Vorlage - VO/2025/14383  

Betreff: Quartiersgaragen in Lübeck
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Hagen
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Warfia, Wiebke
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
21.07.2025 
36. Sitzung des Bauausschusses zurückgestellt   
15.09.2025 
37. Sitzung des Bauausschusses zurückgestellt   
06.10.2025 
38. Sitzung des Bauausschusses zurückgestellt   
03.11.2025 
39. Sitzung des Bauausschusses      
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
25.09.2025 
18. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck in der Wahlperiode 2023 - 2028 zurückgestellt   
27.11.2025 
20. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck      

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag


Die Verwaltung der Hansestadt Lübeck hat gemäß dem Beschluss des Bauausschusses (VO/2021/10150) den Auftrag, sich konzeptionell mit dem ruhenden Verkehr auf Quartiersebene zu befassen. Das daraufhin erarbeitete „Eckpunktepapier Parken“ (VO/2023/11836) legt Handlungsansätze dar, die als Ausgangspunkt für die weitere Diskussion dienen sollen.

Die Handlungsansätze „Parkraumangebote erweitern“ , „Parkraummanagement“ und „Standortbezogenes Mobilitätskonzept“  integrieren Quartiersgaragen als Möglichkeit, den Parkdruck in dicht besiedelten Wohngebieten zu mindern. Gemäß dem Folgeantrag VO/2023/11836-01 wird die Verwaltung der Hansestadt Lübeck gebeten, das Thema Quartiersgaragen zu vertiefen, Standorte zu konkretisieren und weitere geplante Maßnahmen zu erläutern.


 


Begründung

 

A: Status Quo

 

Die Hansestadt Lübeck sieht sich in zunehmenden Maße mit der Problematik konfrontiert, dass in Wohnquartieren mit einem hohen Maß an baulicher Dichte teilweise ein sehr hoher Parkdruck vorliegt, d. h. die Parkstände im öffentlichen Raum weitgehend ausgelastet sind und Pkw mitunter regelwidrig abgestellt werden. An die Verwaltung wird vonseiten vieler Bürger:innen der Wunsch gerichtet, dem sehr hohen Parkdruck bzw. der sogenannten „Parkplatznot“ in dem jeweiligen wohnortnahen Quartier entgegenzuwirken.“ (VO/2023/11836, S.7).

 

Besonders betroffen sind Bestandsquartiere der Gründerzeit, deren Straßenquerschnitte nicht auf die Massenmotorisierung ausgelegt wurden. Die ihrer Zeit geplanten Stellplatzanlagen auf privatem Grund bieten keine ausreichenden Kapazitäten zur Deckung des heutigen Stellplatzbedarfs. Da auch der öffentliche Straßenraum in diesen Quartieren häufig begrenzt ist, parken Bewohner:innen ihre privaten Kfz häufig rechtswidrig auf den Gehwegen, obwohl dies nicht explizit durch entsprechende Beschilderungen (Zeichen 315: Parken auf Gehwegen) oder Parkflächenmarkierungen zugelassen ist. Im Zuge einer Neuordnung des öffentlichen Parkraums, könnte die Errichtung von Quartiersgaragen im Zusammenhang mit Parkraumkonzepten Abhilfe schaffen, um das örtliche (legale) Parkraumangebot ggf. zu erweitern sowie den Druck auf die öffentlichen Parkflächen zu verringern. Sie können somit theoretisch einen Beitrag zur Entlastung des Straßenraums und zur Schaffung eines besseren städtischen Umfelds leisten.

 

Die Realisierung von Quartiersgaragen gestaltet sich aber insbesondere in Bestandsquartieren anspruchsvoll. In vielen Fällen sind die räumlichen Gegebenheiten ein Hemmnis für die städtebauliche Integration zusätzlicher Quartiersgaragen. Im Folgenden wird anhand eines konkreten Fallbeispiels die Umsetzung einer Quartiersgarage dargestellt und die damit verbundenen Herausforderungen. Dieses exemplarische Fallbeispiel soll veranschaulichen, ob Quartiersgaragen generell wie vielfach gefordert eine Lösung darstellen können, hoch verdichtete Wohnquartiere mit sehr hohem Parkdruck zu entlasten.

 

 

B: Fallbeispiel

 

Die Stadtplanung hat auf Basis einer Luftbildauswertung innenstadtnahe Quartiere nach möglichen Standorten für Quartiersgaragen überprüft. Die hier beispielhaft in Frage kommende Potenzialfläche für die Quartiersgarage befindet sich im Stadtteil St. Lorenz-d, südlich des Hauptbahnhofs in der Dornestraße. Das Einzugs- und Untersuchungsgebiet erstreckt sich nördlich bis zum Hauptbahnhof und Lindenplatz, östlich bis zur Moislinger Allee, südlich bis zum Töpferweg und westlich bis zur Schützenstraße. Das Untersuchungsgebiet weist überwiegend eine Wohnnutzung auf, wobei im Bereich des Hauptbahnhofs und entlang der Moislinger Allee eine Mischung aus Wohn- und Einzelhandelsnutzung zu finden ist.

 

Die geplante Verortung der Quartiersgarage am Rande des Gebiets, dient der Absicht einer Beruhigung des Verkehrsaufkommens innerhalb des Wohngebiets. Im Falle einer Verortung im Zentrum des Wohngebiets würden die Zu- und Abbringerverkehre der Quartiersgarage das Verkehrsaufkommen innerhalb des Quartiers verstärken. Der in Abb. 3 dargestellte Standort der Quartiersgarage verfügt über eine bebaubare Fläche von ca. 2370 m² mit den Maßen 31 m x 76 m. Die Anzahl der Parkebenen und somit die Höhe der Garage orientiert sich an den nordöstlich gelegenen Wohnbauten, die über 2 3 Vollgeschosse (mit abschließendem Pult- oder Satteldach) verfügen.

 

Die Wahl fiel auf diese Fläche, da sie

 

  • in städtischem Eigentum ist,
  • einen günstigen Zuschnitt aufweist,
  • gut erschlossen werden kann und
  • in einem Bereich mit hohem Parkdruck liegt.

 

Auf dem Grundstück befindet sich ein Bolzplatz dies stellt zwar einerseits einen Nachteil der Fläche dar, andererseits ist es sinnvoll, im Rahmen eines solchen Fallbeispiels auch die Doppelnutzung von Flächen durchzuspielen. Zudem bestehen konkrete Planungen für eine Calisthenics- und Parcouranlage auf einer Teilfläche der Potenzialfläche (in den Abb. 1 und 3 lila gestrichelt). Im Zweifelsfall wäre also eine Anpassung des Grundrisses notwendig, welche zu einer Reduzierung der Stellplatzanzahl führenrde. Es soll an dieser Stelle nochmal klargestellt werden, dass es sich hier um eine theoretische, beispielhafte Untersuchung handelt. Eine konkrete Absicht, an diesem Standort eine Quartiersgarage zu errichten besteht derzeit nicht.

 

 

Entwurf einer Quartiersgarage

 

Der folgende Entwurf ist eine vereinfachte Darstellung einer beispielhaften Quartiersgarage, die sich auf der vorgestellten Potenzialfläche mit 2370 m² theoretisch integrieren ließe. Die Planung befände sich im Bereich eines bestehenden Bebauungsplans, der eine Sportanlage vorsieht. Eine Ausnahme oder Befreiung nach §31 BauGB wäre nicht möglich, da die Grundzüge der bestehenden Planung berührt werden. Aufgrund dessen bedürfte es einer Änderung des B-Plans der Innenentwicklung gemäß §13a BauGB. Bei der dargestellten Stellplatzkapazität handelt es sich um einen Maximalwert. Durch die Miteinbeziehung von E-Ladesäulen, Car-Sharing-Plätzen, Fahrradparkständen, Frauen- und Familienparkständen sowie behindertengerechten Stellplätzen reduzieren sich die Kapazitäten aufgrund der erhöhten Flächeninanspruchnahme der individuellen Parkstände. Ebenso wurden keine Anlagen der Zufahrtskontrollen, WC-Anlagen oder auch ein eigenständiges Treppenhaus, zum Erreichen der möglichen Sportfläche auf dem Dach im Rahmen des Entwurfs berücksichtigt.

 

Die Dachnutzung als Sportfläche wird im weiteren Bericht nicht detaillierter betrachtet, da die Möglichkeiten und Kosten je nach Einzelfall variieren. Eine separate Prüfung der Dachnutzung wäre somit erforderlich, um hierzu konkrete Aussagen treffen zu können.

 

Dennoch ist ein Ersatz der Sportfläche insbesondere im Stadtteil St. Lorenz-Süd von besonderer Relevanz, da der Sportentwicklungsplan 2021/2022 bereits erhebliche Defizite an öffentlichen Sportflächen identifizierte. Die Schaffung einer neuen, idealerweise attraktiveren Sportfläche als Dachnutzung (bspw. ein Kunstrasen-Kleinspielfeld, ein Basketball-Feld oder verschiedene Fitness-Geräte) stellt somit eine notwendige Voraussetzung zur Errichtung einer Quartiersgarage auf der vorgestellten Potenzialfläche dar.

Abb. 3: Verortung der Quartiersgarage im Luftbild, Lila gestrichelt: geplante Calisthenics- und Parcouranlage

© Geoportal der Hansestadt Lübeck

 

 

Die Gestaltung und Abmessungen des Entwurfs basieren auf den „Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs EAR 05“. Die Erschließung der Quartiersgarage erfolgt über die östlich liegende Dornestraße. Eine außenliegende Vollgeschossrampe mit einer Länge von 34 m führt auf das obere Parkdeck. Somit lässt sich die Fläche des Parkdecksglichst effizient ausschöpfen und eine maximale Stellplatzanzahl unterbringen. Bei einer Geschosshöhe von 3m, ist eine Rampenlänge von mind. 30 m notwendig, um eine Steigung von 10% nicht zu überschreiten. Max. 10 % Neigung lautet die Empfehlung bei frei bewitterten Rampen. Innenliegende und witterungsgeschützte Rampen können wiederum bis zu 15 % Neigung aufweisen.

 

Die Stellplätze sind jeweils 5 m lang und 2,5 m breit. Der Aufstellwinkel von 90 Grad gilt als die flächeneffizienteste Anordnung der Stellptze[1]. Bei einer Senkrechtaufstellung (90 Grad), einer Stellplatzbreite von 2,50 m und einem Zweirichtungsverkehr ist eine Fahrgassenbreite von mind. 4,5 m notwendig[2], um das Einparken aus beiden Fahrrichtungen zu gewährleisten. Die empfohlene Fahrgassenbreite[3] liegt bei 5 bis 6 m. Eine Fahrgassenbreite von mind. 5 m resultiert bei einer Gesamtbreite der Quartiersgarage von 30 m in zwei Parkreihen in Senkrechtaufstellung (Abb. 4: außen) und zwei Parkreihen in Schrägaufstellung (Abb. 4: innen).

 

Dem Entwurf (Abb.4) lassen sich pro Ebene ca. 85 Stellplätze entnehmen. Über zwei Parkebenen ergibt das insgesamt max. 170 Stellplätze.

 

 

 

Abb. 4: Vereinfachter Entwurf einer Quartiersgarage in der Dornestraße, © eigene Darstellung

 

 

C: Mietmodelle

 

Die Auslastung von Quartiersgaragen lässt sich durch individuelle Miet- und Nutzer:innenmodelle optimieren. Je nach Standort und Rahmenbedingungen können die Nutzer:innengruppen variieren. Einige Quartiersgaragen werden ausschließlich durch Anwohner:innen genutzt, andere umfassen darüber hinaus ausgewiesene Parkbereiche für bspw. Kurzzeitparkende. Diese Parkbereiche sind insbesondere bei multifunktionalen Quartiersgaragen sinnvoll, die in den Erdgeschosszonen bspw. Einzelhandel, Gewerbe oder kulturelle Nutzungen beherbergen. Diese spezifischen Parkbereiche erfordern eine entsprechende Parkraumbewirtschaftung, wodurch zusätzliche Ein- und Ausfahrtstationen, Kassenautomaten und Schrankensysteme notwendig werden. Dies trifft auf das gewählte Fallbeispiel aber nicht zu.

 

Zur Optimierung der Auslastung besteht die Möglichkeit einer Mehrfachnutzung der Stellplätze. In diesem Fall werden keine festen Stellplätze zugewiesen, sondern lediglich ein Parkbereich, in dem Mieter:innen einen Stellplatz frei wählen dürfen. Hiermit ist eine potenzielle Überbelegung nicht auszuschließen, die erfahrungsgemäß durch die zeitversetzte Belegung der Stellplätze nicht stattfindet[4].

 

Darüber hinaus können je nach Tageszeit verschiedene Nutzer:innengruppen wie Kurzzeitparkende, Besucher:innen und Bewohner:innen die Stellplätze nutzen. Das damit verbundene Anlegen von separaten Parkzonen und zusätzlichen Parkierungsanlagen ist mit Zusatzkosten verbunden, die sich wiederum in höheren Stellplatzmieten widerspiegeln würden.

 

r das Fallbeispiel Dornestraße bieten sich Mietmodelle für verschiedene Nutzer:innengruppen nicht an. Die Quartiersgarage ist monofunktional geplant und integriert kein Gewerbe oder Einzelhandel, der Parkplätze für Kurzzeitparkende benötigt. Im Umfeld der Quartiersgarage befindet sich bereits ein breit gefächertes Angebot an Einzelhandelsgeschäften und Gewerbe, die in der Regel eigene Stellplätze für Kurzzeitparkende zur Verfügung stellen.

 

Die Quartiersgarage dient primär der Entlastung der umliegenden Wohnquartiere, die am stärksten von dem hohen Parkdruck betroffen sind. Die Hauptzielgruppe der Quartiersgarage sind daher die Bewohner:innen.

 

Zur optimalen Nutzung und Effizienz wäre ein Mietmodell für Dauerparkende vorgesehen (Monatsmieten), bei dem die Nutzer:innen einen Parkbereich mieten, jedoch keine feste Zuweisung eines Stellplatzes stattfände. Dieses Mietmodell ermöglicht erfahrungsgemäß eine bestmögliche Auslastung und Refinanzierung der Quartiersgarage.

 

 

D: Ausgaben und Einnahmen

 

Die Kosten einer Quartiersgarage und die entsprechenden Stellplatzmieten setzen sich aus den Grundstücks-, Bau-, Betriebs- und Instandhaltungskosten zusammen. Die Gesamtkosten einer Quartiersgarage variieren somit je nach Lage, Ausführung und Ausstattung.

 

Vergleichsobjekt Parkhaus Godewind:

 

Das sich im Bau befindliche Parkhaus Godewind, in Travemünde Am Fahrenberg, wird auf 7 Halbgeschossen 300 Pkw-Stellplätze unterbringen, die z. T. auch als Dauerstellplätze vermietet werden. Das Parkhaus ist 58 m bzw. 78 m lang (längere Seite in Richtung Westen), 33 m breit und 12 m hoch[5]. Das Parkhaus wird anstelle eines ebenerdigen Parkplatzes erbaut. Die aufwendige Gründung des Parkhauses Godewind nimmt gemäß VO/2022/11727-01 ca. 1,8 Mio. EUR der Gesamtinvestitionen von 8 Mio. EUR in Anspruch.

 

Aufwendige Gründungen und Bodenaustausche zählen insbesondere bei Neuentwicklungen in Bestandsquartieren zu Kostentreibern, weshalb sich der Bau von Quartiersgaragen im Bestand i. d. R. kostenintensiver gestaltet. Darüber hinaus stellen Parkhäuser und Quartiersgaragen potenzielle Angsträume dar. Maßnahmen, die das Sicherheitsgefühl steigern, wie bspw. eine ausreichende und gleichmäßige Beleuchtung, Videoüberwachungsanlagen und Notrufsysteme, sollten nicht eingespart werden, um einen möglichst sicheren Ort zu schaffen.

 

Neben den Grunderwerbs- und Baukosten fallen jährliche Betriebs- und Instandhaltungskosten an. Hierzu zählen u. a. die Wartung der Quartiersgarage, Hausmeisterleistungen, Energie- und Wartungsleistungen, Gebäudeversicherungen oder auch die Verwaltungskosten der Stellplätze. Die Betriebskosten sind abhängig von der Ausführung und Ausstattung der Quartiersgarage. Zusätzliche Bau- und/oder Betriebskosten können durch Sharing-Angebote, elektronische Schrankenanlagen, Paketstationen, Videoüberwachung, Ladeinfrastrukturen oder Kassenautomaten entstehen.

 

Die folgenden Tabellen zeigen eine Kosten- und Einnahmenkalkulation des Fallbeispiels in der Dornestraße auf. Die Kostenansätze orientieren sich an Vergleichsobjekten in Lübeck. Die ermittelten Stellplatzmieten gelten bei einem Betrieb von 50 Jahren und sind dabei lediglich bei voller Auslastung kostendeckend. Grunderwerbskosten konnten im Rahmen der Kalkulation nicht berücksichtigt werden die Kalkulation gilt also lediglich für den Bau einer Quartiersgarage auf städtischer Fläche.

 

 

Kosten- und Einnahmenkalkulation bei 170 Stellplätzen:

 

 

Kosten/Stellplatz

Gesamtkosten,

Betriebszeit 50 Jahre

Betrag pro Monat/

Stellplatz

Bau

mind. 25.000 EUR 

mind. 4.250.000 EUR

mind. 42 EUR

opt. Sport-anlage

+ ca. 2.000.000 EUR, grobe Schätzung

+ ca. 20 EUR

Betrieb

ca. 400 EUR/Jahr

ca. 3.400.000 EUR

ca. 35 EUR

Instandhaltung

ca. 80 EUR/Jahr

ca. 680.000 EUR

ca. 7 EUR

Instandsetzung

ca. 1.500.000 EUR - 3.000.000 EUR

15 - 30 EUR

Kostendeckende monatliche Einnahmen bei voller Auslastung

(exkl. Sportanlage)

100 - 150 EUR

Kostendeckende monatliche Einnahmen bei voller Auslastung

(inkl. Sportanlage)

120 - 170 EUR

Kostendeckende monatliche Einnahmen bei mittlerer Auslastung (80 %, exkl. Sportanlage)

mind. 120 EUR

 

Die errechnete Stellplatzmiete von 100 bis 150 EUR (120 bis 170 EUR mit einer Dachnutzung als Sportanlage) für das Fallbeispiel übersteigt die marktgängigen Mieten für vergleichbare Dauerstellplätze in direkter Altstadtnähe. Diese bewegen sich zwischen 89 EUR (Parkhaus am Burgtor) und 99 EUR (Parkhaus Falkenstraße, nach der Sanierung)[6].

 

Privatwirtschaftliche Garagenstellplätze werden in den umliegenden Wohnquartieren (u. a. Moislinger Allee, Brahmstr., Wendische Straße, Kutterweg) für ca. 60 EUR angeboten[7]. Mit Blick auf die in der Gesamtschau aufgeworfenen Mietpreise wird hier eher von einer marktgängigen Miete von 75 EUR ausgegangen.

 

In der Regel ist außerdem nicht von einer 100 %igen Auslastung der Quartiersgaragen auszugehen, da die Zielgruppe der Quartiersgaragen recht begrenzt ist und kostenfreie Parkplätze im öffentlichen Straßenraum der Wohnquartiere außerhalb der Altstadt bestehen. Je nach zu erwartender Auslastung ist mit einer entsprechenden Anpassung der Stellplatzmiete zu rechnen. Bei einer durchschnittlichen Auslastung von 80 % entspricht dies einer Stellplatzmiete von mind. 120 EUR (exkl. Sportanlage). Hierdurch steigt die Differenz zwischen Markt- und Vollkostenmiete, was sich bei einer entsprechenden Preisanpassung wiederum negativ auf die Auslastung auswirken würde.

 

Die Gesamteinnahmen bei einer angestrebten Marktmiete von 75 EUR belaufen sich bei einer Auslastung von 80 % und einer Betriebsdauer von 50 Jahren Gesamteinnahmen auf ca. 6.120.000 EUR. Die Gesamtsumme der Bau-, Betriebs- und Instandhaltungskosten beträgt mind. 9.830.000 EUR. Die daraus resultierende Differenz von 3.710.000 EUR entspricht einem Großteil der Baukosten der Quartiersgarage, die es zugunsten einer marktgängigen Stellplatzmiete ggf. zu bezuschussen gelte. Insbesondere im Hinblick auf eine gesamtstädtische Integration von Quartiersgaragen in mehreren Quartieren sind diese finanziellen Aufwendungen zu berücksichtigen.

 

Sollte das Finanzierungskonstrukt ähnlich gestaltet werden wie bei den bestehenden Parkhäusern der KWL (Godewind, Am Burgtor, Falkenstraße), würde die Planung und der Bau einer Quartiersgarage der KWL über eine Pachtzahlung der Hansestadt Lübeck (HL) refinanziert werden. Die KWL wird die Finanzierung einer Quartiersgarage nicht selbst stemmen nnen und sich der Fremdfinanzierung bedienen. Aktuell könnte als Schätzwert ein Zinssatz von 4 % angenommen werden. Die jährliche Annuität erhöht um 3 % müsste die HL als Pacht an die KWL zahlen. Allein im ersten Jahr entspräche dies zusätzlichen Finanzierungskosten von ca. 175.000 Euro, die in der oben aufgeführten Kalkulation noch keine Berücksichtigung gefunden haben und somit zu noch höheren Mietkosten führen müssten.

 

rdermittel für Quartiersgaragen werden bislang sporadisch angeboten. Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg bietet ein Förderprogramm im Rahmen des Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes an, das die kommunale Verkehrsinfrastruktur des Landes fördert. Mitinbegriffen ist die Förderung von Quartiersgaragen. Grunderwerbs- und Baukosten sowie ergänzende Maßnahmen im Zusammenhang mit den Quartiersgaragen werden bezuschusst, vorausgesetzt die Quartiersgaragen ersetzen Parkplätze im öffentlichen Raum in gleicher Größenordnung[8]. Derzeit ist kein für die HL nutzbares Förderprogramm bekannt.

 

 

E: Fazit

 

Die Errichtung von Quartiersgaragen ist in Bestandsquartieren mit vielen Herausforderungen verbunden. Allem voran steht die mangelnde Flächenverfügbarkeit, die in der Regel in Bestandsquartieren mit hoher baulicher Dichte gering ausfällt. Idealerweise zeichnen sich die Flächen außerdem durch eine gute Anbindung an das Hauptverkehrsstraßen-, Radwege-, Fußwege- und ÖPNV-Netz aus, um einen möglichst multimodalen Zugang zu gewährleisten.

 

Zugleich verdeutlicht die Schätzung der Ausgaben und Einnahmen der Bau und Betrieb einer Quartiersgarage geht mit nicht unerheblichen Kosten einher, die sich in entsprechenden Stellplatzmieten widerspiegeln. Stellplatzmieten von über 100 EUR stehen in großer Konkurrenz zum kostenfreien Parken im öffentlichen Straßenraum. Diese Kosten können für Nutzer:innen eine Hürde darstellen, die sich auf die Auslastung der Quartiersgarage auswirken kann. Nebst den Kosten zählen auch längere Fuß- oder Radwege zum privaten Stellplatz zu den Hürden. Entfernungen zwischen 200 bis 300 m vom Wohnsitz zur Quartiersgarage werden von den Mieter:innen in der Regel akzeptiert[9]. Fraglich ist, ob diese alleinig eine Quartiersgarage auslasten, insbesondere, wenn kostenfreie Parkplätze im öffentlichen Straßenraum weiterhin zur Verfügung stehen. Mögliche Verlagerungseffekte der Verkehre sind indes zu berücksichtigen, sowohl die steigenden Zu- und Abbringerverkehre der Quartiersgarage, als auch die sich verlagernden Parksuchverkehre in den Wohnquartieren.

 

Der Bau einer Quartiersgarage in Bestandsquartieren sollte also mit unterstützenden Maßnahmen einhergehen, um die Auslastung zu steigern. Eine Neuordnung des öffentlichen Parkraums dient nicht nur der Auslastung der Quartiersgarage, sie ist in vielen Bestandsquartieren notwendig, um die Einhaltung der Mindestmaße für Gehwege sowie Fahr- und Rettungsgassen sicherzustellen. Das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung formuliert folgende Erfolgsfaktoren im Rahmen des Working Papers „Wohin mit den Autos? Quartiersgaragen und Parkraummanagement im Bestand“[10]:

 

  • knapp bemessenes Parkraumangebot im öffentlichen Straßenraum
  • eine benutzerfreundliche Gestaltung der Garagen (Vermeidung von Angsträumen, gering geneigte Rampen, breite Stellplätze etc.)
  • weitgehender Verzicht auf straßenbegleitende Parkstände im Quartier
  • eingesparte Parkplätze stehen der Allgemeinheit bzw. anderen Nutzungen zur Verfügung (Aufenthalt, Spielplätze, Car Sharing)
  • gute Alternativen zum privaten Pkw (Rad, ÖPNV, Sharing)
  • frühzeitige und gute Informationsangebote und Kommunikation
  • attraktive Fuß- und Radwege im Quartier und zur Quartiersgarage
  • Fahrradabstellanlagen an der Quartiersgarage und frei verfügbare Transportmittel wie Handkarren und Anhänger
  • gute Erreichbarkeit für Pkw vom Hauptstraßennetz
  • vermeiden von Fahrten im Quartier

 

Der Erfolg einer Quartiersgarage ist also maßgeblich von den Rahmenbedingungen abhängig. Insbesondere in Bestandsquartieren sind diese Rahmenbedingungen nicht immer ideal.

 

Das Parkraumangebot im öffentlichen Raum sollte möglichst knapp bemessen sein, sodass die Nutzung einer Quartiersgarage auch angenommen wird, da ansonsten die Refinanzierung einer Quartiersgarage nicht möglich ist.

 

Unter Berücksichtigung dieser Faktoren zeigt sich, dass Quartiersgaragen in den Bestandsquartieren mit hoher baulicher Dichte, die in der Regel dem höchsten Parkdruck ausgesetzt sind, gesamtstädtisch nicht ohne Weiteres umsetzbar sind. Eine Empfehlung für Quartiersgaragen kann grundsätzlich nur unter entsprechenden Anpassungen des öffentlichen Parkraums ausgesprochen werden. Ergo der öffentliche Parkraum muss erheblich reduziert werden, bspw. durch die Reduzierung des aufgeschulterten Parkens. Darüber hinaus kann eine Parkraumbewirtschaftung dazu führen, sofern eine entsprechende rechtliche Durchsetzbarkeit gegeben ist, dass Anwohner:innen verstärkt auf Quartiersgaragen ausweichen.

 

Hier zeigt sich ein Dilemma bei der Umsetzung solcher Vorhaben: Man setzt sie dort um, wo der Parkdruck hoch und Parkplätze im öffentlichen Raum knapp sind, muss aber die Knappheit ein Stück weit aufrechterhalten, damit Quartiersgaragen auch genutzt werden.

 

Angesichts des Zuschussbedarfs stellen Quartiersgaragen letztendlich keinen geeigneten Ansatz zur Reduzierung des gesamtstädtischen Parkdrucks dar. Ein flächendeckendes Angebot an Quartiersgaragen ist für die Hansestadt Lübeck finanziell nicht tragbar.

 

 

Literaturverzeichnis

 

KWL GmbH (n.d.). Dauerparken. beck. Online unter:  Dauerparken | KWL GmbH [zuletzt abgerufen: 13.06.2025]

 

KWL GmbH (2023). Vorstellung des Projektes: Neubau Parkhaus Am Fahrenberg in Lübeck-Travemünde, für den Bauausschuss der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck. beck. Online unter: Auszug [zuletzt abgerufen: 13.06.2025]

 

Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg. (n.d.). LGVFG-Förderung Quartiersgaragen, Regelförderung Quartiersgaragen über LGVFG (Kommunen). Stuttgart. Online unter: LGVFG-Förderung Quartiersgaragen [zuletzt abgerufen: 13.06.2025]

 

Schnabel, W., & Lohse, D. (2011). Grundlagen der Straßenverkehrstechnik und der Verkehrsplanung, Band 1: Straßenverkehrstechnik (3. Aufl.). DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin

 

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. (2018). Wohnungsneubau: Studie zum Umgang mit ruhendem Verkehr in den neuen Stadtquartieren. Berlin. Online unter: Quartiersgaragen in Berlin [zuletzt abgerufen: 13.06.2025]

 

Vonovia SE (n.d.). Finden Sie Ihr neues Zuhause. Bochum. Online unter: Wir geben Menschen ein Zuhause [zuletzt abgerufen: 13.06.2025]

 

Welsch, J. (2024). Wohin mit den Autos? Quartiersgaragen und Parkraummanagement im Bestand (ILS-Working Paper). Dortmund. Online unter: Wohin mit den Autos? Quartiersgaragen und Parkraummanagement im Bestand [zuletzt abgerufen: 13.06.2025]


[1] Schnabel, W., & Lohse, D. (2011), S.496

[2] Ebd., S.492

[3] Ebd.

[4] Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. (2018), S.8

[5] KWL GmbH (2023)

[6] KWL GmbH (n.d.)

[7] Vonovia SE (n.d.)

[8] Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg. (n.d.)

[9] Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. (2018), S.6

[10] Welsch, J. (2024), S.19


Anlagen