Vorlage - 3/11836-02-01-01  

Betreff: Eckpunktepapier Parken: Digitale Lösungen für Anwohner-Parksuchverkehr und die Vermittlung privater Parkflächen
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna HagenBezüglich:
2023/11836-02-01
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Zschoche, Tobias
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
17.11.2025 
40. Sitzung des Bauausschusses      
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
25.11.2025 
42. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
27.11.2025 
20. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck      

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag


Beschluss der Bürgerschaft zum Parken in Lübeck Eckpunktepapier Parken Punkt 3, Punkt 4 und Punkt 5 (VO/2023/11836-02-01)

 

Der Bürgermeister wird gebeten,

 

  1. eine Konzeptidee zu entwickeln und der Bürgerschaft hierüber bis zur Sitzung im Juni 2024 zu berichten, das Digitalisierung nutzt, um freie Parkflächen im Straßenraum anzuzeigen und so Parksuchverkehr zu reduzieren.

 

  1. ein Grobkonzept für eine App zu entwickeln und der Bürgerschaft hierüber bis zur Sitzung im Juni 2024 zu berichten, mit der behördliche und gewerbliche Parkflächen außerhalb der üblichen Geschäftszeiten für private Nutzungen vermittelt werden können. Dafür ist auch eine grobe Abschätzung des potentiellen Angebotes solcher Parkplätze durchzuführen.

 

  1. als Gesellschaftsvertreter darauf hinzuwirken, dass die KWL ihre vorhandenen Daten für die Belegung der Parkflächen anderen Kartendiensten zur Verfügung stellt.

 
 


Begründung

 

3. eine Konzeptidee zu entwickeln und der Bürgerschaft hierüber bis zur Sitzung im Juni 2024 zu berichten, das Digitalisierung nutzt, um freie Parkflächen im Straßenraum anzuzeigen und so Parksuchverkehr zu reduzieren.

 

Die Hansestadt Lübeck bzw. ihre Tochtergesellschaft KWL betreibt ein „State-of-the-art“-Parkleitsystem, dass alle relevanten Kanäle bespielt:

  • Die städtische App MeinLÜBECK zeigt diese Daten ebenfalls an – in einer speziell für mobile Endgeräte geeigneter Form.
  • Die Auslastungsdaten werden auf Anfrage per API auch anderen App- oder Dienstanbieter zur Verfügung gestellt.
  • Nicht zuletzt wird die Anzahl der freien Parkmöglichkeiten auch auf dynamischen Anzeigen an den Zufahrtsstraßen angezeigt.

 

In das Parkleitsystem eingebunden sind alle Parkplätze und Parkbauten, bei denen die Belegung durch Sensorik gemessen wird. Dies umfasst alle zentralen privaten Parkhäuser, alle städtischen Parkhäuser und viele Parkplätze. Sollen auch Parkflächen am Fahrbahnrand berücksichtigt werden, ergeben sich Herausforderungen bei der Erfassung und Kommunikation der Belegungsdaten.

 

 

Erfassung der Parkraumbelegung im Straßenraum

Üblicherweise wird die Belegung über ein Zählsystem an den Ein- und Ausfahrten von Parkhäusern und Parkbauten erfasst. Dadurch reichen wenige Sensoren für eine große Anzahl an Parkständen[1] aus.

 

Im Straßenraum sind solche effizienten Lösungen nicht möglich. Stattdessen muss die Erfassung jedes Parkstandes einzeln erfolgen. Dafür gibt es folgende Ansätze:

 

  • Sensoren auf oder im Boden

Im einfachsten Fall sind dies, wie beim Projekt „Kreuzung frei“, kostengünstige Sensoren, die auf den Boden geklebt werden und keine Anschlussleitungen benötigen. Die korrekte Erfassung von Parklücken ist allerdings deutlich komplexer als die Erkennung von Falschparkenden. Es würden daher mehrere Sensoren pro Parkstand benötigt.

  • An erhöhten Punkten montierte Sensoren

Diese sind komplexer und somit teurer, z. B. durch ein Kamerasystem, können aber dafür mehrere Parkstände auf einmal erfassen.[2]

 

In jedem Fall sind die Gesamtkosten pro Parkstand für die Sensorik im Straßenraum höher als bei größeren Parkierungsanlagen.

 

 

Kommunikation der Belegungsinformation

Sind an ein Parkleitsystem nur größere Parkierungsanlagen angeschlossen, sind nur relativ wenige digitale Anzeigen an den Hauptstraßen notwendig. Bei einem Parkleitsystem für den Straßenraum ist hingegen eine digitale Anzeige an fast jeder Kreuzung notwendig (siehe Abbildung 1).

  

Abbildung 1: Links: Standorte der digitalen Anzeigen im Pilotprojekt „ParkPilot“ in Köln-Nippes; mit den 27 Anzeigen werden die Straßen des blau hinterlegten Gebiets abgedeckt.

Rechts: Bild einer der von mehreren Seiten ablesbaren digitalen Anzeigen.

Quellen: https://blog.rheinenergie.com/blog/parkpilot--so-machen-wir-das-parken-in-nippes-smart/233 und https://move-forward.eu/2023/04/12/koeln-360-kfz-parkpilot/

 

Eine App-Lösung kann die Anzeigen im Straßenraum ergänzen ersetzen kann sie diese aber nicht. Die Erfahrungen aus mehreren Projekten zeigen, dass sich neue Navigations-Apps, die zu freien Parkständen im Straßenraum leiten können, sich nicht gegen die bestehenden Navigations-Apps durchsetzen können. Eine entsprechende Funktion in der App EasyPark wurde trotz bereits weiter Verbreitung der App und der räumlichen Abdeckung mehrerer Innenstädte von Metropolen mangels Nutzung wieder eingestellt. Die App zum Kölner Projekt „ParkPilot“ wurde ebenfalls sehr wenig genutzt dies legen zumindest die insgesamt nur 14 App-Store-Bewertungen nahe. Gäbe es also nur eine App, würde die Belegungsinformation nur sehr wenige Nutzende erreichen.

 

In der Gesamtschau ist es offensichtlich, dass Parkleitsysteme in verdichteten Wohnquartieren Vorteile für die Bewohnenden des Gebiets bringen: Mit mehr Informationen kann die Zeit für die Parkplatzsuche gesenkt und Parksuchverkehr vermieden werden. Die Ausmaße dieser Effekte lassen sich allerdings schwer quantifizieren insbesondere, weil unklar ist, wie gut Bewohnende mit ihren individuellen Nutzungsmustern und Erfahrungen auch ohne ein Leitsystem zurechtkommen. Dem gegenüber stehen nicht unerhebliche Kosten für Anschaffung und Betrieb des Systems. Die einzige bekannte Installation eines solches Parkleitsystems wurde nach Auslaufen der Bundesförderung eingestellt[3].

 

Angesichts der erwarteten Kosten und des unklaren Nutzens wird das Thema „Parkleitsysteme in Wohnquartieren“ von der Stadtverwaltung derzeit nicht weiterbearbeitet.

 

 

4. ein Grobkonzept für eine App zu entwickeln und der Bürgerschaft hierüber bis zur Sitzung im Juni 2024 zu berichten, mit der behördliche und gewerbliche Parkflächen außerhalb der üblichen Geschäftszeiten für private Nutzungen vermittelt werden können. Dafür ist auch eine grobe Abschätzung des potentiellen Angebotes solcher Parkplätze durchzuführen.

 

In der Hansestadt Lübeck bieten diverse Apps komfortable und innovative Angebote für verschiedenste Parkangebote:

 

  • Beim Parken am Straßenrand oder auf Parkplätzen können – anstatt ein Parkticket zu ziehen – die Apps EasyPark, PayByPhone, Parkster und mobilet verwendet werden. Neben dem Komfortgewinn beim Ankommen sind mit diesen Apps auch ganz neue Aktionen möglich: So kann z.B. die gewählte Parkdauer verkürzt werden, falls man früher als geplant wieder abfahren möchte.
  • In den schrankenlosen Parkhäusern Godewind und Falkenstraße der KWL kann ebenfalls die App EasyPark genutzt werden, um einen Parkvorgang – ohne Umweg zum Parkautomaten – zu bezahlen. Das gleiche ist auch komplett ohne App bis zu 24h im Nachhinein auf der Website eines Partners der KWL möglich[4].
  • Im Parkhaus der „Linden Arcaden“ und dem von der KWL betriebenen Parkaus des Haerder Centers ist sogar ein vollständig automatisierter Bezahlprozess möglich: In den Apps APCOA Flow bzw. EasyPark können Nutzer:innen ihr Kfz-Kennzeichen für diesen Prozess (einmalig) freischalten und werden dann beim Parken nur noch über die Abbuchung der Parkgebühr benachrichtigt, ohne weiter aktiv werden zu müssen.

 

Allen diesen Parkvorgängen ist gemein, dass Nutzer:innen eine Parkmöglichkeit anfahren und dann eine Nutzungserlaubnis dafür erwerben („Parken & Bezahlen“). Der gleiche Ansatz lässt sich auch bei Parkflächen anwenden, die nur zeitweise zur allgemeinen Nutzung freigegeben werden sollen, wie z.B. gewerblichen oder behördlichen Parkplätzen. Soll dies geschehen, kann der Betreibende eines Parkplatzes einfach Parkautomaten aufstellen und/oder per Aushang auf App-Bezahlmöglichkeiten hinweisen. Auf einem Einzelhandelsparkplatz könnte man also z. B. ein Nachtparkticket lösen, um auch nach Ende der Öffnungszeiten parken zu dürfen.

 

Das Modell „Parken & Bezahlen“ funktioniert hingegen nicht bei Parkflächen, die nur Raum für einen oder wenige Kfz bieten, z. B. bei Stellplatzanlagen in Innenhöfen. Nutzenderden solche Parkmöglichkeiten nur dann anfahren, wenn es klar ist, dass sie dort auch wirklich parken können und dürfen. Für solche kleinen Angebote bietet sich daher das Vermietungsmodell an, bei dem ein Platz vorab reserviert bzw. gebucht wird. r die Vermietung von Parkmöglichkeiten gibt es die Plattformen und Apps der Firmen ampido GmbH und Peuka GmbH. Diese stehen sowohl privaten als auch gewerblichen Vermietenden von Parkständen offen. Vermietendennnen jeweils Verfügbarkeiten und Preise frei festlegen. Diese Angebote können Nutzende auf einer Karte finden, buchen und mit einer in der App hinterlegten Zahlungsmethode bezahlen. Bei erfolgreicher Vermietung wird der App-Betreibende anteilig an den Einnahmen beteiligt.

 

Seit einem Artikel in den Lübecker Nachrichten vom 26.08.2025 hat sich das Angebot in der PEUKA-App deutlich erhöht. Dennoch umfasst es derzeit nur 21 Parkstände an acht Standorten. Darunter ist nur ein Angebot für die (Mehrfach-)Nutzung außerhalb üblicher Öffnungszeiten; im genannten Fall werden zehn Parkstände in einem Gewerbegebiet nahe des Campus von 18.00 9.00 Uhr und am Wochenende angeboten.

 

In der ampido-App gibt es derzeit keine Angebote im Lübecker Stadtgebiet.

 

Trotz vielfältiger und ausgereifter technischer Möglichkeiten spielt die Mehrfachnutzung von gewerblichen und behördlichen Parkflächen derzeit keine relevante Rolle in Lübeck. Das geringe Angebot ist nur teilweise auf die geringe Bekanntheit der Apps bzw. Vermietungsmodelle zurückzuführen. Für potentielle Anbietende von Parkflächen stellen sich insbesondere auch viele Fragen, die sich auf die Wirtschaftlichkeit auswirken:

 

  • Wie groß ist das Zeitfenster, in denen Parkstände für die private Nutzung angeboten werden können? Gibt es zeitliche Flexibilität oder müssen z. B. zu einer festen Uhrzeit alle Parkstände von Nachtparkenden geräumt worden sein?
  • Wie groß ist die Nachfrage nach dem zeitlichen Angebotsprofil in der näheren Umgebung des Parkplatzes? Bewohnende, die erst abends nach Hause kommen und daher z. B. im Strenraum keinen Parkplatz mehr finden, werden wohl ungern auf einen Supermarktparkplatz ausweichen, falls dieser morgens schon wieder geräumt werden muss.
  • Wie hoch ist die Zahlungsbereitschaft für das Angebot?
  • Wie groß ist der zusätzliche Aufwand für die Einrichtung und Betrieb des Zusatzangebots? Müssen z. B. Kontrollen und ein Vertragsstrafprozess erstmalig eingeführt werden, oder müssen vorhandene Kontrollen (nur) ausgeweitet werden? Entstehen zusätzliche Verkehrssicherungspflichten?

 

Die Nutzung von Apps zur Vermietung von gewerblichen und behördlichen Parkständen ist naheliegend und vielversprechend aber auch mit Herausforderungen für die potentiellen Parkplatzanbietenden verbunden. Es ist möglich, im Rahmen von Quartierskonzepten das Interesse von potentiellen Anbietenden zu sondieren und den Erfahrungsaustausch zur Einführung von App-basierten Parkangeboten zu befördern. Erst danach lässt sich evtl. das Potential auch für andere Quartiere abschätzen.

 

 

5. als Gesellschaftsvertreter darauf hinzuwirken, dass die KWL ihre vorhandenen Daten für die Belegung der Parkflächen anderen Kartendiensten zur Verfügung stellt.

 

Die KWL stellt bereits die Daten zur Auslastung ihrer Parkflächen über eine spezielle Internetschnittstelle (API) zur Verfügung. Potenzielle Verwender bekommen auf Anfrage einen Zugang für die Schnittstelle. Unter anderem wird die Schnittstelle genutzt, um Auslastungsdaten im Geoportal darzustellen.


 


[1] Ein „Parkstand“ ist die Fläche für ein parkendes Fahrzeug.

[2] Das Pilotprojekt „ParkPilot“ in Köln nutzte die den Kamerasensor „Cleverciti Sensor, der laut Hersteller bis zu 100 Parkstände überwachen kann. Im Straßenraum ist allerdings eine deutlich geringere Zahl zu erwarten im genannten Projekt kamen 80 Kamerasensoren für 800 Parkstände zum Einsatz. Quelle: https://www.ksta.de/koeln/nippes/nippes-veedel/parkpilot-projekt-in-nippes-rhein-energie-zieht-positive-bilanz-724455


Anlagen


 

Stammbaum:
2023/11836-02-01   AT zu VO/2023/11836-02: FDP, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Antrag zu VO/2023/11836 Parken in Lübeck - Eckpunktepapier Parken   Geschäftsstelle der FDP Fraktion   interfraktioneller Antrag
3/11836-02-01-01   Eckpunktepapier Parken: Digitale Lösungen für Anwohner-Parksuchverkehr und die Vermittlung privater Parkflächen   5.610 - Stadtplanung und Bauordnung   Bericht öffentlich