Vorlage - VO/2022/11727-01  

Betreff: Antwort auf die Anfrage von AM Dr. Axel Flasbarth (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN): Parkhaus in Travemünde
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna HagenBezüglich:
VO/2022/11727
Federführend:5.061 - Fachbereichs-Dienste Bearbeiter/-in: Toll, Markus
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
21.02.2023 
76. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

 

Anfrage von AM Dr. Axel Flasbarth im Hauptausschuss am 06.12.2022 (VO/2022/11727):


Auf Antrag von SPD und CDU hat die Bürgerschaft beschlossen, ein Parkhaus am Fahrenberg in Travemünde von der Hansestadt Lübeck bauen zu lassen und nicht von einem privaten Betreiber, wie von der Verwaltung vorgeschlagen (VO/2019/08105 und 0/09154-01-01-01).

Da in Travemünde bereits ca. 2.800 Parkplätze für Tagesgäste vorhanden sind, ist damit zu rechnen, dass ein Parkhaus dort nur an wenigen Spitzentagen im Jahr ausgelastet sein wird.

Die Verwaltung geht nicht davon aus, dass ein Parkhaus dort wirtschaftlich zu betreiben ist (VO/2021/09918). Die Baukosten werden aktuell auf 5,5 bis 6,5 Mio. € geschätzt (VO/2022/11422).

 

Vor diesem Hintergrund möge der Bürgermeister bitte die folgenden Fragen beantworten.

 

  1. Mit welcher durchschnittlichen Jahresauslastung ist im Parkhaus am Fahrenberg zu rechnen?

 

  1. Welche jährlichen Gewinne/Verluste werden durch das Parkhaus für den städtischen Haushalt nach Fertigstellung erwartet?

 

  1. Der Bus- und Bahnverkehr zwischen Lübeck und Travemünde wird zur Zeit kontinuierlich ausgebaut. Welche Auswirkungen hat ein Parkhaus in Travemünde auf die Anreize, mit Bus und Bahn nach Travemünde zu fahren? Wie vertragen sich diese Auswirkungen mit den Klimazielen der Hansestadt und mit dem Grundlagenbeschluss

zum VEP?

 

  1. Wie bewertet die Verwaltung eine etwaige Subventionierung eines Parkhauses ausHaushaltsmitteln, das ggf. die Erreichung der klima- und verkehrspolitischen Beschlüsse der Bürgerschaft konterkariert (sog. klimaschädliche Subvention)?“

 

 


Begründung

 

  1. Mit welcher durchschnittlichen Jahresauslastung ist im Parkhaus am Fahrenberg zu rechnen?

 

Der Parkplatz Godewind beinhaltet momentan 105 Stellplätze und wies im Jahr 2022 über das ganze Jahr betrachtet eine Auslastung von 7,57 % aus. Vor Corona war die Auslastung vergleichbar und betrug im Jahr 2019 bei 100 Stellplätzen 6,5 %. Im neuen Parkhaus sind für Kurzparkende in einem ersten Ansatz 240 Stellplätze vorgesehen. Zwar ist zu Stoßzeiten wie den Sommer-Wochenenden sowie Veranstaltungen (z. B. Travemünder Woche) aufgrund der größeren Kapazität eine höhere Auslastung zu erwarten. Über das Jahr betrachtet wird aufgrund der größeren Kapazität für Kurzparkende allerdings lediglich mit einer Auslastung zwischen 5 % und 10 % gerechnet, die sich an der momentanen Auslastung des ebenerdigen Parkplatzes orientiert. Abzuwarten bleibt, inwiefern dieser Standort auch ganzjährig durch das deutlich erweiterte Angebot an Beliebtheit gewinnt.

 

Die Auslastung PP Godewind errechnet sich anhand der realen Einnahmen: Anhand der PP-Anzahl, der Betriebsstunden und des Ticketpreises wird eine wöchentliche Maximaleinnahme berechnet und mit den durchschnittlichen wöchentlichen Einnahmen über das gesamte Jahr ins Verhältnis gesetzt. Die reale Auslastung kann natürlich abweichen, wenn die Parkenden keine Tickets kaufen. Zudem kann zu (wenigen) bestimmten Zeiten die Nachfrage höher gewesen sein als die verfügbaren Stellplätze.

In der Wirtschaftlichkeitsberechnung wird des Weiteren davon ausgegangen, dass 100 Stellplätze für Dauermietende zur Verfügung stehen und ab dem 3. Betriebsjahr vollvermietet sind.

 

  1. Welche jährlichen Gewinne/Verluste werden durch das Parkhaus für den städtischen Haushalt nach Fertigstellung erwartet?

 

Das Investitionsvolumen beträgt momentan 6,5 Mio. Euro, wobei allein die aufwändige Gründung mit etwa 1,8 Mio. Euro zu Buche schlägt. Aufgrund des rapiden Zinsanstiegs mussten die Finanzierungskonditionen angepasst werden: Der Berechnung liegt nunmehr ein Zinssatz von 4,5 % und eine Annuität von 2,5 % zu Grunde. Die jährliche Belastung für den Haushalt der Hansestadt Lübeck liegt in der Summe im Durchschnitt der ersten zehn Jahre bei 350 Tsd. Euro jährlich.

 

  1. Der Bus- und Bahnverkehr zwischen Lübeck und Travemünde wird zurzeit kontinuierlich ausgebaut. Welche Auswirkungen hat ein Parkhaus in Travemünde auf die Anreize, mit Bus und Bahn nach Travemünde zu fahren? Wie vertragen sich diese Auswirkungen mit den Klimazielen der Hansestadt und mit dem Grundlagenbeschluss zum VEP?

 

Um Menschen in den Umweltverbund zu bringen, kommen sog. Push- und Pull- Maßnahmen in Frage. Bei Pull- Maßnahmen wird der Umweltverbund derart attraktiv gemacht, dass die Menschen diesen automatisch nutzen wollen. In diese Kategorie fallen die Ausweitungen des Bahnverkehrs. Push-Maßnahmen gehen generell mit Einschränkungen für den Kfz-Verkehr einher, sodass die Menschen dann lieber andere Verkehrsarten wählen. Eine Push-Maßnahme wäre in diesem konkreten Fall, die Zahl der Pkw-Stellplätze in Travemünde zu begrenzen. Da der Bau des Parkhauses keinem der genannten Ansätze entspricht, stellt die Errichtung gemäß der Frage auch keinen Anreiz dar, mit Bus oder Bahn anzureisen, sondern befördert eher die Nutzung des Pkw.

 

Grundsätzlich ist es nicht im Sinne des Grundlagenbeschlusses für den VEP, zusätzliche Flächen für den (ruhenden) Kfz-Verkehr anzubieten. Dies erlaubt aber aus Sicht der Verwaltung keine Rückschlüsse auf jeden Einzelfall. Parkhäuser können z. B. dazu dienen, den öffentlichen Raum vom ruhenden Verkehr zu entlasten (z. B. in verdichteten Wohngebieten) und sie können einen Beitrag leisten, Kfz auf einer insgesamt geringeren Fläche unterzubringen. Zudem ist Travemünde insofern ein Sonderfall, da es in diesem Fall insbesondere um die Deckung der Nachfrage des Tagestourismus geht. Unter Ausklammerung des Kostenaspektes wäre es dann durchaus erstrebenswert, den Flächenverbrauch durch das Vorhalten von Stellplätzen in platzsparender Bauweise zu minimieren. Ein derartiges Parkhaus würde es z. B. erlauben, Teile des Parkplatzes Leuchtenfeld zu begrünen.

 

  1. Wie bewertet die Verwaltung eine etwaige Subventionierung eines Parkhauses aus Haushaltsmitteln, das ggf. die Erreichung der klima- und verkehrspolitischen Beschlüsse der Bürgerschaft konterkariert (sog. klimaschädliche Subvention)?

 

Die Verwaltung kann aufgrund des Haushaltsgrundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit den dauerhaften Mitteleinsatz für dieses Vorhaben nicht empfehlen. Ob die unter 3. genannten Vorteile eines Parkhauses den Mitteleinsatz rechtfertigen, obliegt letztlich allerdings der politischen Bewertung. Einen Beitrag zum Klimaschutz und Verkehrswende stellt der Bau des Parkhauses nicht dar. Da der Bau des Parkhauses gemäß Beschluss des Mobilitätskonzeptes Travemünde den Wegfall von Parkplätzen an andere Stelle ausgleichen soll, würden hier jedoch keine zutzlichen Parkplätze entstehen, sodass fraglich ist, ob überhaupt zusätzliche Verkehre ausgelöst werden.

 


 


Anlagen


 

Stammbaum:
VO/2022/11727   AM Dr. Axel Flasbarth (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN): Parkhaus in Travemünde   Geschäftsstelle der Fraktion BÜ90 DIE GRÜNEN   Anfrage
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