Vorlage - VO/2025/14673-02  

Betreff: AM Juleka Schule-Ostermann (GAL), Anfrage zu: Projektfreigabe "Neubau Grundschule mit Sporthalle und Kita am Geniner Ufer"
Geniner Ufer 5-5a, 23560 Lübeck, über 175.000,- EUR
Status:öffentlich  
  Bezüglich:
VO/2025/14673
Federführend:Geschäftstelle LINKE & GAL Bearbeiter/-in: Mentz, Katja
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss
04.12.2025 
21. Sitzung des Jugendhilfeausschusses (Wahlperiode 2023 - 2028)      

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Es wird um mündliche Beantwortung im Jugendhilfeausschuss am 04.12.2025 und im Nachgang schriftliche Beantwortung der nachfolgenden Fragen unter Beachtung der Begründung und dort insbesondere genannten Bürgerschaftsbeschlusses vom 29.08.2019 VO/2019/07479 gebeten. 

Da die Beschlussvorlage VO/2025/14673 bereits im Dezember 2025 im Hauptausschuss zur Entscheidung ansteht und die Projektfreigabe und Start des Gesamtprojektes unmittelbar danach erfolgen soll, werden die schriftlichen Antworten spätestens vor der Sitzung des Hauptausschusses am 09.12.2025 benötigt. Vor diesem Hintergrund wird die Anfrage in identischer Form für den Jugendhilfeausschuss am 04.12.2025 und Hauptausschuss am 09.12.2025 gestellt:

1. Ganztagskapazitäten

Wie viele Ganztagsplätze sollen an der neuen Grundschule konkret entstehen, und auf welcher Berechnungsgrundlage erfolgt diese Kapazitätsplanung mit Blick auf den bundesgesetzlichen Rechtsanspruch ab 2026?

 

2. Fehlende Raumangaben

Warum enthält die Vorlage keine explizite Ausweisung eigener Räume für den Ganztag (z. B. Betreuungsräume, Ruheräume, Differenzierungsräume), obwohl fachliche Empfehlungen (KMK, SH-Rahmenkonzept, Lübeck VO/2019/07479) und das Förderprogramm Ganztagsausbau (GaFinHG) bei hoher Teilnahmequote zusätzliche Flächen empfehlen?

 

3. Nutzung der Unterrichtsflächen

Soll der Ganztag vollständig auf die regulären Unterrichtsflächen (Klassenräume, Freilernzonen, Gruppenraum) zurückgreifen? Falls ja: Wie soll die parallele Nutzung durch unterschiedliche Gruppen am Nachmittag organisatorisch und pädagogisch abgesichert werden?

 

4. Jahrgangscluster als Ganztagsräume

Die Vorlage beschreibt die Jahrgangscluster als flexible Lernwelten, ohne zusätzliche Flächen vorzusehen. Reichen diese Flächen nach Einschätzung der Verwaltung tatsächlich aus, um sowohl den Unterricht als auch die wachsenden Betreuungsbedarfe im Ganztag abzubilden?

 

5. Inklusion im Ganztag

Wie wird sichergestellt, dass die im Bericht betonten inklusiven Anforderungen auch im Ganztag erfüllt werden können, wenn keine eigenen Ganztagsräume für Rückzug, Förderung und Ruhe vorgesehen sind?

 

6. Abstimmung mit dem künftigen Träger

Hat bereits eine Bedarfsabstimmung mit dem späteren Ganztagsträger stattgefunden – insbesondere zur Frage, welche Räume am Nachmittag zwingend benötigt werden?

 

7. Nachsteuerungsbedarf

Sieht die Verwaltung aufgrund des Rechtsanspruchs ab 2026 und der erwartbar steigenden Betreuungszahlen die Notwendigkeit, die Planung um eigene Ganztagsräume zu ergänzen? Falls nein: Wie wird begründet, dass die aktuelle Planung langfristig ausreichend ist?

 
 


Begründung

Die Vorlage zur Projektfreigabe für den Neubau der Grundschule mit Sporthalle und Kita am Geniner Ufer beschreibt einen modernen Bildungsbau, der ganztägiges Lernen grundsätzlich ermöglichen soll. Mit Blick auf den ab dem Schuljahr 2026/27 stufenweise in Kraft tretenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ergeben sich jedoch erhöhte Anforderungen an Raumkapazitäten, pädagogische Infrastruktur und organisatorische Planbarkeit, die in der Vorlage nur teilweise dargestellt werden. 

1. Rechtsanspruch und Raumbedarf

Der bundesgesetzliche Rechtsanspruch verpflichtet die Kommunen ab 2026 zunächst für die erste Jahrgangsstufe, anschließend jährlich aufsteigend bis 2029/30 für alle Jahrgänge der Grundschule, ein verlässliches Ganztagsangebot an fünf Werktagen und bis zu acht Stunden täglich vorzuhalten. Dieser Anspruch umfasst nicht allein Betreuungsplätze, sondern setzt auch räumliche Voraussetzungen voraus, die eine qualitativ hochwertige Ganztagsbildung ermöglichen.

Anerkannte fachliche Empfehlungen – darunter die Kultusministerkonferenz (KMK), verschiedene Länder-Raumprogramme, wissenschaftliche Expertisen zur Ganztagsqualität sowie landesweite Rahmenkonzepte – betonen, dass Ganztagsangebote eigene pädagogische Räume benötigen, insbesondere Ruhe-, Rückzugs-, Bewegungs- und Freizeiträume. Die vorliegende Planung weist jedoch keine eigenen Ganztagsräume aus und setzt überwiegend auf die Doppelnutzung der Unterrichtsflächen. Damit bleibt offen, ob der Standort die Anforderungen des Rechtsanspruchs langfristig erfüllen kann.

 

2. Ganztagsplätze an der neuen Schule

Die geplante dreizügige Grundschule soll bis zu 300 Schüler*innen aufnehmen. Die Vorlage benennt jedoch weder die konkrete Zahl der geplanten Ganztagsplätze noch die zugrunde liegende Berechnungsmethodik (z. B. Teilnahmequoten, Richtwerte pro Zug, prognostizierte Bedarfe). Da die ausreichende Versorgung mit Ganztagsplätzen ein gesetzlicher Auftrag ist, ist eine transparente Darstellung der Kapazitätsplanung erforderlich, um beurteilen zu können, ob der Standort den Rechtsanspruch erfüllen kann.

 

3. Fehlende Ausweisung eigener Ganztagsräume

Die Vorlage beschreibt die Jahrgangscluster als flexible Lernwelten, die sowohl für Unterricht als auch für den Ganztag genutzt werden sollen. Damit wird ein rein doppelt genutztes Raumkonzept verfolgt. Aus Qualitätsbewertungen verschiedener Ganztagsschulen ist jedoch bekannt, dass das Fehlen eigener Ganztagsflächen – insbesondere für Ruhe, Rückzug und individuelle Förderung – die pädagogische Arbeit am Nachmittag erheblich beeinträchtigen kann. Dies gilt umso mehr für inklusive Ganztagssettings einer neu zu bauenden inklusiven Regelschule.

 

4. Nutzung der Unterrichtsflächen

Die vorgesehenen Unterrichtsflächen (Klassenräume, Gruppenräume, Freilernzonen) sind pädagogisch sinnvoll konzipiert, aber bereits am Vormittag intensiv für Unterricht, Differenzierung und Förderung genutzt. Ohne eigene Ganztagsräume muss der gesamte Betreuungsbetrieb am Nachmittag auf diese Flächen zurückgreifen. In der Praxis führt dies häufig zu organisatorischen Herausforderungen, da parallele Gruppenarbeit, Ruhephasen und Förderangebote schwer abzubilden sind, wenn dieselben Räume täglich mehrfach umgenutzt werden müssen und der Unterricht klassenbezogen ein unterschiedliches zeitliches Ende an den verschiedenen Unterrichtstagen haben kann, so dass die Betreuung im Ganztag zu unterschiedlichen Zeiten und auch parallel zum Unterricht starten wird.

 

5. Jahrgangscluster als Ganztagsräume

Die Jahrgangscluster sind als „Heimaten eines Jahrgangs“ konzipiert und unterstützen moderne pädagogische Lernformen. Sie sind jedoch nicht als zusätzliche Ganztagsflächen ausgewiesen. Fachliche Qualitätsrahmen zur Ganztagsbildung betonen, dass Unterrichts- und Clusterflächen allein nicht ausreichen, um sowohl differenziertes Lernen am Vormittag als auch qualitativ hochwertige Betreuung am Nachmittag zu gewährleisten. Die Vorlage begründet nicht, warum die vorhandenen Flächen langfristig ausreichen sollen.

 

6. Inklusion im Ganztag

Die Planung weist erhöhte Anforderungen an Barrierefreiheit und Raumakustik aus, berücksichtigt jedoch nicht, dass Inklusion auch im Ganztag spezifische räumliche Voraussetzungen erfordert. Für viele Kinder sind Rückzugs-, Bewegungs- oder sensorisch reizärmere Räume essenziell. Ohne eigene Ganztagsräume bleibt unklar, wie die Schule eine inklusive Ganztagsstruktur abbilden kann, die den vielfältigen Bedürfnissen der Kinder gerecht wird.

 

7. Abstimmung mit dem künftigen Träger

Die Vorlage erwähnt zwar eine Beteiligung von Trägervertreter*innen an der Bedarfsplanung, macht jedoch keine Aussage darüber, ob bereits eine verbindliche, konzeptbasierte Abstimmung mit dem späteren Ganztagsträger stattgefunden hat. Nach dem Lübecker Konzept „Ganztag an Schule“ ist die gemeinsame Entwicklung eines pädagogischen und räumlichen Ganztagskonzeptes jedoch zentral. Diese gemeinsame Planung ist zudem durch einen Bürgerschaftsbeschluss vom 29.08.2019 verbindlich abgesichert worden:

 

„(…) 2. Die Ausstattung der Klassenräume in den Grundschulen wird künftig nach den Kriterien ganztägiger Nutzung in Zusammenarbeit von Schulen und Trägern der offenen Ganztagsschule weiterentwickelt.“ (Bürgerschaftsbeschluss VO/2019/07479)

 

Vor diesem Hintergrund ist entscheidend zu klären, ob für den Neubau am Geniner Ufer bereits ein abgestimmtes Raum- und Nutzungskonzept mit dem künftigen Träger vorliegt. Ohne eine solche gemeinsame Grundlage bleibt offen, ob die räumliche Planung den tatsächlichen Bedarfen der Ganztagsbetreuung entspricht und den politischen Vorgaben zur kooperativen Weiterentwicklung ganztägig nutzbarer Räume gerecht wird.

 

8. Nachsteuerungsbedarf

Da keine eigenen Ganztagsräume geplant sind, die Anforderungen des Rechtsanspruchs steigen und der inklusive Ganztag besondere räumliche Bedingungen benötigt, erscheint eine Nachsteuerung der Planung ggf. notwendig, sofern diese nicht bereits vorliegt und lediglich versäumt wurde, darüber in der Vorlage zu berichten. Die vorliegenden Fragen dienen daher dazu, die Planungsgrundlagen zu präzisieren und sicherzustellen, dass der Standort der neuen inklusiven Grundschule auch mit Blick auf die Bedarfe des Ganztags an Schule langfristig sowohl den gesetzlichen Vorgaben als auch pädagogischen und inklusiven Qualitätsstandards entspricht.

 


 


Anlagen


 

Stammbaum:
VO/2025/14673   Projektfreigabe "Neubau Grundschule mit Sporthalle und Kita am Geniner Ufer" Geniner Ufer 5-5a, 23560 Lübeck, über 175.000,- EUR   5.651 - Gebäudemanagement   Beschlussvorlage öffentlich
VO/2025/14673-01   Anfrage des Beirates für Menschen mit Behinderung zu VO/2025/14673 Projektfreigabe "Neubau Grundschule mit Sporthalle und Kita am Geniner Ufer": Umsetzung von Barrierefreiheit und Inklusion im geplanten inklusiven Grundschulbau.   Behindertenbeirat   Anfrage
VO/2025/14673-02   AM Juleka Schule-Ostermann (GAL), Anfrage zu: Projektfreigabe "Neubau Grundschule mit Sporthalle und Kita am Geniner Ufer" Geniner Ufer 5-5a, 23560 Lübeck, über 175.000,- EUR   Geschäftstelle LINKE & GAL   Anfrage
VO/2025/14673-03   Anfrage des Beirates für Menschen mit Behinderung zu VO/2025/14673 Projektfreigabe "Neubau Grundschule mit Sporthalle und Kita am Geniner Ufer": Umsetzung von Barrierefreiheit und Inklusion im geplanten inklusiven Grundschulbau   Behindertenbeirat   Anfrage
VO/2025/14673-04   AM Sascha Luetkens (Linke & GAL), Anfrage zu: Projektfreigabe "Neubau Grundschule mit Sporthalle und Kita am Geniner Ufer" Geniner Ufer 5-5a, 23560 Lübeck, über 175.000,- EUR   Geschäftstelle LINKE & GAL   Anfrage
VO/2025/14673-05   AM Juleka Schulte-Ostermann (GAL), Anfrage zu: Projektfreigabe "Neubau Grundschule mit Sporthalle und Kita am Geniner Ufer" Geniner Ufer 5-5a, 23560 Lübeck, über 175.000,- EUR   Geschäftstelle LINKE & GAL   Anfrage