Vorlage - VO/2021/10054  

Betreff: Machbarkeitsstudie Radschnellweg
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Hagen
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Stolte, Christian
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
07.06.2021 
53. Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung zur Kenntnisnahme
08.06.2021 
19. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung und Polizeibeirat zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
15.06.2021 
51. Sitzung des Hauptausschusses geändert beschlossen   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
17.06.2021 
25. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck geändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anlage 1_Gesamtbericht Machbarkeitsstudie
Anlage 2_Steckbriefe
Anlage 3_Pläne
Anlage 4_Skizzen und Querschnitte
Anlage 5_Tabellenband
Anlage 6_Beteiligungsband

Beschlussvorschlag


Im Rahmen des Leitprojekts „Machbarkeitsstudien für Radschnellwege der Metropolregion Hamburg“ (MRH) wurde die Machbarkeit eines Radschnellweges (RSW) für Lübeck untersucht. Die untersuchte Trasse verläuft von Bad Schwartau über das Lübecker Stadtgebiet bis nach Groß Grönau.

 

Die vorliegende Machbarkeitsstudie von der PGV Dargel Hildebrandt GbR in Zusammenarbeit mit Urbanus GbR skizziert den Prozess der groben und detaillierten Trassenfindung sowie der Beteiligungsformate. Des Weiteren enthält sie Aussagen zu Qualitätsstandards und Musterlösungen. Für die gewählte(n) Vorzugstrasse(n) wird die Umsetzbarkeit anhand von Führungsformen, Querschnitten, Konflikten und einer groben Kostenschätzung geprüft.

 

Nach Untersuchung des Radverkehrsaufkommens sowie dessen Prognose wird die Ratzeburger Allee seitens der Gutachter:innen sowie seitens der Verwaltung als prioritär herzustellender erster Abschnitt betrachtet. Hier besteht bereits heute ein sehr hohes Radverkehrsaufkommen. Die Radverkehrsanlagen sind zudem in einem schlechten baulichen Zustand und entsprechen nicht den Maßen gemäß Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010).

 

 


Begründung


Ziel der Machbarkeitsstudie

 

Die Machbarkeitsstudie verfolgt durchgehend das Ziel, den hohen Radschnellweg-Standard (RSW-Standard) nach Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) auf dem untersuchten Korridor zu Grunde zu legen. Das von der FGSV entwickelte Arbeitspapier[1] fordert eine höhere Qualität als im ERA[2]-Standard vorgesehen, um den zukünftigen Anforderungen an Hauptrouten für den Radverkehr besser Rechnung tragen zu können. Die RSW-Standards erfüllen in stärkerem Maße die Anforderungen an hohe Geschwindigkeiten, störungsarme Führungen und die Bewältigung starker Radverkehrsströme. RSW sollen als wichtige Hauptrouten den Radverkehr beschleunigen und Reisezeitgewinne gegenüber dem Motorisierten Individualverkehr (MIV) ermöglichen. Auch für den (über-)kommunalen Pendelverkehr sollen sie eine umweltfreundliche Alternative bieten.

 

Einer Verwirklichung des RSW-Standards werden in der vorliegenden Machbarkeitsstudie andere Belange untergeordnet. Das erfordert in einigen Bereichen z.B. Eingriffe in Grünflächen sowie die Umwidmung von Straßenraum zu Lasten des ruhenden und fließenden Kfz-Verkehrs, aber auch zu Lasten des Fußverkehrs. Gleichzeitig verursachen einige Streckenabschnitte dadurch einen erhöhten Kostenaufwand.

 

Als Rückfallebene für Orte, an denen der RSW-Standard nur unter unverhältnismäßig großem Aufwand herstellbar ist, kann ausnahmsweise auf einen „reduzierten Standard“ zurückgegriffen werden. Dieser liegt oberhalb der Anforderungen an Radverkehrsanlagen aus der ERA und geringfügig unter den Anforderungen des RSW-Standards (s. Tabelle 1).

 

Tabelle 1: Beispiele für Breitenvorgaben verschiedener Führungsformen (nicht abschließend)

hrungsformen

ERA-Standard

Reduzierter
RSW-Standard

RSW-Standard

Einrichtungsradweg

(straßenbegleitend, innerorts)

2,00 m

2,50 m

3,00 m

Fahrradstraße

 

3,50 m

4,00 m

Radfahrstreifen

1,85 m

2,50 m

3,00 m

Zzgl. Entsprechender Sicherheitstrennstreifen zur Fahrbahn/zum Parken gemäß ERA

 

Des Weiteren verlangt der RSW-Standard eine strikte Trennung von Fuß- und Radverkehrsflächen, eine mögliche durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von 20 km/h, sowie weniger als 30 Sek/km Reisezeitverlust durch Knotenpunkte (Lichtsignalanlagen (LSA) o.ä.).

 

Insgesamt befürwortet die Verwaltung die Ergebnisse der Studie. Mit der Umsetzung des Radschnellwegs (RSW) wird ein wesentlicher Beitrag zur Verkehrswende und eine Optimierung der Radverkehrsinfrastruktur geschaffen. Das Potential und die Bedeutung der gewählten Vorzugstrassen für den Radverkehr werden ebenfalls erkannt. Die Umverteilung des Straßenraums hin zu einer gerechteren Flächenverteilungr alle Verkehrsteilnehmer:innen wird befürwortet.

 

Eine Empfehlung für die Umsetzung aller in der Machbarkeitsstudie aufgeführten Maßnahmen kann allerdings nicht ausgesprochen werden. Da die Machbarkeitsstudie das Ziel verfolgt, den RSW-Standard anderen Belangen überzuordnen, entstehen für einige Teilabschnitte Situationen, die seitens der Verwaltung kritisch bewertet werden.

 

Das gilt insbesondere für die Teilbereiche, die aufgrund hoher Flächenkonkurrenz, oder natur- und denkmalschutzrechtlicher Restriktionen keine Möglichkeit bieten, einen RSW-Standard mit vertretbarem Aufwand herzustellen. Insbesondere im Umfeld der Altstadt unterliegen die Straßenräume einer Vielzahl anderer Anforderungen, die das Nutzen-Kosten-Verhältnis in Frage stellen können. Hier müssen in der weiteren Planung vertretbare Lösungen gefunden werden, bspw. der Einsatz des reduzierten oder des ERA-Standards. Die Machbarkeitsstudie bildet hier die Grundlage für weitere Untersuchungen, z. B. im Rahmen der Aufstellung des Verkehrsentwicklungsplans (VEP) sowie des Radverkehrskonzeptes. Des Weiteren plädiert die Verwaltung dafür, Fußverkehrs- oder Grünflächen glichst nicht zu Gunsten eines RSW zu reduzieren. Die Herstellung einer sicheren und attraktiven Radverkehrsinfrastruktur darf nicht zu Lasten schwächerer Verkehrsteilnehmer:innen oder der Grünflächen geschehen.

 

Positiv werden die Musterlösungen für die RSW-Führung an Bushaltestellen gesehen. Die Verkehrsmittel Rad und Bus sollen sich gegenseitig nicht beeinträchtigen, sondern beide als Bestandteile des Umweltverbunds gefördert werden. Durch den Eingriff in den Straßenraum soll deshalb gleichzeitig auch eine Förderung des ÖPNV vollzogen werden, indem die jetzigen Haltestellenbuchten zu Haltestellenkaps (oder, wo räumlich anders nicht möglich: Fahrbahnrandhaltestellen) ausgebildet werden. Dieses Vorgehen entspricht der in der Machbarkeitsstudie vorgestellten Musterlösungen (Musterlösung 1, Musterlösung 2). Dadurch wird zum einen mehr Fläche zwischen Gehweg und Bushaltestelle freigelegt, welche vom RSW genutzt werden kann, zum anderen können die vorhandenen Bushaltestellen barrierefrei ausgebaut werden. Darüber hinaus muss der Bus beim An- und Abfahren einer Haltestelle nicht mehr seine Ideallinie oder die Fahrspuren verlassen bzw.  sich nach Abfahrt wieder in den fließenden Verkehr einordnen. Somit kommt dem ÖPNV eine stärkere und sichtbare Stellung im Verkehrsaufkommen zu. Somit wird auch den „Anforderungen an die Haltestelleninfrastruktur“ aus dem 4. RNVP der Hansestadt Lübeck (vgl. S. 151 f.) entsprochen. Der 4. RNVP sieht vor, dass Haltestellen künftig bevorzugt als Kaphaltestellen oder Fahrbahnrandhaltestellen angelegt werden sollen.

 

Aufbauend auf den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie wurden Anforderungen formuliert, die sich an den Ergebnissen orientieren, aber auch deutlich die genannten Kritikpunkte aufzeigen. Zu diesem Zeitpunkt werden folgende Grundsätze für die Vorplanung und weitere Detailplanung gesetzt:

 

  • Bei Bedarf werden zuerst bzw. ausschließlich Flächen des Kfz-Verkehrs reduziert

 

Die Umsetzung eines RSW soll nach Möglichkeit nicht zu Lasten anderer Verkehrsmittel des Umweltverbunds gehen. Insbesondere die Flächen für den Fußverkehr sollen möglichst nicht reduziert werden. Grünflächen und Bäume sollen erhalten bleiben. Wenn möglich, soll der bestehende Radweg entsiegelt werden, um den Bäumen mehr Raum zur Verfügung zu stellen.

 

  • Busbuchten werden zu Haltestellenkaps (oder Fahrbahnrandhaltestellen) ausgebaut

 

Die Verkehrsmittel des Umweltverbunds sollen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Umsetzung des RSW führt zu einer Umgestaltung des Straßenraums, welche die Anpassung der jetzigen Bushaltestellensituation ermöglicht. So können die Bushaltestellen nicht nur als Kap ausgebildet, sondern auch barrierefrei hergestellt werden. Durch die Verlegung der Haltestellen an den Fahrbahnrand müssen Busse den fließenden Verkehr nicht mehr verlassen oder sich beim Abfahren wieder einordnen. Des Weiteren ist die Führung des RSW hinter den Bushaltestellen attraktiver für Radfahrende, als die hrung auf einer gemeinsamen Spur mit dem ÖPNV oder das Ausweichen auf die Fahrbahn des fließenden Kfz-Verkehrs.

 

  • Der RSW soll als eigenständige Infrastruktur geführt werden; die Einrichtung von Radfahrstreifen o.ä. soll nach Möglichkeit vermieden werden

 

Ein RSW stellt eine wesentliche Hauptroute für den Alltagsradverkehr dar. Er soll Radfahrende schnell, sicher und komfortabel an ihr Ziel bringen. Die gewählten Vorzugstrassen sind darüber hinaus wichtige Verkehrsachsen mit hoher Verkehrsbelastung durch Kfz. Die Markierung von Radfahrstreifen auf der Fahrbahn ist nicht erste Wahl, wenn eine sichere Infrastruktur errichten werden soll, die noch nicht ausgeschöpfte Potentiale von Radfahrenden akquirieren soll. Es bedarf einer baulich getrennten Führung, welche sowohl objektiven, als auch subjektiven Sicherheitsstandards entspricht, um insbesondere sicherheitsbedürftige Nutzer:innengruppen anzusprechen. Ein Befahren, Überfahren, Halten oder Parken von Kfz auf dem RSW darf nicht ermöglicht werden.

 

Diese Grundtze für die weiteren Detailplanungen wurden am 30.03.2021 im Rahmen der 47. Sitzung des Runden Tisch Radverkehr den Teilnehmer:innen vorgestellt und mit großer Mehrheit befürwortet.

 

Weiteres Vorgehen: Planung des ersten RSW-Abschnitts

 

Die Machbarkeitsstudie benennt den südlichen Abschnitt (Ratzeburger Allee und Ratzeburger Landstraße) als prioritär herzustellenden Abschnitt für einen RSW. Die Verwaltung teilt diese Einschätzung. Auf den genannten Strecken sind bereits heute teilweise über 5.000 Radfahrende am Tag unterwegs. Des Weiteren bilden die Ratzeburger Landstraße und Allee eine wichtige Route für den Pendler:innen- und Schüler:innenverkehr. Die Prognosen der Machbarkeitsstudie lassen für die Zukunft einen starken Zuwachs an Radfahrenden vermuten. Die Radverkehrsinfrastruktur befindet sich allerdings in einem schlechten Zustand und entspricht nicht den Anforderungen gängiger Regelwerke.

 

Der Abschnitt von Wallbrechtstraße bis Stadtweide/Osterweide (s. Abbildung 1) wird als geeignet betrachtet, um dort den ersten Teil des Radschnellwegs umzusetzen. Dieser Teilbereich wurde auch am 28.08.2020 von der „Initiative Spurwechsel“ zur Erprobung einer Pop-Up Bike-Lane (Abschnitt: Amselweg bis Nachtigallensteg) genutzt. Aufgrund der noch andauernden Bauarbeiten in den nördlichen Abschnitten der Ratzeburger Allee (Mühlentorkreisel bis Wallbrechtstraße) sowie der in Planung befindlichen Umgestaltungen der Mühlentorbrücke und des Mühlentorkreisels wird dieser Abschnitt für eine zweite Umsetzungsphase vorgeschlagen.

 

Die konzeptionelle Verkehrsplanung des Bereichs Stadtplanung und Bauordnung hat auf Grundlage der Ergebnisse aus der Machbarkeitsstudie sowie der festgelegten Grundsätze eine erste Entwurfsskizze erarbeitet, welche als Ansatz für die Detailplanung dienen soll. Dafür werden zum einen Festlegungen für die Streckenabschnitte, für Knotenpunkte, sowie für die Führung an Haltestellen des ÖPNV getroffen. Es handelt sich um schematische Vorgaben, welche durch die Detailplanung angepasst werden. Insbesondere die Breitenangaben sind keine starren Festsetzungen.

Dabei orientiert sich das Konzept des Bereichs Stadtplanung und Bauordnung an weiteren Vorgaben und Regelwerken. Fußverkehrsflächen sollen, wie erwähnt, möglichst nicht für einen Radschnellweg verringert werden. Sie sollen, sofern dies nicht bereits der Fall ist, den Anforderungen an gängige Regelwerke entsprechend hergestellt werden (i.d.R. mindestens 2,50 Meter Fußwegbreite). Empfehlungen des kürzlich veröffentlichten 3. Nationalen Radverkehrsplan zur Radverkehrsinfrastruktur werden ebenfalls berücksichtigt. Hier werden u.a. geschützte Radfahrstreifen („Protected Bike Lanes“) explizit als einzusetzendes Gestaltungselement gefordert[3].

 

Des Weiteren versucht der Vorschlag des Bereichs Stadtplanung, eine schnelle und ggf. kostengünstigere Umsetzung zu ermöglichen, damit zeitnah erste Erfolge verzeichnet werden können. Insbesondere die Errichtung geschützter Radfahrstreifen ist im Vergleich zu baulich angelegten Radwegen (Hochbord) kostengünstiger und kurzfristiger umsetzbar, da i.d.R. lediglich Ummarkierungen stattfinden müssen.

 

Da die Rahmenbedingungen auf den 1,5 Kilometern zwischen Wallbrechtstraße und Stadtweide/Osterweide sehr heterogen sind, sind verschiedene Straßenraumaufteilungen tig. Insgesamt werden daher vier charakteristische Teilstücke und ihre Eigenschaften betrachtet (vgl. Abbildung 1). Die einzelnen Teilstücke stellen keine Priorisierung bei Planung und Umsetzung dar.

Abbildung 1: Übersicht der Strecke für die erste Umsetzung eines RSW


 

  1. Konzept für Streckenabschnitte: Teilstück a

 

Das Teilstück a verläuft südlich der Wallbrechtstraße bis zur Kahlhorststraße über rund 150 Meter. Die Machbarkeitsstudie sieht vor, Flächen des Fußverkehrs für den Radschnellweg umzuwidmen, da die Fläche des Kfz-Verkehrs wegen der besonderen Bedeutung des Knotenpunkts kaum reduziert werden könne (vgl. Abbildung 2). Die Gehwege sollen jeweils 0,5 Meter schmaler werden, um den reduzierten RSW-Standard einhalten zu können.

 

In diesem Abschnitt muss darauf hingewiesen werden, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis schlechter ausfällt als in den anderen Teilstücken. Am Ende steht ein Zugewinn der Radwege von 30 cm bzw. von 50 cm einem Verlust an Gehwegbreite von 50 cm bzw. 75 cm gegenüber. Zudem müsste die Fahrbahn um 1,0 Meter reduziert werden. Der Bereich Stadtplanung und Bauordnung sieht die Reduzierung der Fußverkehrsflächen nicht als geeignete und sinnvolle Maßnahme an. Um allen Verkehrsteilnehmer:innen gerecht zu werden, wird daher vorgeschlagen, Abstriche vom RSW-Standard zu machen. Die vorhandenen Radwege sollen mindestens ERA-konform, nach Möglichkeit nach dem reduzierten RSW-Standard, hergestellt werden. Dafür sind eine Deckensanierung sowie das Herstellen von Sicherheitstrennstreifen nötig. Des Weiteren sollen die Gehwegdecken bei Bedarf ebenfalls saniert werden.

 

Wallbrechtstraße bis Kahlhorststraße

nge

Ca. 150 m

hrungsform Radverkehr

Einrichtungsradwege

Baulicher Standard

ERA bis Reduzierter RSW-Standard

Wegfall Kfz-Fahrstreifen

Nein

Wegfall Kfz-Stellplätze

Nein

Geschätzte Baukosten

220.000 €

 

 

 

 

 

 

 

 

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  1. Konzept für Streckenabschnitte: Teilstück b

 

Die Machbarkeitsstudie sieht vor, die Parkstreifen für den RSW zu nutzen. Hier sollen 3,00 Meter breite Radwege entstehen, die mit 0,75 Meter breiten Sicherheitstrennstreifen von der Fahrbahn und dem neu angelegten Parkstreifen getrennt sind (vgl. Abbildung 3). Die Fahrbahn verengt sich auf jeweils eine Spur pro Richtung, sowie einen Mittelstreifen, der an Knotenpunkten als Abbiegespur ausgeweitet werden kann.

 

Dieser Vorschlag ist regelkonform, sollte jedoch einigen Anpassungen unterzogen werden:

Eine geeignete Alternative besteht in der Herstellung des RSW zu einem sogenannten geschützten Radfahrstreifen („Protected Bike Lane“). Hier wird der Sicherheitstrennstreifen genutzt, um eine bauliche Trennung zu erreichen in welcher Form (Pfosten, Blumenkübel, etc.) ist zu klären. Ein Vorteil ist, dass der RSW nicht als baulicher Radweg angelegt werden muss, sondern höhengleich auf dem bestehenden Parkstreifen realisiert werden kann. Dieses Vorgehen hat unter anderem auch finanzielle und zeitliche Vorteile. Der momentan bestehende Parkstreifen müsste lediglich entsprechend markiert werden, anstatt einen baulichen Radweg (Hochbord) herzustellen.

 

Durch die bauliche Trennung ist sowohl Halten, Parken als auch Überfahren von Kfz ausgeschlossen. Geschützte Radfahrstreifen führen zu einem maximalen subjektiven Sicherheitsgefühl, insbesondere bei unsicheren Radfahrenden. Gleichzeitig verbessern sie die Sichtbarkeit der Radfahrenden für Kfz-Nutzer:innen und tragen somit zu einer verbesserten Verkehrssicherheit bei. In ausreichender Distanz zu Knoten/Einmündungen entfällt die bauliche Trennung. In Absprache mit der Feuerwehr ist zu erörtern, welche Art baulicher Trennung vereinbar ist: fest, herausnehmbar oder flexibel („Leitboys“).

 

Der Gehweg auf der westlichen Seite wird mindestens regelkonform (2,50 Meter). Auf der östlichen Seite sind bereits 2,60 Meter vorhanden. Die Gehwegdecken werden, wenn nötig, saniert.

 

Anhand dieser Planung verbleibt noch ausreichend Fläche, um sowohl einen Parkstreifen als auch zwei Fahrspuren und einen Mittelstreifen vorzuhalten. Die Ratzeburger Allee wird nicht nur durch Busse oder Schwerlastverkehr genutzt, sondern durch die räumliche Nähe zum Universitätsklinikum auch von Rettungswagen. Diese sollen im Notfall ungestört passieren können. Durch die ausreichende Breite der Fahrbahnen und des Mittelstreifens steht einem Rettungswagen ausreichend Platz zur Verfügung.

 

Kahlhorststraße bis Kastanienallee

nge

Ca. 700 m

hrungsform Radverkehr

Einrichtungsradwege

Baulicher Standard

RSW-Standard

Wegfall Kfz-Fahrstreifen

Ja

Wegfall Kfz-Stellplätze

Ja

Geschätzte Baukosten

850.000 €

 

 

 

 

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  1. Konzept für Streckenabschnitte: Teilstück c

 

Die Machbarkeitsstudie veranschlagt, eine Fahrspur zu entfernen (vgl. Abbildung 4). Dadurch verblieben zwei Parkstreifen und eine Spur je Richtung plus Abbiegespur für den Kfz-Verkehr. Der RSW-Standard könnte dann umgesetzt werden, allerdings müssten dafür auf östlicher Seite sowohl Grünfläche als auch 20 cm Fußverkehrsfläche weichen.

 

Die Planungen auf der westlichen Seite werden von der Verwaltung befürwortet. Den Eingriff in Fußverkehrs- und Grünfläche auf der östlichen Seite sieht die Verwaltung als nicht verhältnismäßig an. Durch Reduzierung eines Parkstreifens ließe sich eine RSW-konforme Lösung für die Ostseite finden. Darüber hinaus könnte den Bäumen wie im Teilstück b mehr Platz gegeben werden, indem der ehemalige Radweg entsiegelt würde.

 

Kastanienallee bis Weberkoppel

nge

Ca. 300 m

hrungsform Radverkehr

Einrichtungsradwege

Baulicher Standard

RSW-Standard

Wegfall Kfz-Fahrstreifen

Ja

Wegfall Kfz-Stellplätze

Ja

Geschätzte Baukosten

400.000 €

 

 

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  1. Konzept für Streckenabschnitte: Teilstück d

 

Der RSW-Standard kann laut Machbarkeitsstudie nur eingehalten werden, wenn dafür Grün- und Fußverkehrsfläche umgewidmet würden. Die Fahrbahn würde außerdem um eine Kfz-Spur reduziert (vgl. Abbildung 5).

Die Verwaltung sieht auch hier die Reduzierung von Fußverkehrs- und Grünflächen als nicht verhältnismäßig an. Die Grünflächen liegen teilweise nicht im Eigentum der Hansestadt. Möglicher Grunderwerb steht im Konflikt zum Nutzen-Kosten-Verhältnis.

 

Die Grünflächen auf der westlichen Seite sind breiter als im Querschnitt angegeben, allerdings befinden sich diese nicht im Eigentum der Hansestadt. Auf Höhe des Aldi-Markts sind es circa 1,70 Meter Grünstreifen im Eigentum der Hansestadt Lübeck, allerdings befinden sich in Teilen des Korridors auch Stützmauern oder Bäume. Ziel sollte sein, den westlichen Grünstreifen zu erhalten und auf den Ankauf von Flächen zu verzichten, um einem geeigneten Nutzen-Kosten-Verhältnis zu entsprechen.

 

Auf der östlichen Seitesste vom Bahnübergang aus, bis zur Höhe des Aldi-Markts, Fläche angekauft werden. Von Höhe Aldi-Markt bis zur Kreuzung Stadtweide/Osterweide befinden sich unterschiedlich große Anteile der Grünflächen im Eigentum der Hansestadt. Hier wird im Rahmen der Detailplanung eine Prüfung notwendig, ob und inwiefern bestimmte Bereiche genutzt werden können.

 

Gegebenenfalls muss auf den reduzierten RSW-Standard zurückgegriffen werden. Die Detailplanung muss hier eine geeignetere Lösung finden, indem die Breiten der Fahrspuren minimal gehalten werden.

 

Weberkoppel bis Stadtweide / Osterweide

nge

Ca. 300 m

hrungsform Radverkehr

Einrichtungsradwege

Baulicher Standard

ERA-Standard bis Reduzierter RSW-Standard

Wegfall Kfz-Fahrstreifen

Ja

Wegfall Kfz-Stellplätze

Nein

Geschätzte Baukosten

420.000 €

 

 

 

 

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  1. Konzept für Knotenpunkte

 

Auf der Strecke von Wallbrechtstraße bis zur Stadtweide/Ostweide gibt es zahlreiche Knotenpunkte. Diese müssen so gestaltet sein, dass sich Radfahrende und Fußnger:innen sicher bewegen und gleichzeitig der ÖPNV sowie der Kfz-Verkehr geordnet fließen können. Prinzipiell befürwortet die Verwaltung die Planung der Machbarkeitsstudie, welche vorsieht, bei Knotenpunkten Abbiegespuren einzurichten.

 

Die für die Strecke vorgestellten Konzepte und Modellquerschnitte gelten auch für die Situationen an Knotenpunkten. Allerdings entfallen in einer ausreichenden Entfernung vor und nach einem Knotenpunkt die Parkstreifen. Dadurch wird eine ausreichende Sichtbeziehung zwischen abbiegenden Kfz und Radfahrenden ermöglicht, da diese dann auf nebeneinanderliegenden Spuren fahren. Des Weiteren entstehen durch Wegfall der Parkstreifen freie Flächen auf der Fahrbahn, welche als Abbiegespur genutzt werden können. Die festen Einbauten zur baulichen Abgrenzung zwischen RSW und Fahrbahn entfallen, um Abbiegevorgänge zu ermöglichen. Um den Radfahrenden ein sicheres Gefühl zu geben, sollte bei Knotenpunkten mit Lichtsignalanlagen die Haltelinie für Radfahrende vor die Haltelinie für Kfz gelegt werden, damit sie deutlich im Sichtfeld der Kfz-Fahrer:innen sind.

Abbildung 6: Prinzip-Skizze RSW-Führung an Knotenpunkten (nicht maßstabsgetreu)

 

  1. Konzept für Bushaltestellen

 

Der betrachtete Streckenabschnitt verfügt über eine Vielzahl an Bushaltestellen. Dafür benennt die Machbarkeitsstudie Modelllösungen, die jedoch immer im spezifischen Fall geprüft werden müssen. Prinzipiell sollen die Haltebuchten zu Haltestellenkaps (oder, wenn es nicht anders möglich ist: Fahrbahnrandhaltestellen) ausgebildet werden. Dadurch müssen die Busse nicht mehr zum An- und Abfahren die Fahrbahn verlassen bzw. sich wieder in den Kfz-Verkehr einordnen. Durch das Vorziehen der Haltestellen an den Fahrbahnrand wird mehr Fläche für die Wartebereiche frei sowie mehr Fläch für den RSW, welcher dann, wie in der Machbarkeitsstudie veranschlagt, dahinter geführt wird. Andernfalls müsste der Bus den Radschnellweg beim Halten queren, was zu gefährlichen Situationen führen kann. Im Zuge der Neugestaltung werden die Bushaltestellen barrierefrei ausgebaut.

 

Die Ausgestaltung des RSW hinter der Bushaltestelle wird in der weiteren Planung detailliert geprüft. Mögliche Konflikte zwischen Fahrgästen und Radfahrer:innen sollen vermieden werden. Bauliche oder gestalterische Mittel sind zu prüfen. Als konzeptionelles Vorbild werden die in der Machbarkeitsstudie vermerkten Musterlösungen herangezogen (s. Abbildung 7).

 

Abbildung 7: Musterlösung RSW-Führung an Bushaltestellen (nicht maßstabsgetreu)


Weiteres Vorgehen

 

Der Bereich Stadtgrün und Verkehr wird noch im Jahr 2021 in die Detailplanung einsteigen. Dafür werden entsprechende Lösungen für die vorgestellten Teilstücke erarbeitet und visualisiert. Die in der Machbarkeitsstudie vorgestellten und im Bericht zusammengefassten baulichen Rahmenbedingungen (Einrichtungsradwege, Haltestellenkaps, Umverteilung zu Lasten der Kfz) und Lösungsansätze dienen der Orientierung und müssen im Rahmen der weiteren Schritte überprüft werden. Ziel ist es, aus der vorliegenden Vorplanung einen konkreten Entwurfsplan der Verkehrsanlagen anzufertigen. Darüber hinaus muss die bauliche Umsetzung geplant, sowie die anfallenden Kosten und ggf. nötige Ausschreibungen mitbedacht werden.

 

Die Baukosten werden im Rahmen der Detailplanung präzise ermittelt. In diesem Jahr stehen ausreichend Mittel für den Beginn der Detailplanung der Verkehrsanlagen zur Verfügung. Des Weiteren hat der Bereich Stadtgrün und Verkehr ein Produktsachkonto „Ratzeburger Allee Radschnellweg“ eingerichtet und für den Haushalt 2022 Mittel in Höhe von 170.000 € zur weiteren Detailplanung angemeldet. Für die folgenden Haushaltsjahre werden ausreichend Mittel für die bauliche Umsetzung angemeldet werden. Die grobe Kostenschätzung beläuft sich auf rund 1.900.000 €r die vier vorgestellten Teilabschnitte.

 

Im weiteren Vorgehen wird die Inanspruchnahme von bestehenden Förderprogrammen geprüft. Genauer betrachtet werden dabei die Verwaltungsvereinbarung Radschnellwege (BMVI), die Kommunalrichtlinie (BMU), das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, sowie Klimaschutz durch Radverkehr (BMU); mögliche weitere Förderprogramme sind nicht ausgeschlossen. Es muss geprüft werden, ob die jeweiligen Fördermöglichkeiten für den vorgestellten Abschnitt in Frage kommen. Hier ist es wichtig, dass die genauen Querschnitte, Radwegebreiten etc. bereits festgelegt und abgestimmt wurden. Das kann nur anhand der Detailplanung erfolgen.

 

Die MRH erarbeitet zurzeit ein Folgeprojekt der Machbarkeitsstudien, welches bei den ersten Schritten Richtung Umsetzung der Radschnellwege unterstützen soll. Diesbezüglich befindet sich eine Kooperationsvereinbarung gerade in der Absprache mit den teilnehmenden Kommunen und Kreisen. Ziel ist, koordiniert und gebündelt erste Umsetzungsschritte zu erreichen. Es werden langfristige und stetige Begleitung sowie Unterstützung der planerischen und baulichen Prozesse angeboten. Dieses Folgeprojekt wird sich durchrdergelder und einen Eigenanteil der Hansestadt Lübeck finanzieren. Es ist erklärtes Ziel der Hansestadt Lübeck, unmittelbar mit der Umsetzungsplanung für den Radschnellweg zu beginnen. Ein Bedarf zur Mitwirkung der Hansestadt Lübeck ist daher in den nächsten Wochen zu prüfen, da durch die Kooperation im Folgeprojekt der MRH keine zeitlichen Verzögerungen entstehen sollen.

 

 

 

 

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[1] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen [FGSV] 2014: Einsatz und Gestaltung von Radschnellverbindungen. Arbeitspapier.

[2] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen [FGSV] 2010: Empfehlungen für Radverkehrsanlagen. Arbeitspapier.

[3] BMVI 2021: 3. Nationaler Radverkehrsplan: Seite 36f.


Anlagen


Anlage 1: Gesamtbericht Machbarkeitsstudie

Anlage 2: Steckbriefe

Anlage 3: Pläne

Anlage 4: Skizzen und Querschnitte

Anlage 5: Tabellenband

Anlage 6: Beteiligungsband

 

 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Anlage 1_Gesamtbericht Machbarkeitsstudie (4125 KB)    
Anlage 2 2 öffentlich Anlage 2_Steckbriefe (25012 KB)    
Anlage 5 3 öffentlich Anlage 3_Pläne (9610 KB)    
Anlage 6 4 öffentlich Anlage 4_Skizzen und Querschnitte (25538 KB)    
Anlage 3 5 öffentlich Anlage 5_Tabellenband (2892 KB)    
Anlage 4 6 öffentlich Anlage 6_Beteiligungsband (6238 KB)    
Stammbaum:
VO/2021/10054   Machbarkeitsstudie Radschnellweg   5.610 - Stadtplanung und Bauordnung   Bericht öffentlich
VO/2021/10054-01   Änderungsantrag von AM Christopher Lötsch (CDU) und AM Ulrich Pluschkell (SPD) zu: Machbarkeitsstudie Radschnellweg   Geschäftsstelle der CDU-Fraktion   Antrag eines Ausschussmitgliedes
VO/2021/10054-02   Bericht zum Änderungsantrag zur Machbarkeitsstudie Radschnellweg   5.610 - Stadtplanung und Bauordnung   Bericht öffentlich