Vorlage - VO/2025/13930  

Betreff: Einsatz von praxisintegrierten Auszubildenden (PiA) zur Erzieher:in und Heilerzieher:in in der stationären Jugendhilfe
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Monika Frank
Federführend:4.510 - Familienhilfen/Jugendamt Bearbeiter/-in: Bender, Olga
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Jugendhilfeausschuss zur Kenntnisnahme
06.03.2025 
13. Sitzung des Jugendhilfeausschusses (Wahlperiode 2023 - 2028) zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

 

Die stationäre Kinder- und Jugendhilfe bildet einen zentralen Bestandteil der jugendamtlichen Aufgabenwahrnehmung, auf deren Funktionstüchtigkeit junge Menschen, Eltern und Fachkräfte zwingend angewiesen sind. Der Fachkräftemangel in den Hilfen zur Erziehung in Zeiten zunehmender Hilfebedarfe führt dazu, dass das Kinder- und Jugendhilfesystem derzeit nicht mehr reibungslos funktioniert und an verschiedenen Stellen bereits Notlösungen für die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen gefunden werden müssen. Die Verwaltung hat hierzu dem Jugendhilfeausschuss am 07.03.2024 einen Bericht vorgelegt (VO/2023/12807).

 

 


Begründung

 

Den Jugendämtern obliegt für alle Leistungsbereiche der Kinder- und Jugendhilfe die Gesamt- und Planungsverantwortung, aber sie haben kaum Handhabe, den Bedarf an Fachkräften zu befriedigen. Die Verwaltung möchte daher gemeinsam mit den Trägern der freien Jugendhilfe in Lübeck praxisintegrierte Auszubildende (PiA) in den stationären Hilfen zur Erziehung einführen. Dies ist verbunden mit den Zielen, die Einrichtungen durch mehr engagiertes Personal zu entlasten, sowie die Auszubildenden nach drei Jahren als ausgebildete Fachkräfte in den Hilfen zur Erziehung zu übernehmen.

 

Die praxisintegrierte Ausbildung (PiA) verbindet die intensiven Praxisphasen in sozialen Einrichtungen mit theoretischen Lerninhalten an einer Fachschule. Die Auszubildenden sind von Beginn an in den Arbeitsalltag eingebunden und erwerben parallel wichtige fachliche und praktische Kompetenzen. Die enge Verzahnung von Theorie und Praxis fördert die Ausbildung kompetenter Fachkräfte, die gezielt auf die Anforderungen der stationären Jugendhilfe vorbereitet werden. Neben der Ausbildung zur Erzieher:in ist auch die Ausbildung zur Heilerziehungspfleger:in in Form einer praxisintegrierten Ausbildung Bestandteil des Vorhabens, was gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur inklusiven Ausrichtung der Jugendhilfe leistet.

 

Neben der positiven Wirkung auf die Fachkräftesituation ist die personelle Ausstattung ein erheblicher Faktor in der Versorgungsqualität der stationär untergebrachten Kinder und Jugendlichen. Die Forderungen des Aktionsbündnisses KINDESWOHL IN SCHLESWIG-HOLSTEIN hinsichtlich struktureller Rahmenbedingungen und einem erhöhten Personalschlüssel in den stationären Hilfen zur Erziehung wurden dem Ausschuss in 2024 vorgestellt. Die hiermit in Verbindung stehenden Verhandlungen zum Landesrahmenvertrag sind noch zu keinem Abschluss gekommen.

 

Sowohl dem öffentlichen als auch den beteiligten freien Trägern ist bewusst, dass PiA-Auszubildende in der stationären Jugendhilfe „nur“ als zusätzliche Unterstützung für die Teams eingesetzt werden können. Dennoch können sie einen wertvollen Beitrag zur Betreuung der Kinder und Jugendlichen in den Wohngruppen leisten. Neben der Unterstützung im Einrichtungsalltag stellt insbesondere die durch die zusätzliche Kraft mögliche Individualbetreuung (sog. „Quality-Time) für die untergebrachten Kinder und Jugendlichen sowie die Begleitung zu externen Terminen o.ä. eine qualitative Verbesserung der Versorgungssituation und ebenso eine Entlastung für die in der Wohngruppe tätigen Fachkräfte dar.

 

 

Ausblick

In Kooperation mit den Trägern der freien Jugendhilfe wurde ein entsprechendes Kurzkonzept erstellt. Weiterhin haben bereits Gespräche mit den zuständigen Fachschulen (Dorothea-Schlözer für Erzieher:innen und Gisa-Feuerberg für Heilerziehungspfleger:innen) stattgefunden. Von beiden Schulen liegen Schulplatzzusagen für Auszubildende mit der Fachrichtung stationäre Hilfen zur Erziehung vor.

 

Es ist beabsichtigt, zum nächsten Ausbildungsjahr zunächst mit einem Kontingent von bis zu acht Ausbildungsstellen darunter vier PiAs als Erzieher:innen und vier PiAs als Heilerziehungspfleger:innen zu starten. Die für die zusätzliche Bereitstellung von PiAs durch die freien Träger entstehenden Mehrkosten werden über den Tagessatz refinanziert und in der Entgelt-, Leistungs- und Qualitätsentwicklungsvereinbarung dargestellt. Dies führt zu einem Anstieg des Tagessatzes pro Kind in Höhe von ca. 6,50 - 8,00 €, je nach Platzanzahl in der betroffenen Einrichtung. Diese Kosten fallen anteilig für in Anspruch genommene Plätze des jeweils belegenden Jugendamtes an.

Die beabsichtigte Maßnahme wird als fachlich erforderlich angesehen und trägt zur Erreichung strategischer Ziele des Bereiches Familienhilfen / Jugendamt bei. Sie ist geeignet, um die Versorgungssituation in stationären Jugendhilfeeinrichtungen zu verbessern sowie dem Fachkräftemangel zu begegnen. Die finanziellen Auswirkungen sind bezogen auf die Gesamtaufwendungen für stationäre Hilfen und im Vergleich zum erwarteten Effekt gering, sodass die Maßnahme durch die Hansestadt Lübeck als äerst wirtschaftlich eingeschätzt wird. Die Stabilisierung und Stärkung der Jugendhilfe-landschaft ist dringend erforderlich und auch die Entwicklung von Bewältigungsstrategien zum Umgang mit dem Fachkräftemangel wird zukünftig einen hohen Stellenwert einnehmen müssen. Der Einsatz von praxisintegrierten Auszubildenden stellt eine qualitative Verbesserung in der stationären Jugendhilfe dar und bietet zum anderen eine Chance zur Fachkräfteentwicklung.


 


Anlagen

keine