Vorlage - VO/2018/05640-01  

Betreff: Bericht i. S. Antrag BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Vermittlungsbörse für Wohnraum
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senator Sven SchindlerBezüglich:
VO/2018/05640
Federführend:2.500 - Soziale Sicherung Bearbeiter/-in: Elstner, Katja
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Ausschuss für Soziales zur Kenntnisnahme
07.06.2022 
26. Sitzung des Ausschusses für Soziales zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
28.06.2022 
67. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
30.06.2022 
33. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

 

Im Januar 2018 wurde folgender Antrag VO/2018/05640 Vermittlungsbörse für Wohnraum von Bündnis 90/Die Grünen in der Bürgerschaft gestellt:

 

Der rgermeister möge die Einrichtung einer Beratungs- und Vermittlungsstelle für Wohnraum prüfen, wie sie bereits in anderen Städten eingerichtet ist, und bis Ostern berichten,

  • wie bestehende Angebote der Wohnberatung, z.B. von Verbänden, eingebunden werden nnen,
  • wann, wie und mit welchen Kosten eine solche Börse arbeiten kann.

 

Begründung:

In Lübeck besteht ein wachsender Bedarf an Ein- und Zwei-Zimmerwohnungen, viele Studierende oder Alleinstehende suchen eine kleine, günstige Wohnung. Durch Neubau allein kann der Bedarf nicht zeitnah gedeckt werden.

 

Gleichzeitig wird ein zunehmender Anteil von Einfamilienhäusern nur noch von ein oder zwei älteren Menschen bewohnt.

 

Diese Personen würden finanziell und ggf. auch bei der Pflege von Haus und Garten entlastet, wenn Wohnraum im Hause an Wohnungssuchende vermietet werden könnte.

 

Um beide Interessengruppen zusammenzubringen, soll eine Vermittlungsbörse für Wohnraum auf freiwilliger Basis mit Beratung hinsichtlich der Fördermöglichkeiten und der Art und Weise für ggf. notwendige entsprechende Umbauten eingerichtet werden.

 

rdergelder des Landes können für diesen Zweck beantragt werden. Nach dem Mietgesetz gelten für Vermieter erleichterte Bedingungen. Mieterbund Lübeck, Haus & Grund Lübeck, der Seniorenbeirat sowie die Investitionsbank S-H können unterstützend beraten.


 


Begründung

 

Einleitung

 

Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist, wie auch im Wohnungsmartktbericht 2021 dargestellt, angespannt. Es fehlen vor allem kleine Wohnungen und Wohnraum für große Familien. Dies spüren natürlich auch Studierende und Auszubildende, was auch das Studentenwerk Schleswig-Holstein bestätigt. Nachfolgend stellen wir die kommunalen Angebote und Handlungsfelder in diesem Kontext dar, werfen einen Blick auf die Möglichkeiten, durch Umbau oder Umzug Wohnraum zu schaffen, und beschreiben die Angebote für Student:innen mit besonderem Fokus auf „Wohnen für Hilfe“ des Studentenwerks Schleswig-Holstein.

 

 

Das kommunale Angebot „Wohnungsvermittlung“ und weitere kommunale Handlungsfelder

 

Der Bereich Soziale Sicherung kümmert sich bereits in vielfältiger Weise um die Belange von Menschen, die geeigneten bezahlbaren Wohnraum suchen:

 

Die Hansestadt Lübeck gehört zu den Städten, die eine Wohnungsvermittlung für geförderte Wohnungen vorhält. Eine Internetrecherche hat ergeben, dass die meisten Städte und Gemeinden keine eigene Wohnungsvermittlung haben, einige verlinken - u.a. unter dem Begriff „Wohnungsbörse“ - auf kommerzielle Angebote. Es gibt wenige Kommunen, die selbst eine Wohnraumbörse anbieten, bei der Privatvermieter freie Wohnungen melden können, teilweise begrenzt auf Geflüchtete. Diese Kommunen haben aber keine eigene Wohnungsvermittlung aufgrund von Benennungsrechten wie die Hansestadt Lübeck oder auch die Landeshauptstadt Kiel.

 

Im Rahmen der Wohnungsvermittlung der Hansestadt Lübeck werden geförderte Wohnungen, für die die Stadt ein Benennungsrecht hat, durch das Team Wohnraumförderung / Wohnungsvermittlung an wohnberechtigte wohnungssuchende Haushalte vermittelt. Derzeit sind ca. 1330 wohnungssuchende Haushalte in der Wohnungsvermittlung der HL gemeldet. Darunter sind auch viele Student:innen (4,9% der wohnungssuchenden Haushalte sind Auszubildende oder Studierende) und viele ältere Menschen (in 16,6% der wohnungssuchenden Haushalte ist mindestens ein Haushaltsmitglied 60 Jahre oder älter), die eine seniorengerechte Wohnung suchen.

Senior:innenhaushalte und Studierendenhaushalte bestehen überwiegend aus Einzelpersonen. Insgesamt sind ca. 53% der wohnungssuchenden Haushalte in der Wohnungsvermittlung Singlehaushalte.

 

Der Bereich Soziale Sicherung ist zudem im Rahmen des kommunalen Förderbudgets für die Schaffung von Wohnraum in Rahmen des SHWoFG (Gesetz über Wohnraumförderung in Schleswig-Holstein) steuernd tätig. Bei der Planung von gefördertem Wohnraum im Rahmen des Budgets wird nachdrücklich darauf hingewirkt, dass für die Personen bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird, die diese besonders benötigen. Das sind vor allem Wohnungen für einzelne Personen und Wohnraum für große Familien.

 

In den letzten Jahren hat sich der Bereich Soziale Sicherung aufgrund der aktuellen Erfordernisse und des oben aufgeführten bereits vorhandenen Angebots zudem stärker auf die Problemstellung Wohnraum für „Menschen mit besonderen Bedarfslagen“ insgesamt fokussiert und eine Vielzahl von Gesprächen mit dem Innenministerium, Verbänden und Trägern geführt.

 

Unter anderem ist Lübeck seit 3 Jahren Kooperationspartner im Projekt Frauen_Wohnen des Innenministeriums, bei dem es um die Vermittlung von Wohnraum an Frauen aus Frauenhäusern geht. In diesem Zusammenhang ist aufgrund des erfolgreichen Verlaufs des Projektes auch eine Koordinierungsstelle für die Vermittlung von Wohnraumr andere Personengruppen mit besonderen Bedarfslagen ins Gespräch gebracht worden.

 

Das Innenministerium hat zudem mittlerweile ein Förderprogramm für „Menschen mit besonderen Bedarfslagen“ im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus auf den Weg gebracht, dass gezielt die Versorgung dieser Zielgruppen mit Wohnraum voranbringen soll.

 

Eine Förderung für den Aufbau einer Wohnraumbörse ist nach Auskunft des Innenministeriums nicht vorgesehen.

 

 

Einfamilienhäuser: Schaffung von Wohnraum durch Umbau und Anreize für Umzug

Ein zunehmender Anteil von Einfamilienhäusern wird nur noch von ein oder zwei älteren Menschen bewohnt. Gleichzeitig suchen Studierende günstigen Wohnraum. Zielführend wäre es, beide Interessengruppen zusammenzubringen.

Durch den Umbau beispielsweise in Einfamilienhäusern könnte neuer Wohnraum z.B. für Untervermietung an Student:innen geschaffen werden. Wie in der Begründung des o.g. Antrags bereits angeführt, können Fördermittel für die zur Anpassung des Wohnraums erforderlichen Umbaumaßnahmen beantragt werden, hierfür stehen Landesmittel bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) zur Verfügung.

Haus und Grund bietet Beratungen zur Wohnraumanpassung und Fragen der Fördermöglichkeiten an. Das Thema spielt in den Beratungen bisher aber nur eine sehr untergeordnete Rolle. Zu Möglichkeiten der Wohnraumanpassung wird auch auf die bestehende Wohnberatung durch Wohnen im Alter e.V. hingewiesen, zu den Fördermöglichkeiten entsprechend auf das Angebot der IB.SH.

Anreize zum Umzug in kleinere Wohnungen, wenn der vorhandene Wohnraum zu groß geworden ist, sind verschiedentlich erprobt worden. In verschiedenen Kommunen wurden dabei Umzugshilfen, Organisation des kompletten Umzugs, Umzugsprämien etc. angeboten. Im Austausch mit anderen Kommunen und Wohnungsunternehmen aus verschiedenen Bundesländern wurde jedoch deutlich, dass diese Versuche gescheitert sind. Zum einen tun sich die vornehmlich älteren Bewohner:innen schwer, den vertrauten Wohnraum zu verlassen. Zum anderen ist es aufgrund der Situation auf dem Wohnungsmarkt schwer adäquaten neuen Wohnraum zu finden, der zudem noch mit erheblich höheren monatlichen (Miet-)Belastungen verbunden wäre.

 

 

Bestehende Wohnungsangebote für Student:innen

 

Es wurden in den zurückliegenden Jahren verschiedene Neubauten von Studentenwohnungen in Lübeck mit Wohnraumfördermitteln aus dem kommunalen Förderbudget gefördert. Neue Projekte können weiterhin gefördert werden.

 

Vorhandene Angebote für Studierende in Lübeck sind z.B.:

  • 547 Studentenwohnheimplätze des Studentenwerks SH in 4 Wohnheimen, diese sind z. T. öffentlich gefördert
  • StudentenWG, vermietet durch Lübecker Bauverein (11 4er WGen = 44 Plätze, öffentlich gefördert) und TRAVE (1 WG in der Innenstadt)
  • Kommerzielle Angebote, wie z. B. Alte-Schule (ehemals Friedrich-List)
  • Private Vermieter:innen

In Umsetzung befindliche bzw. geplante Angebote z.B.

  • Kahlhorstraße, privater Anbieter
  • Kastanienallee, privater Anbieter, öffentlich gefördert, 10 WE
  • Studentenwohnheim am Bornkamp

 


 

 

Studentenwerk Schleswig-Holstein: Das Angebot „Wohnen für Hilfe“

 

Die in der Begründung des Antrags genannte Aspekt, wie man Studierende und Menschen mit freistehendem Wohnraum zusammenbringen kann, wird im Angebot „Wohnen für Hilfe“ vom Studentenwerk Schleswig-Holstein in Kiel umgesetzt:

Das Studentenwerk Schleswig-Holstein bietet das Programm „Wohnen für Hilfe“ an, dass Menschen, die Wohnraum zur Verfügung stellen möchten und Studierende zusammenbringt. Hierbei vermittelt das Studentenwerk SH, ist aber nicht selbst Vertragspartner.

Es werden Wohnpartnerschaftsabkommen zwischen Anbieter:innen und Wohnungssuchenden abgeschlossen. In Kiel gibt es eine Mitarbeiterin mit einer halben Stelle, die vom Studentenwerk, der Stadt Kiel und dem Bildungsministerium gemeinsam finanziert wird. Sie sieht sich die Unterkünfte an, lernt die Partner:innen persönlich kennen und vermittelt die Studierenden an die Wohnraumanbieter:innen. Das Projekt wird insbesondere von vielen internationalen Studierenden nachgefragt, die auf diesem Weg Sprache und Kultur lernen möchten. Die genaue Anzahl sowie die Dauer der entstehenden Wohnpartnerschaften sind nicht bekannt, da keine Weiterbetreuung durch das Studentenwerk erfolgt.

Derzeit werden Wohnungsangebote aus Lübeck aufgenommen und Interessierte für eine Wohnung in Lübeck können den Bewerberbogen ausfüllen. Die Mitarbeiterin in Kiel stellt dann telefonischen Kontakt zwischen diesen her. Eine persönliche Betreuung wie in Kiel erfolgt derzeit nicht.

Das Projekt wird in Kiel umfangreich beworben, u. a. in den Stadtteilanzeigern und auf der Homepage, mit Plakaten usw. mit entsprechenden Kosten.

Es werden max. ca. 40 bis 50 Partnerschaften im Jahr vermittelt, größere Zahlen an Vermittlungen sind laut Studentenwerk nicht realistisch, da weder so ein hohes Angebot an Wohnraum generiert werden kann noch eine so hohe Nachfrage besteht und die Vermittlung sehr zeitintensiv ist. Zudem ist ein längerer Vorlauf von ein bis zwei Jahren nötig, bis das Projekt gut läuft. In Kiel läuft „Wohnen für Hilfe“ jetzt seit 8 Jahren, Ziel in Kiel ist, dass das Projekt gut aufrechterhalten werden kann.

Um eine entsprechende Betreuung auch in Lübeck anbieten zu können, bräuchte es aus Sicht des Studentenwerks eine/n Mitarbeiter:in in Lübeck, der diese Arbeit vor Ort im Umfang von ca. einer halben Vollzeitstelle übernimmt. Bedarf wäre nach dortiger Einschätzung aufgrund der Wohnungsmarktsituation in der Hansestadt Lübeck vorhanden. Das Studentenwerk Schleswig-Holstein hat seine Bereitschaft signalisiert, das Projekt „Wohnen für Hilfe“ auch auf die Hansestadt Lübeck auszudehnen, wenn die Finanzierung der für diese Aufgabe erforderlichen halben Stelle sichergestellt wird.

Allerdings weist das Studentenwerk auch darauf hin, dass es sich um ein Zusatzangebot zu den bestehenden und neu zu bauenden Wohnheimplätzen handelt.

Seit Dezember 2020 gibt es eine gemeinsame Absichtserklärung der Hochschulen, des Studentenwerks und der Hansestadt Lübeck, dass zur Deckung der Bedarfslücke bei Wohnungen für Studierende weitere Flächen geprüft werden sollen, inwieweit diese für studentisches Wohnen zur Verfügung gestellt werden können, zusätzlich zu den bereits vorgesehenen Studierendenwohnungen, die im Bornkamp/Schärenweg entstehen werden.


 

 

Abschließende Bemerkung und weiteres Vorgehen

 

Der Bereich Soziale Sicherung bietet mit der Wohnungsvermittlung wie oben beschrieben ein klar umrissenes Angebot für geförderten Wohnraum an, das deutlich von kommerziellen Angeboten der Wohnungsvermittlung abgegrenzt ist. Grundlage hierfür ist das SHWoFG. Ein Förderprogramm des Landes zum Aufbau einer Wohnraumbörse durch Kommune oder freie Träger gibt es daher folgerichtig nicht.

 

So hat die Recherche in anderen Städten und Kreisen auch ergeben, dass es nur wenige Wohnraumbörsen gibt, die bei genauerem Hinschauen häufig nur eine Verlinkung auf kommerzielle Angebote sind. Wenige kommunale Wohnraumbörsen sind begrenzt auf Geflüchtete. Die Landeshauptstadt Kiel hat wie Lübeck ausschließlich eine kommunale Wohnungsvermittlung.

Aus Sicht des Bereichs Soziale Sicherung erscheint es sinnvoll, Angebote für verschiedene Personengruppen mit besonderen Bedarfslagen zu koordinieren und sich nicht auf einzelne Gruppen wie z. B. Student:innen oder ältere Menschen in zu großen Häusern zu fokussieren. Diese fachliche Einschätzung wird auch weiterhin in Richtung Innenministerium deutlich gemacht.

Das Innenministerium hat zudem wie oben dargestellt ein Förderprogramm im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus auf den Weg gebracht, dass gezielt die Versorgung von Personengruppen mit besonderen Bedarfslagen mit Wohnraum voranbringen soll. In Gesprächen mit dem Land werden wir auch weiterhin darauf hinweisen, dass eine mögliche Koordinierungsstelle für die Vermittlung von Wohnraum für „Personengruppen mit besonderen Bedarfslagen“ zielführend sein könnte.

Beim Projekt „Wohnen für Hilfe“ des Studentenwerks Schleswig-Holstein handelt es sich um ein mögliches Zusatzangebot, das sich konzeptionell ebenfalls deutlich von einer kommerziellen Wohnraumbörse unterscheidet und für Anbieter von Wohnraum und Studierende gleichermaßen positive Auswirkungen hätte. Hierfür wäre eine halbe Planstelle für den Aufbau dieser Arbeit in Lübeck erforderlich. Sofern dies durch die Hansestadt Lübeck sichergestellt würde, stünde das Studentenwerk Schleswig-Holstein als möglicher Partner für Verhandlungen zur Verfügung.

Wenn diese Option weiterverfolgt werden soll, wären in einem chsten Schritt die konkreten qualitativen und quantitativen Erfahrungen mit dem Projekt in Kiel vertieft zu betrachten. Mit Blick auf die prozesshafte Umsetzung des Gesamtkonzeptes Leben und Wohnen im Alter - Älterwerden in Lübeckre „Wohnen mit Hilfe“ als generationsübergreifendes und - verbindendes Angebot sinnvoll.

 
 


Anlagen


./.

Stammbaum:
VO/2018/05640   BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Vermittlungsbörse für Wohnraum   Geschäftsstelle der Fraktion BÜ90 DIE GRÜNEN   Antrag der GRÜNE-Fraktion
VO/2018/05640-01   Bericht i. S. Antrag BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Vermittlungsbörse für Wohnraum   2.500 - Soziale Sicherung   Bericht öffentlich