- Anlass
Im Zuge der Wahrnehmung der Betreiberverantwortung durch das GMHL liegt der ganz wesentliche Fokus der Aufgaben in der Sicherstellung bzw. Wiederherstellung der Verkehrssicherheit des kommunalen Gebäudebestands. Der desolate Zustand in Bau- und Anlagentechnik, insbesondere infolge einer über Jahrzehnte andauernden, unzureichenden Bereitstellung von Ressourcen und Finanzmitteln, führte dazu, dass zunehmend konkrete Gefahren für die Nutzenden sowie für die den Betrieb sicherstellenden, internen und externen Personen vorliegen.
Das Sonderprojekt „Notfallplan Verkehrssicherheit“ wurde mit dem Ziel eingeleitet,
- vornehmlich öffentliche Gebäude (Kitas, Schulen, Sporthallen) hinsichtlich bestehender Gefährdungen nach einem gemäß Erstbewertung erstellten Umsetzungsplan zu untersuchen,
- dabei ermittelte, dringende Handlungsbedarfe zur Abstellung von Gefahren zu priorisieren und unverzüglich umzusetzen sowie
- (Teil-)Schließungen durch Sofortmaßnahmen aber auch ggf. durch vorübergehende Kompensationen (z.B. Notabsteifungen von Tragwerken, Netzsicherungen an Fassaden und Steildächern, Brandwachen bei Brandschutzmängeln, mobile Trinkwasserversorgung bei Trinkwasserhygienedefiziten, etc.), nach Möglichkeit abzuwenden.
Die wesentlichen Ursachen für das Bestehen von konkreten Gefahren an städtischen Gebäuden ergeben sich durch
- Standsicherheitseinschränkungen:
z.B. akute Einsturzgefahr Sporthallendächer (bspw. Ahornschule, Trave GGS Kirchplatz), Herabfallen vorgehängter Fassadenteile in Verkehrsflächen (z.B. Paul-Klee-Schule, VzM Haus Kronsforde und Haus Trave), Schäden an Steildächern mit Gefahr des Herabfallens von insb. Pfannendeckungen in öffentliche Verkehrsflächen (z.B. Theater Lübeck)
- Einschränkungen im bau- und anlagentechnischen Brandschutz:
An einer großen Vielzahl städtischer Gebäude z.B. fehlende Rettungswege, fehlende oder nicht durchgängig sichere Brandabschnittsbildungen, fehlender Feuerwiderstand von tragenden oder raumbildenden Bauteilen, fehlende oder ungeeignete Brandschottungen bei Leitungsdurchführungen durch Geschossdecken oder Brandwände, Schäden und Ausfälle an sicherheitstechnischen Anlagen wie Brandmeldeanlagen, Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, Sicherheitsbeleuchtung, etc.
Aktuelle Beispiele:
Emanuel-Geibel-Schule und OzD (in Teilen erf. Nutzungseinschränkung), Gewerbeschule II und Lutherschule (Sofortmaßnahmen Brandschutz)
- Gefährdungen durch schadhafte Anlagentechnik:
Insb. Mängel in der Elektrotechnik mit Gefahr von Stromunfall sowie eingeschränkte Trinkwasserhygiene, Raumlufthygiene
- Struktur, Methodik, Kapazitäten in Planung und Umsetzung „Notfallplan VS“
Der „Notfallplan Verkehrssicherheit“ wurde entsprechend vorgenannter Clusterung der Ursachen für bestehende Verkehrssicherheitseinschränkungen in folgende Teilprojekte gegliedert:
- Teilprojekt: „Standsicherheit und Baukonstruktion“,
- Teilprojekt: „Brandschutz“,
- Teilprojekt: „Technische Gebäudeausrüstung“.
Für jedes der Teilprojekte ist ein fachkundiger Teilprojektleiter eingesetzt worden. Verfügbare Kapazitäten bestanden dabei lediglich in der Brandschutzingenieurstelle, die nach Langzeiterkrankung erst in 08/2024 neu besetzt werden konnte.
Das „WC-Sanierungsprogramm an Schulen“ musste für den prioritären Einsatz der Mitarbeitenden im „Notfallplan Verkehrssicherheit“, u. a. mit der Teilprojektleitung „Standsicherheit und Baukonstruktion“, bis auf Weiteres unterbrochen werden.
Die TGA-Teilprojektleitung konnte wegen erheblicher Auslastungen der in der TGA fachkundigen GMHL-Mitarbeitenden sowohl in der Bauunterhaltung als auch in der Projektleitung nur durch vorübergehende, operative Unterstützung der Leitung Team TGA erfolgen. Die vorgenannten Aufgabenveränderungen innerhalb der technischen Abteilung des GMHL führen zur Unterbrechung und Verzögerung von z. T. verpflichtenden Aufgaben mit geringerer Priorität.
Die aktuellen Zwischenergebnisse und anstehenden Aufgaben im „Notfallplan Verkehrssicherheit“ werden in einem 2-wöchigen Abstand in einem zugehörigen Jour Fixe abgestimmt. Es ergaben sich aus den Teilprojekten in den letzten 12 Monaten z. T. sofortige Handlungsbedarfe sowie u. a. auch Gebäudeschließungen. Die anlassbezogen erforderlichen, zusätzlichen Kapazitätsbedarfe zur Abstellung der attestierten Gefährdungen werden aus dem Kreis der Mitarbeitenden in der technischen Abteilung nach Bedarf mit sofortiger Wirkung hinzugezogen, wodurch regelhaft in Bearbeitung befindliche Projekte und Maßnahmen z. T. unterbrochen werden müssen.
Die Umsetzungsgeschwindigkeit in der Identifizierung von verkehrssicherheitsrelevanten Mängeln sowie deren Beseitigung zur Wiederherstellung eines sicheren Gebäudebetriebes wird durch die bestehenden Kapazitätsengpässe sowie durch die organisatorischen Hemmnisse (z. B. fehlende digitale Objektdokumentation, fehlende Prozessabläufe) eingeschränkt. Positive Erfahrungen in der organisatorischen Umsetzung zeigen sich durch eine kooperative und mit unmittelbaren Entscheidungswegen umgesetzte Projektstruktur.
- Zwischenstand „Teilprojekt Standsicherheit und Baukonstruktion“
3.1 Umfang und Vorgehensweise
Der Erstabschätzung folgend bestehen Standsicherheitsgefährdungen bei Sondertragwerken wie z. B. weit gespannten Dachtragwerke, Fachwerkträgern, Kragkonstruktionen und Tragwerken in korrosiven Umgebungsbedingungen (z. B. historische Rabitzdecken unter ungedämmten Dächern von Versammlungsstätten wie OzD-Aula). Ein Gefährdungszuwachs ergibt sich durch Einschränkungen der Einsehbarkeit und fehlender Revisionsöffnungen. Mit höchster Priorität wurden deshalb die insgesamt 60 Sport- und Turnhallen einer Zustandsbewertung unterzogen.
Die nach Möglichkeit handnahe Inaugenscheinnahme erfolgte und wird fortgesetzt in Anlehnung an die VDI-Richtlinie 6200 „Standsicherheit von Bauwerken – Regelmäßige Überprüfung“. Hierbei handelt es sich um eine Inaugenscheinnahme zur Ermittlung eines Risikos auf akutes Tragwerksversagen. Eine besondere Gefährdung für Nutzende ergibt sich bei Tragwerken, deren Standsicherheitsverlust spontan und ohne „optische Vorankündigung“ in Form von Bauteilverformungen auftritt. Hierzu zählen insbesondere Stützen, weit gespannte Fachwerkkonstruktionen und korrosionsanfällige, bewehrte Porenbeton-Dachplatten („Siporex“).
Im Rahmen des Notfallplans wurde die Objektbegehung bislang und wird weiterhin in folgenden Schritten durchgeführt.
- Auswahl der zu begehenden Gebäude nach Risikobewertung der Nutzung,
- erste Sichtung der Aktenlage und Festlegung der Reihenfolge nach den Kriterien Bauart, Baualter, Instandhaltungsstand,
- Objektbegehung und Aufnahme der statisch relevanten Bauteile nach der VDI 6200 Anhang C „Begehung durch den Eigentümer“,
- flankierend hierzu wird eine Bestandssichtung von Blitzschutzanlagen, Dachentwässerungen und Begehbarkeit von Dächern durchgeführt,
- direkte Ersteinschätzung vor Ort bezüglich einer ggf. konkreten Gefahr und bedarfsweise unverzügliche (Teil-)Sperrung und/ oder Beauftragung zur Instandsetzung von verkehrssicherheitsrelevanten Schäden,
- Auswertung und Dokumentation, vertiefte Detailprüfung zur Beurteilung der Tragfähigkeit zum Begehungszeitpunkt ggf. unter Einbindung ext. Tragwerksplaner.
Die bisherigen und fortzusetzenden Aufnahmen erfolgen im Rahmen des „Notfallplan Verkehrssicherheit“ lediglich in Anlehnung an die VDI 6200. Zur späteren, planmäßigen Durchführung der VDI 6200 bedarf es noch folgender umfangreichen Vorarbeiten:
- eine strukturierte Sichtung, Zusammenführung und Digitalisierung der objektbezogenen Dokumente (u.a. Baugenehmigung, Statik, Dokumentation von Prüfung und Wartung),
- eine grundlegende Bewertung und Ersteinschätzung der Gebäude, durch fachkundige Ingenieure, die in diesem Zuge auch die Begehungsintervalle festlegen.
Erst nach der Erstbewertung wird das GMHL in die Lage versetzt, effiziente und verlässliche Begehungen durchzuführen, welche dann in Folge die eventuell benötigten Instandsetzungsarbeiten auslösen.
Die insgesamt 60 Turn- und Sporthallen weisen ein durchschnittlich fortgeschrittenes Baualter auf:
- 24 Turnhallen: Baujahr vor 1950 in vergleichbarer Bauweise,
- 23 Turn- und Sporthallen: Baujahr 1950 bis 2000, in verschiedenen Bauweisen erstellt, überdurchschnittlich hoher Anteil mit Schadstoffbelastungen,
- 13 Turn- und Sporthallen: Baujahr 2000 bis 2025.
Die Ersteinschätzung hinsichtlich einer erforderlichen Betrachtung der Turn- und Sporthallen bestätigte sich in den vergangenen 12 Monaten. Die besonders relevanten Ergebnisse im „Notfallplan Verkehrssicherheit / Teilprojekt Standsicherheit und Baukonstruktion“ sind:
Turnhalle der Trave Grund- und Gemeinschaftsschule, Kirchplatz (Baujahr 1928)
- Ermittlung einer erheblichen, konkreten Gefahr eines Gesamtversagens der Dachkonstruktion in 07/25 mit sofort erforderlicher Sperrung der Halle,
- fehlender Kraftschluss in den Fachwerk-Knotenpunkten des Dachtragwerks nach deutlicher Verformung durch Überlastung des Bauwerks,
- Entlastung des Tragwerks und zimmermannsmäßige Instandsetzung in den Sommerferien 2025 und Wiederinbetriebnahme.
Turnhalle der Ahornschule (Baujahr 1976)
- Feststellung von durchgängigen Brüchen in weit gespannten Brettschichtholz-Dachbindern, statische Beurteilung und sofortige Sperrung in 07/2025 wegen erheblicher, konkreter Gefahr eines Gesamtversagens der Dachkonstruktion,
- sofortige Abstützung der Dachkonstruktion zur Abwendung eines Dacheinsturzes,
- Planung und Umsetzung der Instandsetzung durch Bauteilverstärkungen in Stahlbauweise,
- Wiederaufnahme der Nutzung in 07/2025
Sporthalle der Albert-Schweitzer-Schule (Baujahr 1956)
- Feststellung von Strukturschäden in allen 6 Fachwerkbindern der Hallenkonstruktion, gerissene Leimverbindungen und gebrochene Zapfenverbindungen in den Knotenpunkten in weit gespannten Brettschichtholz-Dachbindern, deutliche Tragwerksverformung,
- sofort erforderliche Sperrung der Sporthalle in 09/2024, Sanierung unwirtschaftlich, Ersatzbau wird in Q4/2025 in Betrieb genommen.
An sechs weiteren Turn- und Sporthallen wurden statisch relevante Schäden bis zum jetzigen Zeitpunkt ermittelt, welche eine konkrete Gefahr darstellten, sofortige Instandsetzungsarbeiten erforderlich machten und kurzzeitige Nutzungseinschränkungen bzw. Nutzungsausfälle auslösten.
Weitere im Zuge des „Notfallplan Verkehrssicherheit / Teilprojekt Standsicherheit und Baukonstruktion“ ermittelte Schäden, welche konkrete Gefahren für die Nutzung der Gebäude darstellten, sind u. a.:
- Rathaus / kritische Standsicherheitsgefahr für Foyerbereich (Umbau aus 1887)
Durch Korrosionsdruck aus Deckenträgern ausgelöste Schäden an keramischem Bodenbelag und folgenden Freilegungen wurde festgestellt, dass die in der Decke über dem Kellergewölbe befindlichen Stahlträgerkonstruktionen, die das Erd- und Obergeschoss des Rathaus-Foyer tragen, erhebliche Korrosionsschäden bis zur Tragwerksauflösung aufweisen. Zur Verhinderung eines spontanen Tragwerksverlustes und Abwendung einer Sperrung wurden unverzüglich Hilfsabsteifungen im Ratskeller kraftschlüssig eingebaut. Derzeit erfolgt der Einbau einer Lastabfangung der Stützen, um anschließend die schadhaften Träger auszutauschen.
- Theater Lübeck / Gefahr des Herabfallens der Dacheindeckung (Baujahr 1908)
Eingetretenes Lösen der Dachdeckung des Hauptgebäudes und Gefahr des Herunterfallens in den öffentlichen Straßenraum sowie in die Verkehrsflächen des Hofes, sofortige Sicherung mittels Fangschutznetz mit Einbau durch „Industriekletterer“ (Q2 und Q3/2025),
- Theater Lübeck / Standsicherheit der Flucht- u. Rettungswegtreppe (Baujahr 1908)
Feststellung erheblicher Korrosionsfortschritte an der historischen West-Flucht- und Rettungswegtreppe mit erforderlicher Sperrung in Q2/2025, Planung und Umsetzung eines kompensierenden Flucht- und Rettungswegekonzeptes mit Anpassung der Brandwachen der Berufsfeuerwehr, aktuell Planung des Ersatzbaus.
Der Großteil der Turn- und Sporthallen weist neben tragwerksrelevanten Schädigungen noch verschiedenste Mängel bezüglich der Verkehrssicherheit auf. Nach der ersten Inaugenscheinnahme erfolgt weiterhin die Detailprüfung, in der fortlaufend weitere Mängel ermittelt werden. Weitere Schließungen oder Sperrungen können nicht ausgeschlossen werden bzw. sind zu erwarten.
Das GMHL verfügt nicht über Mitarbeitende mit der gemäß VDI 6200 erforderlichen Fachkunde, welche die Erstbewertung vornehmen und das objektbezogene „Bauwerksbuch“ als Grundlage zur regelmäßigen Gebäudebegehung in Belangen der Standsicherheit erstellen können. Diese verpflichtende Aufgabe muss bereits langzeitig umgesetzt sein und soll, nachdem die aktuell mit hoher Priorität durchgeführten Sofortmaßnahmen erfolgt sind, mittelfristig an externe Fachingenieure vergeben werden.
Neben dem Personalmangel für die Durchführung der nach Gesetze und Vorschriften erforderlichen Begehungsintervalle und neben der notwendigen, digitalen Dokumentation der Objekte („Digitale Bauwerksakte“) für die effiziente Durchführung von Mängelaufnahme und -abstellung fehlen an den heutigen Gebäudeumfang und -zustand angepasste Organisationsstrukturen und Prozesse.
- Zwischenstand „Teilprojekt Brandschutz“
4.1 Umfang und Vorgehensweise
Durch Begehungen, Wartungen und Sachverständigenprüfungen wurden Einschränkungen im Brandschutz der städtischen Gebäude ermittelt, welche im Brandfall in Teilen konkrete Gefahren auslösen. Aus diesem Grund weist das „Notfallprogramm Verkehrssicherheit“ das Teilprojekt Brandschutz auf.
Der Brandschutz setzt sich aus dem vorbeugenden Brandschutz mit den Teilbereichen baulicher, anlagentechnischer und organisatorischer Brandschutz sowie aus dem abwehrenden Brandschutz durch die Feuerwehr zusammen. Im Zuständigkeitsbereich des GMHL liegt der bauliche und anlagentechnische Brandschutz. Der organisatorische Brandschutz liegt im Verantwortungsbereich der Gebäudenutzer mit Unterstützung durch den Brandschutzbeauftragten der HL. Dem Brandschutz liegen die Schutzziele aus § 14 LBO-SH
- Entstehung eines Brandes vorbeugen,
- bei Brand Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) verhindern,
- Rettung von Menschen gewährleisten,
- wirksame Löscharbeiten ermöglichen
zu Grunde.
Vorbeugender Brandschutz zur Einhaltung der Schutzziele wird dann erzielt, wenn alle drei o. g. Teile des vorbeugenden Brandschutzes wirksam sind und schlüssig ineinandergreifen. Daher werden durch das GMHL auch Teile des organisatorischen Brandschutzes betrachtet.
Ziel in diesem Teilprojekt ist, mit den aktuell nur stark begrenzten Personalressourcen (operativ: 1 Mitarbeiter im „Teilprojekt Brandschutz“ mit Unterstützung durch technische Mitarbeiter zur Abwendung ermittelter, konkreter Gefahren) im ersten Schritt eine möglichst weitreichende Übersicht über den aktuellen Zustand der Gebäude in den Belangen des vorbeugenden Brandschutzes zu erhalten, um im zweiten Schritt die Nachverfolgung der Mängel/Abweichungen folgen zu lassen. Attestierte, konkrete Gefahren lösen dabei abweichend einen unverzüglich eingeleiteten Prozess zur Abstellung der Ursachen ggf. mit vorübergehenden Kompensationen und (Teil-) Sperrungen aus.
In einem ersten Schritt erfolgten die ersten Auswertungen der Zustandsfeststellungen, welche sich aus
- Brandverhütungsschauen der Berufsfeuerwehr,
- Brandschutzbegehungen durch den Brandschutzbeauftragten der Hansestadt Lübeck,
- Verkehrssicherheitsbegehungen durch unterwiesene (Hausmeister) und fachkundige Personen (Techniker des Objektservice),
- Wartungsprotokollen von sicherheitstechnischen Anlagen und
- Sachverständigenprüfberichten vorgenannter Anlagen
ergeben.
Darüber hinaus wurde eine Umfrage an die Hausmeister in Form eines standardisierten Fragebogens für Liegenschaften mit öffentlichem Publikumsverkehr gerichtet, um unter Berücksichtigung der Gebäudevielzahl eine weitere Einschätzung „in der Fläche“ insbesondere für Objekte mit erhöhtem Nutzungsrisiko zu erzielen. Hierzu zählen insbesondere Schulen, Kindertagesstätten, Unterkünfte/ Wohnheime, Sporthallen, Verwaltungsgebäude und Museen. 152 Objekte wurden in die Notfallprogramm-Abfrage Brandschutz einbezogen.
Ein erhebliches Hemmnis in der Bestandserfassung und Zustandsfeststellung besteht in der nur rudimentär vorhandenen Objektdokumentation. Insbesondere Genehmigungsdokumente wie Baugenehmigungen und geprüfte Brandschutzdokumente, Dokumentationen von Sachverständigenprüfungen und Verkehrssicherheitsbegehungen liegen nicht oder unvollständig aus den letzten Jahrzehnten vor. Mit Unterstützung der Abteilung Bauaufsicht des Bereiches Stadtplanung und Bauordnung erfolgt hier bei gravierenden Mängeln eine kurzfristig realisierbare Dokumentenvorlage aus dem städtischen Bauaktenarchiv. Eine durchgehende, digitale Gebäudedokumentation als Grundlage für die Umsetzung der Betreiberverantwortung auch im Brandschutz ist zwingend mit externer Unterstützung mittelfristig zu erstellen.
Die Ergebnisse zeigen an vielen Standorten wiederkehrende, grundsätzliche Brandschutzmängel. Diese sind:
den „Baulichen Brandschutz“ betreffend:
- defekte Brandschutztüren (nicht dicht schließend, technisch ungeeignet, kein Verwendungsnachweis, fehlende Wartung und Sachkundeprüfung, etc.),
- fehlende oder ungeeignete Rettungswege,
- fehlende oder ungeeignete Brandabschnittsbildungen,
- unzureichender Feuerwiderstand von tragenden und raumabschließenden Bauteilen,
- fehlende Schottungen von Kabel- und Rohrdurchführungen durch raumabschließende Bauteile (Wände und Decken), fehlende Verwendungsnachweise, unzureichende Feuerwiderstandsfähigkeit der verwendeten Brandschutzschotts,
- ungeeignete bauliche Ausbildung von Fenstern, die als zweiter Rettungsweg über die Rettungsgeräte der Feuerwehr dienen,
den „Anlagentechnischen Brandschutz“ betreffend:
- mangelhaftete, nicht gewartet und nicht wiederkehrend sachverständig geprüfte, sicherheitstechnische Anlagen wie Alarmierungs-, Brandmelde- und Löschanlagen, Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, Sicherheitsbeleuchtungen, unzureichender Feuerwiderstand von Elektroinstallationen, etc.,
den „Organisatorischen Brandschutz betreffend:
- im Zuständigkeitsbereich des GMHL:
- fehlende oder nicht aktualisierte Flucht- und Rettungspläne sowie Feuerwehrpläne und
- Kennzeichnungen von Rettungswegen.
Der Umfang der sich aus Jahrzehnten der vielschichtig begründeten, unzureichenden Bauunterhaltung ergebenen Mängel kann nur langfristig abgestellt werden und bedarf insbesondere Veränderungen
- in den verfügbaren, personellen und finanziellen Mitteln sowie
- in der digitalen Datengrundlage.
Folgende Objekte mit unverzüglichem Handlungsdruck aus Gründen bestehender Brandschutzmängel wurden/ werden aktuell bearbeitet (exemplarische Benennung):
- Gewerbeschule II (Baujahr 1925):
Instandsetzung von erheblichen, baulichen Brandschutzmängeln / Abwendung einer Teilsperrung durch unverzügliche Sofortmaßnahmen
- Organisatorische Sofortmaßnahmen, in Teilen als Nutzungseinschränkungen, zur Kompensation von Brandschutzmängeln:
- Emanuel-Geibel-Schule (Baujahr 1899) / Vorderhäuser
Personenanzahlbegrenzungen
- OzD (Baujahr 1905) / Fachraum
Personenanzahlbegrenzungen,
- Nachrüstungen infolge fehlendem, zweiten Rettungsweg:
- GGS St. Jürgen Altbau (Baujahr 1931),
- Lutherschule (Baujahr 1901).
Das weitere Vorgehen im „Notfallplan Verkehrssicherheit / Teilprojekt Brandschutz“ wird maßgeblich aus der Priorisierung der bislang ermittelten Mängel und insbesondere der in Teilen bestehenden, konkreten Gefahren abgeleitet. Ein unverzügliches Abstellen erfolgt, soweit es die bestehenden Ressourcen im GMHL ermöglichen. Zur Unterstützung werden dabei technische Mitarbeitende zum Teil von anderen, operativen Aufgaben freigestellt, um in der Abstellung von Brandschutzmängeln zu unterstützen.
Ein Fokus in der Abarbeitung liegt in den attestierten Mängeln aus den in 2025 an insgesamt 12 Schulstandorten sowie im Theater Lübeck durch die Berufsfeuerwehr durchgeführten Brandverhütungsschauen. Diese weisen wegen der erheblichen Einschränkung der Verkehrssicherheit im Brandfall überwiegend kurze Fristen zur Beseitigung auf bzw. sind als „umgehend“ zur Abstellung angezeigt.
Parallel dazu werden die aus Verkehrssicherheitsbegehungen, Sachverständigenprüfungen und Wartungen ermittelten Mängel dokumentiert, fortlaufend priorisiert und nach Einschätzung des Gefährdungspotentials und bestehenden Kapazitäten durch Instandsetzung abgestellt.
Bestehen im Falle von „konkreten Gefahren“ keine kurzfristig umsetzbaren
- technischen Möglichkeiten und/oder
- organisatorischen Möglichkeiten und/oder
erfolgt nach Ausschöpfen aller Handlungsoptionen die Einleitung von (Teil-)Sperrungen.
- Zwischenstand „Teilprojekt Technische Gebäudeausrüstung“
5.1 Umfang und Vorgehensweise
In 2021 ist durch ein externes Planungsbüro eine Prioritätenliste von Liegenschaften erarbeitet worden, in der der Zustand der elektrischen Anlagen bewertet und eine Handlungsempfehlung mit Priorisierung in Form eines Ampelsystems erfolgte. Die Erstellung dieser Liste basierte auf der Auswertung der Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung DGUV V3 / Prüfung für ortsfeste Anlagen (wiederkehrende Sichtprüfungen und elektrischer Messungen).
Auf der Grundlage dieser Liste wurden im „Notfallplan Verkehrssicherheit / Teilprojekt TGA“ die Begehungen und eine aktuelle Inaugenscheinnahme der technischen Zustände an den verschiedenen Standorten, mit denen als dringlichst eingestuften Objekte beginnend, prioritär vorgenommen. Der Fokus lag hier zunächst und bisher auf Schulgebäuden. Im weiteren Verlauf wird die Begehung auch auf andere Liegenschaften mit anderen Nutzungsarten ausgeweitet.
Die bisherigen Begehungen fanden unter Begleitung und Befragung der vor Ort zuständigen Hausmeister statt. Der Schwerpunkt der Begehungen lag in der Sichtung und in augenscheinlicher Zustandsbegutachtung verkehrssicherheitsrelevanter Anlagen wie
- Stromversorgungen (Haupt- und Unterverteiler),
- Brandmelde- bzw. Hausalarm-Anlagen,
- Sicherheitsbeleuchtungen für Flucht- und Rettungswege,
- Elektroakustische Lautsprecheranlagen und
Überschneidungen mit dem anlagentechnischen Brandschutz folgend wurden Abstimmungen mit dem „Teilprojekt Brandschutz“ und Ausnutzungen von Synergien in der Erfassung und Abstellung von Mängeln berücksichtigt.
Gleichzeitig wurden auch weitere technische Anlagen, die die Betriebssicherheit beeinflussen, in der Zustandsbewertung erfasst. Darunter sind Anlagen wie z. B.
- Wärmeversorgungsanlagen,
- Anlagen der Trinkwasserversorgung und Trinkwasserhygiene.
An einigen Standorten sind auf der Grundlage der Handlungsempfehlung aus 2021 Mängel durch Erneuerung von technischen Anlagen abgestellt worden.
Im Zuge des „Notfallplan Verkehrssicherheit / Teilprojekt TGA“ wurden zwischenzeitlich 21 Schulstandorte in Ortsterminen einer Inaugenscheinnahme unterzogen. Einsichtnahmen erfolgten dabei „zerstörungsfrei“ / ohne Bauteilöffnungen. Grundsätzlich ist festzustellen, dass an nahezu allen in Augenschein genommenen Standorten die technischen Anlagen das Ende ihres Lebenszyklus z.T. deutlich überschritten haben und Rückbau sowie Erneuerung als überfällig einzustufen sind (siehe Baujahr-Benennung in diesem Bericht). In Teilen ergeben sich daraus Einschränkungen in der Verkehrssicherheit für die Nutzer:innen der städtischen Gebäude.
Kleinere, jedoch eine Verkehrssicherheitseinschränkung auslösende Mängel aus der Begehung bzw. aus den Hinweisen der Hausmeister wurden dem Team Objektservice im GMHL umgehend nach den Begehungen als Liste zur Abarbeitung übergeben.
Deutlich den Lebenszyklus überschrittene, technische Anlagen weisen in Teilen eine nachteilige Eignung auf durch
- unzureichende oder fehlende Wartung und wiederkehrende Prüfung,
- Nutzung ohne turnus- oder anforderungsgemäßen Austausch von Verschleißteilen,
- die „Abkündigung“ des Herstellers und dadurch ausgelöste, fehlende Verfügbarkeit von Ersatzteilen.
Hieraus leitet sich eine Zunahme der eingeschränkten Verkehrssicherheit bzw. Betriebssicherheit der technischen Anlagen ab.
Zudem sind viele Schulgebäude noch nicht auf dem technischen Stand der heutigen Landesbauordnung für Schulen sowie der aktuellen Vorschriften und Regeln der gesetzlichen Unfallkasse (DGUV 81 Schulen, aktuell in Novellierung) ausgestattet. Dazu zählen unter anderem Anlagen
- zur Brandalarmierung bzw.
- für die Sicherheitsbeleuchtung für Flucht- und Rettungswege.
Dringender Handlungsbedarf wird in der Erneuerung der Elektrotechnik an folgenden Standorten festgestellt, die in Teilen noch aus der Bauzeit der Schulen stammen:
- Schule am Meer (Baujahr 1925)
alle Hauptstromverteiler inkl. Verteilungsnetz
- Schule Roter Hahn (Baujahr 1959)
Elektroverteilung Heizungsraum
- Heinrich-Mann-Schule (Baujahr ca. 1958)
alle Hauptstromverteiler, teilweise Verteilungsnetz
Die Aufnahme von Schäden, Priorisierung der Handlungsabfolge von Instandsetzungen und deren Umsetzung wird vorerst für Schulen und anschließend nach Priorität für andere Objektarten von städtischen Gebäuden fortgesetzt.
Die Umsetzungsgeschwindigkeit in der Erkennung und Abstellung von Mängeln an technischen Anlagen wird insbesondere nachteilig beeinflusst
- durch einen erheblichen Fachkräftemangel im Zuge von Stellennachbesetzungen im GMHL,
- in dem Angebot an leistungsstarken Planungsbüros der technischen Gebäudeausstattung,
- in der Einschränkung der Verfügbarkeit von Fachbetrieben im Bereich Elektrotechnik und Versorgungstechnik mit Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit,
- durch eine fehlende digitale Aufnahme der technischen Anlagen der städtischen Gebäude,
- durch ein erst im Aufbau befindliches, standardisiertes Wartungs- und Prüfverfahren für insbesondere sicherheitstechnisch relevante Anlagen und
- durch noch zu erarbeitende, zu implementierende und sicher angewendete Arbeitsprozesse im Zusammenhang mit der Sicherstellung von Verkehrs- und Betriebssicherheit von technischen Anlagen.
Zusammenfassung
Im August 2024 musste der „Notfallplan Verkehrssicherheit“ mit den drei Teilprojekten
- Standsicherheit und Baukonstruktion,
- Brandschutz und
- TGA
eingeleitet werden, nachdem an öffentlichen Gebäuden, und dabei insbesondere Schulen, zunehmend solche Mängel festgestellt wurden, die als konkrete Gefahr eingestuft werden mussten und eine unverzügliche Instandsetzung erforderten. In Teilen waren (Teil-) Sperrungen von Gebäuden nicht zu verhindern.
Unterschiedliche Ursachen, wie z. B.
- ein deutliches Überschreiten der Lebenszykluszeiträume technischer Anlagen,
- eine über Jahrzehnte andauernde, unzureichende Verfügbarkeit von Ressourcen zur Bauunterhaltung und
- insbesondere in digitaler Form fehlende Bestandsdokumentationen von Gebäudedaten für die Durchführung von Wartungen, Sachverständigenprüfungen, Instandhaltungen und Instandsetzungen
verstärken die in Teilen als kritisch einzustufenden Verkehrssicherheitseinschränkungen.
Um der Betreiberverantwortung gerecht zu werden und die Aufrechterhaltung der Nutzung zu ermöglichen, werden z. T. nachrangigere, operative Aufgaben in der technischen Abteilung unterbrochen und prioritär Maßnahmen im „Notfallplan Verkehrssicherheit“ umgesetzt.
Nachdem das Vorgehen nach Risikoeinschätzung priorisiert wurde, ergaben erste Inaugenscheinnahmen und Auswertungen von Bestandsdokumenten an insbesondere Turn- und Sporthallen relevante Einschränkungen in der Standsicherheit sowie in Risiken aus schadhaften Baukonstruktionen. In Teilen mussten akute, konkrete Gefahren festgestellt werden, welche teilweise durch unverzügliche Instandhaltungen, bei einigen Sporthallen und anderen öffentlich genutzten Gebäuden jedoch auch eine sofortige Sperrung erforderten.
Bezüglich des vorbeugenden Brandschutzes wurden bautechnische und anlagentechnische Mängel identifiziert, die in einem Brandfall dem Schutzziel der Verhinderung insbesondere eines Personenschadens entgegenstehen. Diese konnten bislang nur in Teilen abgestellt werden. An einigen Objekten musste wegen der konkreten Gefahr eine vorübergehende, bauliche, anlagentechnische und/oder organisatorische Kompensation eingerichtet werden.
Eine Fortsetzung der Identifizierung und Abarbeitung der die Verkehrssicherheit einschränkenden Mängeln ohne grundlegende Veränderung der Organisation innerhalb des GMHL wird gleichbleibende Umsetzungsgeschwindigkeiten und zielsicher eine Steigerung von Eintrittswahrscheinlichkeit und -häufigkeit zukünftiger Gebäudesperrungen auslösen.
Ein der Betreiberverantwortung entsprechender Umgang mit den erheblichen Defiziten im bau- und anlagentechnischen Zustand des im Durchschnitt über 80 Jahre alten Gebäudebestandes erfordert die in der Organisationsuntersuchung ermittelten, grundsätzlichen
Struktur-, Organisations- und Kapazitätsanpassungen. Es besteht der ausdrückliche Wille innerhalb des GMHL, diese dringend erforderlichen Veränderungen durchzuführen und den Prozess der Organisationsveränderung mit dem Ziel der zukünftigen Wiederherstellung von sicheren und bedarfsgerechten Gebäuden aktiv mitzugestalten.