicht sogar bis zum Herbst), weil die angekündigte Ausweitung der Notbetreuung in Lübeck oft an der Realität scheitere. So könnten aus baulichen Gründen nicht alle Kitas das Hygienekonzept für neue Notbetreuungsplätze umsetzen oder aber es fehle an dem notwendigen Raum. (…)

„Die von der Politik zugelassene Zusammenschlüsse von Eltern zur gegenseitigen Entlastung in der Kinderbetreuung sind genauso unzureichend, wie die Ausweitungspläne für die Notbetreuung und verlagert das Problem fehlender Kinderbetreuung einfach in den Privatbereich. Eltern aber können auf Dauer keine ausgebildeten pädagogischen Fachkräfte ersetzen“ (…)

„Gänzlich vergessen wurden bisher die Eltern von I-Kindern und die I-Kinder selber. Es braucht umgehend Lösungen zur Sicherstellung der notwendigen Therapien und Förderung. Auch die Notbetreuung muss so konzipiert werden, dass alle Kinder betreut werden können – selbst, wenn sie, wie oft bei I-Kindern der Fall, einer Risikogruppe angehören.“(…)

Das Fazit KEV/SEV zur familienpolitischen Coronapolitik:  

„Es zeigt sich aktuell immer wieder aufs Neue, dass Familien, Eltern und Kinder keine Lobby in der Politik haben. Die angekündigte Ausweitung der Notbetreuung ist nur eine oberflächliche Maßnahme, die die Situation für die Mehrheit der Familien noch nicht einmal ansatzweise verbessert. Stattdessen wird die Abwärtsspirale für die Mehrzahl der Lübecker Kinder, insbesondere auch der Kinder aus mehrsprachigen Elternhäusern, der I-Kinder, der Kinder aus bildungsfernen Familien mit den von der Landesregierung jetzt vorgelegten Plänen noch mehr beschleunigt. Die Mehrzahl der Lübecker Kinder werden dauerhaft von der außerschulischen Bildung der Kitas, den dortigen sozialen Kontakten ausgeschlossen, somit bildungstechnisch abgehängt und sozial isoliert. Wir fordern daher von der Lübecker Verwaltung und Kommunalpolitik die zeitnahe Entwicklung kreativer Lösungen im Rahmen der zu kurz gedachten Landesvorgaben, um die andernfalls für Lübecker Kinder fatalen Entwicklungen noch abzuwenden“ (…)“ 

Die Ausführungen der KEV/SEV ergänzend der Hinweis, dass die auf  Bundesebene geschaffenen Einkommensersatzleistungen für Eltern nach dem Infektionsschutzgesetz mit so vielen Einschränkungen verbundenen sind, dass nahezu keine Eltern diesen Lohnersatz beantragen und /oder bewilligt bekommen können. Zudem ist dieser Einkommensersatz auf sechs Wochen befristet, die mittlerweile /in wenigen Tagen um sind. Selbst eine Verlängerung dieser „Elternkurzarbeit“ nach dem Infektionsschutzgesetz würde nur den wenigsten Eltern aufgrund der damit verbundenen zahlreichen Fördereinschränkungen helfen können und geht somit an den Bedarfen der Eltern vorbei.

 Neben der KEV/SEV berichtete auch der Verein ElternStimme über die wachsende Verzweiflung der Eltern und führte damit in Verbindung eine Umfrage unter den Eltern durch, an der mehr als 1100 Eltern teilnahmen, vgl. www.elternstimme.org

 


Anlagen


 

 

Stammbaum:
VO/2020/08922   Fraktion Freie Wähler & GAL: Elternentlastung für die Zeit der Corona-bedingten Aussetzung und Einschränkung aller außerfamiliären Kinderbetreuungsformen   Geschäftsstelle der FREIE WÄHLER & GAL Fraktion   Antrag der FREIE WÄHLER & GAL Fraktion
VO/2020/08922-01   Empfehlung des Schul- und Sportausschusses an die Bürgerschaft zum Überweisungsantrag aus der Bürgerschaft der Fraktion Freie Wähler & GAL betr. Elternentlastung für die Zeit der Corona-bedingten Aussetzung und Einschränkung aller außerfamiliären Kinderbetreuungsformen (Sitzung der Bürgerschaft am 28.05.2020 - Vorlage: VO/2020/08922)   4.401 - Schule und Sport   Empfehlung eines Ausschusses