Ausgangslage
Der Jugendhilfeausschuss und die Verwaltung bilden zusammen das Jugendamt der Hansestadt Lübeck. Die sogenannte Zweigliedrigkeit der Jugendhilfe ist bundesgesetzliche Vorschrift (§ 70 SGB VIII). Das Jugendfördergesetz Schleswig-Holstein (JuFöG SH) ist das Landesausführungsgesetz für das Bundesgesetz. § 47 Abs. 2 JuFöG SH sieht vor, dass jede kreisfreie Stadt ein Jugendamt errichtet; in § 69 SGB Abs. 3 VIII ist festgelegt: „Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Buch errichtet jeder örtliche Träger ein Jugendamt“. Die Organisation der Verwaltung des Jugendamtes liegt in der Gestaltungsfreiheit der kommunalen Selbstverwaltung im Rahmen dieser bundes- und landesrechtlichen Vorgaben.
Die Leistungen und Aufgaben des Achten Sozialgesetzbuches[1] werden in der Verwaltung der Hansestadt Lübeck derzeit von folgenden Bereichen und Abteilungen wahrgenommen:
- Abt. 4.041.2 Stabsstelle Jugendhilfeplanung und frühkindliche Bildung,
- Abt. 4.041.3 Finanzielle Kindertagesförderung,
- Bereich 4.401 Schule und Sport,
- Bereich 4.510 Familienhilfen,
- Bereich 4.511 Städtische Kindertageseinrichtungen,
- Bereich 4.513 Jugendarbeit.
Die Aufgabenwahrnehmung des Jugendamtes der HL in den verschiedenen Bereichen, Stabsabteilungen und Stellen wird von den Führungskräften effizient und effektiv gesteuert, von den zugeordneten Mitarbeitenden dem gesetzlichen Auftrag entsprechend der durch die Bürgerschaft bereitgestellten Ressourcen wahrgenommen. Allerdings bringt die Aufgliederung Schnittstellen und Kommunikationsaufwand mit sich: In Hinblick auf eine integrierte Planung und Umsetzung des gesetzlichen Auftrags, eine sozialräumliche Ausrichtung der Angebote, Hilfen und Leistungen für junge Menschen und Familien oder gezielte Übergänge zwischen den Arbeitsfeldern. Synergien und Potentiale des Zusammenwirkens werden so nur beiläufig bzw. projektbezogen genutzt, bereichsübergreifende Themen direkt bei der Fachbereichsleitung vorgetragen und von dort gesteuert. Von Mitgliedern der Gremien sowie freien Trägern wird immer wieder mal die Anforderung benannt, ein einheitliches Jugendamt zu bilden, allerdings mit unterschiedlichen und unspezifischen Begründungen.
Vorgehen
Die gfa | public GmbH hat im Vergabeverfahren den Zuschlag für die externe Beratung und Organisationsuntersuchung erhalten. Das Ziel der Begleitung war, Veränderungspotentiale der Aufbauorganisation aufzeigen, die sich positiv auf die Leistungsfähigkeit und die Arbeitsabläufe auswirken. Die extern begleitete Prüfung der Aufbauorganisation sollte Argumente für und wider einer dezentralen Organisation sammeln und gewichten. Das Ergebnis sollte eine qualifizierte Entscheidungsgrundlage für die Organisation der Jugendhilfe in der Hansestadt Lübeck sein. Die Prüfung sollte ergebnissoffen und beteiligungsorientiert durchgeführt werden. Die Ergebnisse aus der Personalbemessung und Organisationsuntersuchung für den Bereich 4.510 Familienhilfen (VO/2025/14405) wurden in diesem Projekt berücksichtigt. Es baute auf den Ergebnissen auf und führte sie zielorientiert fort. Folgende Formate und Methoden wurden im Zeitraum Januar bis November 2025 durchgeführt:
- Explorative Interviews mit Stakeholder:innen im Januar 2025
Die externen Beraterinnen der gfa | public GmbH interviewten zu Beginn des Projektes im Januar 2025 die zentralen Stakeholder der Hansestadt Lübeck. Hierzu gehörten die Fachbereichsleitung, die Bereichs- und Abteilungsleitungen der beteiligten Organisationseinheiten sowie eine Vertretung von Digitalisierung, Organisation und Service (DOS) und der Personalrat. Auf Basis der explorativen Interviews konnte die externe Beratung eine erste Bestandsaufnahme der Aufbauorganisation erarbeiten sowie die Chancen und Hemmnisse für das formulierte Projektziel eruieren. Die Feinplanung des Prüfauftrages wurde dementsprechend vorgenommen und im Weiteren verfolgt.
- Auftakt- und Informationsveranstaltung im Februar 2025
In einer Mitarbeitendenveranstaltung wurden die Ziele und das Vorgehen im Rahmen des Projektes erläutert. Teilnehmende waren Führungs- und Fachkräfte aus allen beteiligten Bereichen, die SGB VIII-Leistungen verantworten. Die Mitarbeitenden konnten in verschiedenen Arbeitsgruppen Impulse und Ideen sowie Bedenken und Sorgen einbringen (s. Anlage 3). Diese wurden im Verlauf des Projekts und insbesondere in der Steuerungsgruppe weiterbearbeitet. Im Anschluss wurde bis zu den Osterferien eine digitale Sprechstunde durch die Projektkoordination angeboten, die aber nicht in Anspruch genommen und entsprechend eingestellt wurde.
- Sitzungen der Steuerungsgruppe von März bis Oktober 2025
Eine Steuerungsgruppe aus Fachbereichsleitung, Bereichsleitungen beteiligter Bereiche, Leitungen der betroffenen Stabsabteilungen sowie Fachbereichscontrollig, DOS und dem Personalrat wurde eingerichtet. Sie wurde durch die externe Beratung moderiert und die verwaltungsinterne Projektkoordination begleitet. Die Funktion der Steuerungsgruppe war die Diskussion der Ergebnisse aus den explorativen Interviews, der Mitarbeitendenveranstaltung sowie der gutachterlichen Einschätzung durch die externe Beratung. Darüber hinaus fand eine multiperspektivische Auseinandersetzung mit der Aufbauorganisation und der Identifikation von Aufgaben des SGB VIII sowie SGB IX für junge Menschen statt. Ebenfalls wurden die Faktoren für eine gelingende Steuerung und Planung der Kinder- und Jugendhilfeleistungen /Teilhabeleistungen für junge Menschen besprochen und hinsichtlich der Auswirkungen auf die Organisationsstruktur reflektiert. Die Diskussions- und Arbeitsergebnisse aus den sechs Sitzungen der Steuerungsgruppe werden im Bericht von gfa | public GmbH dokumentiert (Anlage 1).
- Expert:innenworkshop zu städtischen Kindertageseinrichtungen im Juli 2025
Der Bereich Städtische Kindertageseinrichtungen nahm im Prozess eine besondere Rolle ein, weil der Bereich analog zu Trägern der freien Jugendhilfe ausschließlich operativ als Leistungserbringer agiert. Mit über 500 Mitarbeitenden in 28 Einrichtungen verantwortet der Bereich ein großes Aufgabenfeld, das besonders bei der Weiterentwicklung der Organisationsstruktur berücksichtigt werden muss. Im Jugendhilfeausschuss war bei Vorstellung des Projektes darum gebeten worden, die Einrichtung einer städtischen Gesellschaft als mögliche Organisationsform in den Blick zu nehmen. Hierzu wurde ein separater Expert:innenworkshop mit externer Beratung und dem Beteiligungscontrolling durchgeführt, um die relative Position des Bereichs in der Weiterentwicklung der Aufbauorganisation des Lübecker Jugendamtes zu bestimmen.
- Abschluss- und Informationsveranstaltung im November 2025
Die Ergebnisse des Prüfauftrags der Aufbauorganisation der Lübecker Jugendhilfe wurden in einer Informationsveranstaltung den Führungskräften der beteiligten Bereiche und Stabsabteilungen präsentiert. Diese hatten die Möglichkeit, Verständnisfragen und Anregung im Plenum oder anonym zu äußern sowie Fortbildungsbedarfe zu äußern. Im Anschluss daran erfolgte eine schriftliche Information aller betroffenen Mitarbeitenden zu den Ergebnissen des Projektes und zum weiteren Vorgehen.
Kernbefunde der Prüfung der Aufbauorganisation
Aus dem dargestellten Mix aus Befragung, Beteiligung und Begutachtung wurden eine Vielzahl von Erkenntnissen gewonnen. Diese werden ausführlich im Bericht von gfa | public GmbH in der Anlage 1 dargestellt. Von herausragender Bedeutung sind die folgenden Aspekte, die handlungsleitend für die Verwaltung sein werden:
Die derzeitige Aufbauorganisation behindert die Erreichung der fachlich-strategischen Ziele „Hilfen aus einer Hand“ und „Einheit der Kinder- und Jugendhilfe“
Wie im Prozess „Aufwachsen in Lübeck“ ursprünglich entwickelt, und in verschiedenen Arbeitskreisen, Projekten und Jugendhilfeteilplanungen weiterverfolgt, sollen Leistungen für junge Menschen und ihre Familien aufeinander aufbauen und aneinander anschließen. Das fachlich-strategische Ziel der Hansestadt Lübeck ist, dass Leistungen zur Betreuung, Begleitung und Hilfe sich sinnvoll ergänzen und die Bedarfe der Klient:innen im Vordergrund stehen. Der Wechsel innerhalb des Leistungssystems zu passgenauen Leistungen soll fließend sein (z.B., wenn eine intensivere Hilfe benötigt wird) und auch die biografischen Übergänge bzw. Schnittstellen zwischen den Arbeitsfeldern sollen nahtlos für junge Menschen und ihre Familien gestaltet werden.
Die aktuelle Aufbauorganisation fördert allerdings eine Partikularisierung der Kinder- und Jugendhilfe auf verschiedenen Ebenen, entlang von Logiken der Bereiche und Arbeitsfelder. Entsprechend entsteht nicht nur Unklarheit für Leistungsberechtigte hinsichtlich der richtigen Ansprechpartner:innen in der Verwaltung, sondern es besteht auch das Risiko, dass die Schnittstellen und Kooperationen nicht hinreichend gestaltet sind. Diese Ausgangslage begünstigt die Entstehung von Zielkonkurrenzen und -konflikten zwischen den unterschiedlichen Akteur:innen der Kinder- und Jugendhilfe, was Auswirkungen auf die rechtzeitige und ausreichende Versorgung von jungen Menschen und ihren Familien in den verschiedenen Leistungsfeldern haben kann.
Die aufbauorganisatorisch zergliederte Aufgabenwahrnehmung für junge Menschen und ihre Familien in der Verwaltung steht also dem Erreichen von fachlich-strategischen Zielen im Weg. Folgerichtig und gesetzeskonform sollen die kommunalen Leistungen für junge Menschen aus dem SGB VIII/IX in einem Bereich zusammengeführt werden. Die Fusion der Zuständigkeit in einer Organisationseinheit ist eine geeignete Maßnahme, um die gesetzlich gebotene fachliche Einheit der Kinder- und Jugendhilfe v.a. auch organisatorisch zu befördern. Die insbesondere seit Beschlussfassung des Konzeptes „Aufwachsen in Lübeck“ etablierten und kontinuierlich nachjustierten ablauforganisatorische Maßnahmen erwiesen sich hier für nur als bedingt geeignet und verlagern die im SGB VIII/Landesausführungsgesetz vorgegebene Steuerungsfunktion einer Jugendamtsleitung auf die Fachbereichsleitung, was nicht aufgabenadäquat ist.
Die Planung und Steuerung von Leistungen und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe wird durch die derzeitige Aufbauorganisation erschwert
Die Bestandsaufnahme und Begutachtung der derzeitigen Aufbauorganisation kam zum Kernergebnis, dass durch eine Umstrukturierung Synergien gehoben und Steuerungshemmnisse abgebaut werden könnten. Eine Zusammenführung der Leistungen und Aufgaben nach dem SGB VIII/SGB IX für junge Menschen in einer organisatorischen Einheit schafft eine Rollen- und Zuständigkeitsklarheit auch mit Blick auf die Ressourcenverantwortung und -steuerung. Es wird die Zuständigkeit hinsichtlich der Gesamtverantwortung (iSv § 79 SGB VIII) sowie der Wahrnehmung der Aufgaben der Leitung der Verwaltung des Jugendamtes (iSv § 74 SGB VIII) eindeutig verteilt. Die bereichsübergreifenden Abstimmungsbedarfe werden deutlich reduziert und die personenbezogene Abhängigkeit einer gelingenden Steuerung reduziert. Deutlich wurde auch, dass der fusionierte Bereich entsprechende Ressourcen in eigener Zuständigkeit für Jugendhilfe-Fachplanungen braucht, was in der Umsetzungsplanung herausgehoben zu betrachten ist.
Der Bereich 4.511 städtische Kitas bleibt als Regiebetrieb erhalten
In einem separaten Workshop wurde das Für und Wider sowie die Bedingungen und Auswirkungen des Betriebs der städtischen Kindertageseinrichtungen in unterschiedlichen Unternehmensformen diskutiert. Herausgearbeitet wurde, dass eine Transformation des Bereichs von einem Regiebetrieb bspw. in eine eigenbetriebsähnliche Einrichtung die strukturellen und prozessualen Herausforderungen nicht lösen würde. Im Gegenteil: durch den notwendigen Aufbau eines eigenen Overheads (Personalabteilung, Gebäudeverwaltung usw.) würden eher zusätzliche Kosten entstehen. Das zentrale Ergebnis war, dass die städtischen Kindertageseinrichtungen als sogenannter Regiebetrieb ein eigenständiger Bereich der Hansestadt Lübeck außerhalb des Jugendamtes bleiben soll (s. Anlage 4). Ausschlaggebend hierfür war nach Ausschluss der Option „Ausgliederung in eine städtische Gesellschaft“ zum einen die Größe des Bereiches mit über 500 Mitarbeitenden – bei Integration in den künftigen Bereich „Jugendamt“ entstände ein im Gesamtgefüge der Verwaltungsorganisation großer Bereich, der mehr als zwei Drittel der Mitarbeitenden im FB 4 umfasst hätte. Zum anderen agiert der Bereich Städtische Kindertageseinrichtungen v.a. in der operativen Leistungserbringung, welche zur Vermeidung von Interessensdifferenzen nicht mit der Funktion des öffentlichen Trägers in der strategischen Steuerung des und Qualitätsaufsicht über das gesamte Arbeitsfeld, also auch der Leistungserbringung in der Kindertagesförderung durch freie Träger oder Kindertagespflege, vermischt werden sollte (Ebene der Gesamt- und Planungsverantwortung). Das im Jugendhilfeausschuss formulierte Anliegen einer stärkeren Transparenz bei der Gleichbehandlung des öffentlichen Trägers und der der freien Träger im Arbeitsfeld ist inzwischen in weiten Teilen ohnehin durch das KiTaG-S.H. vorgegeben und soll durch den schrittweisen Aufbau eines darauf basierenden, einvernehmlich mit den freien Trägern zu entwickelnden Controllings verbessert werden.
Mit dem Bereich Städtische Kindertageseinrichtungen sollen verbindliche Kooperationsregelungen an den Schnittstellen zu den anderen betroffenen Bereichen/dem künftigen Jugendamt vereinbart werden.
Die schulbezogene Jugend- und Eingliederungshilfe wird perspektivisch in das Jugendamt integriert – die Aufgaben des Schulträgers und des Sportamtes bleiben davon unberührt
Im Bereich 4.401 Schule und Sport sind derzeit die Aufgaben als Schulträger und Sportamt sowie Aufgaben des öffentlichen Jugendhilfeträgers (SGB VIII) und Rehabilitationsträgers (SGB IX) angesiedelt. Die Rolle des Bereichs als Schulträger und Sportamt bleibt von den organisatorischen Überlegungen in diesem Projekt unberührt. Die Zielgruppen der schulbezogenen Jugend- und Eingliederungshilfe[2] hingegen würden von der Integration in das strategische Entwicklungsziel „Hilfen aus einer Hand“ profitieren, indem die Angebote enger mit anderen Betreuungs-, Beratungs- und Hilfsleistungen der Kinder- und Jugendhilfe/Eingliederungshilfe für junge Menschen verzahnt werden. Ebenso könnten auf Steuerungs- und Planungsebene die Leistungen und Angebote besser aufeinander abgestimmt werden. Gleichzeitig sind Aus- und Nebenwirkungen hinsichtlich der bisher guten Kooperation von Schule und Jugendhilfe zu beachten, insbesondere bei der Ausstattung der Ganztagsförderung an Schule für den seitens des Bundesgesetzgebers zeitnah ein Rechtsanspruch in Kraft tritt und seitens des Landes aktuell in Vorschriften und Finanzierungsgrundlagen gefasst wird. U.a. aus diesem Grund wird eine Integration der schulbezogenen Aufgaben und Leistungen in das Jugendamt für einen späteren Zeitpunkt angestrebt (s.u.). Im Übergangszeitraum sollen verbindliche Regelungen zur Kooperation an den Schnittstellen zu anderen Aufgaben des SGB VIII/SGB IX für junge Menschen getroffen werden.
Die aktuell direkt bei der Fachbereichsleitung angebundene Jugendhilfeplanung wird schrittweise in das Jugendamt integriert
Auch wenn die derzeit bei der Fachbereichsleitung angesiedelte Abteilung Jugendhilfeplanung zunächst bereichsübergreifend tätig bleibt, ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang bereits erste Aufgaben oder Ressourcen in Stufe 1 organisatorisch im entstehenden Jugendamt anzusiedeln sind. Ihre Zuordnung dorthin entspricht sowohl der gesetzlichen Gesamt- und Planungsverantwortung (§§ 79-80 SGB VIII) als auch den strategischen Zielen der Hansestadt Lübeck. Dies folgt dem Ziel, einheitliches Handeln, Hilfen aus einer Hand sowie integrierte Strategien innerhalb des Jugendamtes zu fördern. Zugleich bestehen Herausforderungen in der Umsetzung aufgrund der Rolle der Jugendhilfeplanung als übergreifend strategisch agierende und personell klein besetzte Einheit.
Im Rahmen von Stufe 2 soll die Jugendhilfeplanung – unter Wahrung ihrer Querschnittsfunktion und Planungsverantwortung für das gesamte Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe – vollständig in das Jugendamt überführt werden. Damit wird einerseits gewährleistet, dass die Planung künftig eng mit der operativen Umsetzung und den Steuerungsstellen der Jugendhilfe verbunden ist und ihre Impulse unmittelbar in die fachliche Entwicklung und Ressourcensteuerung des Jugendamtes einfließen. Andererseits wird die Hansestadt Lübeck als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe gestärkt, indem das zukünftige Jugendamt als Einheit für die Belange von Kindern, Jugendlichen und Familien im Sinne seiner gesetzlichen Aufträge eintreten kann. Gleichzeitig bleibt die Möglichkeit erhalten, über entsprechende Berichtslinien und Beteiligungsformate die strategische Perspektive auf Fachbereichsebene sicherzustellen.
Die aktuell direkt bei der Fachbereichsleitung angebundene Stabsabteilung Finanzielle Förderung Kindertagesbetreuung wird schrittweise in das Jugendamt integriert
Aktuell nimmt die Abteilung sowohl strategische Aufgaben der Steuerung der Kindertagesförderung wahr, als auch rein operative, wie z.B. die Zahlbarmachung der Kindertagespflege oder die Ermäßigung von Zuzahlungen der Eltern zur Kindertagesförderung. Die operativen Aufgaben gehen unabhängig vom Gesamtprozess zur künftigen Organisation des Jugendamtes 2026 in den Bereich Familienhilfen über (Wirtschaftliche Jugendhilfe) und sind bereits in die Umsetzungsplanung zum dortigen Organisationentwicklungsprozess („IN/S/O“) integriert. Die strategischen werden erst zu einem späteren Zeitpunkt im Umsetzungsprozess übergeleitet. Hintergrund hierfür sind durch vielfältige Reformen des Bundes- und Landesgesetzgebers noch nicht abgearbeitete Aufgaben der Rahmensetzung für die Kindertagesförderung durch Satzungen auf kommunaler Ebene bzw. die Evaluation und ggf. weitere Verhandlung inzwischen verabschiedeter kommunaler Regelungen. Zudem dürfte in Kürze die bundesgesetzliche Regelung zur Inklusion anstehen (sog. „I-KJHG“) und deren landesrechtliche Umsetzung zu verhandeln sein. Aufgrund der immensen finanzwirtschaftlichen Auswirkungen und erheblichen Schnittstellen zur Jugendhilfeplanung ist eine Anbindung dieser strategischen Aufgaben an die Fachbereichsleitung weiter zielführend.
Zielbild der künftigen Leitungsstruktur des Jugendamtes
Mit Abschluss des von gfa | public begleiteten Projektes wurde in der Steuerungsgruppe vereinbart, zur Leitung des künftigen Jugendamtes zwischen der Fachbereichsleitung sowie den in Stufe 1 betroffenen derzeitigen Bereichsleitungen „Jugendarbeit“ sowie „Familienhilfen“ einen Vorschlag zu entwickeln. Im Zuge dessen wurden im Nachgang verschiedene Modelle erörtert. Es wurde einvernehmlich ein mit den Organisationsvorgaben der HL vereinbarer Vorschlag entwickelt, demzufolge die Bereichsleitung „Familienhilfen“ die Jugendamtsleitung bzw. die Bereichsleitung übernimmt. Die derzeitige Bereichsleitung „Jugendarbeit“ soll dieser als Leitung einer Stabsabteilung zugeordnet werden, welche zum einen fachlich-strategische Aufgaben der Zusammenführung im neuen Bereich gemeinsam mit der künftigen Bereichsleitung steuert und zum anderen Dienstvorgesetzte für Querschnittsaufgaben der Kinder- und Jugendhilfe (z.B. Fachstelle Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, Demokratieförderung, Qualitätsmanagement/Fachcontrolling/Fachkoordination Weiterentwicklung Einheit der Kinder- und Jugendhilfe, Koordination Kinderschutz/Frühe Hilfen sowie kommunaler Präventionsrat) wird. Der genaue Aufgabenzuschnitt der überlegten Stabsabteilung nebst Zuordnung von Beschäftigten/Stellen wird in der Feinplanung zur Umsetzung erarbeitet. Maßgeblich für diese Überlegung ist das Ziel, die unterschiedlichen Stärken und Aufgabenprofile der Bereiche „Familienhilfen“ und „Jugendarbeit“ im Rahmen der künftigen Gesamtstruktur des Jugendamtes zu einem leistungsfähigen und zukunftsorientierten Ganzen zu verbinden. Dabei sollen sowohl die durch gesetzliche Pflichtaufgaben geprägten Strukturen als auch die innovativen und beteiligungsorientierten Ansätze der Jugendarbeit auf Leitungsebene sichtbar abgebildet und weiterentwickelt werden. Die vorgesehene Stabsfunktion übernimmt in diesem Zusammenhang eine zentrale Bedeutung für die strategische Steuerung, die fachliche Innovation und die nachhaltige Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Jugendamtes im Sinne einer modernen und integrierten Kinder- und Jugendhilfe.
Ein stufenweises, additiv-schematisches Vorgehen bietet die besten Chancen für eine realistische und zielführende Weiterentwicklung der Aufbauorganisation
Die Steuerungsgruppe diskutierte verschiedene Szenarien und Modelle, um die beschriebenen organisatorischen Herausforderungen zu lösen. Die Varianten sowie die Argumente und deren Gewichtung finden sich im Abschlussbericht in der Anlage 1.
Als zielführendste und effizienteste Lösung wurde ein additiv-schematisches Vorgehen identifiziert. Es sieht vor, dass die Leistungen und Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe schrittweise und mittelfristig in einem Bereich zusammengeführt werden. Dies ist sowohl bezogen auf die Erweiterung der Leitungsspanne der Bereichsleitung geboten, als auch in Hinblick auf die womöglich erforderliche Personalentwicklung der nächsten Führungsebene sowie die Beteiligung und Gewinnung der Beschäftigten für das verfolgte Ziel. Gestaltungsräume bestehen für die Mitarbeitenden als Expert:innen der eigenen Berufspraxis v.a. bei der Identifizierung von sinnvollen und zielführenden Organisation der Aufgaben innerhalb des künftigen Jugendamtes. Ein solcher Prozess kann für Hunderte von Beschäftigten aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern parallel nicht erfolgversprechend durchgeführt werden, schon gar nicht, wenn gleichzeitig erhebliche bundes- und landesgesetzliche Änderungen für die Aufgabenwahrnehmung anstehen oder in der Umsetzung noch nicht vollständig bewältigt bzw. erprobt sind. Die Sicherung der Aufgabenwahrnehmung hat neben der Erreichung des Ziels zum Aufbau eines einheitlichen Jugendamtes hohe Priorität.
Die grafische Darstellung des Stufenplans findet sich in der Anlage 2. Die Umsetzung sieht verschiedene Stufen vor, die aufeinander aufbauen:
- „Stufe 0“: Im ersten Umsetzungsschritt geht es zunächst darum, die Empfehlungen von IN/S/O hinsichtlich Organisation, Zuständigkeiten, Struktur- und Prozessqualität unter Beteiligung der Mitarbeitenden im Bereich 4.510 Familienhilfen umzusetzen. So sollen einheitliche Zuständigkeiten in der Hilfeplanung und sinnvolle organisatorische Neuordnung von fachlichen Aufgaben erfolgen. Zusätzlich sollen die Erhebung und Ermäßigung von Kita-Entgelten sowie die Zahlbarmachung Kindertagespflege (zwei Teams aus der der Abteilung 4.041.3 Finanzielle Kita-Förderung) in den Bereich Familienhilfen übergehen. Diese Neuordnung schafft Synergien in den Arbeitsabläufen und -strukturen hinsichtlich finanzieller Leistungen für Familien und erleichtert die Zugänglichkeit für Leistungsberechtigte. Die bei der Fachbereichsleitung verbleibenden Aufgaben werden in einer „Steuerungsstelle Kindertagesförderung“ zusammengefasst.
- „Stufe 1“: In der nächsten Stufe sollen die „Jugendamts-Bereiche“ 4.510 Familienhilfen und 4.513 Jugendarbeit zusammengeführt werden. Die bisherige Struktur der Fachabteilungen kann in diesem Schritt zunächst erhalten bleiben. Fachliche und organisatorische Synergien im fusionierten Bereich sollen unter Beteiligung der Leitungs- und Fachkräfte identifiziert und gehoben werden. Die Verwaltungsabteilungen sollen allerdings in diesem Schritt bereits zusammengeführt werden. Bereits in diesem Schritt werden Kernaufträge der Kinder- und Jugendhilfe strukturell zusammengeführt und können zukünftig besser zusammenwirken. Ebenfalls wird geprüft, welche Aufgaben und Ressourcen der Jugendhilfeplanung in Stufe 1 schrittweise in das Jugendamt überführt werden können, ohne die übergreifenden Planungsaufgaben zu beeinträchtigen, um eine engere Verzahnung mit der Gesamtsteuerung zu ermöglichen.
- „Stufe 2“: Die letzte Umsetzungsstufe sieht die Zusammenführung der pädagogischen und sachlichen Leistungen für junge Menschen und ihre Familien unter einem Dach vor und beinhaltet in diesem Schritt v.a. Überführung der schulbezogenen Jugend- und Eingliederungshilfe in das Jugendamt vor, die derzeit beim Bereich 4.401 Schule und Sport angesiedelt ist. Weiterhin wird die bereits in Stufe 2 um operative Aufgaben reduzierte neu benannte Stabsabteilung „Steuerungsstelle Kindertagesförderung“ in das Jugendamt übergehen. Ebenfalls erfolgt (ggf. auf Grundlage bereits in Stufe 1 vollzogener Schritte) die Integration der Jugendhilfeplanung in das Jugendamt und Einbindung in das Gesamtsteuerungs- und -planungsmodell.
Für die Umsetzung erfolgt eine Feinplanung, um Wechsel- und Nebenwirkungen der organisatorischen Veränderungen berücksichtigen zu können. Eine externe Beratung soll für die Umsetzung beauftragt werden. Der Auftrag soll Umsetzung der Stufe 1 umfassen mit einer Verlängerungsoption für Stufe 2.
Fazit und Ausblick
Die Prüfung der Aufbauorganisation der Verwaltung des Jugendamtes der Hansestadt Lübeck hat gezeigt, dass es organisatorische Weiterentwicklungspotentiale gibt, um die rechtlichen, fachlichen und strategischen Ziele zum Wohle von jungen Menschen und ihren Familien zu erreichen. Die Zusammenführung der kommunalen Zuständigkeiten führt zu einer besser abgestimmten und aufeinander aufbauenden Kinder- und Jugendhilfe. Die stufenweise Umsetzung ermöglicht zudem ein reflektiertes und nachhaltiges Vorgehen mit Nach- und Umsteuerungsmöglichkeiten, sollten diese notwendig werden. Aus den beschriebenen Vorhaben ergibt sich folgende Zeitschiene:
| - November 2025: Finalisierung der Prüfung, Dokumentation der Ergebnisse und Information der Mitarbeitenden
- Ab Dezember 2025: Information des Jugendhilfeausschusses und des Schul- und Sportausschusses
- Erstes Quartal 2026: Umsetzung „Stufe 0“, Vergabeverfahren für externe Begleitung, Beginn Chance Management
- Zweites Quartal 2026: Beginn der Umsetzungsplanung Stufe 1 und Qualifizierung Führungskräfte
- Anschließend Umsetzung Stufe 1 beginnen, parallel Umsetzungsplanung Stufe 2 einleiten und zeitgleich bei Bedarf Qualifizierung weiterer Führungskräfte
- Anschließend Umsetzung Stufe 2
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