Vorlage - VO/2021/10151  

Betreff: Zwischenbericht zum ganzjährigen Probebetrieb der Fußgängerfähre an der Nordermole
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Hagen
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Bahr, Oliver
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
07.06.2021 
53. Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Wirtschaftsausschuss und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" zur Kenntnisnahme
14.06.2021 
24. Sitzung des Wirtschaftsausschusses und Ausschuss für den "Kurbetrieb Travemünde (KBT)" zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
15.06.2021 
51. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
17.06.2021 
25. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag


In der Bürgerschaft der Hansestadt beck wurde am 26.11.2020 die Beschlussvorlage (VO/2020/09238) „Betrauung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung zur Bereitstellung und des Betriebes der Priwallfähre und der Vorhaltung der entsprechenden Infrastruktur“ mit dem geänderten Ergänzungsantrag der CDU- und SPD-Fraktion (VO/2020/09238-02) geändert beschlossen.

Dabei wurde der Bürgermeister gebeten, die erforderlichen personellen Ressourcen für die Umsetzung der oben aufgeführten Fährzeiten zu gewährleisten und quartalsweise über die Umsetzung des Pilotprojektes zu berichten.


 


Begründung


 

Betrieb Winterhalbjahr

Im Zuge der sogenannten zweiten Corona-Welle traten immer stärkere Restriktion für die Bevölkerung und den Tourismus ein. Zeitweise war es nur Personen aus Lübeck erlaubt, sich in Travemünde aufzuhalten, der Hotel- und Gaststättenbereich ist weiterhin stark eingeschränkt. Diese Einschränkungen hatten unmittelbaren Einfluss auf die Nutzerzahlen des Fährbetriebs.

 

Es galt zunächst bis zum 31.03.2021 der „Corona“-Fahrplan von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr an den Wochenenden. In der Zeit vom 01.11.2020 bis 31.03.2021 konnte nur an sechs Tagen ein wirtschaftlicher Betrieb festgestellt werden. Hierbei handelt es sich um drei Sonntage und einen Samstag im November 2020, sowie je einen Sonntag im Februar 2021 und im März 2021. An drei Tagen konnte der Betrieb aufgrund von Niedrig- oder Hochwasser nicht durchgeführt werden. Der Zuschussbedarf belief sich daher bis zum 31.03.2021 auf 60.000 Euro netto.

 

Die Fahrgastzahlen für den Zeitraum November 2020 bis März 2021 zeigten, dass selbst an den Wochenenden nicht genug Fahrgäste gefahren sind, um einen wirtschaftlichen Betrieb darzustellen. Auf Grund der mit der Pandemie verbundenen Einschränkungen ist dies jedoch nur bedingt aussagekräftig. Die Anzahl der Übernachtungen betrug im Zeitraum November 2019 bis März 2020 noch 221.779 bei ca. 7600 Betten. Im Vergleichszeitraum 2020/21 reduzierten sich die Übernachtungen auf 17.359 bei einer gestiegenen Anzahl von ca. 8600 Betten.

 

Betrieb ab 01.04.2021

Der Stadtverkehr Lübeck (SL) hat gemäß Absprache mit der Hansestadt Lübeck, die ursprünglich vorgeschlagenen Zeiten geplant und kalkuliert. Seit dem 01.04.2021 findet der Betrieb von 10:00 Uhr bis 22:30 Uhr statt. Bis zum 31.10.2021 werden SL zusätzliche Kosten in Höhe von 107.250 Euro netto erstattet.

 

Gemäß Vorschlag vom SL werden die Kosten für die Zeit von 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr und von 20:00 Uhr bis 22:30 Uhr durch die Hansestadt Lübeck getragen. Für den April sind durch die nach wie vor geringen Fahrgastzahlen 20.250 Euro an den SL auszugleichen. Den höheren Anteil trägt der SL mit Kosten in Höhe von 40.500 Euro. Die Fahrgastzahlen haben sich wie folgt entwickelt:

 

durchschnittliche Anzahl Fahrgäste 01.04.2021 30.04.2021

 

10:00-12:00Uhr

12:00-20:00Uhr

20:00-22:30Uhr

Durchschnitt pro Tag

Durchschnitt

Mo bis Fr

59

204

4

267

Durchschnitt

Sa und So

97

667

7

771

 

An den Wochentagen wird der Fährbetrieb bisher deutlich geringer in Anspruch genommen, als an den Wochenenden. Das Angebot in den Abendstunden (20:00 Uhr 22:30 Uhr) wird von den Fahrgästen fast nicht angenommen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Ausweitung des Fährbetriebs bisher nicht wirtschaftlich, dies gilt auch für die Osterferien.

 

Investitionsbedarf Norderfähre

Angesichts der Erweiterung des Norderfährverkehrs auf einen Ganzjahresbetrieb, mit Fahrplanzeiten von 10:00 Uhr bis 22:30 Uhr, gibt es keine Instandhaltungsfenster für die notwendigen größeren Instandhaltungsmaßnahmen, bzw. Schadenreparaturen, an der Priwall VI mehr. In dieser Zeit wird der SL die nicht behindertengerechte Priwall IV einsetzen. Die Priwall IV hat wesentlich weniger Kapazitäten und kann keine Rollstuhlfahrenden, Fahrräder oder Kinderwagen transportieren. Ebenso ist davon auszugehen, dass sie altersbedingt nicht dauerhaft als Reservefähre zur Verfügung steht. Damit wird die Anschaffung einer möglichst barrierefreien Reservefähre aus Sicht der SL in den nächsten Jahren zwingend erforderlich sein.

 

Die bestehenden Norderfähranleger wurden in den vergangenen Jahren immer wieder ertüchtigt. Hierbei wurde versucht, eine Konstruktion zu schaffen, die auch für das Anlegen der Autofähre Berlin ausgelegt ist. Dennoch ist die Konstruktion, aufgrund der Wetterverhältnisse und der Belastung eines ganzjährigen Betriebes, auf Dauer nicht geeignet. Es sind regelmäßige Wartungen und Reparaturarbeiten im Dalbenbereich notwendig. Bei einem ganzjährigen Betrieb sind die Belastungen wesentlich höher, und es sind keine Zeitfenster hierfür vorhanden. Zudem ist ein zuverlässiger Betrieb bei Hoch- und Niedrigwasser von mehr als einem Meter nicht möglich.

 

Der SL wird in 2021 eine Untersuchung für einen optimalen Betrieb und dem Neubau einer möglichst emissionsfreien modernen Personenfähre beauftragen. In dieser Untersuchung soll das Anlegerkonzept ebenfalls bewertet / optimiert werden. Ziel ist es, einen zuverlässigen, bedarfsgerechten ganzjährigen Betrieb der Personenfähre sicherzustellen.

 

Die Kosten für einen möglichen Neubau von ein bis zwei Personenfähren sind aktuell nicht in der Wirtschafts- und Businessplanung des SL enthalten. Der Bau der Priwall VI hat etwa 1,25 Mio. Euro gekostet. Für ein Schiff mit emissionsarmen Antrieben rechnet der SL mit Kosten in Höhe von 1,5 Mio. bis 2 Mio. Euro. Kosten für die Anleger können noch nicht abgeschätzt werden. Eine Konkretisierung der Kosten wird im Rahmen der Konzepterstellung erfolgen. Der SL wird parallel Fördermöglichkeiten prüfen.

 

Ausblick

Ab dem 17.05.2021 treten weiter Lockerungen für Gastronomie und Tourismus in Kraft. Dieses wird sich unmittelbar auf die Fahrgastzahlen auswirken. Ob durch diese Öffnung die tatsächlichen Nutzerpotentiale ausgeschöpft werden, ist allerdings unklar.

 

r den Zeitraum Juli und August sieht die CovEx-Strategie zur Entzerrung des Tourismus eine kostenlose Fährnutzung an den Wochenenden vor. Dieses wird unmittelbare Auswirkungen auf die Fahrgastzahlen haben und überproportional hohe Fahrgastzahlen ermöglichen.

 

 

Zwischenfazit

Aufgrund der Pandemielage, kann der Probebetrieb bisher nicht die gewünschten Erkenntnisse zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines ganzjährigen Betriebes liefern. Zudem ist es aktuell nicht abschätzbar, ab wann wieder von einem Regelbetrieb gesprochen werden kann. Eine valide Abschätzung von Fahrgastzahlen, und dem daraus entstehenden Zuschussbedarf kann daher bisher durch den SL nicht abgeleitet werden. Der SL regt daher an, den Probebetrieb bis mindestens Juni 2022 zu verlängern.

 

 


Anlagen


 

Stammbaum:
VO/2021/10151   Zwischenbericht zum ganzjährigen Probebetrieb der Fußgängerfähre an der Nordermole   5.610 - Stadtplanung und Bauordnung   Bericht öffentlich
VO/2021/10151-01   BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN: Erg.-Antrag zu 'Zwischenbericht zum ganzjährigen Probebetrieb der Fußgängerfähre an der Nordermole'   Geschäftsstelle der Fraktion BÜ90 DIE GRÜNEN   Antrag der GRÜNE-Fraktion