Vorlage - VO/2025/14419-01  

Betreff: Antwort auf die Anfrage des AM Detlev Stolzenberg (Die Fraktion): Denkmalpflegerische Auswirkungen der Umgestaltung des Mühlentorplatzes (VO/2025/14419)
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Monika FrankBezüglich:
VO/2025/14419
Federführend:4.491 - Archäologie und Denkmalpflege Beteiligt:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung
Bearbeiter/-in:Dr. Rieger, Dirk  5.660 - Stadtgrün und Verkehr
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege zur Kenntnisnahme
13.10.2025 
21. Sitzung des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anlage Karte Mühlentorplatz

Beschlussvorschlag

Anfrage des AM Detlev Stolzenberg (Die Fraktion): Denkmalpflegerische Auswirkungen der Umgestaltung des Mühlentorplatzes im Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege am 14.07.2025

  1. Wurde die Abteilung Denkmalpflege in die Planungen zur Umgestaltung des Mühlentorplatzes einbezogen?
  2. Gibt es denkmalpflegerische Empfehlungen oder eine Stellungnahme dazu? Wenn ja, mit welchem Inhalt?

 


Begründung

 

  1. Wurde die Abteilung Denkmalpflege in die Planungen zur Umgestaltung des Mühlentorplatzes einbezogen?
  2. Gibt es denkmalpflegerische Empfehlungen oder eine Stellungnahme dazu? Wenn ja, mit welchem Inhalt?

 

Antwort zu 1 und 2:

Bisher hat noch kein offizielles Beteiligungsverfahren stattgefunden, so dass auch noch keine formale Stellungnahme vorliegt.

Die Abteilung Denkmalpflege, Sachbereich Inventarisation, hat das Areal jedoch bereits zwischenzeitlich hinsichtlich denkmalfachlicher Aspekte begutachtet und hat dabei folgende Belange herausgearbeitet, die auch mit dem Bereich Stadtgrün und Verkehr sowie der Stadtplanung abgestimmt sind. Inwieweit diese die Planung tangieren, wird dann im Rahmen des Beteiligungsverfahren im Detail untersucht.

 

Historischer Rahmen

Mit der Beseitigung der Wallanlagen zum Ende des 18. Jahrhunderts verloren die insgesamt vier hintereinander gestaffelten Mühlentore ihre Bedeutung und wurden bis um 1900 etappenweise abgebrochen. Die dortige Platzsituation wurde besonders im 20. Jh. mehrfach umgestaltet. Die Hüxtertorallee wurde um 1950 leicht in südwestlicher Richtung verschwenkt; daraus entstand der sog. Hermann-Hesse-Park mit diagonal verlaufender Wegestruktur auf beinahe quadratischer Grundfläche. Noch in den 1930er Jahren war die Platzsituation als „Adolf-Hitler-Platz“ bezeichnet und gabelte sich in die beiden Hauptverkehrsachsen Kronsforder Allee (nach SW) und Ratzeburger Allee (nach SO) auf. Der Bereich südlich der Mühlentorbrücke ist charakterisiert als offene Platzanlage mit sich fächerartig öffnendem Straßenraum. Die heutige Verkehrsanlage des Kreisverkehrs nimmt auf die gewachsenen Strukturen Rücksicht und nimmt die historisch gewachsene Struktur des Nadelöhrs der zwei wichtigen Verkehrsadern Kronsforder Allee (als Landstraße nach Hamburg über Kronsforde) und Ratzeburger Allee (als Landstraße nach Ratzeburg) südlich vor den Toren der Altstadt auf. Der Platzanlage liegt nach aktuellem Erkenntnisstand keine Gestaltung zugrunde; es handelt sich vielmehr um eine historisch gewachsene, städtebauliche Struktur.

 

Denkmalpflegerische Belange

Durch folgende denkmalwerte Strukturen einerseits bauliche Anlagen und andererseits durch Gründenkmale werden denkmalpflegerische Belange in unmittelbarer Umgebung des Mühlentorplatzes berührt:

 

Ratzeburger Allee 2 (Teil der erkannten Mehrheit baulicher Anlagen „St. Jürgen- Villenquartier vor dem Mühlentor“):

Das 1878 als Spar-/Anlehenskasse und Postamt errichtete zweigeschossige Eckgeude fungiert als Kopfbau. Seine nördliche Schaufassade, gekennzeichnet durch polygonale Eckrisalite, nimmt gewissermaßen die Betonung der besonderen räumlichen Aufweitung des Platzes auf. Sowohl die Kubatur des Gebäudes als auch die Vorgartenzonengestaltung und der Grundstückszuschnitt nehmen Bezug auf die Auffächerung des Straßenkreuzes. Es bildet den nördlichen Abschluss der Mehrheit baulicher Anlagen (MbA)St. Jürgen- Villenquartier vor dem Mühlentor“. Dieser ist gekennzeichnet als relativ homogener Bestand freistehender, repräsentativer Wohnhäuser (errichtet ab ca. 1870 bis um 1914). Die MbA nimmt in ihrer flächenmäßigen Begrenzung im Norden ab dem Mühlentorplatz den ausgedehnten Bereich zwischen Kronsforder Allee und Ratzeburger Allee ein. (MbA und deren südliche Grenzen derzeit noch in Bearbeitung, Prüffall)

 

hlentorbrücke/St. Jürgen- Brücke (seit 2019 eingetragenes Kulturdenkmal):

1899 im Rahmen der Rehder-Planung zum Ausbau des Kanals durch die Firma Harkort-Duisburg erstellt auf der Grundlage des von Ingenieur Josef Langner entwickelten Trägerprinzips; einschließlich der Balustrade in Sandstein mit spitzbogenförmigen Einlassungen, darin Dreipass-Motiv als Führung der Brücke hin zum Mühlentorplatz. Spazierwege unterhalb der Brücke entlang des Kanals; Brücke gestalterischer und funktionaler Teil des Gartendenkmals „Wallanlagen“, die sich beidseits der neu ausgebauten Wasserstraße erstrecken. Die Anlage ist von besonderem städtebaulichem und historischem Wert als eine der um 1900 geschaffenen stadtbildprägenden Eisenfachwerkbrücken der Hansestadt (Drehbrücke, Hubbrücke und Hüxtertorbrücke), die in eleganten unterschiedlichen Eisenkonstruktionen die mittelalterlichen Wegeführungen aus den Stadttoren ins Umland erneuern.

 

Hochbunker, Mühlentorplatz 2 (seit 2015 eingetragenes Kulturdenkmal):

Der Denkmalumfang bezieht sich auf das gesamte Gebäude mit Anbauten. Bunker entfestigt von 1941 in Nachahmung eines der verlorenen Mühlentortürme der Renaissance nach einem Entwurf von Alfred Redelsdorff; 6-geschossiger mit Klosterformatziegeln verkleideter Rundturm aus armierten Stahlbetonwänden von 1,10m Stärke unter schiefergedecktem Glockendach auf Kellergeschoss; ehemals Schlafplätze für ca. 170 Personen. 1948 Entfestigung. Bunker ist von besonderem baugeschichtlichem und geschichtlichem Wert als Beispiel für einen Bunker nach dem „hrer-Sofort-Programm“ von 1940, bei dem eine Gestaltung in einer traditionellen fortifikatorischen Bauform zur langfristigen Zierde der Stadt erfolgen sollte (Baurat Otto Hespeler, Architekt Alfred Redelsdorff). Ab 1942 (Bombardierung Lübecks) werden nur noch reine Zweckbauten mit größerer Bombensicherheit errichtet.  Die Anlage ist von besonderem städtebaulichem Wert als markanter Baukörper in prominenter Lage am Mühlentorplatz.

 

Pavillon, Hüxtertorallee 26 (Denkmalstatus noch offen):

Der Pavillon der 1950er Jahre wurde bislang nicht auf seine Denkmaleigenschaft hin geprüft.

 

Trafohäuschen, Hüxtertorallee 22 (Denkmalstatus noch offen):

Das Trafohäuschen wurde um 1926 erbaut, als St. Jürgen-Unterstation des städtischen Elektrizitätswerks; diente zur Erhöhung von Spannung mittels Quecksilbergleitrichtern, in jedem Vorstadtbezirk wurden diese errichtet um die Belastung der Kabelleitungen durch den erhöhten Strombedarf der zunehmenden Neubauten auszugleichen (vgl. Vaterstädtische Blätter 1926, S. 67ff.).

 

Gartendenkmal Wallanlagen (seit 2023 eingetragenes Kulturdenkmal):

Es handelt sich hierbei um eine öffentliche Grünanlage, in großen Teilen im Grundriss den ehemaligen Verlauf der Wallanlagen wiedergebend, die innerhalb der Anlage Sichtbeziehungen auf die Altstadt Lübeck gibt. Die Grünanlage ist heterogen gestaltet, zum Teil als uferbegleitender Weg des Stadtgrabens mit Baumreihen und auf der südlichen Wallhalbinsel mit parkähnlichen Strukturen, die Elemente der ehemaligen Wallanlage wie Aufschüttungen und Gehölzstrukturen enthalten. Die gesamte Anlage wird durch gerade und geschlängelte Spazierwege erschlossen, zum Teil mit wassergebundener Wegedecke, Alleen, Baumreihen und Treppenanlagen. Im Wechsel ist lockerer- und dichtbestandener Gehölzbestand (Laub- und Nadelbäume; Sträucher, Gräser, Blumen) gepflanzt, zum Teil aufgelockert durch Rasenflächen. Besondere Elemente sind der landschaftlichen Gartengestaltung wie Schneckenberg (spiralförmiger Weg) auf der Bastion Katze mit Aussichtsplattform, die landschaftliche Einbindung des Kaisertors, Elemente der Volksparkbewegung wie Buniamshof (1911, Erwin Barth), die Freilichtbühne (1927, Rudolf Engehausen), die Spielplatzanlage Nizza (1928) sowie das Prahl-Denkmal auf der Bastion Schwansort (1820 nach Entwurf von Joseph Christian Lillie von Georg Peter Remé gearbeitet).

 

Elbe-Lübeck-Kanal (Denkmalstatus noch offen, Prüffall)

Der Elbe-Lübeck-Kanal inklusive seiner zugehörigen Bauwerke wie Brücken und Schleusen auf Lübecker Stadtgebiet wird von der Denkmalpflege Lübeck hinsichtlich einer Eintragung in die Denkmalliste geprüft. Der Kanal insgesamt wird als kulturlandschaftsprägende Wasserstraße geprüft.


 


Anlagen

Anlage Karte Mühlentorplatz
 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Anlage Karte Mühlentorplatz (205 KB)    
Stammbaum:
VO/2025/14419   Anfrage des AM Detlev Stolzenberg (Die Fraktion): Denkmalpflegerische Auswirkungen der Umgestaltung des Mühlentorplatzes   Geschäftsstelle der Fraktion DIE FRAKTION   Anfrage
VO/2025/14419-01   Antwort auf die Anfrage des AM Detlev Stolzenberg (Die Fraktion): Denkmalpflegerische Auswirkungen der Umgestaltung des Mühlentorplatzes (VO/2025/14419)   4.491 - Archäologie und Denkmalpflege   Antwort auf Anfrage öffentlich