Veröffentlicht am 02.07.2008

Preisvergabe im Wettbewerbsverfahren „Wohnen mit Kindern“

Innenminister Hay präsentierte die Ergebnisse - Jury schlägt gezielte Verbesserungen vor

Die Preisträger des Wettbewerbsverfahrens „Wohnen mit Kindern in der Stadt“ stehen fest. Lothar Hay, Innenminister des Landes Schleswig-Holstein, gab am Mittwoch, 2. Juli 2008 in Lübeck die Entscheidung der Jury bekannt. Diese hatte zuvor an zwei Tagen alle Entwürfe geprüft und ausführlich diskutiert. Alle Arbeiten sind bis zum Sonnabend, 16 Uhr, in der Breite Straße 10–12 öffentlich ausgestellt.

Bei dem Wettbewerbsverfahren handelt sich um ein vom schleswig-holsteinischen Innenministerium entwickeltes und finanziertes Modellprojekt zur Entwicklung neuer architektonischer, städtebaulicher und sozialer Ansätze für einen kindergerechten Wohnungsbau. Ausgelobt wurde der Wettbewerb durch den Fachbereich Planen und Bauen der Hansestadt Lübeck. Kooperationspartner sind die Eigentümer der Grundstücke, die später die Bauvorhaben realisieren wollen. Mit von der Partie sind zudem vier Lübecker Wohnungsbauunternehmen, darunter auch die stadteigene Trave GmbH.

Auf fünf Grundstücken wurden von 24 Teams Lösungsvorschläge für kindergerechtes Bauen erarbeitet. Die Teams waren interdisziplinär zusammengesetzt (Architektur, Stadtplanung und Landschaftsplanung). In der Jury waren die Hansestadt Lübeck, das Innenministerium des Landes und die Lübecker Wohnungswirtschaft als Eigentümer der Grundstücke vertreten. Die international besetzte Jury hat insgesamt zehn Preise vergeben. Sie hat drei erste Preise, zwei zweite und vier dritte Preise vergeben und einen Ankauf entschieden.

Die prämierten Arbeiten zeichnen sich auch nach Meinung von Bausenator Boden durch eine hohe Qualität der Grundrisse bezüglich ihrer Flexibilität und Kinderfreundlichkeit aus. Auch der Übergang von der Wohnung in den Freiraum/Garten sei von einigen Teilnehmern überzeugend gelöst worden. „Insgesamt bietet das Wettbewerbsergebnis aus Sicht der Bauverwaltung und den Wohnungsunternehmen interessante Lösungen, die vertieft und in Teilen auch realisiert werden können“, sagte Boden.

Zu den Wettbewerbsergebnissen:

Auf dem Grundstück 1, Tannenbergstraße 9 - 19, Tilsitstraße 10 - 36, 38 - 42, und Westpreußenring 53 c im Stadtteil Kücknitz, Roter Hahn, wurde ein 3. Preis für Zastrow+Zastrow, Architekten + Stadtplaner/Kiel mit Landschaftsplaner ‚Land+’ Hanne Bat, Michael Finke/DK-Söndersö vergeben.
Begründung der Jury: „Die Autoren haben eine dynamische Bebauung vorgeschlagen (Schwarm). Die Qualität der Freiflächen wird von der Jury als spannungsvoller Kontrast zwischen befestigten Gebäudezwischenräumen und dem großzügigen quartiersübergreifenden Grünzug gesehen. Der detaillierte Grünplan zwischen den Siedlungskernen bietet Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Altersgruppen paradiesische Freiraumqualitäten an. Die Grundrisse lassen ein Wohnungsangebot für unterschiedliche Haushaltstypen mit Kindern erkennen.“

Auf dem Grundstück 2. Märkische Straße 4 - 14, in St. Lorenz-Süd, wurden mehrere Preise vergeben:

2. Preis: Wahrer-Barkowsky Architekten/Köln/Stadtplaner R. Stottrop Büro f Stadtplanung/Köln. Landschaftsplaner Club L 94 Landschaftsarchitekten/Köln
An diesem Projekt überzeugte die Jury die konzeptionell klare und prägnante Strategie, Satteldachstrukturen zum Ausgangspunkt einer Zeilenbebauung zu machen. Die Anordnung einer „harten“ Spielzone als „Spielgasse“ zur Straßenseite als Ergänzung zu einer „weichen“ Spielzone wurde hervorgehoben. Die Offenheit und Variabilität der Grundrisse bietet einen hohen Grad an Gestaltungsfreiheit, von kindergerechten Zonen über Home Offices bis zum Mehrgenerationenwohnen. Die gemeinschaftliche Grünfläche bietet Aneignungsqualitäten für unterschiedliche Kinder- und Jugendbedürfnisse.“

3.Preis für Scheuring + Partner/Köln/ Stadtplaner A. Laleik/Kiel. Landschaftsplaner Weidinger Landschaftsarchitekten/Berlin. „Die Autoren haben sich vom Lübecker Ganghaus inspirieren lassen. Die gestalterische Durcharbeitung wurde durch die Jury gewürdigt. Positiv bewertet wurde die Gliederung des Grundstücks. Es entstehen sowohl private Gärten und jenseits des Gemeinschaftsweges richtig angeordnete und nutzbare Freiflächen als gemeinschaftliche Spiel- und Aufenthaltsräume und das trotz der räumlichen Begrenztheit.“

Auf dem Grundstück 3, Marliring 50 - 54 / Nettelbeckstraße 7 – 11 in St. Gertrud, hat die Jury folgende Preise vergeben:

1. Preis: SWW Architekten Sawadda, Welp/Braunschweig, Stadtplaner H-J Meissner/Braunschweig/Landschaftsplaner H. Baumann/Lübeck
“Die vorgeschlagene Gebäudestellung definiert im Blockinneren einen zusammenhängenden, in drei Teilbereiche verschränkten gemeinschaftlichen Freiraum. Die Außenräume sind sehr gut proportioniert und vermitteln über die Perspektiven eine Stimmigkeit und gute Gestaltungs- und Nutzungsdifferenzierung, die allen Altersgruppen angemessen scheint. Insbesondere die Spielflächen im Umfeld des Gemeinschaftsraumes bieten aus Sicht der Jury gute Nutzungsmöglichkeiten für kleinere Kinder. Die 3 und 4-geschossigen zu einer Blockstruktur zusammengefassten Reihenhäuser sollen mehr als nur Wohnen ermöglichen. Auch die Geschosswohnungen sind klar strukturiert und proportioniert. Zusammenfassend: ein rundum gelungenes Konzept. Ein Stück Stadt!“

Ankauf: N2M Architektur + Stadtplanung/Hannover, Landschaftsplaner Grüne Tagträume/Garten+Freir.Planung/Hannover
“Das Preisgericht sah den Entwurf in seiner Neuinterpretation einer Blockbebauung als einen interessanten Beitrag zur Aufgabenstellung an. Der allen Bewohnern zur Verfügung stehende Blockinnenraum wurde in seiner Begegnungs- und Spielfunktion positiv herausgestellt. Die gegenüberliegende Anordnung von jeweils zwei Häusern eignet sich sehr gut für verwandte oder befreundete Bau- oder Mietergemeinschaften. Wichtig sind dabei die sich ergebenden geschützten Bereiche für Kleinkinder.“

Auf dem Grundstück 4, Hochschulstadtteil, Grace-Hopper-Straße, Karoline-Henschel-Straße, Carl-Gauß-Straße, in St. Jürgen, wurden folgende Preise vergeben:

1. Preis: Uta Graff in Kooperation mit Glass, Kramer, Löbbert Architekten/Berlin. Stadtplaner bdfw+ Urbane Konzepte/Weimar/Landschaftsarchitekten L. Monsigny / Berlin
“Dieses Projekt reagiert in differenzierter Form auf die stadträumlichen Gegebenheiten und schlägt innerhalb der 3-4 geschossigen Maisonette und Geschosswohnbebauung einen geborgenen Hof vor, der auf vielfältige und überzeugende Art und Weise Dialoge zwischen Innen und Außen, zwischen privaten, öffentlichen und halböffentlichen Zonen entwickelt. Im Mittelbereich entlang der Gebäudekonturlinien sind attraktive Spiel- und Sitzbereiche eingestreut. Innerhalb einer klaren und hochqualitativen architektonischen Gestaltung können unterschiedlichste Wohnungsformen produziert werden.
Als hochgradig eigenständige Typologie wird vom Preisgericht die Entwicklung des Prinzips des Dielen-Hauses hervorgehoben. Die Kinderfreundlichkeit wird bei dieser Arbeit insbesondere durch die Idee der großen zentralen Diele als Spiel- und Gemeinschaftsfläche ausgedrückt. Die Grundrisse ermöglichen ein Zusammenleben mehrer Generationen, für Patchworkfamilien und in den kleinen Einheiten eine Wohnmöglichkeit für ein Au-pair-Mädchen, später als Einliegerwohnung für ein größeres Kind oder eine Pflegeperson.“

2. Preis: Schenk+Waiblinger Architekten/Hamburg; Stadtplaner Elbberg Gbr/Hamburg/Landschaftsplaner G. ter Balk/Lübeck.
“Dieser Entwurf bietet insgesamt eine sehr qualitätsvolle Lösung der gestellten Aufgabe. Der sehr städtische Charakter ist die richtige Antwort auf den Ort. Die verschiedenen Wohn- und Grundrisstypen, insbesondere das Haus-auf-dem-Haus bieten in ihrer Variabilität ein gutes Angebot für unterschiedliche Ansprüche. Die durch die Gebäudestellung erreichte Freiflächengliederung und -zuordnung mit den beiden „Angern“ überzeugt und lässt insbesondere für Familien eine hohe Wohnqualität erwarten. Die besondere Kinderfreundlichkeit der Wohnanlage besteht u. a. darin, dass in den unteren Wohnungen ein direkter ebenerdiger Ausgang zu einem der Wohnung zugeordneten Garten besteht. Der Grundriss ermöglicht das gemeinsame Wohnen mehrer Generationen. Die oberen, "aufgesetzten" Häuser sind für Familien mit Jugendlichen geeignet. Die vorgeschlagene Jugendwerkstatt stellt ein interessantes Ergänzungsangebot für das Wohnen mit Jugendlichen dar.“

3. Preis: Kleffel Papay Warncke Architekten/Hamburg /Landschaftsplaner M. Nagler/Hamburg
“Drei ganz verschiedene Haus- und Wohnungstypen bieten Raum für unterschiedliche Familiengrößen und Lebensstile. Die einfache Gliederung des Blocks wird durch die Jury positiv bewertet. Es wird ein breitgefächertes Angebot an Wohnungstypologien und Wohnungsgrößen angeboten. Insbesondere die Einfamilienhäuser mit privaten Hausgärten sind für das gefahrlose Spielen kleinerer Kinder geeignet.“

Auf dem Grundstück 5 (Brandenbaumer Landstraße/Dieselstraße, Stadtteil St. Gertrud) wurden folgende Preise vergeben.

1.Preis: APB.Architekten+Stadtplaner/Hamburg/Stadtplaner G. Wilkens/Hamburg; Landschaftsplaner RMP S. Lenzen/Bonn
“Das Thema der Autoren: Wie man aus sechs Winkeln eine städtebauliche Figur entwickelt! Die Dreiteilung des Blockinneren in kleinen und großen Wohnhof, sowie einen schmalen Hof im Süden, schafft die Basis für die im Entwurf gezeigte Ausgestaltung der Teilräume. Die hohe formale und nutzungsspezifische Qualität zeigt sich im Detail. Bei den für das Wohnen mit Kindern vorgesehenen Einheiten gefällt gerade für Kinder die Idee des „Durchwohnens“, die durch die im Erdgeschoss angelegten Kinderzimmer ermöglicht wird mit direktem Zugang zum Garten, bzw. der Terrasse. Auch der direkte Übergang von privaten zu gemeinschaftlichen Spielflächen bietet für Kinder gute Aneignungsmöglichkeiten.
Positiv gewürdigt wird, dass der Gebietsgesamtcharakter gewahrt und der wertvolle Baumbestand im Innenraum erhalten wurde.“

3. Preis: K. Mai Architekt/Stadtplaner / Lübeck/Landschaftsplaner M. Ehlers/Hamburg.
“Stadthäuser und Stadtvillen. Nach Meinung der Jury sind die wenigen Aussagen in den Fassaden und Perspektiven ansprechend. Der für das Karré prägende, große Grünraum mit altem Baumbestand wird zu wesentlichen Teilen integriert. Ein positiver Aspekt für die Wohnqualität im Block sind die generell angebotenen, kleinen Privatterrassen, der große naturnahe Park bietet vielfältige Spiel- und Bewegungsräume für den Nachwuchs, sowie zwischen den Generationen.“

Das Preisgericht hat den Wohnungsunternehmen und Investoren folgendes empfohlen:

  1. Den Kontakt zu suchen mit den ersten Preisträgern der Grundstücke 3, 4 und 5.
  2. Zur Sondierung der Möglichkeiten einer weiteren Bearbeitung für das Grundstück 1 – dritter Preis - und das Grundstück 2 – zweiter und dritter Preis - Gespräche zu führen.
  3. Eine Überarbeitung der Entwürfe für alle Grundstücke unter Berücksichtigung der Anmerkungen der Jury zu veranlassen.
  4. Für alle Grundstücke im Zuge der weiteren Bearbeitung zusätzlichen Sachverstand zum Thema Familien-, Kinder- und Jugendgerechtigkeit einzubeziehen.
  5. Für das Grundstück 1 auch die Fläche im Eigentum des Lübecker Bauvereins in die weitere Bearbeitung einzubeziehen, wobei eine Bebauung mit einer Kita ausgeschlossen ist.

Alle Arbeiten sind ab sofort öffentlich zu sehen. Die Ausstellung Handwerkskammer, Breite Straße 10 – 12, öffnete am 2. Juli, 14 Uhr und endet am 5. Juli, 16 Uhr. Am 3. und 4. Juli ist die Ausstellung zwischen 11 und 18 Uhr geöffnet. +++