Steuerart und Rechtsstand:
Die Grundsteuer ist eine Realsteuer (auch Objektsteuer genannt) und knüpft an vorhandenen Grundbesitz an. Sie wird jährlich von der Gemeinde erhoben, auf deren Gemeindegebiet der Grundbesitz liegt. Steuerpflichtige sind die Eigentümer:innen des Grundbesitzes. Die Hansestadt Lübeck generiert mit Erhebung der Grundsteuer rund 39 Mio. EUR jährlich, die als allgemeines Deckungsmittel in den Haushalt einfließen.
Die Grundsteuer für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft wird als Grundsteuer A bezeichnet. Die Grundsteuer B wird für die übrigen Grundstücke erhoben.
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 wurde die Unvereinbarkeit der bisherigen Grundsteuererhebung mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes festgestellt. Diese Entscheidung führte zur Neuregelung der Grundsteuer, welche ab dem 01. Januar 2025 greift. Die Anwendung der bisherigen Normen hat das Bundesverfassungsgericht bis zum 31. Dezember 2024 befristet (Fortgeltungsanordnung). Für die Hansestadt Lübeck bedeutet dieses, dass ab 2025 rund 67.500 neue Grundsteuerbescheide zu versenden sind, und die Grundsteuer auf Grundlage des neuen Rechts erhoben wird.
Bisher wird die Grundsteuer anhand von Einheitswerten nach dem Bewertungsgesetz berechnet. Durch das Grundsteuerreformgesetz wurde die geforderte Neuregelung geschaffen. Im Dezember 2019 trat es als sogenanntes Bundesmodell in Kraft. Zugleich wurde den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, eigene abweichende Regelungen über die Grundsteuer zu treffen (Länderöffnungsklausel). Schleswig-Holstein hat davon keinen Gebrauch gemacht, sondern setzt das Bundesmodell um.
Bundesweit wurde der gesamte Grundbesitz durch die jeweiligen Finanzämter mit der Hauptfeststellung zum 01. Januar 2022 neu bewertet und die neuen Grundsteuermessbeträge wurden durch die Finanzämter festgesetzt.
Berechnung der Grundsteuer
Die Berechnung der Grundsteuer besteht aus drei Stufen:
Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz = Grundsteuer
Stufe 1 Grundsteuerwert vom Finanzamt
Auf Grundlage der Daten, die alle Eigentümer:innen dem Finanzamt übermittelt haben, hat dieses den Grundsteuerwert berechnet. Der Grundsteuerwert wird durch den Grundsteuerwertbescheid festgestellt. Der Bescheid hat keine Zahlungsaufforderung enthalten. Er dient aber als Grundlage für die weiteren Berechnungsschritte.
Stufe 2. Grundsteuermessbescheid vom Finanzamt:
Der neu ermittelte Grundsteuerwert wird mit der gesetzlich festgeschriebenen Steuermesszahl multipliziert (§§ 14 und 15 Grundsteuergesetz):
• Für die Grundsteuer A wird mit der Steuermesszahl 0,55 v.T. multipliziert
• Für die Grundsteuer B wird mit der Steuermesszahl 0,31 v.T. (Wohnbebauung)
bzw. 0,34 v.T. (sonstige Grundstücke) multipliziert.
Das Produkt ergibt den Grundsteuermessbetrag.
Stufe 3 Grundsteuerbescheid
Der Grundsteuermessbetrag wird mit dem von der Gemeinde festgelegten Hebesatz multipliziert und so die Höhe der Grundsteuer ermittelt. Der Grundsteuerbescheid kann damit erlassen werden.
Hebesatz
Der Hebesatz ist die maßgebliche Einflussgröße für das Grundsteueraufkommen jeder Gemeinde. Hierüber beeinflusst diese die Höhe des gesamten Grundsteueraufkommens, in der Hansestadt Lübeck rund 39 Mio. EUR jährlich. Im Zuge der Grundsteuerreform wurde das politische Ziel ausgegeben, dass das Gesamt-Grundsteueraufkommen reformbedingt weder steigen noch sinken soll (Aufkommensneutralität). Die Gesamtsumme aller Grundsteuermessbeträge ändert sich durch die Neubewertung der Grundstücke. Um die Aufkommensneutralität zu gewährleisten, ist es erforderlich, als Rechengröße den Hebesatz entsprechend anzupassen.
Unabhängig von der Hebesatzautonomie einer Kommune hat das Finanzministerium SH im September 2024 ein Transparenzregister veröffentlicht, in dem diejenigen Hebesätze enthalten sind, die bei Einhaltung der Aufkommensneutralität bewirken sollen, dass das Grundsteueraufkommen für die jeweilige Kommune für 2025 im Vergleich zu 2024 weder steigt noch sinkt. Das Transparenzregister ist öffentlich und kann unter dem Link www.schleswig-holstein.de/grundsteuer aufgerufen werden. Für die Hansestadt Lübeck wurden danach vom Finanzministerium SH folgende Hebesätze rechnerisch (unter Berücksichtigung vieler verschiedener Faktoren – Schleswig-Holsteinischer Landtag Umdruck 20/3424) ermittelt:
| Aktueller Hebesatz 2024 | Aufkommensneutraler Hebesatz ab 01.01.2025 |
Grundsteuer A | 400 % | 412 % |
Grundsteuer B | 500 % | 575 % |
Ab 2025 können Kommunen einen Hebesatz Grundsteuer C erheben. Diese Grundsteuer kann für baureife, aber unbebaute Grundstücke erhoben werden. Über die Grundsteuer kann somit ein finanzieller Anreiz geschaffen werden, baureife Grundstücke einer Nutzung durch Bebauung zuzuführen. Für die Einführung dieser Steuer wäre zunächst eine Kosten- und Nutzenanalyse notwendig, um die Erfolgsaussichten mit Blick auf die Lenkungsfunktion zu bewerten. Mangels geeigneter Daten zu den bisher besteuerten Grundstücken kann dazu aktuell noch keine Aussage getroffen werden. Alle Grundstücksdaten müssen neu klassifiziert und rechtssicher abgegrenzt werden, um dann eindeutig zwischen den drei Grundsteuerarten unterscheidbar zu sein. Die bislang vom Finanzamt erhaltenen Daten zu den Grundstücken im Lübecker Stadtgebiet enthalten diese Klassifizierung nicht, was folglich manuell in der städtischen Software nachzupflegen wäre. In Anbetracht, dass es sich bei der Grundsteuerreform um eine der größten Reformen im Steuerrecht der letzten Jahrzehnte handelt, wird zunächst das Augenmerk auf die Umsetzung des Bisherigen gelegt werden und von der Erhebung einer Grundsteuer C abgesehen. Gemäß Beschluss des Hauptausschusses vom 15.10.2024 VO/2019/08356-02 wird der Bürgermeister der Bürgerschaft bis Juni 2025 einen Bericht über die mögliche Einführung der Grundsteuer C in Lübeck vorlegen.
Bisher wurde der Hebesatz der Grundsteuer im Rahmen der Haushaltsberatung durch die Haushaltsatzung festgesetzt. Da zum Zeitpunkt zur Beschlussvorlage über die Haushaltssatzung 2025 die Veröffentlichung der Hebesätze im Transparenzregister noch nicht erfolgt war, wird nunmehr der Beschluss über die Hebesatzsatzung in dieser separaten Vorlage herbeigeführt
Fazit und Ausblick:
In Umsetzung der Grundsteuerreform wird für das Lübecker Stadtgebiet zunächst der Berechnung des Finanzministeriums SH gefolgt und die Hebesätze gemäß Transparenzregister erhoben. Neu und erstmalig für eine Steuerart erfolgt eine Datenübergabe von den Finanzverwaltungen an die Gemeinden elektronisch über das Verfahren ELSTER-Transfer. Seit 2023 sind die Mitarbeitenden aus dem Sachgebiet Grundsteuer im Bereich Haushalt und Steuerung u.a. damit beschäftigt, die übermittelten Datensätze mit denen der in der städtischen Veranlagungssoftware vorhandenen Daten abzugleichen, zu korrigieren oder anzupassen, damit zum Versand der Bescheide eine solide Datengrundlage besteht. Herausforderungen ergeben sich insbesondere durch das Mengengerüst der Daten (rd. 67.500 Objekte), die Qualität der Partnerdaten, sowie beim Import der Datensätze. Aktuell liegen der Verwaltung noch nicht alle neuen Messbeträge vom Finanzamt vor bzw. sind noch nicht systemseitig eingepflegt, sodass eine valide Vergleichsberechnung zu den im Transparenzregister veröffentlichten Hebesätzen noch nicht möglich ist. Auch werden mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreiche Einspruchsverfahren beim Finanzamt und immer noch eingehende Messbescheide zu einer Veränderung der zur Aufkommensneutralität führenden Hebesätze führen. Die Entwicklung wird im Laufe des Jahres 2025 weiterhin begleitet, beobachtet und ggf. entsprechend angepasst. Wenn alle rd. 67.500 Steuerbescheide berechnet sind wird festgestellt, ob die nun festgelegte Hebesätze tatsächlich im Ergebnis dazu führen, dass die Hansestadt Lübeck wie im Jahr 2024 rd. 39 Mio. EUR Einnahmen erhält. Anderenfalls können die Hebesätze angepasst und somit auch nachträglich noch die Aufkommensneutralität sichergestellt werden. Bei einer derartigen Reform mit vorherigem sechzigjährigen Berechnungsmodell wäre dies nicht ungewöhnlich.
Auch wenn die Reform für die Hansestadt Lübeck in Summe aufkommensneutral umgesetzt wird, werden sich die individuellen Steuerbeträge zwangsläufig verändern, d.h. für einzelne Eigentümer wird es bedingt durch das neue Berechnungsverfahren zu einer Mehr- oder Minderbelastung kommen. Da bei diesem Berechnungsverfahren die Lage des Grundstücks eine Bedeutung spielt ist es möglich, dass privat genutzte Grundstücke eher zu einer höheren Grundsteuer kommen als gewerblich genutzte Grundstücke. Inwieweit die Kommunen diese Effekte korrigieren könnten, steht aktuell nicht fest. Auch dafür bedarf es ergänzender Datenauswertungen, die im Laufe des Jahres 2025 vorgenommen werden können.
Mit dem obigen Bericht zur Einführung einer Grundsteuer C wird auch zur Umsetzung der Grundsteuerreform insgesamt berichtet werden.